FA Cup: Eastleigh FC – Dover Athletic FC

14.10.2023
4. Qualifikationsrunde FA Cup
Eastleigh FC - Dover Athletic FC
Silverlake Stadium
Endergebnis: 1:0 (0:0)
Zuschauer: 1.401 (101 Gäste)
Ticket: 10£
Fotoalbum

Am Tag davor fast 24 Stunden kein Auge zu bekommen, endete auch die erste Nacht im Norden Southamptons in unrühmlicher Frühe. Wenn sich zwei Elstern für locker eine Stunde direkt vor der Fensterbank gegenseitig Witze erzählen und dermaßen laut krächzten, hilft selbst die Mischung aus völliger Übermüdung und den Pints des Vorabends im Blut nicht mehr weiter. Aber Selbstmitleid bringt bekanntlich wenig, also fix den Rest der Familie aufgeweckt und an meinem Schicksal teilhaben lassen. Das Frühstück fängt sich ja nicht von alleine. Für Selbiges ging’s mit dem Auto auf halber Strecke zwischen Southampton und Portsmouth in einen astreinen kantonesischen Laden, der dermaßen gutes Dim Sum servierte, das man sich nach all den Ausschreitungs- und Corona-bedingten Jahren der Abwesenheit wieder nach Hong Kong zurückversetzt fühlte.

Brachte auch ehrlich gesagt wieder etwas Leben in die stark verballerte Visage. Ich und zwei Tage Schlafmangel passt genauso gut zusammen wie ein Kasten alkoholfreies Bier und eine Auswärtsfahrt… Gesättigt ging’s noch fix in einen Supermarkt, ehe für das zweite Spiel des Wochenendes Option C aus dem Hut gezaubert wurde. Eigentlich auf das Derby Reading gegen Oxford gefreut, bekamen wir glücklicherweise im Vorfeld über die drohende und letztlich eintreffende Verschiebung Wind und bliesen die Zugtour noch vor Buchung ab, ehe auch das Thema Swindon gegen Newport aufgrund der zu weiten Distanz und drohenden Bahnstreiks auf die lange Bank geschoben wurde.

Ein paar Tage sah es daher relativ düster mit Kick Numero Zwei aus, doch der just in der Vorwoche angesetzte Spieltag der vierten und letzten Quali-Runde des FA Cups war die licht gewordene Rettung am Ansetzungs-Himmel. Der nördliche Vorort Eastleigh durfte gegen Dover ran und da wir bei den „Spitfires“ sowieso mal antischen wollten, konnten wir bzw. ich unser Glück kaum fassen. Denn der 1946 als Swaythling Athletic Football Club gegründete Verein schaffte es 2009 als damaliger Sechstligist zu einem jährlich stattfindenden Einladungsturnier nach Hong Kong. Warum? Wissen wir bis heute nicht, da sich dort Jahr für Jahr hauptsächlich die jungen Kicker der Premier League Clubs den asiatischen Fans präsentieren. Und eben Eastleigh, die mit dem Aufstieg in die National League, der fünfthöchsten Klasse und noch immer „Non-League“ Niveau, seit 2014 die erfolgreichste Zeit ihrer Vereinsgeschichte feiern.

Auch den Spitznamen sicherten sich die Blau-Weißen erst 2005 und huldigen damit dem britischen Jagdflugzeug, das 1936 seinen Jungfernflug vom direkt neben dem Stadion situierten Southampton Airport startete. Diesen passierten wir auch auf unserer kurzen Anfahrt, die per Familien-Taxi direkt auf dem Stadionparkplatz endete. Den folgenden Bums wollten wir allerdings nur uns beiden zumuten, entsprechend für nach den neunzig Minuten verabredete und zu Fuß zu den Toren gedackelt. Auserkorenes Ziel war erstmal der Clubshop, in dem der Schal für die Sammlung sowie die notwendigen Eintrittsberechtigungen erworben werden sollten. Letztere erfreulicherweise für nur 10 Pfund pro Nase, allerdings in Form eines Kassenzettels. Da wäre rückblickend die Print-at-Home Version besser gewesen.

