Eliteserien: Stabæk IF – Strømsgodset IF

03.07.2023
12. Spieltag Eliteserien
Stabæk IF - Strømsgodset IF
Nadderud Stadion
Endergebnis: 0:1 (0:1)
Zuschauer: 3.262 (ca. 350 Gäste)
Ticket: 300 NOK
Fotoalbum

Im Gegensatz zum Wochenende steuerten wir am Montagmorgen nicht die übliche Bäckerei ums Eck, sondern den ebenso nahen Supermarkt zwecks Frühstück an, war doch das eigene Budget mittlerweile stark aufgebraucht. Noch ‘ne Woche Oslo und Peter Zwegat könnte schonmal sein Flipchart aufstellen… Daher sollte der letzte, volle Tag in der norwegischen Hauptstadt etwas kostengünstiger vonstatten gehen, wobei wir von einer bereits am Vortag getätigten Investition profitierten. Somit machte das Munch Museum den Anfang, in dem beinahe das gesamte Schaffenswerk des berühmten Malers auf etlichen Stockwerken zu Schau gestellt wird. Mit dabei auch das berühmte Werk „Der Schrei“ in seinen drei Versionen, das wohl das bekannteste Gemälde Edvard Munchs darstellt. Auch wenn ich mich persönlich nicht wirklich als kunstinteressiert bezeichne, waren die Eindrücke der teils monumentalen Leinwände schon gewaltig.

Einen top Ausblick vom obersten Stockwerk konnten wir ebenfalls genießen, ehe wir per Pedes in Richtung Akershus Festung aufbrachen. Selbige erstreckt sich zwischen den beiden Kais der Stadt und beinhaltet noch heute Kasernen der lokalen Streitkräfte sowie der Marine. Einige Exponate der ebenso enthaltenen Museen können im Freien begutachtet werden, ebenso wie ein Groß der Festungsanlage, die bereits seit fast 750 Jahren das Endstück des Oslofjords bewacht. Dank der Lage auf einer erhöhten Halbinsel erstreckte sich ein beachtliches Panorama des Fjords vor unseren Augen, wobei die aufziehenden Regenwolken uns fix zum Weiterziehen animierten. Zuflucht vor dem kühlen Nass fanden wir in einem Espresso House an der Aker Bryyge, ehe wir schließlich, nach erneut kurzer Runde in der Innenstadt, mit der T-Bane gen Westen aufbrachen.

Ziel des Abends war der Osloer Stadtteil Bekkestua, den wir mit der M3 bis zur namensgleichen Station erreichten. Hier befindet sich die Heimspielstädte der Fußballabteilung des Stabæk IF, der am Montagabend auf den südlichen Lokalrivalen Strømsgodset IF aus Drammen treffen sollte. Die Ortsmitte machte dabei mit vielen Vereinsfahnen bereits einen guten Eindruck, anscheinend sind die Blau-Schwarzen hier gut verwurzelt. Oder geben viel Kohle fürs Marketing aus, wer weiß… Immerhin zeigten sich die nahen Kneipen gut gefüllt, was die eigene Vorfreude auf den letzten Kick des Trips so langsam aufflammen ließ. Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir bereits das Nadderud Stadion, das im Herzen eines Sportgeländes umringt von vielen weiteren Plätzen und Hallen liegt. Das Umfeld wirkt dabei etwas provisorisch, insbesondere das dreistöckige Funktionsgebäude bestehend aus Baucontainern sowie das VIP-Zelt inmitten einer Matschlandschaft. In Letzterem hätte eigentlich im Vorfeld der übliche Umtrunk vor der Partie stattfinden sollen, der allerdings aufgrund des überraschenden Tods eines Jugendtrainers am Vortag verständlicherweise abgesagt wurde.

Einen kurzen Blick auf die Haupttribüne erhaschten wir von der Seite ebenso, ehe eben jene, nach obligatorischem Schalkauf, geentert wurde. Die Tickets orderten wir vorab für den Oberrang, was sich beim Anblick der stets dunkler werdenden Wolken als keine schlechte Idee herausstellte, auch wenn sie mit 300 NOK pro Nase als teuerste des Wochenendes zu Buche schlugen. Fast schon englische Preise hier! Dafür bekamen wir einen Leichtathletik-Bau mit lediglich zwei geöffneten Seiten. Die Haupttribüne ist dabei wie erwähnt doppelstöckig, wobei nur der etwas kleinere Oberrang über ein Dach verfügt, während die aus verschiedenen Teilen zusammengeschusterte Gegengerade sowohl die Heimkurve mit Stehrängen als auch den Gästeblock direkt daneben beheimatet, beide nur mit provisorisch aufgestellten Absperrgittern zum Spielfeld hin abgesichert. Die südliche Kurve wurde aufgrund des Baus des benachbarten Kunstrasens abgerissen, während die Stufen im Norden Flora und Fauna überlassen wurden. Dennoch fasst die Bude derzeit gut 5.000 Schaulustige, die bei Derbys gegen Vålerenga sowie bei Duellen gegen Rekordmeister Rosenborg schonmal erreicht werden.

