Segunda División RFEF: Hércules Alicante CF – RCD Espanyol B

03.09.2023
1. Spieltag Segunda División RFEF Grupo 3
Hércules Alicante CF - RCD Espanyol B
Estadio José Rico Pérez
Endergebnis: 1:0 (1:0)
Zuschauer: 4.958
Ticket: 15€
Fotoalbum

Nach einer recht kurzen Nacht ging es am Sonntag, wie schon am Tag zuvor, in südwestliche Richtung. Der Zielort dieses Mal Alicante, mit gut 340.000 Einwohnern größte Stadt der Costa Blanca und zweitgrößte in der gesamten Region Valencia. So viel zu den Zahlen, denn bei der Anfahrt drehten sich die Gedanken noch immer um die Enttäuschung, die Elche in uns auslöste. Denn das war schlichtweg Zweitverschwendung. Entsprechend war auch die Vorfreude auf den Tag genau wie das Wetter leicht getrübt, wobei letzteres zumindest nicht mehr mit Regen aufwarten sollte. Aber windig war es, und zwar richtig.

Mit Blick auf den Kick am Abend fand das Gefährt bereits sein Plätzchen auf dem großen Parkplatz direkt neben dem Stadion, ehe es per Pedes, vorbei an den mal wieder wahnsinnig geilen Traversen des Spielortes, in Richtung Zentrum ging. Deutlich länger als gedacht stapften wir in Richtung Küste, nur um direkt im Anschluss den steilen Anstieg zum Castillo de Santa Bárbara, einer auf einem 166 Meter hohen Felsen errichtete Burg, zu erklimmen. Bei tropisch schwülen Temperaturen eine schweißtreibende Angelegenheit, die allerdings mit einem tollen Ausblick über die gesamte Innenstadt belohnte. Schon da bliesen uns die Ausläufer eines Orkans gehörig um die Ohren, was sich beim Gang in Richtung Küste nochmals intensivierte.

Durch die engen Gassen der Altstadt rund um das El Barrio erreichten wir schließlich die Playa del Postiguet, oder auch das, was wir davon überhaupt sehen konnten. Denn der Sturm traf mit solch starker Kraft aufs Land, dass die Oberfläche der Playa wie ein Sandstrahl das Gesicht malträtierte. Unschön, insbesondere das Knirschen zwischen den Zähnen. Amüsant waren aber die ganz Wagemutigen, die sich ins Wasser trauten, im Sekundentakt aber von der Wasserwacht zurückgepfiffen wurden. Oder eben die, die sich an der Promenade für ein Foto versuchten in den Wind zu legen und teilweise krachend scheiterten. Die rauschende Brandung lud immerhin ein wenig zum Verweilen in einem windstillen Ecken ein, ehe es zurück zu Promenade und Altstadt ging.

Die hungrigen Bäuche trieben uns dabei in die Carrer de las Setas, einer mit Fliegenpilzen als Kunstattraktion durchsetzten Straße, die immerhin einige Tapas-Läden bereit hielt. Leider sehr touristisch geprägt, was wir in einem eher mäßigen Laden dort herausfanden. Teuer und nicht wirklich gut, entsprechend blieb es bei einer schmalen Runde. Teil zwei der mittäglichen Sättigung sollte vor dem Rathaus in einem etwas lokaler wirkenden Laden nachgeholt werden, doch blies der Wind nicht nur sämtliche Gläser von den Nachbartischen, sondern ebenso die Motivation der Kellner weit von uns weg.

