27.01.2018 20. Spieltag Bundesliga 1.FC Köln - FC Augsburg Müngersdorfer Stadion Endergebnis: 1:1 (1:0) Zuschauer: 49.900 (ca. 1.500 Gäste) Fotoalbum
Bundesliga, die Dritte! Welcher Monat wäre wohl besser für Besuche der höchsten Spielklasse geschaffen als der Januar? Auf regionalen Plätzen herrscht gähnende Leere, Testkicks finden sowieso nur im nichtssagenden Niemandsland statt und den gemeinen Stadiongänger zieht‘s bei den Temperaturen lieber aufs heimische Sofa. Um Karten braucht man sich daher sowieso keine Gedanken zu machen, während man in der Heimat nichts verpasst.
Vor diesem Hintergrund taten sich schon Ende letzten Jahres die ersten Gedanken in Richtung mehrerer Spielbesuche auf, die die dann doch noch recht dünne Liste an Erstligastadien etwas aufhübschen sollten. Am Ende sprangen dabei ein Revisit im Frankfurter Waldstadion, Fussball zum Abgewöhnen in Sinsheim sowie eine Tour nach Müngersdorf heraus. Kann man definitiv mit Leben.
Für uns beide sollte es, trotz mehrerer vorheriger Besuche der Stadt, das erste Spiel des FC werden. Und natürlich auch das erste Mal im Müngersdorfer Stadion. Terminliche Überschneidungen oder die schwierige Kartensituation verhinderten bisher den Besuch, wodurch das Kölner Südstadion sowie benachbarte Städte wie Leverkusen oder Düsseldorf vorher abgehakt wurden. Aber seis drum, denn die Reihenfolge interessiert sowieso keinen. Tickets für die Partie gegen Augsburg konnten in der ersten Januarwoche beschafft werden. Man könnte fast schon sagen, dass man „dank“ der sportlichen Situation der Kölner dabei absolut keine Probleme hatte.
Nach Köln fährt man, dank ausnahmsweise recht guter Verbindung von Trier aus, natürlich mit dem Zug. Auch hier klappte die Geschichte mit einfachem RLP-Ticket wieder, weshalb man gegenüber dem WE-Ticket schonmal 15€ sparte. RLP gilt bis Bonn, die Tickets des FC ab der Landesgrenze. Passt!
Da die sich die Anfahrtszeiten nach Köln deutlich humaner als die nach Frankfurt zeigen, genügte eine Abfahrt vom neuen Lieblingsbahnhof Konz um kurz nach Zehn. Über Koblenz gings ins Rheinland, wo man an verschiedenen Streckenabschnitten Zeuge der Überschwemmungen der beiden großen Flüsse Mosel und Rhein wurde. Schneller als gedacht verging daher die Anreise. Nach effektiv drei Stunden Fahrt erreichten wir auch schon die Domstadt.
Mit zwei Stunden auf der Uhr war noch ein kurzer Abstecher in die Innenstadt drin, von wo aus wir wenig später per Tram-U-Bahn in Richtung Müngersdorf aufbrachen. Dachten wir zumindest, denn von den X-Linien die in Richtung Neumarkt (Abfahrtspunkt der Sonderzüge) fuhren erwischten wir gerade die Linie, die dies nicht tat. Immerhin fiel das Malheur schnell auf und wir konnten zwei Stationen später wieder wechseln. Auch am Neumarkt selbst verwirrte die Beschilderung zunächst, bis man schließlich den Abfahrtspunkt des Sonderzuges überirdisch fand.
Mit diesem gings im absoluten Schneckentempo in Richtung Müngersdorf. Anfangs rechnete man noch mit einem Zeitpuffer von einer guten anderthalben Stunde, doch die Bahn, die sich ironischerweise als Schnellbahn bezeichnet, belehrte uns eines Besseren. An jeder verdammten Haltestelle stoppte der Zug eine gefühlte Ewigkeit, bevor man nach fast einer Dreiviertelstunde die Endstation in Sichtweite des Stadions erreichte.