Voll wird es hier aber nicht nur aufgrund der Gäste, denn auch der Verein aus dem etwas südlicher gelegenen Stadtteil Stabæk, der bereits seit 1961 in Bekkestua antritt, kann seinerseits auf eine bewegte Historie zurückblicken. Im Jahre 1912 gegründet, traten die Blau-Schwarzen viele Dekaden nur unterklassig an, ehe von 1987 bis 1995 der Durchmarsch von der Fünftklassigkeit bis hin zur ersten Saison im Oberhaus gelang. Dort konnte sich der Club seitdem etablieren und mit dem Pokalsieg 98 sowie der Meisterschaft 2008 gar zwei ganz große Titel in die Vitrine stellen. Nur drei Saisons mussten seit dem erstmaligen Auftritt im Oberhaus in der Zweitklassigkeit verbracht werden, das letzte Mal 2022, wodurch der Club derzeit als Aufsteiger in der Eliteserien an den Start geht.

Das Zuschauer-Interesse lag daher etwas über den eigenen Erwartungen, waren doch die Ränge im Vergleich zur Vorsaison mehr als zur Hälfte gefüllt. Und selbst die Haupttribüne ging insbesondere zum Clubsong auf „Schatzi schenk mir ein Foto“ mindestens genauso ab wie die beiden Maskottchen, deren Inhalt bei der Tanzeinlage wohl mindestens einen Liter Schweiß verloren haben dürfte. Aber auch sonst bestand die Playlist vor Spielbeginn aus zahlreichen Clubsongs gänzlich unterschiedlicher Stilrichtungen. Ist mir auch die Tage zuvor schon aufgefallen, dass hier eine ganze Platte mit lokal bekannten Interpreten gängiger Standard ist. Irgendwann verstummten aber die Lautsprecher und gaben somit die Bühne frei für die beiden Kurven, die jeweils mit Protest-Spruchbändern die Mannschaften auf dem Feld begrüßten.

Die Heimseite formte dabei einen ordentlichen Mob hinter der überdimensionalen „Stabæk Support“-Fahne, zu deren „S“ sich wohl irgendjemand in den 2000ern vom Gekritzel auf einer Schulbank inspirieren ließ. Vor dem Haufen hingen noch sechs kleinere Fetzen mit unterschiedlichen Botschaften (u.a. Pro Pyro, Anti VAR) sowie eine Regenbogenfahne. Das Thema des seit dieser Saison neu eingeführten VAR wurde zudem auf zwei gesonderten Spruchbändern thematisiert, die zusätzlich mit neun angerissenen Fackeln untermalt wurden. Somit schonmal optisch mehr als gedacht, auch wenn lediglich eine große Schwenkfahne in dunkelblau-blau-grünem Balkenmuster etwas karg erschien. Zu Gute halten muss man jedoch die hohe Dichte an Schals, die immer wieder in den Spielsupport eingebunden wurden.

Nach der Schweigeminute für den verstorbenen Jugendtrainer lieferte der kompakt stehende Haufen einen soliden Auftritt ab, wetter- und spielbedingt allerdings durchsetzt von einigen Pausen. Bei den Liedern bediente man sich größtenteils am europäischen Standard, ließ aber auch ein paar Klänge aus Griechenland mit einfließen, zu denen gut und gerne der gesamte Block abging. Gleiches bei Schalparaden und Hüpfeinlagen, die mehr als ersichtlich machten, dass sich lediglich der harte Kern auf der Gegengerade positioniert. Die Wechselgesänge mit der Haupttribüne schepperten ebenso gut und insgesamt würde ich den Hausherren definitiv die Stimmhoheit zusprechen, auch wenn der Support häufig ins sporadische abdriftete.

Dafür enttäuschten die Gäste trotz ordentlicher Masse etwas, auch wenn die Anstoßzeit auf einen Montagabend definitiv einer der Beweggründe für den zögerlichen Auftritt gewesen sein dürfte. Dazu auch das Spruchband „Fotball skal spilles i helgen“ (Fußballspiele am Wochenende), welches an Stelle jeglicher Fahnen den Zaun über neunzig Minuten lang zierte. Der aktive Haufen stellte sich dabei recht kompakt an der Seite auf, konnte den restlichen Anhang außerhalb der sehr häufigen Schalparaden und Klatscheinlagen zumindest akustisch wenig mitnehmen. Die Lippen bewegten sich zwar, aber es war schlichtweg zu wenig Zug drin.