Mit dem Gefühl, das Wochenende vom Unglück verfolgt zu werden, stolperten wir jedoch über den Messias in Tapas-Form, oder auch schlicht die Rettung des Tages: Das D’Tablas, oder auch Tapa-Caña. Ein winziger Laden am Eck einer Häuserzeile, recht unscheinbar von außen, allerdings durchflutet mit lautem Gelächter und toller Stimmung. Ein Menü suchte man vergebens, stattdessen lief hier ein etwas bulliger Typ mit einem Tablett voller kleiner Holztäfelchen herum, auf denen jeweils einige Bissen spanischer Leckereien zu finden waren. Das Konzept ist dabei äußerst simpel: Nimm, was du magst, baue einen Jenga-Turm und zahle später pro Brett und pro leerem Glas. Bier übrigens für 80 Cent. Ein absolutes Paradies, an dem wir zuvor bereits zwei Mal vorbei liefen. Hätten wir uns mal früher rein getraut… Gestärkt ging es nun auf die letzte Etappe des Tages, die uns stets bergauf wieder gen Norden führte. Mit dabei ein recht ordentliches Fazit, so ließ es sich in der Innenstadt von Alicante definitiv besser aushalten als noch am Tag zuvor, und das trotz des Sonntags. Aber einen ganzen Urlaub hier verbringen? Da würde ich eher passen und auf Valencia umschwenken.

Eine halbe Stunde und und etliche vergossene Schweißtropfen später standen wir wieder vor dem Ausgangspunkt des Tages: Den steilen Traversen des Estadio José Rico Pérez am nördlichen Ende der Innenstadt. Nun war etwas mehr Leben hier als noch zur Mittagszeit, während wir uns auf der Suche nach dem Ticketschalter entlang der Tribünen schlängelten. Dabei fielen auch einige Tags der „Youth Boys“ und „Ultras ‘08“ ins Auge. Geht hier am Ende was? Das wäre zumindest eine mehr als willkommene Überraschung. Ebenso überraschend war die Schlange an den beiden, geöffneten Fenstern zum Erwerb der nötigen Eintrittsberechtigungen. Es war der erste Spieltag und somit eine gewisse Euphorie beim Anhang vorhanden, was auch die Schlange auf später über hundert Meter anwachsen ließ. Und dennoch musste jeder einen Plausch mit den Damen am Verkauf halten. Da komme ich mit meiner deutschen Mentalität nicht klar mit. Daher auf Effizienz-Modus geschaltet und aufgeteilt, sodass zumindest der Schalkauf bereits abgehakt werden konnte. Wäre sonst schwierig, da bereits Wochen zuvor weder Online-Shop noch Website des Vereins aufrufbar waren.

Die Uhr tickte bereits bedrohlich dem Anpfiff entgegen, bis wir schließlich die 15 Taler pro Nase durch das Fenster schieben durften und unsere Karten für die Tribune, sprich Westtribüne, in Händen hielten. Ab also hinein durch die nicht wirklich stattfindenden Kontrollen und hinauf in die oberste Reihe des Oberrangs. Und es ergab sich der fast schon gewohnt grandiose Anblick eines wahrlich mächtigen Stadions. Wirklich gigantisch wirkt die Osttribüne mit ihrem steilen Oberrang, auf deren Sitze Vereinsname und Gründungsdatum abgebildet werden. Mindestens genauso beeindruckend wirkte aber die einstöckige Nordtribüne, die die eigene Phantasie beflügelte. Was wäre das für ein Anblick, wenn die Kurve komplett gefüllt wäre, Fahnen dem Wind trotzten und tausende Hände gen Himmel strebten. Südamerika-Feeling vom Feinsten!

Wirklich schade, dass die Fankultur in Spanien so dermaßen am Boden liegt. So blieb nur der Blick auf die sich spärlich füllenden, blauen Sitze der fast 30.000 Zuschauer fassenden Bude sowie auf die alten, eckigen Flutlichter. Ein Monument aus vergangenen Zeiten, ebenso wie das Stadion in Elche 1974 eröffnet und Spielort der WM 1982. Und auch Relikt der sportlichen Vergangenheit des Hércules Alicante CF, der vor allem in den 70er Jahren unter Präsident José Rico Pérez, dessen Name nun das Stadion ziert, seine größte Zeit erlebte. 20 Saisons spielten die Blau-Weißen in der ersten Liga, hatten bis auf dieses erfolgreiche Jahrzehnt aber stets das Image einer Fahrstuhlmannschaft. Zudem bedeuteten finanzielle Turbulenzen stete Rücksetzer, sodass sich der dreimalige Meister der zweiten Liga im Jahr 2011 zum bis dato letzten Mal aus dem Oberhaus verabschiedete. Auf drei Spielzeiten in der Segunda folgte schließlich der Abstieg in die dritte Liga, ehe seit 2021 die Realität gar vierte Spielklasse bedeutet.

