Football League One: Burton Albion FC – Ipswich Town FC

16.08.2022
4. Spieltag Football League One
Burton Albion FC - Ipswich Town FC
Pirelli Stadium
Endergebnis: 0:1 (0:0)
Zuschauer: 3.562 (ca. 1.500 Gäste)
Fotoalbum

Nach fünf Tagen London war Birmingham ein absoluter Tapetenwechsel. Leider auch bezüglich Schlafqualität, musste doch die Klimaanlage des Hotels mit einem offenen Fenster an der Straße getauscht werden. Eigentlich kein Problem, doch diese Mistviecher von Möwen hatten augenscheinlich mit Idylle am Morgen nicht viel am Hut und raubten uns die letzten Stunden Schlaf. Hass. Sonst startete der Dienstag eher ruhig mit einer Runde durch die Stadt sowie einem füllenden Mittagessen im Chinese Quarter der Innenstadt. Von dort war es am Nachmittag ein Katzensprung bis zum Hauptbahnhof New Street, von wo unsere kurze Tour ins auserkorene Ziel Burton-on-Trent startete.

Per Bahngesellschaft CrossCountry sollte es mit dem Schnellzug mit Reiseziel Edinburgh innerhalb von lediglich zwanzig Minuten in die Stadt nahe Derby gehen, doch die englische Bahn steht der Deutschen in nichts nach und erhöhte die Reisezeit auf knapp unter einer Stunde. War jedoch aufgrund des Puffers und des immer wieder einsetzenden Regens nicht weiter tragisch. Nach knapp 35 Grad in London saß man nun bei 16 Grad fast bibbernd im Abteil und fragte sich beim Blick aus dem Fenster, ob in England auch nur ein Tag lang normales, angenehmes Wetter herrscht. Dann trafen wir am kleinen Bahnhof ein, der Burton als Tor zum Nationalwald beschreibt. Nur wenige andere Gestalten verirrten sich hier aus dem Zug und spätestens als wir auf der Überführung angekommen waren, standen wir alleine da. Ähnliches Bild auf dem Fußweg zur Innenstadt, die alles in allem etwas trostlos wirkte. Klar, Dienstagnachmittag, aber überall verrammelte Läden und heruntergekommene Wohngebäude sprechen nicht unbedingt für eine florierende Wirtschaft.

Dabei ist Burton im ganzen Land für DAS bekannt, was die Insel so ausmacht: Bier. Vor über 300 Jahren florierte das Städtchen dank der Ansiedelung immer mehr Brauereien, die in der Spitze die Zahl 30 überstiegen. Burton war das Äquivalent für das kühle Blonde, insbesondere für eben solche Bierstile wie IPA, die für Übersee bestimmt waren. Entsprechend zeugen Relikte der Vergangenheit sowie einige Statuen an vielen Ecken von der glorreichen Vergangenheit. Durch Zusammenschlüsse und politischen Gründen sank die Anzahl mit der Zeit auf lediglich zwei, die heute für so ziemlich alle kommerziellen Marken stehen, die man in jedem Pub bekommt. Neben dem bekannten Carling gehören dazu unter anderem viele Biermarken aus Portugal, Polen und Tschechien. Gern mal Molson Coors googeln, wer sich dafür interessiert. Als Liebhaber der kleineren Brauereien kamen wir im kleinen „The Dog Inn“ dagegen voll auf unsere kosten. Im gemütlichen Pub wurden viele Spezialitäten aus der näheren Umgebung serviert, die durchweg hervorragend mundeten.

Da es sonst nicht viel im Ort zu sehen gab, saßen wir hier einen Großteil der Zeit ab und entschieden uns für den etwas längeren Fußweg zum zweiten Grund der Reise: Der Spielstätte des Burton Albion FC. Nach einer guten halben Stunde erblickten wir das am Stadtrand errichtete Pirelli-Stadion, was zu ehren der Familie des Reifenherstellers benannt wurde, die dem Club das Grundstück für den Neubau zur Verfügung stellte. Die vorab georderten Tickets wurden fix eingesammelt, eine Runde durch den winzigen Fanshop gedreht und zwecks Nahrungsaufnahme früh das Stadion geentert. Im Netz umwarb man den angeblich besten Burger der Liga, der mitsamt Pint für einen fairen Betrag erstanden wurde. Fan von Gemüse ist man hier wohl nicht, denn der Burger bestand aus (sehr weichem, fast Brioche-artigem) Brötchen, Fleisch und Käse. Wer braucht schon Salat oder Soße? War an sich nicht schlecht und zum zwischenzeitlichen Bewässern der trockenen Pampe saß man wie beschrieben an der Quelle. Satt wurde man davon trotzdem, sodass wir, nachdem auch der letzte Schluck Carling die Kehle hinab tröpfelte, unsere Plätze auf der Tribüne einnehmen konnten.

