20.05.2023
37. Spieltag 3. Liga
SV Elversberg - SV Wehen Wiesbaden
Waldstadion an der Kaiserlinde
Endergebnis: 1:1 (0:0)
Zuschauer: 7.253 (772 Gäste)
Ticket: 10€
Fotoalbum
Es ist vollbracht! Was sich seit nunmehr einem Jahr abgezeichnet hat, ist jetzt Realität geworden: Die SV Elversberg ist ab kommender Saison Zweitligist! Einfach unfassbar, den eigenen Heimat- und Herzensverein, dem man über sämtliche Sportplätze Hessens, Baden-Württembergs und Rheinland-Pfalz folgte, plötzlich im Unterhaus gegen die ganz Großen Spielen zu sehen. Nürnberg, Düsseldorf, Hamburg, Berlin – da bekomme ich jedes Mal aufs neue Gänsehaut, wenn ich mir die nun zum greifen nahe Zukunft ausmale!
Doch bis es dazu kam, musste noch mindestens ein Punkt gegen den Mitfavoriten aus Wiesbaden her, was auf beiden Seiten große Massen motivierte. Zum ersten Mal meldete Elversberg schon Wochen zuvor eine ausverkaufte Heimseite, was die Ticket- und Tauschbörsen im Netz glühen ließ. Jeder wollte Teil des sich ankündigenden Spektakels werden, was aufgrund der Niederlage in Freiburg nun auf heimischem Rasen stattfinden könnte. Und auch Wiesbaden setzte über 700 Karten für den Gästebereich ab – Rekord für Wehen an dieser Stelle!
Auch uns packte das Fieber aus Vorfreude und Anspannung, was den Wecker am Samstagmorgen überflüssig machte und uns deutlich vor der geplanten Zeit in Richtung Saarland aufbrechen ließ. Nach einem Bierchen zur Einstimmung ging’s bereits zwei Stunden vor Anpfiff auf den altbekannten Weg gen Linde, der rechts und links voller Schwarz-Weißer gesäumt war. Szenen, von denen man als kleiner Junge nur träumte, als man fünf Minuten vor Anpfiff beim Spiel gegen Bielefeld II am Eingang sein Ticket zog und freie Platzwahl unter den 400 anwesenden Nasen hatte. Nun waren 120 Minuten vor Anpfiff die Wellenbrecher im Zentrum des C1 schon alle besetzt, während sich mittig die Traube motivierter Jungscher bildete und Minute um Minute größer wurde.
Die Zeit verging wie im Flug, die Fahnen und Doppelhalter im C1 ergänzten die dichte Schalparade und die ersten Lieder fetzten über den Rasen. Die Motivation im Block, die eigene Mannschaft zum Aufstieg zu schreien, war unfassbar. Minutenlange Gesänge des gesamten Mittelteils, dazu laute Wechselgesänge mit der Haupttribüne und ein unfassbarer Anblick der Klatscheinlagen. Manchmal muss ich mich da selbst zwicken um irgendwie drauf klarzukommen, dass es noch genau der gleiche Verein ist, bei dem vor einigen Jahren 25 Leute im aktiven Haufen einen guten Tag markierten.
Und auch auf der Gegenseite war bei den ganz in rot auflaufenden Gästen gut was los. Eine Glitzer-Doppelhalter-Choreo im mittleren Teil des Blocks zeigte den Vereinsnamen des SV Wehen, die mit Anpfiff umgedreht wurde und den Namen der „Supcrew“ bildete. Auch hier beteiligte sich ein guter Haufen, teils deutlich über die Hälfte der mitgereisten Anhänger, an den Liedern, die ein ums andere Mal auf der Gegenseite ankamen. Aber auch so war ständig viel Bewegung hinter der mäßigen Zaunbeflaggung erkennbar, wobei das eigentliche Highlight in Form von Blockfahne und rotem Rauch im zweiten Durchgang folgte. Insgesamt ein starker Auftritt der Jungs aus Taunusstein!
Die Stimmung beider Seiten war allerdings maßgeblich vom Spiel beeinflusst, denn in den neunzig Minuten auf dem Rasen konnte sich für beide Seiten alles verändern. Beide Teams starteten hochstehend und offensiv, während sich ab der 20. Minute ein Chancenplus für die SVE abzeichnete. Ab diesem Zeitpunkt war das Offensivspiel ähnlich eines Handballspiels, in dem sich Minute für Minute neue Möglichkeiten auf die Führung ergaben. Wiesbaden fing sich gar eine rote Karte nach Notbremse, was das Elversberger Offensivspektakel noch einmal anfeuerte. Dauern sollte es aber bis zum zweiten Durchgang. Ecke für Elversberg vor dem eigenen Block, Kopfball Correira – Tor für Elversberg! Unfassbarer Jubel auf den Rängen und bockstarke Gesänge aus dem C1, der nun die Minuten bis zum Abpfiff herbeisehnte.
Nur keine Bude mehr fangen, besser noch selbst einen Treffer nachlegen… Zehn Minuten vor dem Ende schien Rochelt die Entscheidung auf dem Fuß zu haben, traf aber nur die Latte – und im direkten Gegenzug erzielte Wehen den Ausgleich. Beide Seiten spielten nun auf Sieg, konnten sich allerdings mit der Punkteteilung arrangieren, anders kann ich mir das defensive Rumgeschiebe der SVE in den letzten Minuten nicht erklären. Klar, der Punkt reichte und diesen noch zu riskieren wäre fahrlässig gewesen, doch mit einem Sieg hätte man es komplett klar gemacht. Somit war das Gefühl in der Magengegend auch nicht wirklich zuzuordnen, als nach neunzig Minuten der Schlusspfiff durch die Kaiserlinde hallte.
Ungläubig und verhalten schaute man sich untereinander an, fing an zu rechnen und wusste selbst nicht so ganz, ob es final reichen würde. Gleichzeitig öffneten sich bereits die Tore des C1, wurden durch den übermotivierten Einsatz der Ordner aber wieder schnell geschlossen. Alles wegen zwei Autos, die auf den Platz fuhren. Nach zehn Minuten konnte allerdings der Platz geflutet werden und spätestens beim Anblick der Massen auf dem Rasen wich die Unsicherheit der puren Freude über diese unfassbare Saison. Klar, am Ende war es deutlich spannender als gedacht, aber die SVE steht nun vorerst am Zeil aller Träume: Im Unterhaus der deutschen Profiliga! Meine Heimat, mein Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, misst sich mit den größten Namen, gehört nun zu den besten 36 Vereinen des Landes. Einfach Wahnsinn!
Das Freibier floss, die musikalische Untermalung auf dem Rasen passte ebenso und die Mannschaft samt Erfolgscoach Horst Steffen mischte sich unter die feiernde Meute. Bilder, wie man sie noch vom vergangenen Jahr bestens in Erinnerung hatte, wiederholten sich erneut. Und ich muss sagen, dass ich mich an den Rasen des Waldstadions an einem sonnigen Tag im Mai definitiv gewöhnen kann! Ganz am Ziel ist man allerdings noch nicht, denn nun möchte man die fast perfekte Saison auch gerne mit dem Titel abschließen. Daher geht’s mit ordentlich Vorfreude und losgelöst von jeglicher Anspannung nächsten Samstag zum Finale nach Ingolstadt!