Championship: West Bromwich Albion FC – Cardiff City FC

17.08.2022
4. Spieltag EFL Championship
West Bromwich Albion FC - Cardiff City FC
The Hawthorns
Endergebnis: 0:0
Zuschauer: 21.820 (1.742 Gäste)
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Irgendwie kam ich vor dem Trip auf die glorreiche Idee, den Firmen-Laptop einzupacken und drei Tage von Birmingham aus zu arbeiten. Urlaubstage sind jetzt nicht unbedingt zahlreich vorhanden und generell wollte, der Hochzeit einer guten Freundin am Wochenende, irgendwie die Zeit bis zum Samstag überbrückt werden. Nun ja, war eine Scheißidee. Erster Tag nach dem Urlaub mit sowieso überquellendem Postfach, absolut müde vom Vorabend in Burton und dazu auch noch die Zeitverschiebung durch die man eine Stunde früher auf musste. Ich hasste an dem Morgen wirklich alles und jeden. Immerhin hatte die Geschichte den positiven Nebeneffekt, dass der Abend eine Stunde länger wurde und man dadurch einen weiteren Kick unterbekam. Nach der Nahtoderfahrung am Morgen überdachte man zwar kurzfristig den Besuch bei miesem Wetter, doch am Nachmittag sah die Welt auch schon wieder besser aus. Außerdem versprach man die eigene Anwesenheit einem Kumpel aus London, der seit dem Studium den meisten Spielen seines Vereins aus Cardiff hinterher reist.

Mit diesem traf man sich nach Feierabend in der Bleibe und tourte schließlich zwecks Nahrungsaufnahme in die Innenstadt. Im Chinese Quarter ordentlich die Bäuche voll gehauen, brachte uns die neue Tram für schmales Geld bis nach West Bromwich, einer primär durch den lokalen Fußballverein bekannten Stadt aus der Metropolregion Birmingham. Entsprechend kurz war die Anreise von nur wenigen Minuten, bis wir uns in einem nahen Pub mit einigen Kaltgetränken eindeckten. Mag ich einfach, diese Kultur hier vor dem Spiel. Viel Zeit blieb dadurch nicht mehr, sodass wir kurze Zeit später in Richtung Stadion wanderten und den Kollegen am Gästeblock verabschiedeten. Die Tickets wollten nämlich auch noch eingesammelt werden, was sich weniger als zwanzig Minuten vor Anpfiff als eher schlechte Entscheidung herausstellte. Zum einen mussten wir eine gesamte Runde um die Bude drehen, zum anderen grüßte das Ende der Schlange gefühlt hundert Meter vor dem einzig dafür geöffneten Kassenhäuschen. Wurde sehr knapp, denn wir mussten nochmal um die Bude laufen, um unsere Plätze in Block 4 der Westtribüne einzunehmen.

Klappte am Ende wirklich zur allerletzten Minute, denn gerade als wir die auf Kopfhöhe der Spieler befindlichen Plätze einnahmen, betraten diese den Rasen. Beste Sicht mal wieder aus Reihe vier! Nachdem man sich über den Wasser-Boiler als Maskottchen des Clubs amüsierte, schweiften die Augen zum ersten Mal in Ruhe durch das Stadion, dass auf den Namen „The Hawthorns“ (Weißdorn-Gebüsch, benannt nach eben jenen Sträuchern, die vor der Errichtung im Jahre 1900 auf dem Grundstück zuvor standen) getauft wurde. Exakt 26.688 Zuschauer fasst das nette Teil, dass aus vier ungefähr gleich großen Tribünen besteht. Einzig die Ecken fallen deutlich kleiner als die restlichen Blöcke aus, befinden sich wie der gesamte Rest allerdings sehr nah am Rasen. Funfact: Mit einer Lage auf 168 Metern über dem Meeresspiegel handelt es sich hierbei um das höchstgelegene aller englischen Profi-Fußballstadien.

Wie so oft üblich teilen sich die Anhänger der Heimmannschaft auch hier mit den Gästen eine einzige Tribüne, weshalb unsere Aufmerksamkeit deutlich mehr unserer rechten Seite galt. Denn insbesondere die 1.742 Gäste, die auf einen Mittwoch in die West Midlands reisten, rissen gerade am Anfang ordentlich einen ab. Lautstarke Gesänge, Klatscheinlagen und schöne Melodien hielten, dank Trommeleinsatz, auch gerne mal für ein paar Runden an. Gefiel schon sehr, auch wenn die Geschichte nach etwa zehn Minuten nachließ. Im zweiten Durchgang entwickelten sich jedoch starke Gesangsduelle mit der Heimseite, die sich ebenfalls von der lauteren Seite zeigte. Ebenso mit Unterstützung einer Trommel gingen einige laute Chants durchs Rund, die auch von der gegenüberliegenden Nord getragen wurden. Der Schlagabtausch auf den Rängen rührt auch ein wenig von der politischen Gesinnung der beiden Fanlager, steht doch Cardiff eher für die walisische Unabhängigkeit und trägt dies auch offen zur schau. Auf die entsprechenden „God save the Queen“ Gesänge der Heimseite samt zeigen des Union Jacks folgten regelmäßige Buh-Rufe der Gäste.