Nun zu den durch Kontrolleure per Fußpedal bedienten Drehkreuzen und schon standen wir im Silverlake Stadium, einem 5.192 Zuschauer fassenden Ground zwischen zwei Hauptstraßen. Direkt ins Auge fiel die recht neue Südtribüne mit Gründungsjahr, an deren linken Ende heute die Gäste untergebracht wurden. Ebenso viele Sitze dürften auf der erweiterten Westtribüne, die gleichzeitig als Haupttribüne fungiert, vorzufinden sein, während der Norden und Osten aus lediglich einer Handvoll überdachter Stahlrohr-Stufen besteht. Dazu fanden wir überraschend viele Stehplätze direkt an der Umzäunen des gepflegten Grüns – Amateurfußball lässt grüßen! Gefiel an sich recht gut und insbesondere die hölzernen Verpflegungsstände strahlten einiges an Charme aus.

Die dortigen langen Schlangen verrieten indes bereits eine Kulisse, die oberhalb der hiesigen Erwartungen lag. In der Liga kommen hier zwar sicherlich mehr, doch am Rande hörte man, das die Gastgeber für das heutige Duell im Pokal nur wenige hundert Zuschauer erwarteten und entsprechend nicht auf den Andrang vorbereitet waren. War unseren gesättigten Mägen aber sowieso egal, sodass wir uns voll und ganz dem Treiben auf den Rängen widmen konnten. Denn da war zur Überraschung ein wenig los, auch wenn sich das Geschehen wie üblich auf die Region rund um den Gästeblock auf der Südtribüne konzentrierte. In selbigem ließen sich exakt 101 Anhänger aus Dover nieder, wovon gut und gerne fünf Lads auf der Anreise einen über den Durst becherten und ordentlich gegen den jungen Heimmob direkt daneben pöbelten.

Und jung ist dabei wörtlich zu nehmen, denn ein absoluter Großteil des 100er Stone Island Haufens dürfte den Gästen gerade mal bis zur Hüfte gereicht haben. Sah nach Klassenfahrt der Unterstufe aus, aber die üblichen Handbewegungen hatten alle schon drauf. Gesänge gab’s trotzdem einige und die auch noch recht konstant, zumindest für englische Verhältnisse. Natürlich fernab der Qualität der Heimat, aber Äpfel und Birnen und so. Etwas ruhiger wurde es erst, als einer der Gäste etwas über die Stränge schlug und von vier Ordnern abgeführt wurde. Gesehene Minuten vom Spiel: Keine zehn. Na herzlichen Glückwunsch bei der langen Anreise.

Auf dem gegenüberliegenden Norden machten sich derweil ein paar ältere Haudegen breit und stimmten ebenfalls ein paar Gesänge an, wobei sich die Mitmachquote mal auf zwanzig, zumeist aber auf einen, dicken Bauch beschränkte. Trotzdem ein sympathisches Völkchen hier, zu dem wir uns aufgrund des einsetzenden Regens im zweiten Durchgang gesellen mussten. Immerhin mal ein paar Lieder verstanden, auch wenn mich der südliche Akzent nicht vor die gleichen Herausforderungen stellte wie zum Beispiel Scouse. Die könnten im Norden auch bulgarisch sprechen, da verstehe ich genauso wenig.

