2. Bundesliga: Hertha BSC – SV Elversberg

03.12.2023
15. Spieltag 2. Bundesliga
Hertha BSC - SV Elversberg
Olympiastadion Berlin
Endergebnis: 5:1 (2:1)
Zuschauer: 33.097 (600 Gäste)
Ticket: 15€
Fotoalbum

Ich mag Berlin einfach. Generell große Ausmaße der ganz unterschiedlichen Viertel, dazu eine Vielzahl guter Bars sowie schicke Stadien im gesamten Stadtgebiet. Kurzum: Fast alles, was ich für das große Glück am Wochenende brauche. Nicht zuletzt aus besagten Gründen wäre ich 2018 beinahe beruflich hier gelandet, doch das Schicksal wehte uns schließlich ins Rhein-Main-Gebiet. Auch logistisch sicherlich die deutlich bessere Wahl als die ferne Bundeshauptstadt, die dennoch in den Folgejahren immer mal wieder für einige kurze Wochenenden angesteuert wurde. Die Hoffnung auf ein Auswärtsspiel der SVE im Dunstkreis der Spree war somit seit Jahren vorhanden, auch wenn man dabei eher an den BFC oder die Viktoria dachte. Dass es nun gleich die Hertha im Olympiastadion werden würde – einfach nur utopisch.

Auf Grundlage dieser Vorfreude planten wir gleich mit Bekanntgabe des Rahmenspielplans einen längeren Aufenthalt über das gesamte Wochenende inklusive aller möglicher Anstoßzeiten und buchten uns an der Landsberger Allee in eine ordentliche Unterkunft ein. Für vier Nächste darf es auch mal ein Zimmer mit mehr Platz als in einer Besenkammer sein. Die Anreise bewältigten wir unterdessen via Flixtrain, wobei das grüne Gefährt ab Frankfurt mit Preisen von nur einem Zehner pro Person und Strecke warb. Also alles eingetütet und bereits die zahlreichen weiteren Ansetzung in Regionalliga und co. durchforstet. Da sollte so einiges gehen, weshalb einem grandiosen Wochenende nichts mehr im Wege stand!

Doch der Wintereinbruch ließ nicht lange auf sich warten. Erste Absetzungen trudelten bereits ein paar Tage vor Abfahrt ein, während am Donnerstag der Verband mit seiner zu erwartenden Generalabsage die letzten Hoffnungen auf auch nur einen weiteren Kick beerdigte. Ärgerlich und nervig, aber was willste machen. Daher mit etwas gedämpfter Stimmung am Donnerstagabend gut vier Stunden in nordöstliche Richtung getourt und am späten Abend das Zimmer bezogen, ehe es sich mit der neugewonnenen Freizeit zu arrangieren galt. Somit nach dem arbeitsreichen Freitag den Abend auf Weihnachtsmärkten und in einer guten Bar verbracht, ehe der Samstag zum erneuten Ablaufen der Innenstadt genutzt wurde.

Alexanderplatz, Brandenburger Tor, so Zeug eben. Hauptsache unterwegs, denn stehend ließ sich die klirrende Kälte nur schwerlich aushalten. Trotzdem war ein Besuch bei Mustafa’s Gemüse Kebap am Mehringdamm Pflicht, auch wenn die Wartezeit von über einer Stunde etwas über der Schmerzgrenze lag. Für die Standhaftigkeit wurden wir allerdings mit einem gottgleichen Schmaus beehrt, der selbst in Berlin aus persönlicher Sicht seines Gleichen sucht. Die folgenden sieben, acht Stunden war wiederum Kneipentour angesagt, wobei vor allem das Kaschk ganz gut gefiel. Bei Mikkeller war endlich wieder Qualität am Hahn, während The Pub am Alex zwar teuer, dafür in großer Runde ordentlich Laune machte. So mündete der Samstag in einer recht kurzen Nacht, die uns am Sonntag deutlich mehr als erwartet in den Knochen steckte.

Doch nach kurzer Zeit war das Kribbeln wieder da, die Sachen für den Tag gepackt und die Tram in Richtung Alex bestiegen. Dort gleich die erste S-Bahn mit Ziel Olympiastadion bestiegen und aus dem Fenster die vielen Viertel beobachtet, die schnell an uns vorbei flogen. Da kamen sie wieder auf, die Erinnerungen an den ersten Besuch bei der Hertha im Spätsommer 2018. Bundesliga, über 50.000 gegen Gladbach. Eine unfassbar laute Ost, die den perfekten Start in die neue Saison skandierte. Noch immer einer meiner Ohrwürmer, dieses „Wir werden ungeschlagen sein – 100 Punkte, Hertha BSC!“. Nun Teil der zweiten Liga, was trotz der Stellung als Hauptstadtclub erstmal kein wirkliches Novum für die Blau-Weißen darstellt. Zu unbeständig war der „Big City Club“ seit jeher unterwegs, zu viele Querelen lähmen den Verein Jahr für Jahr.