Schon zu diesem Zeitpunkt verspürte man eine tiefe Abneigung gegenüber den KVB, da man das gleiche Anreiseprozedere in vielen anderen Erstligastädten um Welten besser erlebte. Die Abneigung gegenüber dem lokalen Nahverkehrsanbieter sollte sich im weiteren Verlauf des Tages noch verstärken, doch dazu später mehr.
Ein geplantes Treffen mit einem Bekannten fiel demnach genauso ins Wasser wie eine Runde um die Anlage. Ein Foto vom Stadion sollte aber noch drin sein, während ausnahmsweise sogar das Wetter mitspielte. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein machten den Besuch zum angenehmsten des noch jungen Jahres. Nachdem auch die große Wiese begutachtet wurde, wollten die Bäuche gestillt werden.
Vor den Stadiontoren lockten Currywurst und Reibekuchen mit ihrem wohligen Duft, die dann auch beide verköstigt wurden. Vor allem letztgenannte kann ich wärmstens empfehlen. Danach gings in Richtung Nordwest-Eingang, der schon eine halbe Stunde vor dem Spiel aus allen Nähten platzte. Mit viel Gedränge schaffte man es in unter zehn Minuten durch die Menschentraube, wodurch gerade noch genug Zeit für zwei Bier übrig blieb. Dass in Köln nur Kölsch verkauft wird, wurde mir leider erst danach wieder bewusst. Muss aber sagen, dass das goldgelbe Stadion-Gesöff nicht sooo schlecht schmeckte wie manche seiner Artgenossen. Erfüllte seinen Zweck und stillte den Durst.
Im Eiltempo ging es nun die Treppen hinauf zum Oberrang der Westkurve. Dort angekommen wurden zunächst die eigenen Plätze begutachtet und für schlecht empfunden, weshalb man gleich den Rest der Stufen erklomm und sich in Höhe der Mittellinie positionierte. Die Möglichkeit des Stehens an der Spitze der Tribüne hatte man bisher auch noch nicht gesehen, fand es aber definitiv geil.
Das gleiche gilt auch für den Rest des Stadions. Mit seinem engen Baustil und den extrem steilen Rängen ist das Müngersdorfer Stadion mit Sicherheit eines der schicksten der ersten Liga. Und mit knapp 50.000 Plätzen um einiges größer, als es von Innen scheint. Ein optisches Highlight sind zudem die vier großen Dachstützen in den Eckbereichen, die nachts in rot und weiß leuchten. In Sachen Stadion war man demnach schonmal zufrieden.
Auf den Rängen herrschte zu Beginn jedoch Tristesse, was aber dem bundesweiten Aktionsspieltages der verschiedenen Gruppen geschuldet war. Durch den Verzicht von sämtlichem Tifo-Material einschließlich Zaun- und Schwenkfahnen, Trommeln und Megaphone sollte den Vereinen und dem DFB gezeigt werden, was Deutschlands höchste Spielklasse in Zukunft erwartet, sollte den Forderungen nach einem einheitlichen Konzept für Fanutensilien nicht nachgegeben werden.
Somit fand man in den ersten 12 Minuten quasi englische Verhältnisse vor, bei denen zwar die Mannschaften akustisch unterstützt, die Stimmung aber nicht mit Hilfe der Üblichen Geräte koordiniert wurde. Nach Ablauf des Protestes zeigten beide Seiten Spruchbänder, die den Wortlaut der Forderungen wiedergaben. Danach wurden sämtliche Gruppenfahnen entrollt, Tifomaterial ausgegeben und die Gesänge koordiniert.
Und endlich wurde es mal richtig laut in der Arena! Die Kölner Südkurve zu unserer Rechten überzeugte mit vielen eingängigen, gleichzeitig aber auch einfachen Gesängen, deren Melodien mir persönlich gut gefielen. Dabei konnten oftmals weite Teile der Südkurve mitgenommen werden, wobei nach Großchancen auch gut und gerne mal das ganze Stadion miteinstieg oder selbst das bekannte „Come on FC“ intonierte.
