13.01.2024
15. Spieltag Campionato Sammarinese
SS Pennarossa - AC Libertas
Stadio di Acquaviva
Endergebnis: 1:4 (0:3)
Zuschauer: 60
Ticket: Frei
Fotoalbum
Die Zeit zwischen den Jahren ist schon was tolles. Der Magen ständig voller Käse, immer leicht einen Sitzen und selbst der Blick auf den Kalender hilft nicht wirklich zur Einordnung der Tage. So war es bisher mein Leben lang, doch in diesem Winter entschieden wir uns dafür, die paar Tage durchzuackern und die Resturlaubstage in den Januar zu verfrachten. Das zweite Wochenende schien uns dabei perfekt für eine Tour, war es doch das letzte Freie, ehe die wahrscheinlich anstrengende Rückrunde an den Start geht. Das Ziel war auch schnell gefunden: Es sollte Venedig werden, wo sicherlich in der kalten Jahreszeit weniger Massen durch die Gassen strömen als zu anderen Jahreszeiten, so die Gedanken vorab.
Und tatsächlich konnten sowohl Flüge beim Kranich als auch ein Hotel für vier Nächte in der Lagunenstadt für humane Preise geschossen werden. Die zeitgenauen Ansetzungen ließen hingegen länger auf sich warten, sodass erst zwei Tage vor Weihnachten die Tour vollends geschnürt werden konnte. Venezia gegen Sampdoria als Highlight, dazu San Marino als neuer Länderpunkt. Konnten wir definitiv mit Leben. Da San Marino nicht unbedingt ums Eck liegt, wanderte ebenso ein Mietwagen via ItalyCarRent in den digitalen Einkaufswagen. Ganze 14€ rief der Anbieter für ein Gefährt für einen Tag auf, bereits inklusive so ziemlich aller Versicherungen. Da auch die Kaution abgedeckt war, gingen wir das Risiko des lokalen Anbieters einfach mal ein und hofften im Vorfeld, nicht vor einer verrammelten Bude aufzutauchen.
Die Feiertage vergingen im Anschluss fix, die Koffer packten sich beinahe von alleine und das Gefährt von Uber stand am frühen Freitagmorgen ebenso pünktlich vor der Haustür – der Winter auf dem Stiefel konnte also beginnen! Ohne Probleme oder großartige Verspätungen trug uns der Kranich über die Alpen bis zum venezianischen Flughafen Marco Polo, dessen winzigen Hallen in Windeseile hinter uns gelassen werden konnten. Für die Fahrt in die Lagune standen zwei Busse parat, wobei wir uns für die Express-Variante via ATVO entschieden – kostet unterm Strich genauso viel wie der Linienbus, fährt die Strecke aber in der Hälfte der Zeit. Somit setzten wir fix über die Brücke über und bezogen wenig später unsere Unterkunft in der Nähe des Bahnhofs von Venedig. Kurz ausgeruht, folgte eine erste Runde durch die Stadt, über die wir im zweiten Teil der Tour berichten.
Somit springen wir zum folgenden Samstagmorgen, der mal wieder in aller Frühe begann. So früh, dass selbst das gebuchte Hotelfrühstück lediglich in Papiertüten an der Rezeption bereitstand. Irgendeinen Tod muss man sterben, wie man so schön sagt. Somit fanden wir uns kurze Zeit später erneut im Expressbus wieder und entwerteten die Rückfahrten zum Flughafen. Bei alternativlosen Return-Preisen von 18€ die Nase somit fast drei Mal so teuer wie der eigentliche Mietwagen, den wir beim lokalen Anbieter ohne große Wartezeit und ohne Aufschwatzen weiterer Versicherungen in Rekordzeit erhielten. Ein paar Fotos des grauen Fiat Pandas wanderten dennoch auf die Speicherkarte, ehe das für Autobahnen absolut untermotorisierte Gefährt mehr schlecht als recht via Bologna in Richtung Rimini geprügelt wurde.
Drei Stunden, in denen lediglich eine anfängliche Pause bei Lidl zwecks Ergänzung der mageren Frühstücksboxen eingelegt wurde, durchquerten wir die landschaftlich wenig attraktive Po-Eben Norditaliens, ehe kurz vor Erreichen der Zielregion eine Bergetappe nach der anderen folgte. Der kleine Motor keuchte auf den steilen Straßen San Marinos ordentlich und selbst im zweiten Gang bekam ich ab und an Schweißperlen auf die Stirn, da die Kiste oftmals langsamer wurde. Doch der Gipfel war schließlich erreicht, respektive der Parkplatz P7 in Höhe der Altstadt. Von da an stapften wir den kurzen Weg hinauf bis zum Gipfel der gerade einmal gut 4.000 Einwohner fassenden Hauptstadt, die auf dem über 700 Meter hohen Monte Titano errichtet wurde. Markenzeichen sind die drei Burgen mit ihren markanten drei Türmen, die bereits im 10. Jahrhundert errichtet wurden.
Geschichtlich hat das kleine Land aber noch viel mehr zu bieten, gilt es doch als die älteste Republik der Erde. Bereits seit dem Jahre 301, also seit über 1.700 Jahren, gilt das Land als souverän, während die aktuelle Form der Regierungsbildung, bei der immer zwei Personen für lediglich sechs Monate die Geschicke der Regierung lenken, seit 1243 besteht. Selbst die Verfassung wurde seit dem Jahr 1600 nicht mehr angerührt und gilt damit als älteste noch bestehende in der Staatsform einer Republik. Großartige Änderungen sind für die lediglich 30.000 Einwohner aber auch nicht wirklich nötig. Diese leben hier primär von den gut 2 Millionen Touristen, die Jahr für Jahr die kleine Altstadt bevölkern und ordentlich Kohle im Nicht-EU-Land lassen. Oder eben die malerische Aussicht auf die Berge sowie auf die Küste samt Rimini genießen, so wie wir es nach kurzem Marsch taten. Bei bestem Wetter überblickten wir weite Teile der Küstenregion und genossen die raren Sonnenstrahlen auf der Haut.
