Football League Two: Leyton Orient FC – Mansfield Town FC

13.08.2022
3. Spieltag Football League Two
Leyton Orient FC - Mansfield Town FC
Brisbane Road
Endergebnis: 1:0 (0:0)
Zuschauer: 6.328 (536 Gäste)
Fotoalbum

Im Gegensatz zum Vortag startete der Morgen mit einem ausgewogenen Frühstück im nahen Wetherspoons. Die Uhrzeit passte auch, um sich die Mägen so richtig schön mit einem Full Englisch Breakfast vollzustopfen, denn wirklich früh aufstehen mussten wir nicht mehr. Weder standen Sightseeingtouren auf der Liste, noch verspürte man große Gelüste wahlweise von der Sonne gebraten oder von der Tube durchgekocht zu werden. August in London – einmal und nie wieder. Halt stopp, letzte Mal war auch August… Man lernt wohl nur durch Schmerz. Ein bisschen die Beine vertreten war in der Folge aber drin, weshalb wir uns ein wenig im Schatten des Oxford Circus aufhielten. Da bläst wenigstens ab und an die Klimaanlage aus einem Geschäft auf die Straße. Einen kurzen Abstecher machte man noch ins Kaufhaus „Liberty“, was wieder einmal mit seiner schönen Ausstattung Eindruck machte. Kann man sich in Görlitz mal anschauen, falls man Ideen für den dort leerstehenden Bau sucht.

Dann war’s leider Zeit für die Tube, genauer gesagt die City Line, welche uns in schweißtreibenden 30 Minuten in den Osten Londons bugsierte. Von der Haltestelle in Leyton sind es nur ein paar Minuten zu Fuß bis zur Brisbane Road, in der der Stadtteilverein und derzeitige Viertligist Leyton Orient FC seine Heimat findet. Von Außen nicht direkt als Stadion identifizierbar, was die an den Ecken errichteten Mietshäuser nicht grade einfacher macht. Lediglich die Haupttribüne erweckt dank des großen Vereinslogos einen Hauch von Fussball. Hier konnten auch die im Vorfeld gebuchten Karten ohne große Wartezeit abgeholt werden, ehe man sich im Fanshop mit einem Schal als Mitbringsel eindeckte. Kam man sich fast schon blöd vor, bei den Temperaturen. Fand auch ein Rentner in der Schlange vor uns, der uns wortwörtlich für verrückt erklärte und uns stattdessen seine Kappe andrehen wollte. Danke, aber nein Danke.

Durch die typisch schmalen Eingänge enterten wir unsere Plätze auf dem West Stand, der seit 2020 der verstorbenen Vereinslegende Justin Edinburgh gewidmet ist. Ein kurzer Abstecher zwecks kühler Getränke durfte auch noch sein, wobei man sich gegen die alkoholische Variante entschied. Darf man nicht mit rumlaufen und unten war grau, warm und blöd, also Cola und auf die Sitze im Schatten gepflanzt. Mit dem Block D macht man auf der neuen Haupttribüne wenig falsch. Genau 20 Pfund pro Nase, zudem beste Sicht auf alle Bereiche des Stadions und kein ständiger Blick auf diese hässliche Haupttribüne.

Mit dem Rest der 9.271 Zuschauern fassenden Bude konnte man dagegen schon was anfangen. Insbesondere dieser wunderschönen Osttribüne mit ikonischem Dach, welches man in der immer professioneller werdenden englischen Fußballwelt fast nicht mehr findet, dient als absoluter Blickfang. Tatsächlich sogar eine der letzten, alten Tribünen in ganz London. Hier sind sowohl Heim- als auch Gästefans untergebracht, wobei sich letztere auf der südlichen Seite einfinden. Hinter den Toren stehen jeweils kleinere und etwas neuer wirkende Tribünen, während die Ecken durch mehrstöckige Wohngebäude belegt sind. Größere Erweiterungen am gleichen Standort somit undenkbar. Immerhin offerieren die Balkone und Terrassen absolute VIP-Plätze für die Anwohner, die überraschend zahlreich genutzt wurden. Wohnen wo andere Eintritt zahlen!

Ähnlich wie die schöne Tribüne hat auch der Club einiges an Geschichte vorzuweisen, denn es handelt sich mit dem Gründungsjahr von 1881 um den ältesten derzeit in der Football League (also Liga 2-4) vertretenen Vereins Londons. Wirklich große Erfolge feierten die O’s aus dem Osten der Hauptstadt aber nicht, vielmehr kann man auf eine lange Historie in Zweit- und Drittklassigkeit zurückblicken. Jüngst schaffte man den Sprung aus der National League zurück in die vierte Liga, in der man sich tabellarisch im Mittelmaß bewegt. Etwas erstaunt war man daher über die starke Zuschauerzahl von deutlich über 6.000 gegen den heutigen Gegner aus Mansfield, dem wiederum ebenso starke 536 Gäste folgten. Letztere formierten sich direkt unter dem Dach der Tribüne und legten einige mitgebrachte Zaunfahnen auf den vorderen Sitzreihen aus. Sporadisch gab’s ein paar Gesänge, doch am Support interessiert zeigten sich vielleicht 100 Leute, die ihre Bemühungen nach einigen Minuten wieder aufgaben.

