K League 2: Seoul E-Land FC – Gimcheon Sangmu FC

22.04.2023
9. Spieltag K League 2
Seoul E-Land FC - Gimcheon Sangmu FC
Mokdong Stadium
Endergebnis: 0:1 (0:0)
Zuschauer: 2.000 (150 Gäste)
Ticket: 10.000₩
Fotoalbum

Zwischen dem Derby und dem zweiten Kick des Tages lagen zwar entspannte drei Stunden, allerdings sollten die Distanzen in Seoul definitiv nicht unterschätzt werden. Und so kam es auch, dass die Rückreise per Metro bis zur Zwischenstation Hongdae Street deutlich länger dauerte als zunächst geplant. Bahnstationen direkt am Stadion sind leider prädestiniert für lange Wartezeiten… Der sowieso notwendige Zwischenhalt wurde bereits im Vorfeld für die Suche nach einem frühen Abendessen auserkoren, wobei das eingeplante und zuletzt vor knapp sechs Jahren besuchte Tteokbokki-Restaurant wie vom Erdboden verschluckt schien. Wiedermal musste also umdisponiert werden, wobei wir schließlich in einem guten Laden für Fried Chicken landeten. Mit etwas mehr als einer Stunde auf der Uhr eigentlich schaffbar, doch irgendwie verschwitzten die Bedienungen es hier, unsere Bestellung auch weiterzugeben, sodass wir nach einer halben Stunde unnützer Wartezeit dann doch mit leerem Magen aufbrechen mussten. Schöner Mist, aber wird schon was am Stadion geben, auch wenn’s nur zweite Liga ist.

Die Zeit rannte durch die Warterei und Suche natürlich immens, sodass von den knapp drei Stunden nur noch 35 Minuten übrig blieben. Anfahrtsweg zum Spielort laut Navi: 32 Minuten – und Tickets hatten wir auch noch keine. Ohne weitere wertvolle Sekunden zu verlieren zur nächsten Bushaltestelle, wo die erste Linie direkt genommen werden konnte. Drei Stopps später an einer Expressway-Haltestelle ausgestiegen und unserem ursprünglichen Anschluss hinterher gewunken. Wenn’s läuft… Somit wieder fix umgeplant und kurzerhand die Zielhaltestelle auf die andere Seite des Stadions verlegt, wodurch wir mit dem nächsten Bus eine neue Alternative fanden. Selbiger brachte uns recht pünktlich zur Zielhaltestelle, die nun allerdings deutlich weiter von den Stadiontoren entfernt lag. Also Beine in die Hand und nach weiteren gut zehn Minuten die Flutlichtmasten erblickt.

Geschafft! Und da es sich um einen Zweitligakick handelt, wird wohl sowieso nichts los sein. Den jugendlichen Leichtsinn hoffe ich irgendwann einmal hinter mir zu lassen, denn die fast hundert Meter lange Schlange am Einlass ließ die Hoffnung, den Anpfiff drinnen zu erleben, binnen eines Augenblicks verblassen. Entsprechend Arbeitsteilung ausgemacht, einer stellt sich an, ich kümmere mich bei der nicht dem Englischen mächtigen Verkäuferin um die Tickets. Klappte mit dem Wort „Homefans“ aber ganz gut und die Kontrolleure winkten in der Zwischenzeit ebenfalls die Schlange einfach durch, sodass wir mit dem Durchschreiten des Tores den Anstoß auf dem Rasen zumindest mit den Ohren mitbekamen. Hatte ich zwischenzeitlich gar nicht mehr dran geglaubt hier vor der Halbzeitpause durch den Berufsverkehr der Hauptstadt anzukommen, sollten es nun doch volle neunzig Minuten am Südufer des Hangangs werden. Das wollte gleich mit einem Schalkauf gefeiert werden, ehe die im Inneren der Laufbahn aufgebauten Verpflegungsstände aufgrund des Andrangs erstmal links liegen gelassen wurden. Das Adrenalin füllte die Mägen sowieso noch zu genüge.

