2. Bundesliga: SV Elversberg – FC St. Pauli

03.11.2023
12. Spieltag 2. Bundesliga
SV Elversberg - FC St. Pauli
Waldstadion an der Kaiserlinde
Endergebnis: 0:2 (0:2)
Zuschauer: 10.150 (2.100 Gäste)
Ticket: Dauerkarte
Fotoalbum

Der Tabellenführer zu Gast an der Linde, Sankt Pauli unter Flutlicht an einem Freitagabend. Da griff natürlich die Euphorie um sich, nicht zuletzt aufgrund der eigenen, starken Ergebnisse, ob zu Hause oder auswärts. Entsprechend vermeldete die SVE seit Wochen ausverkauft und durfte sich zum zweiten Mal in dieser Saison, wieder gegen einen Hamburger Verein, über mehr als 10.000 Zuschauer freuen. Auch wenn man sich sportlich im Vorfeld nicht wirklich viel ausrechnete, kamen zumindest die Erinnerungen an das Erstrundenduell im Pokal drei Jahre zuvor auf, als die damals noch in der vierten Liga situierten Saarländer die Kiezkicker mit 4:2 zurück an die Elbe schickten.

Nun stand das erste Ligaduell zwischen beiden Mannschaften an, was uns jedoch vor kleinere, logistische Herausforderungen stellte. Anstoß um 18.30 bedeutet für uns Abfahrt gegen 15 Uhr im Frankfurter Raum und somit Mitnahme so ziemlich aller Staus im Wochenend- und Feierabendverkehr. Daher eher schlecht als recht durch die Blechlawinen durchgewühlt, ehe das Gefährt sein Plätzchen im Ort fand. Fix gen Stadion getigert, dem feinen Duft des frischen Grillguts erlegen und eine feine Wurst unter der Kaiserlinde verzehrt, ehe schließlich die lange Schlange an den Kontrollen zum Block C rief. Das Flutlicht blendete, der Geruch von Bier und Kippen waberte unaufhörlich in die Nasenlöcher. Kurz gesagt: Endlich Fussball! Endlich die stressige Woche hinter sich lassen und für die folgenden paar Stunden Kopf aus und Freiheit genießen – das ist Wochenende!

Die Tribünen füllten sich, im Block C herrschte ordentliches Gedränge und der vordere Zaun wurde mit einer neuen, alten Fahne geschmückt. Der größte Lappen der Horda Fanatica zierte das deutlich aufgeräumter wirkende Aushängeschild der Szene, umrahmt von weiteren Vereins- und Gruppenbannern. Wird stets besser! Dahinter formte sich ein äußerst motivierter Haufen, der insbesondere zu Beginn in einer ordentlichen Lautstärke im feinsten Dauergesang sein Liedgut vortrug. Halbzeit eins dabei mit lediglich vier Melodien durchgesungen, die stets vom Mob weiter gepusht wurden.

Die typischen Hänger in Richtung Pause waren spätestens im zweiten Durchgang vergessen, als die Kurve sich vom Spielgeschehen vollends löste und die gesamte Zeit die eigene Farben in der zweiten Liga feierte. Sei es die Blockteilung, die mit Sicherheit das Highlight in Sachen Lautstärke markierte, oder aber auch die neuen Gesänge auf „Another Love“ oder das bekannte „Allez Allez Allez“ am Ende – da war heute richtig Zug und Spaß in der Kurve! Lediglich aus den Randblöcken kam Nichts außer Gemoser im Nachgang aufgrund der dort geringen Beteiligung. Anstatt aber unnötig heiße Luft in diverse Foren zu verströmen, steht meine Empfehlung weiterhin: Wer an Stimmung interessiert ist, stellt sich dorthin, wo Stimmung gemacht wird.

