Championnat National: Nîmes Olympique – Le Mans FC

25.08.2023
3. Spieltag Championnat National
Nîmes Olympique - Le Mans FC
Stade des Antonins
Endergebnis: 1:1 (1:0)
Zuschauer: 1.603 (20 Gäste)
Ticket: 10€
Fotoalbum

Nicht zuletzt aufgrund schöner Erinnerungen an die eigene Kindheit keimten in den letzten Jahren vermehrt Pläne auf, per Roadtrip an die spanische Costa Blanca zu düsen, sich ein Haus zu mieten und Wochen der Freiheit und Entspannung zu verbringen, garniert mit ein paar netten Stadien in der Region. In diesem Jahr sollte die Tour nun endlich anstehen, auch wenn der Aufstieg des eigenen Herzensvereins ins Unterhaus ein kleines Wörtchen mitzureden hatte, wollte man doch ungern Heim- als auch Gastspiele bei den ganz großen Namen der Liga verpassen. Somit wurde zunächst der Spielplan abgewartet, um letztlich bei den ursprünglich eingeplanten zwei Wochen Ende August, Anfang September zu bleiben. Düsseldorf zu Hause und Osnabrück auswärts fielen somit ins Wasser. Schade, aber hätte schlimmer kommen können.

Gleichzeitig meinte es der spanische Verband gut mit uns und ermöglichte drei Partien in drei wundervollen Buden, während das Länderspielwochenende auf der Rückfahrt perfekt auf den Länderpunkt Andorra ausgelegt war. Blieb noch die Frage nach dem Ort der Übernachtung auf der Hinfahrt, die man dank der 1.800 Kilometer pro Strecke sowieso auf zwei Tage strecken wollte. Eine damit verbundene Partie in Südfrankreich klang da schonmal verlockend, allerdings dauerte es nochmal eine ganze Ecke, bis der französische Verband endlich die genauen Anstoßzeiten ausspuckte. Und siehe da: Nîmes Olympique sollte am Freitagabend gegen Le Mans ran. Fast genau halbe Strecke, zudem perfekte Anstoßzeit am ersten Anreisetag. Auf die mit äußerst fanunfreundlichen Anstoßzeiten glänzende dritte Liga ist im Land des guten Käses noch immer verlass!

Zudem passte mir der Besuch bei Nîmes aus einem weiteren Grund gut in den Plan, denn eigentlich verbinde ich einen Kick äußerst gerne mit einem Besuch der Stadt, sofern Selbige im Zentrum oder näheren Umfeld was zu bieten hat. Gerade das Erscheinungsbild der Straßen und Gassen findet sich häufig auf den Traversen der Stadien wieder und dient nur allzu gerne als Spiegel der vorherrschenden Kultur der Stadt und Region, die somit deutlich greifbarer werden. Da der Club derzeit seine eigentliche Heimspielstätte umbaut und in einem auf Zeit errichteten Ausweichstadtion spielt, macht ein erneuter, „richtiger“ Besuch der Region in absehbarer Zeit Sinn. Wenig verheißungsvoll waren allerdings Meldungen von Grabenkämpfen zwischen Fanszene und Vereinsführung innerhalb des sportlich zusammenbrechenden Clubs, der nur durch Rettung in letzter Minute als frischer Absteiger überhaupt in der dritten Liga antreten durfte. Entsprechend mau die Informationslage über Tickets, die ausschließlich online erworben werden konnten. Immerhin Letzteres sollte eine Woche zuvor klappen.

Somit ging es am frühen Freitagmorgen und kurzer Nach in den Knochen im vollgepackten Auto auf den Weg gen Süden. Entlang der A5, einmal quer durch die Schweiz (die Jahresvignette will genutzt werden!), vorbei an Annecy und Valence grüßten uns mollige 38° beim erreichen der Provinz Okzitanien. Immerhin staufrei war die gut zehnstündige Anreise, an deren Ende uns das HotelF1 in einem Gewerbegebiet von Nîmes begrüßte. Für eine Nacht war das mikroskopische Zimmer allemal in Ordnung, vor allem dank der mehr als notwendigen Klimaanlage sowie des günstigen Preises. Dennoch wollten zunächst die krabbelnden Extra-Mieter auf den Wänden verewigt werden, ehe wir eine Mütze Schlaf aus der Nacht zuvor nachholten.

Größter Vorteil neben der Lokalität direkt an der Autobahnausfahrt war ebenfalls die Erreichbarkeit des Spielortes per kurzem Fußmarsch, der nach Besuch des ebenso benachbarten goldenen Ms in Angriff genommen wurde. Da die ursprünglich ausgemachte Brücke über die A9 für Fußgänger allerdings unpassierbar schien, nahmen wir die längere Route durch das Gewerbegebiet und warfen kurzerhand einen Blick auf das Stade des Costières, das wir nur zu gerne vorher besucht hätten. Denn so wirklich in die Jahre gekommen dürfte die 1989 eröffnete Bude auch nicht sein, da gibt’s in Frankreich deutlich ältere, noch immer bespielte Ruinen. Zur Überraschung konnten wir keinerlei Baufortschritt erkennen, was doch stark gegensätzlich zur Ankündigung des Umbaustarts zu Beginn des Jahres steht. Bleibt abzuwarten, ob die anvisierte Eröffnung der dann deutlich kleineren Heimspielstätte der Krokodile 2026 überhaupt realistisch ist.