Insgesamt fand ich den Auftritt der Heimseite mehr als ordentlich, wobei besonders der Zusammenhalt in der sportlich schwierigen Situation positiv herausstach. Pfiffe hörte man folglich keine, zumindest nicht gegen die eigene Mannschaft. In der zweiten Hälfte folgten in der Südkurve zudem einige optische Aktionen. So wurde zunächst einem verstorbenen Kölner Ultra mittels Konterfei und dem Spruch „Warst nie weg – Wirst immer bei uns bleiben“ gedacht.
Das darauf folgende Spruchband „Ein Horror-Scenario für den Feind – Der Derbysieg für uns“ spielte auf den Fahnendiebstahl gegen die Gladbacher Gruppe „Scenario Fanatico“ an und wurde von lauten Gesängen gegen die Fohlenelf begleitet. Im Nachgang präsentierte die Gruppe Coloniacs mit einer kleinen Choreo ihre neuen Schals und Drinking Now gratulierte dem FC Köln auf ironischer Weiße zum letzten Titelgewinn – dem Sieg in einem Hallenmasters-Turnier vor 25 Jahren. Viel los also auf der Heimseite.
Die Augsburger Gäste beteiligten sich zu Beginn ebenfalls am Aktionsspieltag und entrollten Zaunfahnen und Tifo erst in der zwölften Minute. Danach war im schick beflaggten Block etwas mehr Feuer als noch zu Beginn, wobei ich die Mitmachquote auf konstant 50% schätzen würde.
Aufgrund unserer Position und der sehr gut aufgelegten Südkurve konnte man den gut gefüllten Gästeblock leider nur sehr selten wahrnehmen. Lediglich vereinzelte Schlachtrufe drangen mal zu uns durch. Immerhin optisch wussten die Augsburger zu überzeugen. Der kompakte Kern zeigte sich oft in Bewegung und war vor allem in Halbzeit zwei ständig am Durchdrehen. Hätte man an diesem Tag gerne mehr von gehört, aber seis drum. Wird bestimmt nicht das letzte Spiel des FCA gewesen sein.
Wenn der 1.FC Köln nicht aufpasst, könnte dieses Spiel hingegen dessen letztes Aufeinandertreffen mit Augsburg gewesen sein. Denn der FC steht bekanntermaßen noch immer auf dem letzten Tabellenplatz, auch wenn die Formkurve mit zuletzt drei Siegen am Stück deutlich nach oben zeigt und bei den Anhängern wieder Hoffnung aufkeimt. Die Gäste standen hingegen im tabellarischen Niemandsland, was in der aktuellen Spielzeit aber schnell in beide Richtungen verlassen werden kann. Unterm Strich erwartete man einen spannenden Bundesligakick.
Leider pendelte sich die Partie zügig auf einem eher niedrigen Niveau ein, die so gut wie nichts Spannendes oder gar Atemberaubendes bereithielt. Bis zur 40. Minute, als die Hausherren einen Freistoß zugesprochen bekamen. Aus knapp 20 Meter nahm der Kölner Spieler Maß und netzte die Kugel direkt in den Winkel. 1:0 für Köln und absolute Eskalation auf den Rängen. Die Kurve explodierte für einen Moment wortwörtlich und hinterließ einen bleibenden Eindruck. Hätte ich echt nicht gedacht, dass in Müngersdorf eine solche Stimmung herrschen kann.
Sportlich war bis auf das Tor auch danach nix los, weshalb das Gegurke im zweiten Durchgang unverändert weiterging. Augsburg arbeitete so langsam an einer Leistungssteigerung, während Köln sich lediglich eine Handvoll Halbchancen erarbeitete. Durch den erhöhten Druck waren es schließlich die Gäste, die in der 77. Minute nach einem Eckball zum Ausgleich kamen und den Gästeblock jubeln ließen.
