3. Liga: VfB Oldenburg – VfL Osnabrück

03.09.2022
7. Spieltag 3. Liga
VfB Oldenburg - VfL Osnabrück
Marschwegstadion
Endergebnis: 4:3 (1:2)
Zuschauer: 8.222 (1.500 Gäste)
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Schaut man sich die eigene Landkarte besuchter Fußballstadien so an, klafft im Nordwesten Deutschlands eine absolute Leere. Osnabrück war in der Gegend mal das höchste der Gefühle, noch nördlicher zog es uns bis dato nicht. Entsprechend war die eigene Freude groß, dass mit dem Aufstieg der SVE nun auch diese für uns neuen Gefilden unter Augenschein genommen werden können. Wäre aus Frankfurt bzw. dem Saarland sonst auch einfach zu weit weg. Der anfänglichen Freude folgte allerdings prompte Ernüchterung, da das Elversberger Auswärtsspiel im Oldenburger Marschwegstadion auf den dritten Spieltag und somit auf einen Mittwoch terminiert wurde. Blöd, weil klappte nicht. Umso besser, dass sich eine Partie des VfB an genau dem Wochenende mitnehmen ließ, an dem der eigene Verein in Meppen auftischte. Zufall, Glück oder schlichtweg gewollt: Es sollten also beide blau-weißen Teams des Nordwestens an einem Wochenende gekreuzt werden.

Zudem vielleicht eine der letzten Chancen auf das Marschwegstadion, da mit dem Aufstieg des VfB hier mehr denn je um Neu- und/oder Umbau debattiert wird und sowieso seit Saisonbeginn das Damoklesschwert Heimspiele in Hannover über dem Club schwebt. In Oldenburg erwischte man dabei auch gleich das Derby gegen Osnabrück, was, durch die langjährige Abstinenz der Blau-Weißen aus dem Profifußball, das erste Aufeinandertreffen seit mehr als 20 Jahren in einem Ligaspiel markierte. Bei Osna wusste man was man erwarten durfte, während um den VfB zu Hause wie auch auswärts ein kleiner Hype entstand. Was da zu den unmöglichsten Zeiten für eine Gefolgschaft durch die Republik tourte erstaunte von Woche zu Woche. Entsprechend wurden fix die Tickets geordert sowie eine Übernachtungsmöglichkeit gebucht, dann sollte der Tour gen Norden nix im Wege stehen.

Früh morgens ging’s per Vehikel über einigermaßen staufreie Autobahnen die gut sechs Stunden hinauf, wo einigermaßen nah am Stadion auf einem P+R ein freier Stellplatz ausgemacht werden konnte. Eine knappe viertel Stunde zu Fuß mussten noch zurückgelegt und dabei einigen tausend Fahrrädern ausgewichen werden, ehe wir die absurd langen Schlangen vorm Einlass etwa eine Stunde vor Anpfiff erblickten. Sehr viel los, alle wirkten irgendwie überfordert mit der Situation. Immerhin fanden wir den zweiten Eingang und waren somit deutlich schneller drin, die Blase drückte nach der Strecke aber auch gewaltig. Am Verpflegungsstand deckten wir uns mit einer guten Wurst ein, die hier auf einem länglichen Pappstück samt halber Scheibe Mini-Toast serviert wird. Geschmacklich definitiv nicht verkehrt, aber dieser Witz von Brotanteil war schon befremdlich. Noch fix durch die Schlange am Getränkestand gekämpft und schon enterten wir unsere Plätze auf Block G der Haupttribüne.

Von hier konnten wir einen Großteil des 15.200 Zuschauer fassenden Baus erblicken, dessen Haupttribüne mit Planen-Dach definitiv den Blickfang stellt. Angeschlossene Kurve und Gegengerade kommen ohne Dach aus, beherbergen dafür mit dem Fanblock der Hausherren als auch des Gästeblocks ein Großteil des Fassungsvermögens. Die zweite Kurve fehlt derweilen, was dem Stadion die Form eines Hufeisens verleiht. Die gleiche Sicht hat man im Übrigen von den Stehplätzen in der Kurve direkt neben der Haupttribüne, mit dem einzigen Unterschied versehen, dass man statt 22€ lediglich neun Taler berappen müsste. Wissen wir jetzt auch. Der Zuschauerandrang lag am Ende deutlich über den Erwartungen. Mehr als 8.200 Schaulustige bevölkerten die Traversen, woran selbstverständlich auch die Gäste einen gehörigen Anteil hatten. Etwa 1.500 Lila-Weiße standen sowohl im Gästeblock als auch auf unserer Seite der Haupttribüne, wobei unser Block nahezu hälftig geteilt war.