Des einen Leid, des anderen pure Freude, denn der jüngste Abstieg ins Unterhaus machte das erstmalige Aufeinandertreffen der SVE mit den Herthanern möglich. Da hätten Letztere außerhalb des Pokals sicherlich gerne drauf verzichtet, doch für die Anhänger der Saarländer, wie auch uns, einer dieser Tage, die wohl für alle Zeiten hängen bleiben werden. Gut 600 wollten sich diesen Moment nicht entgehen lassen, wovon sich ein Großteil bis zur Stadionöffnung am Olympia-Eck einstimmte. Auch wir stießen dazu und freuten uns über die große Zahl bekannter und unbekannter Gesichter, mit denen man auch während des gesamten Wochenendes in verschiedenen Ecken der Stadt die Wege kreuzte.

Dann ging’s endlich hinein in dieses wundervolle Stadion, in diesen geschichtsträchtigen Ort, in dieses Ziel der Träume zahlreicher Vereine des gesamten Landes. Assoziiert mit Endspielen, Länderspielen oder eben der ganz großen Bühne der Ligenhierarchie. Und die SVE mittendrin. Überwältigend allemal und ein Moment, den man live vor Ort erstmal sacken lassen musste. Somit verging die Zeit bis zum Anpfiff beim Blick durch das weite Rund, während sich die Elversberger Szene im mittleren Bereich des Gästeblocks hinter den üblichen Zaunfahnen positionierte. Ein wirklich ordentlicher Haufen, der mit einigen kleinen und einem großen Schwenker auch optisch eine ordentliche Visitenkarte abgab.

Allerdings fehlte es bei Weitem an der erhofften Sangeskraft, denn bis auf ein paar Ausreißer zu Beginn machte sich das Touri-Publikum deutlich bemerkbar. Kaum Mitmachquote außerhalb des Kerns, dazu klafften nach einigen Minuten bereits große Lücken in der anfangs dichten Traube. Für die große Anzahl eher unterirdisch, auch wenn dem aktiven Kern trotzdem nichts vorzuwerfen ist. Denn vor allem die Dauerunterstützung bis weit in die zweite Hälfte hinein, Eis, Wind und Spielverlauf zum Trotz, war aller Ehren Wert.

Große Lücken klafften ebenso in der Ostkurve, wie auch im restlichen Stadion. Das sich über 33.000 Zuschauer in dem weiten Rund so sehr verlaufen unterstreicht einmal mehr den großen Wunsch der Herthaner nach einem Stadion, das sie wirklich ihr Eigen nennen können. Denn was für ein Potential in der Kurve steckt, zeigten insbesondere die dichten Schalparaden als auch die Sprungeinlagen, an denen sich der komplette Ober- und Unterrang lautstark beteiligte. Das ballerte ordentlich und ließ erneut die Erinnerungen an den Sahneauftritt 2018 aufkommen, von denen die Kurve in den restlichen 85 Minuten allerdings meilenweit entfernt blieb. Dafür passten Gegner, Wetter und tabellarische Situation einfach nicht zusammen. Trotzdem natürlich ein lautstarkes Gegenüber, dessen Liedern man gerne auf der Gegenseite lauschte. Spruchbänder kamen ebenso zum Vorschein, wobei zum einen Bezug auf die zunehmenden Vorfälle mit der Schmier genommen („Bullenschweine raus aus den Kurven!“) und Unterstützung für das rot-blaue Genua zum Ausdruck gebracht wurde.

Der sportliche Teil des Nachmittags ist schnell erzählt, weil noch immer mit Schmerzen verbunden. Zunächst die vermeintliche Führung für Elversberg nach nur vier Minuten, doch kurze Zeit nach VAR-Entscheidung und Gegenangriff prangte ein 1:0 für Berlin auf der Anzeigetafel. Der Ausgleich durch Jacobsen fiel zwar noch im Gegenzug, danach klappte allerdings überhaupt nichts mehr. Die gesundheitlich angeschlagenen Schwarz-Weißen glänzten mit unkonzentrierten Pässen und desaströsem Abwehrverhalten und gerieten schließlich komplett unter die Räder. 5:1 am Ende – Aua. Trotzdem waren die Worte vom Gästeblock aufmunternder Natur, steht man doch weiterhin voll im Soll. So ein Nachmittag tut zwar definitiv weh, aber auch das ist Fussball. Kann ja nicht immer alles rosig sein.

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Entsprechend hingen die Köpfe nur kurz, bevor der restliche Tag wieder den eiskalten Straßen der Stadt gewidmet wurden. Im Sommer definitiv angenehmer, so ein Städtetrip… Dennoch bleiben vor allem die positiven Eindrücke hängen, die das Auswärtsspiel in Berlin so mit sich brachte. Die Tage mit dem eigenen Dunstkreis in den Großstädten der Republik zu verbringen ist eben auch so eine Sache, die ich mir seit etlichen Jahren wünschte. Somit ging es zwar müde, aber auch irgendwie glücklich am frühen Montag zurück nach Frankfurt und ohne Umwege auf die Arbeit.