2. Bundesliga: SV Elversberg – 1.FC Nürnberg

10.12.2023
16. Spieltag 2. Bundesliga
SV Elversberg - 1.FC Nürnberg
Waldstadion an der Kaiserlinde
Endergebnis: 0:1 (0:0)
Zuschauer: 8.150 (2.100 Gäste)
Ticket: Dauerkarte
Fotoalbum

Zum letzten Heimspiel im Kalenderjahr präsentierte sich die Kaiserlinde erneut in wandelndem Gewandt. Das gemietete Provisorium namens B-Block auf der Gegengerade verabschiedete sich zurück in die Hände seines Eigentümers und macht Platz für den größeren Bruder, der in den nächsten Wochen auf der kompletten Seitenlänge errichtet werden soll. Langweilig wird es also auch weiterhin nicht auf der Dauerbaustelle, die mit der folglich reduzierten Kapazität für ein seit Wochen ausverkauftes Heimspiel sorgte.

Mit dem Gegenüber aus Nürnberg kam dabei ein alter Bekannter zum sonntäglichen Kick an die Linde. Vielleicht etwas hoch gegriffen, jedoch zumindest einer der großen Namen, den man bereits in diesem Jahrtausend in Elversberg begrüßen durfte. Kalt war es, an einem Mittwoch im Oktober 2010, als sich der Club am Ende deutlich mit 3:0 in der zweiten Pokalrunde durchsetzen konnte. Damals noch ein Duell zwischen Regional- und Bundesligist, treten nun beide Teams im Unterhaus gegen den Ball. Das kommt für Elversberg sicherlich überraschender als für den Club, der seit Jahren vom Wiederaufstieg in die Eliteklasse des deutschen Fußballs träumt, dem aber kaum Taten folgen ließ. In der Tabelle rangierte Schwarz-Weiß vor dem Spiel gar vor den Franken – verkehrte Welt, bei Blick auf Quoten und Experten vor der Spielzeit.

Doch das Elversberger Spiel macht einfach Laune, was natürlich auch am Zuspruch neben dem Platz nicht vorüber zieht. Tickets für ein Kick der SVE sind seit einigen Monaten schlicht Mangelware, was das Fehlen der Gegengerade nicht unbedingt begünstigte. Somit wurde es gut voll im Block C, der im Mittelteil an diesem Sonntag einen quantitativ hervorragend besetzten Stimmungsblock sein Eigen nennen durfte. Dazu kreisten einige große Schwenker mal mehr, mal weniger konstant in der Luft und unterstrichen gemeinsam mit den Schalparaden den aufsteigenden Ast in Sachen Optik.

Die größte Entwicklung schafft die Szene aber weiterhin in der Akustik, erreichte der Haufen doch erneut neue Höhen. Sei es die erste Hälfte mit schnellerem, spielbezogenem Wechsel des Liedguts, oder auch die Dreiteilung des Blocks samt des gegeneinander Ansingens, was überraschenderweise nicht in die Hose ging – da lief am Nachmittag so einiges zusammen, was im zweiten Durchgang abermals getoppt wurde. Mit einer unfassbaren Lautstärke steigerte sich die Kurve in das spannende Spiel hinein und ließ für einige Momente das vorhandene Potenzial aufblitzen. Ganz starker Auftritt insgesamt, der Freude auf die womöglich fortschreitende Entwicklung der Kurve macht.

Denn trotz des verhältnismäßigen Sahnetages stand eben Nürnberg auf der anderen Seite. Eine gestandene Szene, seit vielen Jahren qualitativ sicherlich aus dem Dunstkreis der Besten des Landes. Alleine das Zaunfahnenbild am und vor dem Gästeblock mit Gruppen- und Vereinsnamen war schlichtweg top und bisher der schönste Zaun in Elversberg. Dazu zeigte sowohl Steher als auch benachbarte Sitze eine Choreo aus schwarzen und roten Schwenkern und Doppelhaltern samt Club-Logo, untermalt von einer handvoll Wurfrollen. Top Bild, das sich auch im späteren Tifo fortsetzte. Stets viel Farbe in der Luft, dazu eine top Mitmachquote im Steher samt Pogos im Block. Geschlossen und melodisch – nahe an der Perfektion. Hörbar auch ab und an auf der Gegenseite, insbesondere bei den typischen Kurven-Chants der Nürnberger, sonst etwas unter den Erwartungen. In Sachen Lautstärke ging an der Linde diese Saison noch nichts an den HSV ran. Trotzdem war der Support vor allem eines: Leidenschaftlich.

Und natürlich ausdrucksstark, was durch zahlreiche Spruchbänder untermalt wurde: „Oswald – Unsere Wünsche sind bei dir!“, „Die Nr.1 in Franken jetzt auch U17 Weltmeister – Herzlichen Glückwunsch Finn!“ (inklusive Rechtschreibfehler, siehe Bilder), „Hochkultur trifft Kurve? Aber wo ist die Einladung an die Kurve?“ (alle zu internen Themen), „Ultrasgruppen = Kriminelle Vereinigungen? – Die einzig wahren Verbrecher hier seid ihr!“ (in Bezug auf die sich derzeit häufenden, medialen Anschwärzungen der Staatsmacht) sowie „Wir geben euch unseren letzten Cent – und ihr rennt doch weiter dem großen Geld hinterher! – Es bleibt dabei: Nein zu Investoren in der DFL!“ zur aktuellen Diskussion Rund um den Einstieg eines Investors in den Verband. Letzteres untermalt durch einige auf den Platz entsorgten Gegenstände und folglich kurzer Unterbrechung des Spiels. Da ich den Text hier am Tag nach dem Spiel verfasse ist die letztliche Entscheidung der Vereine leider schon bekannt. Was dies nun für den Fußball, wie wir ihn kennen, bedeutet, bleibt erstmal abzuwarten. Viel schlimmer als aktuell kann der Vermarktungswahn auch irgendwie nicht werden. Da bleibt die Formel simpel: Keinerlei Kohle für Pay-TV sondern ab ins Stadion!

Die Entscheidung sollten auch alle 8.150 Schaulustigen an diesem Sonntag nicht bereuen, denn der Kick lebte wahrlich von seiner Spannung. Dabei ergab sich früh ein offener Schlagabtausch zwischen beiden Vereinen, die nahezu identisch am Spieltag zuvor mit je fünf Gegentoren unter die Räder kamen. Das heraufbeschworene Torspektakel blieb trotzdem aus, auch weil auf beiden Seiten die guten Torhüter als auch das Gebälk des Kastens retteten. Elversberg blieb unterm Strich das aktivere und spielbestimmende Team, doch das Tor fiel in der 83. auf der anderen Seite. Und sollte das einzige des Tages bleiben.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Bitter für die SVE, der vorne wie hinten das Glück fehlte. Glücklich dagegen für die Franken, die ihrerseits ihre kleine Krise nun siegreich hinter sich ließen. Für das Team der Schwarz-Weißen gab es selbstredend dennoch großen Applaus für das unfassbare Heimspieljahr 2023. Eine Aufgabe steht zudem in diesem Jahr noch an, wenn das neue Wildparkstadion in Karlsruhe zum Auswärtsspiel ruft!