Da waren wir also im Mokdong Stadium, der derzeitigen Heimat des Seoul E-Land FC. Für gewöhnlich spielt der erst 2014 gegründete Verein im Olympiastadion, das sich bis 2025 allerdings im Umbau befindet. Somit also Weststadt statt Osten, wobei man somit deutlich näher an der Zentrale des namensgebenden Eigentümers, der E-Land Gruppe, aufläuft. Laut Netz ein Konglomerat aus Fashion, Hotels, Baugewerbe, Shopping-Malls und Themenparks, das im April 2014 auf einer Pressekonferenz den Willen äußerte, einen Profiverein auf die Beine stellen zu wollen. Fünf Tage später gegründet und weitere zwölf Tage später wurde der neue Verein bereits für die zweite Liga zugelassen, in der man seitdem antritt. Tradition pur, wie man zu Hause sagen würde. Den Koreanern aber herzlich egal, denn Fussball ist hier einfach ein Familienevent, was sich auch an allen Ecken des Publikums niederschlug. Unzählige Kids, dazu tütenweise mitgebrachtes Futter und das Bier sollte bitte in einen möglichst undurchsichtigen Becher umgefüllt werden.

Und dennoch kamen wir und die anderen sieben Logs in der ominösen App auf unsere Kosten, denn die 1989 eröffnete Schüssel traf vollkommen meinen Geschmack. Genau 15.511 Sitze ziehen sich schwungvoll um Spielfeld und Laufbahn und formen den typischen Anblick eines Stadions in Ostasien. Große Haupt- und Gegengerade, wobei nur erstere über ein Dach verfügt, während die Ränge zu den Kurven hin deutlich schmäler werden. Highlight waren dabei die sieben-eckige Flutlichtmasten, die sich an jedem der vier Standorte wundervoll in die Skyline der nahen Wohnkomplexe einfügten. Dazu der Sonnenuntergang auf der gegenüberliegenden Seite und der zuvor erlebte Stress war kurzerhand vergessen.

Absolut skurril wurde es hingegen bei der Betrachtung dessen, was sich die Hausherren hier unter Support vorstellten. Genau zehn Leute positionierten sich zwar mittig mit zwei Megaphonen, Trommel und Schwenkfahne, tonangebend war allerdings ein wahrscheinlich angeheuerter Typ am unteren Ende der Ränge. Mittels Mikrofonanlage und via Lautsprechern abgespielten Fangesänge (!) versuchte er die zahlenmäßig überraschend gute Kulisse zum Mitmachen zu animieren, wozu er auch noch Hilfe von vier Cheerleadern erhielt. Das unpassende Tanzen der jungen Damen wirkte eher wie eine einstudierte Kpop-Choreographie und wirklich animieren ließen sich die Leute auch nur zum Mitklatschen. Zur 42. Minute wurden dann alle via Anzeigetafel zum Aufstehen aufgerufen, während ein späteres Einklatschen zur zweiten Hälfte im Sitzen auch eher ulkig als eindrucksvoll daherkam. Auch im Gästeblock ging außer ein paar Rufen nicht viel, wobei die wie auf einer Wäscheleine aufgereihten Trikots an den Balustraden etwas Farbe unter die stark verteilten 150 Gäste brachten, die durchs halbe Land für den Kick ihrer Mannschaft reisen mussten, sofern sie nicht sowieso in Seoul wohnen.

Aber hej, immerhin wird’s versucht, auch wenn man den aktuellen Status Quo insbesondere beim heutigen Heimverein nur belächeln kann. Fussball in Korea ist und bleibt ein steiniger Weg, der allerdings durch eine stärkere Professionalisierung der Verbands- und Vereinsstruktur angegangen wird. Waren bei unserem letzten Besuch 2017 nur die ersten beiden Ligen nennenswert, verfügt die Ligenpyramide bereits jetzt über vier landesweite Ligen, wovon die dritte und vierte derzeit durch halbprofessionelle Teams gebildet wird. Darunter entsteht durch die neuen fünften, sechsten und siebten Ligen ein breiter Unterbau, der ähnlich der heimischen Regional- bis Kreisligen den Amateurfußball auf lokaler Ebene bildet. Wer weis, vielleicht setzt sich der ach so liebe Mannschaftssport auch in diesen Breitengraden gegenüber solche Langweiler-Dinger wie Baseball durch…