Wir überquerten derweilen die volle A9 und erreichten das mit viel Baustellencharme ausgestattete Stade des Antonins. Ein eingezäunter Schotterweg führte zum Heimeingang, der mit doppelter Ordnerkette und zusätzlicher Schleuse im Stile des Fritz-Walter-Stadions definitiv keine friedfertigen Absichten versprühte. Die Kasse direkt daneben bliebt tatsächlich geschlossen, ebenso der Fanshop. Hier bleibt schlichtweg die Hoffnung auf bessere Zeiten, ebenso was den Clinch zwischen Präsident und Eigentümer Rani Assaf und der Fanszene rund um die Hauptgruppe Gladiators Nîmes 1991 angeht. Denn ersterer lässt die komplette Gruppe, deren SV-Flut erst im Juni diesen Jahres komplett auslief, von seiner Ordner-Armee kategorisch vor dem Stadion stehen. Weder Banner durften zum ersten Spiel aufgehängt noch Klamotten mit Gruppenbezug im Stadion getragen werden.

So wurde auch zum heutigen Freitag, knapp vor unserer Ankunft, sämtlichen Anhängern der Szene trotz gültiger Tickets der Zutritt zum Stadion verweigert. In einem später verfassten Communiqué kündigte die Szene daraufhin gar rechtliche Schritte an, da das diktatorenhafte Verhalten des Clubeigentümers gegen jegliches geltende Recht verstieß. Zwei Wochen nach unserem Besuch bewirkte das standhafte Vorgehen der GN91 wohl einen Teilerfolg, war die Szene doch wieder in ihrer provisorischen Kurve anwesend, wenn auch nur mit weiterem Protest gegen Assaf und Konsorten.

Wir mussten uns allerdings mit weitestgehend gähnender Leere auf im Provisorium aus Stahlrohrtribünen begnügen. Drei an der Zahl wurden mit roten Sitzen und Dächern für die angepeilten drei Jahre errichtet, während der Stehbereich nur einen kleinen Teil der Hintertortribüne einnimmt. Der einzig nicht überdachte Bereich ist der Witz von Gästeblock, der auf der gegenüberliegenden Hintertorseite ins letzte Eck gezimmert wurde. Aber bei Standard-Spielzeiten Freitag- und Montagabend in einer aus Fansicht sowieso stark überschaubaren dritten Liga werden die Wellenbrecher voraussichtlich im neuwertigen Zustand wieder abgebaut werden können. Denn selbst die nun 8.033 Plätze, was knapp die Hälfte des nur wenige hundert Meter entfernten Stade des Costières entspricht, waren nur zu einem Fünftel gefüllt.

Mit der online ausgesuchten Osttribüne für einen Zehner pro Nase erwischten wir zudem volle Sonne, was bei den ohnehin tropischen Temperaturen der eigenen Stimmung nicht wirklich diente. Immerhin konnten exakt 20 Gäste ausgemacht werden, die sich hinter drei Zaunfahnen („Virage Sud Le Mans“, „Touristes on tour“ und „Le Mans 72“) aufstellten und mit 5-6 Mann ein paar Lieder anstimmten. Mit dabei anfangs ein weiterer Lappen gegen Assaf in Rot und Weiß, der exakt eine Minute nach Erscheinen durch eine Übermacht von Ordnern im Block einkassiert wurde. Meinungs- und Redefreiheit par excellence. Nach zwanzig Minuten hatten auch die Gäste keinen Bock mehr. Was für ein Fehlgriff…

Dabei waren die 1901 gegründeten Krokodile lange Zeit eine große Nummer im französischen Fussball, hatten insbesondere in den 50er und 60er Jahren ihre große Zeit und teilen mit Leverkusen das unrühmliche Schicksal des ewigen Zweiten. Denn nationale Titel konnte man in Nîmes noch keine feiern, dafür ganze acht Mal den bitteren Geschmack des Vizetitels verspüren. 1993 verabschiedete sich der Club aus der ersten Liga, um erst nach 25 Jahren in 2018 die Rückkehr ins Oberhaus zu schaffen. Ab 2021 begann mit dem Abstieg in die Zweitklassigkeit die anhaltende Talfahrt, die zur aktuellen Saison mit dem Gang in die Drittklassigkeit weiterführt. Und auch das sportliche Treiben auf dem Platz machte wenig Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr, konnte die anfangs herausgespielte Führung nicht über die Zeit gebracht werden. Der letztliche Ausgleich besiegelte das dritte 1:1 im dritten Spiel der Krokodile.

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Nach Beendigung der Trauerveranstaltung und mit müden Knochen fanden wir zumindest auf dem Rückweg die Abkürzung über die erste Brücke und legten uns im Billighotel schlafen, ehe am folgenden Samstag die zweite und letzte Etappe gen Süden anstand. Weitere knapp 900 Kilometer Küstenautobahn später erreichten wir unser Domizil in Benitatxell an der spanischen Costa Blanca, wo eine astreine Finca mit phänomenalem Meerblick für die folgenden beiden Wochen bezogen wurde. Und beim wunderbaren Anblick des Meeres war die Enttäuschung vom Vortag in Windeseile vergessen!