3. Liga: 1.FC Kaiserslautern – 1.FC Saarbrücken

17.04.2022
34. Spieltag 3. Liga
1.FC Kaiserslautern - 1.FC Saarbrücken
Fritz-Walter-Stadion
Endergebnis: 3:1 (1:0)
Zuschauer: 46.895 (5.000 Gäste)
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Südwestderby, Pfalz gegen Saarland, Kaiserslautern gegen Saarbrücken. Schon früh warf diese Paarung ihre Schatten voraus und bescherte auch uns eine gehörige Portion Vorfreude. Verhinderte in der letzten Spielzeit noch das leidige Thema Corona ein Aufeinandertreffen vor vollen Rängen, sah es im diesjährigen Hinspiel im Ludwigspark bereits vielversprechend aus. Nun war es soweit und die Anhängerschaft des FCS fuhr zum ersten Mal seit 1993 zur ersten Mannschaft des FCK auf den Betzenberg. Definitiv ein besonderer Moment, der sich auch im Ticketverkauf bemerkbar machte. Sah man an gleicher Stelle bereits die großen Spiele gegen Karlsruhe und Mannheim vor gut 20 oder 30.000 Zuschauern, meldete man gegen die Blau-Schwarzen zum ersten Mal seit Ewigkeiten eine ausverkaufte Hütte. Durch größere Pufferblöcke waren es letztlich 46.895 Schaulustige, was den zweiten Platz in der Rekord-Tabelle der dritten Liga markiert. Wahnsinn!

Auch uns überraschte die Geschichte etwas, sodass die ausgeguckten Tickets vergriffen und nur noch zwei Billetts für Block 22.4 am oberen Ende der Ost in den Warenkorb wandern konnten. Nicht die beste Sicht insbesondere auf den Gästeblock, aber immerhin dabei. Die Aufstiegseuphorie in der Pfalz war sowieso bereits greifbar, während es die Saarländer in den Vorwochen nicht schafften, oben dran zu bleiben. Auch der ausgerufene „Trostpreis“ des vierten Platzes, was nach dem Ausscheiden im Landespokal zur Qualifikation zum DFB-Pokal geführt hätte, geriet in weite Ferne. Dennoch waren auch hier die nur im persönlichen Vorverkauf erhältlichen Karten fix weg. Das Spektakel konnte also kommen!

Für uns startete der Derbytag mit der Anreise aus dem Saarland per Vehikel, welches am P+R Ost in Mehlingen einen Platz auf der Weide fand. Vorbereitet schien hier noch keiner, so wurden die Schranken nur zur Hälfte von vorher anreisenden Anhängern hochgedrückt. Der Bustransfer zum Betze erfolgte dagegen gewohnt reibungsfrei, sodass wir gut 90 Minuten vor Anpfiff das Stadionumfeld betraten. Aus dem Inneren donnerten derweilen die ersten Böller und auch der große Andrang an den Toren so früh vor dem Spiel machte Hoffnung auf einen guten Nachmittag. Fix ging es auch für uns hoch auf die Plätze, die sich als gar nicht mal so schlecht entpuppten. Gute Sicht auf den direkt vor uns liegenden Gästeblock hatten wir, auch wenn uns das Zaunfahnenbild verborgen blieb. Die West hatten wir ebenfalls nur teilweise im Blick, denn da waren sowohl Anzeigetafel als auch Dach im Weg. Die wichtigsten Teile der Kurven, also die jeweiligen Hauptmobs, sollten aber erkennbar bleiben.