Eine Sache können sie hier aber, und das ist die Verpflegung. Schier grenzenlose Auswahl an den Food-Trucks, was uns in der Halbzeit dazu verleitete, gleich drei Mal zuzuschlagen. Tteokbokki am Spieß mit scharfer Soße, die hierzulande beliebten Corndogs oder auch eine Platte scharfes Fried Chicken – es mundete hervorragend und kostete deutlich weniger als in der Heimat. War auch eine gute Ablenkung von einem der langweiligsten Spiele des Jahres, bei dem die Stürmer bei den Torabschlüssen ein ums andere Mal die Eckfahne trafen. Ein gut ausgespielter Konter lieferte schließlich den entscheidenden Treffer für den Erstligaabsteiger aus Gimcheon, was dem Aufstiegsaspiranten auch alle Punkte bescherte. Wir genossen derweilen unser Bierchen bei noch immer angenehmen 20 Grad in der Dunkelheit und machten uns schließlich auf den Weg zurück zur Bleibe. Eine gute Zeit wieder bis Gangnam in der Metro verbracht, ein weiteres Kaltgetränk im nahen 7-Eleven eingetütet und schließlich im Hotelzimmer der SVE beim verlieren gegen Aue via Stream zugesehen. Kann ja nicht alles klappen, wenn man schon zwei Spiele in Seoul an einem Tag hinbekommt. Mit Schlusspfiff im Saarland endete auch dieser ereignisreiche Tag im Land der Träume.

Der Sonntag stand dann nochmal ganz im Zeichen von Shopping und Sightseeing, wobei sich Letzteres vielmehr auf das Erkunden bekannter oder neuer Viertel bezieht. So ging es vor allem nach Myeong-dong in Jung-gu, dem wohl bekanntesten Distrikt der Innenstadt, der mit unzähligen Geschäften und Street-Food Ständen aufwartete. Hier verköstigten wir Dakgalbi, scharf gebratenes Hähnchen mit viel Gemüse, und ließen uns nach einigen Runden in einem schicken Café nieder. Im Endeffekt ein sehr entspannter Tag, der uns auch dazu verleitete, den im Anschluss geplanten Besuch des Viertels Itaewon kurzerhand abzublasen. Die Zeit rannte mal wieder und obwohl Itaewon mein absolutes Lieblings-Viertel der Hauptstadt stellt, lief man dort bereits so ziemlich jede Straße ab. Stattdessen ging’s am Abend mit einigen Kollegen von der Arbeit in Gangnam in einen sehr lokalen BBQ-Laden, der die Bäuche der hungrigen Gruppe gut zu füllen wusste. Da der danach angepeilte Bier-Schuppen geschlossene Gesellschaft verkündete, schnappten wir uns noch eine fixe Runde aus einem 7-Eleven und zischten die Dosen auf der Straße.

Ging leider auch viel schief in den zwei Tagen, was immens viel der ohnehin knappen Zeit kostete. Aber hier nochmal aufschlagen werden wir sowieso, dann aber etwas vorher geplant und auch mit deutlich mehr Zeit. Denn ich mag Korea und insbesondere Seoul einfach, von den bunten Straßenzügen, über versteckte Bars und Restaurants bis zum generellen Eindruck über Land und Leute. Zudem preislich alles bezahlbar und in Teilen nur halb so teuer wie in der Heimat. Neben Japan und Taiwan ein fester Bestandteil meiner derzeitigen Top Drei in Fernost!

Hier gibt’s weitere Bilder!

Am Montag endete bereits mein Aufenthalt in Korea mit einem letzten 7-Eleven Frühstück im Hotelzimmer, ehe es für mich, nach Verabschiedung der besseren Hälfte in Richtung Arbeit, via Metro zurück nach Incheon ging. Dort sehr fix die laschen Kontrollen hinter mir gelassen und durch das weitläufige Terminal in Richtung Gate gelaufen. Stets in Begleitung einiger Roboter, die einem auf verschiedenen Sprachen den Weg weisen können. Zukunft, yeah! Für einen letzten Iced Americano blieb ebenso noch Zeit, ehe mich die 747 der Lufthansa in ermüdenden 13 Stunden zurück nach Frankfurt verfrachtete. Immerhin konnte die Zeit zum Durchstöbern der Bilder, Fanzines und einigen Filmen der Bordunterhaltung überbrückt werden. So kam auch ich, 24 Jahre nach Veröffentlichung, zum ersten Mal in den Genuss, John Malkovich zu sein. Den Tunnel wünschte ich mir zwischenzeitlich in mein Bett, doch die Frankfurter S-Bahn hatte kurz nach der Landung mal wieder andere Pläne. Somit dauerte es fast eine Stunde länger als geplant, ehe der Rucksack in die Ecke flog und der Müdigkeit endlich nachgegeben werden konnte.