Etwas besser gefiel da der selbstverständlich so nah wie möglich am Gästeblock positionierte Haufen der Hausherren auf der Südtribüne. Pöbeln und dummes Rüberschauen stand mindestens genauso oft auf der Tagesordnung wie kurze Schlachtrufe, die von anderen Teilen des Stadions ab und an mitgetragen wurden. War unterm Strich aber nicht wirklich überzeugend. Wie so oft braucht der englische Stadiongänger ein Erfolgserlebnis, um aufzuwachen. Freuen konnten sich nach zehn gespielten Sekunden(!) zunächst die Gäste über einen absolut berechtigen Elfmeter, nachdem Leytons Keeper den Stürmer hüfthoch abräumte. Doch der Schlussmann der Hausherren machte den Fehler wieder wett, hielt den schwach geschossenen Strafstoß und ließ das Stadion jubeln. Das ist dann das schöne England, wenn die betagten Herren hinter uns aufspringen und den „Fucking wankers“ auf der Gegenseite die Mittelfinger zeigen. Kann man nur lieb haben, das Volk hier!

Die Spielqualität ging in der Folge echt in Ordnung, dennoch ging’s torlos in die Pause. Nach Wiederanpfiff waren die Gastgeber oben auf und netzten zum verdienten 1:0, was der Bude endlich die erhoffte Stimmung verlieh. Nun standen die Leute in vielen Bereichen und stimmten immer wieder Gesänge an, die insbesondere aus dem Süden eine gute Lautstärke erreichten. Blieb dank des spannenden Kicks auch bis zum Ende so, als Orient den durchaus verdienten Heimsieg eintüten konnte. Schön zumindest, dass hier die Mannschaft im Anschluss noch eine Runde zu den Fans ging, ehe diese hinausgekehrt werden.

Für uns ebenso das Zeichen zum Aufbruch und dem Rückweg in Richtung Stadt. City Line bis Soho, wo wir in Chinatown fürstlich japanisch schlemmten. Im kleinen Restaurant Abeno gönnten wir uns Okonomiyaki, eine Art Pfannkuchen, der mit vielen verschiedenen Zutaten direkt am Platz gegrillt wird. Hatte ich das erste Mal in Japan und wusste auch jetzt zu begeistern. Einzig der Geldbeutel begann nach ein paar Tagen London bereits zu ächzen, wurde beim nächtlichen Besuch bei Brewdog aber nicht allzu hart belastet. Das Bier schmeckte zwar, doch da die dicke Luft in der Bar mehr knallte als der Alkohol ging’s nach nur zwei Runden zurück in die Bude.

Der Sonntag ging relativ gemächlich und spielfrei über die Bühne. Möglich gewesen wäre Chelsea gegen Tottenham, jedoch hatten wir weder Bock auf VIP-Logen noch Schwarzmarkt. Vormittags liefen wir daher bis zum Covent Garden und drehten eine Runde durch die sehr elitär anmutenden Läden, ehe wir uns mit einigen Bekannten zum Mittagstisch im taiwanesischen Schlemmerparadies Din Tai Fung trafen. Dank fünf hungrigen Mäulern konnte gut was von der Karte probiert und die Erinnerungen an den letzten Ausflug nach Taiwan reaktiviert werden. Danach schlenderten wir ein wenig durch die Viertel, genehmigten uns im kultigen Pub „The Ship“ eine Runde und schrubbten generell nochmal ordentlich Kilometer runter. Abends nahmen wir den Wasser-Bus auf der Themse bis hin zur Tower Bridge, die bei nächtlicher Dämmerung einen nahezu malerische Szenerie umgibt. Kann man mal machen, da es mit der Oyster-Card deutlich billiger wird, allerdings wird es wohl bei der einen Tour bleiben.

Am Montag endete für uns das Kapitel London auch schon wieder, denn es ging weiter gen Norden. Von der Victoria Station aus buchten wir uns in einen Fernbus unter der Flagge National Express, der uns für gerade mal vier Pfund pro Nase die dreistündige Strecke hinauf nach Birmingham chauffieren sollte. Klappte bis auf den Abfahrtsstau der Londoner Innenstadt auch super, denn da brauchten wir locker eine Stunde, bis wir die Autobahn erreichten. Schon heftig hier und definitiv kein Hauptreiseziel mit dem Auto. Unter den wechselnden musikalischen Interessen des Fahrers, der von Pop über Rock bis hin zu klassischen Konzerten seinen breiten Geschmack mit den Fahrgästen teilte, schaukelten wir gemütlich und vor allem klimatisiert in unser Domizil für die nächsten sieben Tage.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Bis auf einen kleinen Abstecher ins Chinese Quarter in der Innenstadt zwecks Abendessen, wo die Geschmacksknospen von japanisch auf kantonesisch umgepolt wurden, verbrachten wir den Rest des Abends selbstredend mit der Familie. Dienstag sollte es ja schon wieder weiter gehen.