Und die gaben es sich schon weit vor Anpfiff im akustischen Wettstreit um die kreativsten Beleidigungen so richtig. Von Saarbrücker Seite stets in Begleitung einiger Kanonenschläge. Laut allemal. Gut eine Stunde vor Anpfiff wurde zu einer Schweigeminute für den kürzlich verstorbenen Capo der Lautrer, Daniel Hasemann, aufgerufen, dem respektvollerweise auch die Gäste folgten. Ihm widmete die Westkurve zu Spielbeginn die optische Aktion des Tages. Vor einem Hintergrund aus roten und weißen Plastik-Überziehern erstrahlte das Konterfei Hasemanns, umrandet vom Vereinswappen sowie dem Gruppenlogo des Pfalz Inferno. „Ein großer Ultrà verlässt seine Kurve – Hasemann unvergessen!“ prangte dazu vor dem Zaun. Dazu wurde jeweils rotes und weißes Konfetti eingesetzt, was der Wind durch die gesamte Kurve trug. Die Schalparade zum mit Inbrunst intonierten „You’ll never walk alone“ verlieh auch uns an dieser Stelle Gänsehaut. Rufe in Frieden, Stimme der Kurve!

Die Leibchen blieben in der Folge in der gesamten Kurve an, was allein schon ein Hammer Bild abgab. Dazu nun auch die Schwenkfahnen und eine mehr als Bundesligareife Kurve startete in den Support, der jedoch mit Anlaufschwierigkeiten verbunden schien. Nur selten gelang es in der Anfangsviertelstunde, mehr als den Haufen um die drei Hauptgruppen mitzunehmen. Oftmals kam bei uns fast gar nichts an, was aber auch an der recht weiten Entfernung liegen mag. Wenn der Rest des Stadions in die Gesänge mit einstieg, war es natürlich grandios. Passierte im Verlauf dann auch häufiger, vor allem im zweiten Durchgang. Täuscht aber auch nicht darüber hinweg, dass ich die Kurve bei vorherigen Derbys besser in Erinnerung hatte. Die Anti-Gesänge wurden dabei auch oft von anderen Blöcken aus angestimmt, da zeigte sich die Ostkurve gut und gerne als Vorreiter. Alles in allem gefiel die erste Hälfte nicht so wirklich, was von Durchgang zwei aber locker wieder rausgeholt wurde. Lautern gehört einfach mindestens eine Liga höher und Punkt.

Hervorzuheben ist noch die Anwesenheit der Gruppo Svizzera von Hellas Verona, die mit farblich dominantem Schwenker und kleiner Zaunfahne in der rot-weißen Kurve deutlich auffielen. Ebenso erwähnenswert die Spruchbänder, die gegen Saarbrücken gerichtet waren („Sie glauben die Hölle ist Blau Schwarz? – Dann müssen wir Sie enttäuschen, diese Geschichte ist frei erfunden!“ [Reaktion auf Choreo der Saarbrücker im Hinspiel] und „Jeder Lauterer aus „eurer“ Region ist und bleibt ein Derbysieger“ [Anspielung auf das gleich lautende Saarbrücker Motto „Jeder Lautrer aus unserer Region ist und bleibt ein Hurensohn“]), sich gegen die Übernahme als Investmentobjekt stark machten („Der FCK ist Stolz der Region und nicht Teil eines Multi-Club-Netzwerks!“) und leider ebenso auf lästige Begleiterscheinungen von Derbys aufmerksam machten („FUCK PMG!“ und „Stadtverbote brechen uns nicht!“).

Auch im Gästeblock wurde viel geboten, was hier jedoch eher auf das pyrotechnische Segment bezogen war. Neben den unzähligen Böllern, die sowohl vor als auch während des Spiels flogen, startete der vor der großen Virage-Est-Zaunfahne positionierte und großteils maskierte Mob mit einem schicken Intro aus schwarzem und blauem Rauch sowie einigen Fackeln auf dem Zaun. Machte ein gutes Bild, während die Leuchtclips in Richtung angrenzendem Familienblock nicht unbedingt hätten sein müssen. Ebenso flogen einige Leuchtspurgeschosse bis zur Mittellinie und kamen just zum Einlaufen vor dem Schiedsrichtergespann runter. Der Support war standesgemäß für Saarbrücker Verhältnisse melodisch und gleichzeitig brachial. Insbesondere im ersten Durchgang zogen nahezu alle der 5.000 mitgereisten Gäste mit und erlangten, von unseren Plätzen aus, hin und wieder die Stimmhoheit im Stadion. Starker Auftritt in den ersten 45 Minuten, der spielbedingt mit Verlauf des zweiten Durchgangs rapide abbaute. Unterstützung erhielten die Gäste unter anderem aus Nancy und Salzburg.