Danach versuchten die Kölner nochmal alles, doch am Ende blieb es beim sportlich verdienten 1:1. Mit dem Punkt dürften die Gäste wohl zufriedener gewesen sein als der Heimanhang, der nun zum ersten Mal ein wenig mit der eigenen Mannschaft hadert. Beide Teams liefen noch zu ihren jeweiligen Kurven, während sich das Stadion zügig leerte.
Auch für uns gings recht schnell nach draußen, denn für die gewählte Zugverbindung blieb lediglich eine Stunde für den Weg zum Hauptbahnhof. Mit der Erfahrung der Hinfahrt im Hinterkopf wollte man da keine Sekunde zu viel verschenken. Die richtige Tram fand man noch schnell, doch was danach folgte, war ein astreiner Albtraum. Zunächst brachten es die übereifrigen Kölner Anhänger fertig, den Wagen so vollzustopfen, dass selbiger für gute fünfzehn Minuten nicht losfahren konnte, da die Türen nicht mehr funktionierten.
Endlich auf der Schiene folgte auch schon das nächste Problem: Eine Haltestelle alle hundert Meter. Und bei jedem Stopp das Gleiche: Zu viele Leute, Türen gehen nicht zu. Nach genau vier Haltestellen hatte die Bahn dann die Schnauze voll und ging in den Streik… und blockierte dabei die Strecke für alle drauffolgenden Züge. Geil!
Das heraneilende KVB-Personal rief zur Räumung der Bahn auf und eröffnete uns, dass momentan absolut gar nichts mehr ginge. Man hätte ja jeweils zwei Beine und könne in die Innenstadt laufen. Der Kerl kann eigentlich von Glück reden, dass er von einigen der anwesenden Zeitgenossen für diese Aussage keine auf den Deckel bekam. Da man nichts anderes übrig hatte, machte man sich wohl oder übel zu Fuß auf den Weg in Richtung Bahnhof.
Dass der angepeilte Zug nicht mehr erreicht werden konnte war zu dem Zeitpunkt schon klar. Dass man dann aber noch die Meldung bekam, dass die Ausweichroute durch einen umgestürzten Baum versperrt ist, half der ohnehin schon geknickten Grundstimmung nicht wirklich. Die nun neugewählte Verbindung sollte auch in Köln-Süd anhalten, was unseren Fußmarsch um fünfzehn Minuten auf eine dreiviertel Stunde verkürzte. Im nahen Supermarkt konnten wir uns zumindest noch mit einigen Getränken eindecken, bevor wir mit dem Bummelzug in Richtung Koblenz aufbrachen.
Dass der Verspätungswahnsinn kein Ende haben wollte, brauch ich wohl nicht zu erwähnen. In Koblenz hatte man daher exakt 55 Minuten Aufenthalt, die wir in einem Fastfood-Restaurant verbrachten, bevor der letzte Zug bestiegen wurde. Aber, man ahnt es schon… Selbiger erreichte zwar Trier in der angegebenen Zeit, verblieb dort jedoch ungewöhnlich lange. Die Durchsage der Verspätung folgte prompt und man wies darauf hin, dass man noch auf einen Zug warten müsse, welcher 90 Minuten Verspätung habe. 90! Bei den stündlich fahrenden regionalen Zügen in Trier muss mir mal jemand das Kunststück erklären, wie man da auf eine solche Verspätung kommt.
Nach gut 20 Minuten gings dann aber weiter zu unserem Zielbahnhof. Während wir uns in Richtung Auto aufmachten, vermeldete die immer noch dort wartende Bahn die nächste Verzögerung. Bahnfahren zum Abgewöhnen. Kurz vor Mitternacht, und demnach nach fast sechs Stunden Fahrt (zum Vergleich: Die Hinfahrt ging in der halben Zeit vonstatten), erreichten wir endlich wieder die eigenen vier Wände.
Nach gutem Start konnte der Abend quasi nicht besser enden. Sollte für die nächsten Wochen aber sowieso die letzte Zugtour gewesen sein.