29.10.2023
11. Spieltag 2. Bundesliga
1.FC Magdeburg - SV Elversberg
Heinz-Krügel-Stadion
Endergebnis: 1:2 (0:2)
Zuschauer: 22.166 (ca. 100 Gäste)
Ticket: 19,50€
Fotoalbum
Tatsächlich verspürten wir auf das Auswärtsspiel in Magdeburg mit die größte Vorfreude der Saison. Denn mittlerweile sind über siebeneinhalb Jahre seit unserem letzten Besuch im HKS ins Land gezogen, wobei das damalige Duell gegen die Veilchen mit Sicherheit das stimmungstechnische Highlight des Jahres 2016 markierte. Und auch die erlebten Auftritte des Magdeburger Anhangs in der Ferne hinterließen stets bleibende Eindrücke, sodass wir gespannt dem erstmaligen Auswärtsspiel der SVE in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts entgegenblickten. Aufgrund der Entfernung bot sich gleich ein komplettes Wochenende an, sodass der Schwenk über Eilenburg samt Kellerduell in der Regionalliga Nordost als Vorspeise am Samstag mitgenommen werden konnte.
Direkt im Anschluss ging’s zur gebuchten Bleibe nahe des Magdeburger Hauptbahnhofs, wo nicht nur das Gefährt zunächst ein trockenes Plätzchen fand. Der Herbst schlug uns dann doch mit aller Kraft entgegen, entsprechend galt es eine der wenigen Regenpausen für die anvisierte Stadtrunde abzuwarten. Immerhin klappte es noch vor Sonnenuntergang für eine gute halbe Stunde, in der selbstverständlich die Grüne Zitadelle aus der Feder von Hundertwasser als erstes angesteuert wurde. Weniger überlaufen als das Pendant in Wien und gleichzeitig nochmal eine Ecke schöner, so zumindest unser Eindruck beim Rundgang durch die engen Gassen des Gebäudes. Der benachbarte Dom machte in der Folge ebenso einen gigantischen Eindruck, während das Elbufer sicherlich im Sommer einladender wirkt als im grauen Oktober.
Generell eine recht übersichtliche Altstadt, allerdings sollte man hier bei gutem Wetter definitiv ein paar Stunden verbringen können. Insbesondere Interessenten historischer Kirchen und sonstigen Prachtbauten kommen auf den hiesigen, breiten Alleen auf ihre Kosten. Wir erfreuten uns in der Folge am überraschend reichhaltigen Angebot der japanischen Küche in der südlichen Innenstadt, ehe ein paar Bier in die Taschen wanderten und sich im Hotelzimmer das Abendspiel des Unterhauses reingezogen wurde. Man muss auch mal den Halben machen.
Entsprechend ausgeruht ging es am Sonntagmorgen auf die Suche nach einem Café oder einer Bäckerei zwecks Frühstück, was sich in der Innenstadt aber schnell als unmögliches Unterfangen offenbarte. Die Straßen waren menschenleer (gelinde gesagt steppt hier kein Bär) und so ziemlich jeder Laden verrammelt. Also ab zum Hauptbahnhof, denn zumindest darauf ist allerorts verlass, so auch hier. Gesättigt ging’s wenig später auf die kurze Autofahrt in den Stadtteil Cracau zur Spielstätte der heutigen Partie der SVE. Allerdings nicht ohne Probleme, konnte man doch die im Vorfeld abgerufenen Anreiseinfos schnell in die Tonne kloppen. Der beschrieben Gästeparkplatz war verwaist und eine ansatzweise hilfreiche Beschilderung suchte man ebenso vergebens.
Allerdings schien die dortige Schmier vorbereitet und eskortierte uns persönlich zum stattdessen geöffneten VIP-Parkplatz einmal quer durch Cracau. Komplizierter konnte die Umfahrung des Heimbereichs aber auch nicht werden. Immerhin machten wir nach erneutem Quercheck den Fehler in unserer eigenen Vorplanung aus, erhielten die Infos am Tag zuvor das nun gültige Update. Passiert, somit immerhin die Parkgebühren gespart. Somit keine zehn Meter bis zur Kasse, wo freche 19,50€ für einen Sitzplatz zum Preis eines Stehers durchs kleine Fenster wanderten, ehe der überdimensionierte Gästeblock nach lascher Kontrolle („Das ist Elversberg, was wollen die schon vorhaben?“ – Danke dafür *seufz*) betreten wurde.
Beste Sicht auf alle relevanten Ecken des Stadions inklusive, wobei der nun als komplette Stehkurve umgebaute Block U bereits erste Vorbereitungen für eine größere Choreo erahnen ließ. Sonst schien die Bude im Vergleich zum letzten Besuch recht unverändert, bietet nun allerdings etwas über 30.000 Plätze. Davon füllten sich bis zum Anpfiff auch eine ganze Menge, sodass die Kulisse etwas über den persönlichen Erwartungen lag. Zwar ein etwas dämlicher Vergleich, doch beim letzten Besuch zu Drittligazeiten waren es ein paar Hundert weniger bei gleichzeitig vollem Gästeblock. Der Zuspruch scheint noch immer hoch in Magdeburg, auch wenn der ganz große Stimmungshype mit stets drei singenden Tribünen, der den FCM zu jener Zeit umgab, etwas verflogen schien.