Gewisse Erwartungen in Sachen Atmosphäre steckte man auch in die heutigen Gäste, die mir in meiner Fußballkarriere noch nicht allzu oft vor die Flinte liefen. Spontan erinnern kann ich mich an einen Auftritt im Karlsruher Wildpark im Jahr 2016, als der Gästemob ohne Dach mittels unzähliger, geiler Melodien und ordentlicher Lautstärke einen starken Eindruck hinterließ. Heute, so viel vorab, kam davon nicht viel rüber. Hinter einem subjektiv als relativ unschön empfundenen Zaun (recht unordentlich, dazu viele verschiedene Farben und Größen der Lappen; passt aber zum anarchischen Selbstbild der Kiezkicker) machte der volle Gästeblock zumindest optisch eine ordentliche Figur.

Unzählige Schwenker und Doppelhalter sowie etliche Schals wurden stets in die Höhe gereckt, während die Südkurven-Fahne auf Halbmast unter dem Dach hing. Eine gute Stunde dauerte es, bis die Fahne überhaupt fixiert wurde, allerdings in der Folge aufgrund eingeschränkter Sicht für ein gutes Drittel der Stehplätze wieder dran glauben musste. Sonst zeugte vor allem viel Bewegung im Steher als auch in einem Teil der Sitze für eine recht hohe Quote bei den Gesängen. Gesetzt wurde dabei, typisch für USP, die am heutigen Tag Unterstützung aus dem roten München, Babelsberg, Lüttich und von Hapoel Tel Aviv erhielten, auf rhythmische Melodien wie das zuletzt aus Milan bekannte „Sarà perché ti amo“. An sich ein lobenswerter Weg, der sich von den teils etwas dumpfen Schlachtrufen und immer gleichen „Olé“-Gesängen andernorts abhebt.

Allerdings kam akustisch überraschend wenig auf der Gegenseite an. Kein Plan, ob dem Freundschaftsbündnis, das nur zwei Tage zuvor die Pokalniederlage in Saarbrücken hinnehmen musste, nach zwei Spielen in weniger als 48 Stunden die Luft ausging oder die Partie in Elversberg schlicht ohne Elan angegangen wurde. Da hinterließen Braunschweig und der HSV eine deutlich bessere Visitenkarte ihrer Kurve. Sonst wurde noch über die Ticketpreise für Rollstuhlfahrer in Elversberg gemeckert, auch wenn das zweiteilige Spruchband nur ein paar Sekunden hing. Trotzdem ein Punkt, über den man sich im Saarland Gedanken machen muss, auch wenn die Plätze gerne als „Logen“ und somit beste Plätze auf der Haupttribüne angepriesen werden.

Auf dem Rasen wurde das ausverkaufte Waldstadion Zeuge eines spannenden Spiels, in dem sich der FCSP im ersten Durchgang dank brutaler Effizienz mit dem 0:2 belohnte. Elversberg blieb zwar über das gesamte Spiel weiter dran und sorgte für einige gefährliche Momente, gleichzeitig war die erzwungene Fehlpassquote sowie die Ballverluste vor dem Sechzehner des Gegners schlicht zu hoch. Daher prangte am Ende eine verdiente Niederlage auf der Anzeigetafel, die so aber auch in Ordnung ging. Man kann bekanntlich nicht alles gewinnen, nicht bei der angestrebten Zielsetzung. Und gegen den verdienten Tabellenführer erhobenen Hauptes als zweiter Sieger vom Platz zu gehen ist sicher auch keine Schande.

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Das honorierte auch Block C, der die eigene Mannschaft bis weit nach Spielende für die bisherige Saison feierte und seinen eigenen, vergleichsweise guten Auftritt krönte. Das Vertrauen in die Fähigkeiten der Jungs ist da, der Schulterschluss nochmals eindrucksvoll bewiesen. Die Saison ist bekanntlich noch sehr lang und die Situation weiterhin vielversprechend. Daher blicken wir auch weiterhin voller Vorfreude in die Zukunft!