Wenig Vorstellung hatte man indes über die Fanszene der Hausherren. Die bisherigen Berührungspunkte beschränkten sich auf ein paar Jahresrückblicke in bekannten Heften sowie einige Fotos im Netz. Da beeindruckte der große Haufen auf der Gegengeraden hinter dem bekannten Vereinsbanner am Anfang schon. Ebenso die Klatscheinlagen zu Beginn sowie die ersten Hasstiraden gegen die Gäste ließen uns hellhörig werden. Jedoch gingen Lautstärke als auch Quote im Spielverlauf doch deutlich zurück. Stiegen zu Beginn noch nahezu alle Blau-Weißen mit ein, beschränkte sich der durchgängige Support später eher auf den mittleren Teil des Blocks, was rein optisch aber immer noch gut aussah. Fahneneinsatz, Emotionen als auch einige Hüpfeinlagen gaben ein tolles Bild ab. Aber es war eben absolut nicht so laut wie es hätte sein können. Kein Plan ob es an unseren Plätzen, der womöglich schlechten Akustik oder an weniger geölten Stimmbändern im Norden lag. Richtig gut wurde es meist nur dann, wenn auch die Tribüne mitmachte.

Ein gänzlich anderes Bild zeigte da der Gästeblock, der einen wahren Sahnetag erwischte. Schon gut 30 Minuten vor Anpfiff sang sich der Haufen lautstark ein und übernahm ab diesem Zeitpunkt die Stimmhoheit des Nachmittags. Zu Spielbeginn folgte dann das optische Highlight in Form einer dichten und langanhaltenden Rauschshow ganz in Lila, die einen fantastischen Eindruck machte. Mitmachquote im Gästeblock top, insbesondere bei Schlachtrufen, Klatscheinlagen und den Gassenhauern, auf die an diesem Tag primär gesetzt wurden. Gefiel und ließ die Füße ein ums andere Mal mitwippen. Auch der Wechselgesang im dafür zweigeteilten Block samt Fahnen- und Schaleinsatz machte einen top Eindruck.

Und auch das Spiel wusste zu unterhalten, ach was, zu begeistern! Als neutraler Beobachter subjektiv das mitunter beste besuchte Spiel des Jahres. Osnabrück mit Neutrainer Schweinsteiger geriet bereits nach drei Minuten ins Hintertreffen, konnte im Gegenzug wiederum direkt den Ausgleich per Foulelfmeter vermelden. Kurze Zeit später zappelte die Kugel schon wieder im Oldenburger Kasten, dieses Mal vereitelte aber die in die Höhe gestreckte Fahne des Linienrichters das Erfolgserlebnis. Doch Osnabrück war oben auf und veredelte einen schönen Spielzug kurze Zeit später zum 1:2. Spiel gedreht, großer Jubel im Gästeblock, bei dem sich aber augenscheinlich ein Anhänger der Lila-Weißen verletzte. Rettungsdienst somit im Block und erstmal Stille, und das auf beiden Seiten. Da reagierte die Oldenburger Gegengerade ebenso schnell und stellte den Support ein. Zum Glück folgte die schnelle Entwarnung und das Schauspiel auf den Rängen konnte weiter gehen.

Im zweiten Durchgang legten die Gäste wieder blitzschnell nach und erhöhten auf 1:3. Doch statt den Deckel zuzumachen stellten die Kicker des VfL einfach so ziemlich alle Abwehrbemühungen ab und luden Oldenburg zum Fußballspielen ein. Der VfB nahm dankend an und traf direkt zum Anschluss, erspielte sich die Oberhand und glich sogar aus. Schon da stand das Stadion der eher semi in die Saison gestarteten Blau-Weißen Kopf, doch es kam noch dicker. Kurz vor Schluss drehte Oldenburg die Partie mit dem 4:3 und behielt alle Punkte am Marschweg. Eskalation pur nun auf der Gegengeraden, die mit der eigenen Interpretation des „Allez Allez Allez“ am Ende doch nochmal ein absolutes Ausrufezeichen setzte. Ausschweifende Feier nun auf der einen Seite, während am Gästeblock nach Schlusspfiff die Mannschaft zum Rapport antreten musste. Blieb augenscheinlich bei aufmunternden Worte und der Aufforderung zu mehr Einsatz, wenn man die Reaktionen der Beteiligten aus der Ferne beobachtete. Für uns insgesamt ein absolutes Highlight-Spiel, sowohl was den Kick als auch die Stimmung auf den Rängen anging.

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Im Anschluss ging es wieder zurück zum Auto und auf die kurze Fahrt zum Hotel Bavaria am Stadtrand. Nette Bude, die uns für einen akzeptablen Preis ein sauberes Zimmer offerierte. Nachdem dies bezogen wurde, drehten wir eine Runde durch die Innenstadt Oldenburgs, die wir nach einer guten Stunde mehr oder weniger abgelaufen sind. Kleines Städtchen ohne die ganz großen Hotspots, aber eben genauso gemütlich. Den Abend verbrachten wir schließlich bei lokalen Bierspezialitäten in Ols Brauhaus am Hafen, ehe der lange Tag zeitig zu Ende ging.