Vielmehr gab und gibt es hier aber auch nicht zu tun, weshalb im Lokal Guaita eingekehrt und eine schmackhafte Pizza verdrückt wurde. Danach rief auch schon König Fußball, sodass dem Parkautomaten wenige Euros für die knapp zwei Stunden eingeflößt wurden, ehe die Bremsen des gemieteten Gefährts ordentliche Arbeit verrichten mussten. Ziel war nun das Dorf Acquaviva im Westen des Landes, unweit der Grenze zu Italien. 15 Minuten Serpentinen später rollten wir bereits auf den Parkplatz am Straßenrand und stapften zum Eingang des kleinen Stadions, der ohne irgendwelche Kontrollen, Ticketverkäufer oder Ordner durchschritten werden konnte. Noch schien nicht viel los auf der einzigen Tribüne, sodass wir uns recht mittig positionierten und erneut die wärmenden Sonnenstrahlen genießen durften.
Ein wenig schweiften die Blicke über die hügelige Landschaft der angrenzenden Emilia-Romagna, die das großartige Panorama der neu errichteten Anlage bildete. Selbige besteht aus der erwähnten Tribüne, die mit sieben Reihen weiß-blau-gelber Sitze und einem kleinen Holzdach ausgestattet sämtliche Anforderungen für den lokalen Fußball übererfüllt. Aber lokaler Fußball für lediglich 30.000 Einwohner? Tatsächlich existiert der hiesige Verband nicht nur für die Nationalmannschaft, sondern ebenso für die heimische Liga, die ganze 16 Teams umfasst. Fussballverrückt sind sie hier also, auch wenn es qualitativ nur zum 55. und damit letzten Rang im europäischen Ranking reicht. Dazu kickt mit Viktor San Marino ein weiterer Club auf San Marinesischem Boden, allerdings in der italienischen Serie D. Für deren Aufstieg wurde unser heutige Spielort nicht nur mit neuem künstlichen Geläuf, sondern eben auch mit der neuen Tribüne ausgestattet.
Denn anders als bei Viktor, die lediglich gegen größere Gegner wie Rimini oder Ravenna ins Nationalstadium umziehen, nennt keiner der anderen Clubs San Marinos einen der Sportplätze und Stadien des Landes sein Eigen. Vielmehr wird vor jedem Spieltag augenscheinlich gewürfelt, wo die jeweiligen Partien ausgetragen werden. Meist sind es gar mehrere pro Stadion an einem Tag. Lokale Bindung somit Fehlanzeige, worauf auch die mageren 60 Zuschauer zum mittäglichen Kick hindeuteten. Verpflegung suchten wir ebenso vergeblich, dafür scheint hier jeder selbst verantwortlich. Dafür wurde das Publikum mit einem Live-Kommentator über die Stadionmikrofone auf dem Laufenden gehalten, der in Sachen Leidenschaft auch von einem entscheidenden Länderspiel hätte stammen können.
Ganz so spannend wurde es indes nicht, erspielten sich doch die Hausherren in der bisherigen Saison lediglich einen Punkt und unterstrichen diese Tatsache mit eklatantem Abwehrverhalten. Somit hatten die Gäste wenig Mühe, gingen bereits zur Halbzeit mit 0:3 in Führung und machten im zweiten Durchgang den Sack zu. Dafür war der Jubel über das eigene Tor zum letztlichen 1:4-Endstand beim hiesigen Publikum umso größer. Galgenhumor vom Feinsten, aber über Abstieg und Zweitklassigkeit muss man sich in San Marino zumindest keine Gedanken machen. Der letzte Pfiff ertönte und besiegelte somit den neuen Länderpunkt, während der Sonnenuntergang den hügeligen Hintergrund in malerische Töne färbte. Zumindest die paar Stunden hier fixten mich etwas an, die Region weiter zu erkunden. Ob Toskana oder eben Emilia-Romagna – der hügelige Norden besticht durch wahrlich schöne Landschaften!
Allerdings das nächste Mal mit mehr als einem 60-PS-City-Flitzer, dessen Tanknadel bereits an der erfolgreichen Rückkehr nach Mestre zum Flughafen zweifeln ließen. Somit im kleinen Land recht billigen Sprit getankt, ehe drei Stunden Dunkelheit auf der Autobahn mit der eigenen Playlist abgerissen wurden. Dann folgte die Stunde der Wahrheit: Abgabe beim Vermieter. Doch auch die verlief ohne Probleme. Gemeinsamer Rundgang ums Auto, Unterschrift und fertig waren wir. Somit bleibt es bei der Empfehlung für ItalyCarRent wie auch bei der allgemeinen Erkenntnis, dass bisher nur England immer wieder Probleme bereitet. Anschließend stapften wir zurück zum Terminal, zogen erneut Return-Tickets für den Express-Bus und fuhren zurück nach Venedig, wo es noch ein kurzer Happen von einem Straßen-Imbiss sein durfte, ehe die gemütlichen Kojen aufgesucht wurden.