Sportlich dürften beide Teams so ziemlich jedem ein Begriff sein, wobei zumindest West Bromwich Albion seit Gründung 1878 auf eine langjährige Tradition in der höchsten Spielklasse zurückblicken darf. Seit 2021 kickt der Meister von 1920 allerdings im Unterhaus, aus dem man mit chinesischer Finanzkraft schleunigst entrinnen möchte. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war allerdings Tabellenkeller für die „Baggies“ angesagt, während Cardiff vom oberen Ende des Tableaus grüßte. Auf dem Rasen in einem unterhaltsamen Spiel allerdings Albion mit dem besseren Auftritt, doch wirkliche Chancen wollte sich kein Team erarbeiten. Somit standen nach neunzig Minuten zwei Nullen auf der Anzeigetafel, was für die Gesamtbetrachtung unseres Trips letztlich drei Buden in vier Spielen bedeutete. Englischer Fussball in Reinform.

Das Stadion leerte sich selbstredend schon vor Abpfiff gut zur Hälfte, weshalb wir beim verlassen in keiner einzigen Schlange landeten. Blocksperre sei dank mussten wir uns nun für einige Minuten die Beine in den Bauch stellen, ehe unser Cardiff-Fanatiker unser Grüppchen wieder vervollständigte. Mit der nächsten Tram ging’s zurück nach Birmingham, wo noch deutlich mehr Zeit als angedacht über den Kick und den englischen Fussball im Allgemeinen verlabert wurde. Im Anschluss selbstverständlich wieder viel zu spät in die Kiste.

Die restlichen Tage auf der Insel sind schnell erzählt. Donnerstag wieder Selbsthass beim arbeiten und durch die anhaltende Müdigkeit eher eine ruhige Kugel, während Freitagabend der Laptop endlich in die Tasche und wir gen Innenstadt wanderten. Bäuche voll im Chinese Quarter, danach zum Flughafen, um unseren Mietwagen für den Samstag abzuholen. Mit dem ging’s dann, Bahnstreik sei dank, nüchtern in den Norden nach Leeds. Schottische Hochzeit somit auch mal besucht, wobei wir die dafür notwendige Zeit völlig unterschätzten und somit weder einen weiteren Kick mitnehmen noch überhaupt einen Blick in die Stadt werfen konnten. War so aber auch mal schön, obwohl man an der Biertheke ordentlich auf die Bremse treten musste. Samstagabend dann wieder zurück nach Birmingham, wo uns der Mietwagenmogul ausnahmsweise mal nicht versuchte abzuziehen. Solls auch geben.

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Sonntag wurde wiederum mit zwei Kollegen aus Finnland erneut Birmingham erkundet, ehe wir im feinen Pub „The Wolf“ strandeten und uns einige Pints der herrlichen Bierauswahl hinter die Binde kippten. Abendessen half zwar einigermaßen, dennoch wurde das abendliche Kofferpacken zur lustigen Herausforderung. Die Rückreise am Montag war dann doch deutlich zerstückelter als erhofft. Immerhin zum Busbahnhof in Birmingham gab’s noch den Fahrdienst, ab da drei Stunden National Express bis nach Heathrow. Ich, schlaflos im schunkelnden Bus? Kann in die Hose gehen, besser gesagt in die Tüte. Der Restalkohol tat sein Übriges, doch irgendwie behielt man die Schotten dich. Da die Abfahrtszeit unseres Busses kurzfristig umgelegt wurde, erreichten wir den Hauptstadtflughafen deutlich zu früh vier Stunden vor Abflug. Also hier erstmal eine Runde laufen, ehe die Suche nach Nahrungsmitteln die restliche Zeit einnahm. Zumindest der Kranich beließ es bei der Anstands-halbstündigen Verspätung, ehe wir nach gut zwei Wochen wieder Frankfurter Boden unter unseren Füßen hatten. Abends erstmal Döner zwischen die Kiefer geschoben und resümiert, dass England immer wieder eine Reise wert ist!