In Sachen Liedauswahl auch hier ein bunter Mix aus der Ultra’-Welt, angefangen von „Hej Jude“ über das fast schon tot gesungene „Allez Allez Allez“ bis hin zu den fetzigen Chants deutscher Kurven, wie dem aus Stuttgart bekannten „Solange wir in der Kurve stehen“ sowie der augenscheinliche, aktuelle Gassenhauer von Strømsgodset auf das Kölner „Oh FC Köln, 1.FC Köln, du bist mein Verein, ich liebe dich“. Bei dem zwischenzeitlich peitschenden Regen unterm Strich das Maximale rausgeholt, wenngleich mir die Heimkurve einen Ticken besser gefiel.

Auf dem Rasen war es die erwartete, harte Kost im Duell des Neunten gegen den Zehnten der Tabelle, sodass die stets über der Tribüne kreisenden Möwen einen Großteil des Unterhaltungswerts ausmachten. Was die Viecher eine Ausdauer über neunzig Minuten an den Tag legen, nur um den einen Kartoffelchip, den sie mal ausgespäht hatten, am Ende zu bekommen. Dabei verpasste man beinahe die Führung für die Gäste, die somit mit dünnem Vorsprung auf tiefem Rasen in die Pause gingen. Auch danach plätscherte Spiel und Regen unaufhörlich, doch Feuer sollte gegen Ende durch Gelb-Rot für die Gäste doch nochmal reinkommen.

Der Witz beim neu eingeführten VAR in Norwegen liegt nämlich darin, dass die Anzeigetafeln in den hiesigen Stadien das Spiel kontinuierlich zeigen und somit selbst strittige Szenen wiederholen, vor den Augen der Zuschauer als auch der Spieler, die somit mit jeder Fehlentscheidung das Schiedsrichter-Gespann sowie sich gegenseitig weiter bepöbelten. Da stiegen dann auch Heimkurve und Gästeblock so langsam ein, doch mehr als ein paar freundliche Gesten über den Zaun sollte es, trotz der nicht unüberwindbaren Absperrungen, nicht geben. Die erhoffte, spannende Schlussphase blieb ebenfalls aus, sodass auch im dritten Spiel unseres Wochenendes die Gastmannschaft sämtliche Punkte einstrich. Hätte man mal drauf gewettet… Wir machten uns fix auf den Rückweg zur Station, von wo aus uns die T-Bane zurück zur Bleibe brachte. Dort noch fix das letzte Bier aus dem Kühlschrank geköpft und wenig später das Reich der Träume beehrt.

Dienstag war schließlich Rückreise angesagt, die relativ unspektakulär in Richtung Oslo Hauptbahnhof begann. Von dort den erstbesten RE in Richtung Flughafen bestiegen, zusätzliche Zonen in der Fahrkarten-App gekauft und absolut pünktlich den schicken Flughafen der Hauptstadt erreicht. Ich mag es ja, wenn die Ankunfts- und Abflughallen zumindest etwas das jeweilige Land widerspiegeln. Frankfurt glänzt in stoischem Grau und Weiß, hier bestimmen schöne Holztöne die Optik. Doch viel Zeit zum Genießen bleib nicht, denn sowohl die fünf Minuten an der Security als auch die nicht allzu großzügig bemessene Wartezeit am Gate gingen fix vorbei. Nicht jedoch ohne die letzten Kanelboller der Tour einzusacken, die sich sogar als die Besten des gesamten Trips herausstellten. Wer also mal über ein BIT Union stolpert: Probiert die Teile! Überraschend pünktlich brachte uns schließlich der Kranich nach Frankfurt und somit zurück in den Alltag.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Was bleibt das Fazit zu Oslo? Erstmal konnten wir uns lediglich der Stadt samt engerem Umland widmen, selbst für die angedachte Fahrt durch das Fjord war weder Zeit noch Wetter. Letzteres dürfte auch die größte Einschränkung darstellen, denn bei Regen ging leider so gut wie gar nichts. Dennoch hatten wir unsere Freude am ruhigen und freundlichen Flair der Stadt, auch wenn der kulinarische Aspekt sowohl finanziell als auch in Sachen Auswahl wenig Pluspunkte sammeln konnte. Dafür verköstigten wir exzellentes Bier und erfreuten uns an der wachsenden Begeisterung für Ultra’ in den Stadien des Landes. Da befindet sich momentan viel im Aufbau und wir sind sehr gespannt, wohin die Reise für die Kurven gehen wird!