2. Bundesliga: SSV Jahn Regensburg – SV Darmstadt 98

16.07.2022
1. Spieltag 2. Bundesliga
SSV Jahn Regensburg - SV Darmstadt 98
Jahnstadion Regensburg
Endergebnis: 2:0 (1:0)
Zuschauer: 8.509 (ca. 600 Gäste)
Fotoalbum

Recht früh zu Beginn der Sommerpause reifte die Idee, den Saisonstart für uns um eine Woche vorzuverlegen und zum ersten Spieltag des Unterhauses eine kleine Tour zu starten. Direkt ins Auge sprang dabei das Heimspiel des SSV Jahn Regensburg, der mit Darmstadt zwar jetzt nicht die Traumpaarung zur Eröffnung zog, dafür allerdings am Samstag ran durfte. Regensburg als Stadt interessierte dabei insbesondere, zumal man beim letzten Besuch 2014, damals noch im alten Jahnstadion mit dem eigenen Verein, lediglich Autobahn und Busparkplatz hinterm Gästeblock zu Gesicht bekam. Nun also Zeit für Stadt und Besuch des 2015 eröffneten, neuen Stadions.

Zwecks Anreise entschieden wir uns für einen quasi kostenneutralen Trip per 9€-Ticket, was bei einer einfachen Fahrtzeit von knapp unter sechs Stunden den Aufenthalt über Nacht mit sich brachte. Somit ging’s bereits am frühen Freitag vom Frankfurter Hauptbahnhof über Würzburg und Nürnberg recht stressfrei in die größte Stadt der Oberpfalz. Einen kurzen Fußmarsch später erreichten wir unser Hotel, wo nach Serverausfall und somit verzögertem Check-in eine Freirunde schonmal für gute Laune sorgte. Dauerte dann aber alles nicht so lang bis wir letztlich das Zimmer bezogen und uns im Anschluss per Pedes auf Stadterkundung begaben.

Vom Bismarckplatz aus schlängelten wir uns mit den unzähligen kleinen Gassen durch die wunderschöne Altstadt, die mit einer hohen Dichte an kleinen Bars und Cafés begeisterte. In einem kleinen Hinterhof gönnten wir uns dann auch eine Stärkung, bevor mit dem alten Rathaus sowie dem Dom St. Peter die nächsten Monumente der Stadt besichtigt wurden. Auf der steinernen Brücke, von der man einen astreinen Ausblick auf die Altstadt sowie der auf einer Donauinsel gelegenen Stadtamhof hat, fühlten wir uns mehr als deutlich an Prag erinnert. Allerdings ergab die Recherche, dass man sich beim Bau der Prager Karlsbrücke tatsächlich von Regensburg inspirieren ließ, ist doch diese Brücke gut 300 Jahre älter und somit die älteste noch erhaltene Brücke Deutschlands. Wieder was gelernt!

Gut drei Stunden schlenderten wir durch die wirklich schöne Altstadt, die es zurecht im Gesamten auf die Liste der UNESCO-Welterbe schaffte. So positiv überrascht wurde ich schon lange nicht mehr. Zum vollständigen Glück fehlte nur noch die kulinarische Seite, die im Weltenburger am Dom vollstens zu überzeugen wusste. Auch hier konnte, zumindest für uns, ein kleiner Meilenstein gesetzt werden, braute diese Brauerei doch das erste Bier des Stils „Dunkel“ weltweit. Ein Rezept, dass seit nun gut 970 Jahren existiert. Der Tisch wurde mit feinster Schweineschulter und Schnitzel in Brezel-Senf Panade vervollständigt, ehe mit empfehlenswertem Apfelstrudel-Likör der Abend begossen wurde. Empfehlung somit an Stadt, Speis und Trank!

So richtig lange hielten wir aufgrund des langen Tages dann aber nicht durch, weshalb die folgende Nacht in die Schublade erholsam einsortiert werden konnte. Das Frühstück gab’s dann im hoffnungslos überfüllten Hotelsaal, was allerdings für gut den halben Tag vorsorgen sollte. Also paar Teller reinschaufeln, Rucksack nach dem Check-Out an der Rezeption deponieren und zum samstäglichen Kick in den Regensburger Süden düsen. Klappte super mit dem Bus, sodass wir wenig später das neue und direkt an der Autobahn gelegenen Stadion vor den Augen hatten. Im Umfeld war noch wenig los, weshalb wir gut eine Stunde vor Anpfiff die kurzen Schlangen am Bierstand ausnutzten und etwas tankten. Bei 4.50€ für den halben Liter noch einigermaßen verkraftbar, das zahlte man am Vorabend auch.