Dennoch war die erste Kostprobe in Sachen Stimmung mit dichter Schalparade und der lauthals vorgetragenen Hymne absolut herausragend. Allein die Dichte der Schalparade im gesamten Stadion war einfach phänomenal, da reckte wirklich jeder Stadiongänger seine Farben in die Höhe. Doch noch ergreifender war die darauf folgende Stille, die mit Anpfiff unter den 22.000 Einzug erhielt. „Für immer bei uns – für immer Clubfan“ prangte vor Block U, dazu das Konterfei von Hannes Schindler, der vor sieben Jahren im Oktober 2016 aus bis Heute noch ungeklärten Umständen während einer Zugfahrt ums Leben kam. Vermeintlich schlichtweg weil er seine Farben trug und Fan seines Vereins war. Ihm zu Ehren füllten erneut alle Schals die Tribünen und eine einsame Fackel leuchtete im Herzen der Kurve. Auch von meiner und unserer Stelle wünschen wir allen Angehörigen und Freunden von Hannes weiterhin viel Kraft. Auf das sein Andenken nie erlischt und die Gerechtigkeit siegen wird!
Seine blau-weißen Farben hüllten mit Beendigung der Schweigeminute durch viel Rauch das gesamte Stadion, ehe die Kurve zum allseits bekannten Schlachtruf „Fussballclub Magdeburg“ ansetzte. Eine beinahe markerschütternde Lautstärke peitsche in den folgenden Minuten dem Gästeblock entgegen, der dem selbstredend so ziemlich gar nichts entgegensetzen konnte. Grandios, brachial, geschlossen, polnisch. Das die sicherlich passendsten Attribute für die Anfangsminuten. Lediglich der sportliche Verlauf setzte den Randbereichen etwas zu, die gegen Ende des ersten Durchgangs nicht mehr ganz so viel Elan zeigten.
Doch vor allem in der letzten halben Stunde der zweiten Hälfte drehten die Blau-Weißen den Lautstärkeregler wieder auf Maximum, setzten auf Wechselgesänge zwischen den Tribünen und innerhalb des Blocks und machten Unterhaltungen auf der Gegenseite selbst mit dem Nebenmann problematisch. Auch wenn der Auftritt unterhalb des Niveaus von vor sieben Jahren lag (zumindest laut meiner Erinnerung), war es sicherlich eines der lautesten Stadien, die man mit dem eigenen Verein jemals besuchen durfte. Somit ganz dicke Daumen nach oben für diese Atmosphäre!
Wie erwähnt konnte der Anhang der Saarländer unter keinen Umständen dagegenhalten. Dennoch waren es gut Hundert, die den Block bevölkerten und zumindest einen ansatzweise dichten Haufen stellten. Mit eigenwilliger Konstruktion angeflaggt und durchgängig mit einigen Schwenkern bewaffnet gab es einen ordentlichen Support, der vor allem in der ersten Hälfte durch lange gehaltene Lieder geprägt war. Zelebriert wurden vor allem die neueren Einträge im Elversberger Gesangsrepertoire, allerdings erhielten auch ein paar alte Melodien und einige Späße Einzug. In Zeiten von teils über tausend Gäste- und Eventfans sind eben auch solche Auftritte Balsam für die stets vorhandene Bodenhaftung der Elversberger Szene. Trotzdem wäre es natürlich schön gewesen, wenn etwas mehr Leute den Weg nach Sachsen-Anhalt gefunden hätten. Hier knapp Hundert und auf Schalke gehen die Tickets zu Neige. Bezeichnend und schade.
Immerhin erlebten die Anwesenden zum fünfjährigen Trainerjubiläum von Horst Steffen einen top Auftritt der Elversberger Mannschaft, die durch einen Solo-Lauf von Rochelt früh in Führung ging. Auch danach dominierte die SVE das Spiel überraschend und erhöhte durch Neubauers erstem Profitor auf 2:0 vor der Pause. Danach wandelte sich die Partie in einen Krampf aus VAR-Entscheidungen und Abwehrschlachten, in denen der FCM nun deutlich mehr auf den Anschluss drückte. Dieser gelang in der 70. und ließ den Rest des Spiels zu einer nervenaufreibenden Zitterpartie mutieren. Ein Elfmeterpfiff für die Hausherren kurz vor Schluss schien Schwarz-Weiß um den verdienten Lohn zu bringen, doch die im Nachgang gesehene Wiederholung offenbarte eine mehr als dreiste Schwalbe von Magdeburgs Ito, der nach erneuter VAR-Überprüfung dafür den gelben Karton sah.
Die sowieso schon lange Nachspielzeit zog sich dadurch immer weiter, doch die Defensive und Schlussmann Kristof hielten der Dauerbelagerung stand. Ekstase und pure Erleichterung nach Schlusspfiff, der das nun siebte ungeschlagene Spiel in Serie markierte. Eine unfassbare Mannschaftsleistung, die weitere drei Punkte im Kampf um den Klassenerhalt sicherte. Da rannte heute wieder jeder für jeden. Stolz und Freude erfüllten die Gesänge des Gästeblocks, der zur kurzen Feier mit der Mannschaft ansetzte, ehe die lange Rückfahrt zum Sonntagnachmittag anstand.
Entsprechend fix wieder aufgesattelt und im Konvoi bis zur Autobahn eskortiert, ehe die gut viereinhalb Stunden bis ins Frankfurter Umland recht unspektakulär abgerissen wurden. Top Wochenende in einer fremden Stadt, ein unfassbar lautes Stadion und ein verdienter Auswärtssieg – Besser geht’s kaum!