So auch in dieser Saison, die am Sonntagabend um 20.00 Uhr gegen die zweite Garde von Espanyol Barcelona, aka mein unrühmlicher Länderpunkt, eröffnet wurde. Und trotz der überraschend guten Kulisse von knapp 5.000 Zuschauern war der Pfiff zum Anstoß für lange Zeit das lauteste Geräusch, was wir in der Bude vernahmen. Naja, bis auf zwei unrhytmische Trommler auf der Haupttribüne und Gegengeraden, die das Fell nach belieben und ohne Gesänge malträtierten. Nach gut zehn Minuten war plötzlich ein wenig Bewegung auf der Südtribüne, allerdings in dem Bereich, den wir als Gästeblock ausmachten. Kann aber auch die eigens abgesperrte „Support-Area“ sein.

Warum auch immer brauchte es den Führungstreffer der Hausherren, eher der eigene Anhang seine drei Zaunfahnen aufhing und eine kleine Traube aus 30-40 Supportwilligen bildete. Allerdings hielt die Motivation für vielleicht 20 Minuten, bis auch hier wieder Ruhe einkehrte. Somit blieb uns nur das Spiel sowie die Suche nach einem windstillen Bereich in einem offenen Stadion ohne Dächer und Rückwand. Denn der Sturm peitschte mit einer derartigen Beständigkeit Sand und Müll durch die Luft, dass wir es auf dem Oberrang nur kurze Zeit aushielten. Sogar der Himmel färbte sich immer stärker in ein Rot-Braun und hüllte die Kulisse in ein seltsames Licht. Das machte nicht unbedingt viel Spaß, auch wenn der wenig spektakuläre Kick dadurch etwas unterhaltsamer wurde. Freistöße gegen den Wind schafften keine zehn Meter und Ecken waren bei fast flach liegenden Eckfahnen sowieso eine Herausforderung. Da rollte die Kugel ungewollt schonmal ein geöffnetes Stadiontor hinaus.

Der frühe Treffer für Alicante blieb der einzige des Abends, wodurch die Hausherren am Ende zumindest für einige Sekunden das Stadion in einen lauten Gesang hüllten. Das wars dann aber auch, denn mit Schlusspfiff wollten alle so schnell wie möglich raus aus dem windigen Treiben. Auch wir liefen schnell zum nun komplett vollen Parkplatz und kämpften uns wenig später durch die Anarchie des Ausgangs. Da hätte ich gern einen Mietwagen dabei gehabt… Klappte aber halbwegs, sodass wir uns bei noch immer heftigem Gegenwind den Weg zurück zur Bleibe bahnten.

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Was folgte war unsere zweite Woche an der Costa Blanca und somit fünf weitere Tage voller Strände und des organisierten Nichtstuns. Erwähnenswert wäre da noch eine kurze Tour in den britischen Urlaubsort schlechthin: Benidorm. Keine Stadt in Europa erinnert mich so stark in ihrem Erscheinungsbild an Hongkong. Etliche Wolkenkratzer streben hier gen Himmel, alle prall gefüllt mit Briten und Niederländern und umsäumt von unendlich vielen Britpubs und Bars. Zudem im Sommer eine der größten Städte Spaniens, die sich von ungefähr 70.000 Einwohnern im Winter auf über 1,5 Millionen im Sommer aufbläht. Für uns wirkte der Anblick der Straßen allerdings einfach nur abstoßend. Besser gefiel da die weiße Stadt Altea, die wir am gleichen Abend besuchten. Enge Gassen und ein gemütliches Flair durchziehen das kleine Städtchen, dass mit vielen Restaurants um Kundschaft wirbt. Wer hier mal in der Nähe ist, wird in Altea auf jeden Fall für einen schönen Abend verbringen. Nach dem letzten, leichten Sonnenbrand am Freitag stand schließlich das Packen an. Doch die Vorfreude auf den Samstag war trotz des Starts der Rückreise bereits allgegenwärtig!