Ein Schal sollte die heimische Sammlung auch noch ergänzen dürfen, bevor es so langsam auf die Plätze ging. Diese fanden wir mittig im Block W3 der Westtribüne. Die 35 Taler pro Nase waren auch gleich die teuerste Kategorie, bevor so ein Quatsch wie VIP anfängt. Nicht wenig Geld, empfand ich im Ligavergleich und für die Sitze aber ganz angemessen. Da wird für manche Eckblöcke der Republik schon deutlich mehr aufgerufen. Die Sicht entsprechend tadellos, sowohl auf beide Kurven wie auch den Rest des neuen Stadions. Die Bude an sich ist jetzt nix besonderes, wusste mit ihren vier freistehenden Tribünen samt geschwungener Rückseite aber einigermaßen zu gefallen. Schön außerdem, dass die Ecken nicht einfach frei blieben und die Atmosphäre nicht direkt von den rollenden Blechlawinen auf der A3 weggetragen wird. Gibt hässlichere Neubauten allemal, mit der hier wurde man sogar recht warm. Zumindest versucht man hier an vielen Ecken, die Tradition und das Vermächtnis des alten Jahnstadions zu erhalten. Sei es die alte Anzeigetafel, die per Zaunfahne und Doppelhalter ins Stadion gebracht sowie im Original sogar direkt dahinter verfrachtet wurde, oder eben auch der traditionelle Stadionnamen, der seit einiger Zeit wieder auf der Stahlhülle der Traversen prangt.

Akustisch stellt der Neubau natürlich eine absolute Bereicherung gegenüber der langen Geraden des alten Runds dar. Der auf den Namen „Hans-Jakob-Tribüne“ getaufte Stehplatzbereich hinterm Tor im Süden ist Heimat rund um die Gruppen Ultras Regensburg und Red Generation sowie aller weiterer organisierten Fangruppen. Beflaggt wird dabei nicht nur der vordere Zaun, sondern auch der hintere Bereich mit der Zeile „Wir lieben den SSV Jahn – Immerzu und jederzeit“ aus dem Vereinslied, was durch die völlige Abstinenz jeglicher Art von Bandenwerbung ermöglicht wird. Kurz vor Spielbeginn startete der Haufen, der heute die Freunde der Stuttgarter Kickers in seinen Reihen wusste, mit einer ansehnlichen Schalparade zur Hymne sowie wenig später mit einem Fahnenmeer im mittleren Bereich.

Akustisch kam ebenfalls gut was rüber, auch wenn sich oftmals nur das Zentrum an den Gesängen beteiligte. Hier und da griff die Stimmung auch mal auf die Außenbereiche über, was gerade bei den Klatscheinlagen ein gutes Bild abgab. Sämtliche andere Bereiche des Stadions, unsere Gegengerade inklusive, waren allerdings erschreckend passiv. Dass selbst bei der eigenen Hymne keiner den Arsch hochbekommt ist schade. Dennoch ein guter Auftritt der rot-weißen Fanszene vor einer für die Ligaverhältnisse eher mäßigen Kulisse.

Der Gästeblock zu unserer Linken füllte sich bis Anpfiff im Bereich der Erwartungen, wobei insbesondere die Stehränge gut gefüllt schienen. Hinter dichter Zaunbeflaggung (wobei der Lappen der Usual Suspects noch immer das große Andenken an die Bielefelder Alm ziert) legte der Haufen mit ebenfalls kleinen Fahnenintro los, ehe der Mob im weiteren Verlauf nicht so richtig in die Gänge kam. Man sang jedoch gegen den frühen Rückstand sowie die Sonne an, was außerhalb des aktiven Kerns gerne Mal als Ausrede für Klappe halten verwendet wird. Im zweiten Durchgang war es jedoch ein akustisch ordentlicher Auftritt der Lilien, der jederzeit bei uns wahrnehmbar war.

Auf dem Rasen schaffte der SV Darmstadt das Kunststück, trotz eigenem Anstoß nach nur 15 Sekunden die Kugel aus dem eigenen Netz fischen zu müssen. Saisonauftakt nach Maß würde ich mal behaupten. Die zwei gelben Karten des ersten Durchgangs verteilten sich dann auch noch auf einen einzigen Akteur im blau-weißen Dress, entsprechende Katerstimmung zu unserer Linken. Im zweiten Durchgang waren dennoch die Darmstädter offensiv am Drücker und erarbeiteten sich ein Chancenplus, während der SSV mit der gefühlt zweiten Chance die zweite Bude machte. Aber so ist Fussball, kennen wir ja alle. Auch aus den unzähligen weiteren, hochkarätigen Chancen machten die Gäste nichts zählbares, weshalb sich die Regensburger Kurve über den ersten Sieg im ersten Spiel freuen durfte. Dank der Ergebnisse auf den anderen Plätzen grüßte man sogar von Platz 1 in der Tabelle, was die Tribünen selbstredend direkt skandierten.

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Wir hatten derweilen genug vom Treiben und machten uns, mit Blick auf die Uhr, zufrieden auf den Rückweg zum Hotel. Dort fix den eigenen Kram geschnappt und zurück zum Hauptbahnhof, wo sich für wenig Geld einiges an trockener sowie flüssiger Wegzehrung einverleibt wurde. Wie schon auf der Hinfahrt klappten die folgenden beiden Umstiege in Nürnberg und Würzburg ohne Probleme, sodass wir ziemlich genau sechs Stunden nach Abfahrt durch die heimische Tür schritten. Schöne Tour in eine schöne Stadt, so kann die neue Saison starten!