Wie zu erwarten war die Partie noch keine 20 Sekunden alt, als im Zuge der Leuchtspuren die erste Unterbrechung folgte. Weiter eskalieren ließen es die Blau-Schwarzen aber nicht, zu wichtig natürlich das Spiel und ein mitunter erfolgreiches Abschneiden. Doch es sollte kein guter Nachmittag für die Saarländer werden. Bereits in der 17. Minute erzielte Kaiserslautern per Nachschuss nach einem Elfmeter die frühe Führung in einem sonst ausgeglichenen Spiel. Viel mehr passierte im ersten Durchgang nicht, wäre da nicht die letzte Minute vor der Pause. Aus einem Foul heraus sah ein Akteur der Heimseite etwas überraschend die rote Karte. Kaiserslautern entsprechend nur noch zu Zehnt zu Beginn der zweiten Hälfte, was im Rahmen des Saarbrücker Offensivdrangs mehr als deutlich wurde. Genau drei Minuten nach Wiederanpfiff lag die Kugel fast schon folgerichtig im Netz der Hausherren – 1:1!

Saarbrücken nun natürlich auf den Rängen als auch auf dem Rasen tonangebend. Doch die roten Teufel hatten noch ein Ass im Ärmel – ihren Torhüter. Nach einem weiten Abschlag fand die Kugel den Stürmer Terrence Boyd, der in der 57. zur erneuten Führung traf. Nun stand der Betze bereits Kopf, doch es kam noch dicker. In der 65. Minute brachen mit dem 3:1 trotz Unterzahl alle Dämme. Orkanartige Gesänge fegten durchs Rund, nahezu jeder Zweikampf wurde frenetisch gefeiert. Im Gästeblock dagegen Frust und Hass pur. Wie zu erwarten flog das restliche Arsenal an Böllern und Fackeln sowie einige Sitzschalen in Richtung Spielfeld, was zu einer erneut kurzen Unterbrechung und lauten Hass-Tiraden der Heimseite führte. Kurz darauf wurden die Schwenk- und Zaunfahnen eingepackt und jeglicher Support eingestellt.

Die Westkurve feierte mitsamt des kompletten Betzenbergs derweilen den Derbysieg bis zum Abpfiff. Nun natürlich eine affengeile Stimmung, bei der so gut wie jeder mitzog, inklusive dem traditionellen Taschentuch-Wedeln. Groß natürlich auch die Feier mit der Mannschaft, die mit dem Sieg ebenfalls einen großen Schritt in Richtung Direktaufstieg ins Unterhaus machte. Der Saarbrücker Anhang hatte seinerseits wenig Lust auf die eigenen Akteure, schickte diese gestenreich in die Kabine und zog letztlich stillschweigend von Dannen. Alles in allem ein starkes Spiel, was den im Vorhinein gesetzten Erwartungen deutlich gerecht wurde. Mal wieder schön, einen ausverkauften Betzenberg zu sehen und ebenfalls immer wieder ein Genuss, den melodischen Klängen der Hauptstädter zu lauschen.

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Nach Spielende ging’s wieder nach draußen und die wenigen Meter weiter bis zur Bushaltestelle. Dort den zweiten Bus zum Parkplatz genommen und gefreut, wie reibungslos dass mit dem Bussystem hier klappt. Könnte sich manch Bundesligist was abschauen… Wenig später fanden wir uns bereits auf der Autobahn gen Frankfurt wieder und beendeten mehr als zufrieden den Trip in die Heimat.