Erster Gedanke beim Blick ins kleine Rund: Alte Försterei vor dem Umbau und mit Dach drauf. Bis auf die Haupttribüne kamen alle anderen Seiten gänzlich ohne Sitze aus, was im Land der (noch) schärfsten Stadionpolitik Europas absolut erwähnenswert ist. Auch die Kapazität des 2005 errichteten Stadions von 6.912 ist für lokale Verhältnisse und Ambitionen absolut ausreichend. Schmuckes Kästchen für die dritte Liga hier! Die „Brewers“, wie der Club auch genannt wird, dessen Wappen einen dickbäuchigen Fussballer ziert, sind dagegen erst in den jüngeren Jahren auf der Fußballlandkarte angekommen. Nach Gründung 1950 spielte man lediglich auf Amateurlevel und erreichte erst 2009 zum ersten Mal die Football League. Nach einigen Jahren in Viert- und Drittklassigkeit war man bis 2018 gar für zwei Jahre in der zweiten Liga vertreten, ehe der Abstieg in die League One erfolgte, der man noch heute angehört.

Aus dieser Zeit formte sich auch eine kleine Fanbasis sowie ein recht junger, aktiver Haufen, der hinterm Tor im Westen vertreten ist. Vor vielen Fahnen und mit Unterstützung einer Trommel zauberte der ansehnliche Mob einen starken Auftritt aufs Parkett, der insbesondere zu Beginn seine Gesänge über Minuten hielt. Später ging zwar die Häufigkeit der Lieder eher ins Sporadische über, dennoch fand man guten Gefallen an Liedauswahl und dem Auftreten im Allgemeinen. Auf der gegenüberliegenden Seite machten sich absolut überragende 1.500 Gäste breit, die die dreistündige Strecke unter der Woche auf sich genommen haben. Wenn der Haufen mal loslegte wurde es richtig laut, aber wie so oft war es bis zum Anpfiff richtig gut, mit Spielbeginn deutlich leiser. Nach Chancen auf dem Rasen gingen aber beide Seiten gut ab und verliehen dem Kick am verregneten Abend eine gute Atmosphäre.

Sportlich traf zum frühen Zeitpunkt der Saison die Hausherren als Vorletzter auf den Spitzenreiter und Aufstiegsfavoriten. Die blauen Gäste, deren Trikots für die anstehende Tour von Ed Sheeran warben, wussten mit der Favoritenrolle anfangs aber nicht allzu viel anzufangen und liefen deutlich hinterher. Burton somit anfangs stärker, allerdings vor dem Tor ohne guten Abschluss. Folgerichtig 0:0 zur Pause, aus der die Gäste stärker rauskamen. Irgendwann fiel dann das zu erwartende 0:1 für die Blauen, was den Gästeblock absolut beflügelte. Nun das typisch englische Spiel: Zwei laute Lieder von rechts gefolgt von einem „This is a library!“, worauf die Heimseite mit dem „You only sing when you’re winning!“ antworteten. Auf dem durchnässten Rasen setzte sich am Ende die spielerische Qualität durch und Ipswich durfte über die verdiente Verteidigung der Tabellenführung jubeln.

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Dunkel und nass war es, als wir schließlich das Stadion verließen und in Richtung Bushaltestelle stapften. Problem: Es gab keinen Bus mehr. Die vor ein paar Wochen rausgesuchten Verbindungen existierten nicht, scheinbar wird hier nach 18 Uhr der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Na klasse. Also wieder über eine halbe Stunde laufen, bis wir wieder am Bahnhof ankamen. Zum Glück weniger nass als erwartet, dafür umso verärgerter, dass ich die Geschichte am Tag nicht nochmal überprüfte. Immerhin der Zug nach Birmingham ließ nicht lange auf sich warten, sodass wir wenig später unsere Bleibe wieder erreichten.