Auf dem Rasen gaben sich die leicht favorisierten Hausherren gegen die um eine Klasse tiefer spielenden Gäste keine Blöße und zogen durch ein unspektakuläres 1:0 in die erste Hauptrunde des Pokals ein. Lediglich am Ende war durch den knappen Spielstand nochmal Feuer drin, bedeutet ein Unentschieden hier nämlich keine Verlängerung, sondern gleich ein Wiederholungsspiel auf dem Rasen des Gegners. So weit sollte es aber nicht kommen, auch durch eine fahrlässige rote Karte für Dover kurz vor Schluss. Somit hallte ein kurzer Jubelschrei durchs Stadion, was für uns das Zeichen des Aufbruchs markierte. Wenig später wurden wir wieder aufgesammelt und verbrachten den Abend im Kreise der Familie.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen eines Tagesausflugs auf die südlich von Southampton gelegene Isle of Wight. War uns vorher nicht wirklich ein Begriff, doch eine kurze Recherche nach einer Beschäftigung in der Nähe offenbarte dieses wunderschöne Stück Natur, welchem wir uns den gesamten Tag widmen sollten. Dafür ging’s zunächst an den Hafen von Southampton und mit dem Auto hinauf auf eine Fähre, die uns in einer guten Stunde bis Cowes brachte. Ausblick vom höchsten Deck auf das angrenzende Meer inbegriffen. War alleine schon die Überfahrt beeindruckend, gefiel uns die an ihren breitesten Stellen lediglich 35 Mal 20 Kilometer fassende Insel beim abfahren der engen Landstraßen umso besser. Allein hier einen Tag lang mit dem Auto entlang der grünen Landschaften und der Küste zu düsen wäre den Trip schon wert!

In Sachen Sightseeing blieben vor allem „The Needles“ im Westen in Erinnerung. Mehrere Kreidefelsen ragen hier wie Nadeln aus dem Meer, während die direkt hinter dem Wanderweg abfallenden Steilhänge den eigenen Vorstellungen der englischen Südküste entsprachen. Tolles Wetter hatten wir obendrein, was den längeren Fußmarsch durchaus angenehm gestaltete. Weiter ging’s nun in den Osten, vorbei an der Hauptstadt Newport bis zur Garlic Farm, einer auf den Anbau von Knoblauch spezialisierten Touristenfalle mit ordentlichen Preisen im gut ausgestatteten Hofladen. Das direkt angeschlossene Restaurant wurde trotzdem angesteuert und überraschte mit schmackhaften und preiswerten Gerichten. Muss man nicht unbedingt hin, wer aber sowieso in der Nähe ist, macht auch nicht viel falsch.

Der große Strand von Sandown mit seinem markanten Pier markierte den letzten Anlaufpunkt, ehe es nach einem langen Tag wieder per Fähre zurück nach Southampton ging. Im Sommer sicherlich nochmal eine ganze Ecke schöner, aber auch deutlich überlaufener. Wer aber einfach nur einen Tag Ruhe und Postkartenpanoramen braucht, findet seinen Frieden hier genauso wie wir im Herbst. Eine gute Stunde dauerte die Rückfahrt nach Southampton, wo für den Abend das direkt auf der High Street gelegene Hong Kong Cafe angesteuert wurde. Ein richtig lokaler, kantonesischer Laden, der Speisen wie zu guten Zeiten in Hong Kong auftischte. Mit mittlerweile fast 170.000 Hongkongern, die nach dem Sturz der Demokratie nach England auswanderten, steigt in sämtlichen Städten die Dichte an wahrlich geilen Läden. Mit wiedermal gut gefülltem Magen ging es daher spät abends in die Kiste.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Am Montag wurde sich erstmal dem gewidmet, was am Wochenende so gar nicht klappen wollte: Ausschlafen. Entsprechend generell am Vormittag den Halben gemacht, anschließend nochmal einen Supermarkt besucht und schließlich nachmittags auf die altbekannte Strecke gen Heathrow aufgebrochen. Wie üblich musste im Terminal aufgrund des unerwartet reibungslosen Ablaufs viel zu viel Zeit totgeschlagen werden, ehe uns der Kranich recht pünktlich, allerdings mit ungewolltem Sturzflug während der Landung, wieder nach Frankfurt verfrachtete. Absolutes top Wochenende und mit das Beste, was eine Länderspielpause werden kann!