National 2: SC Schiltigheim – FCSR Haguenau

29.01.2022
15. Spieltag National 2 Groupe B
SC Schiltigheim - FCSR Haguenau
Stade de l'Aar
Endergebnis: 1:0 (0:0)
Zuschauer: ca. 500
Fotoalbum

Ein vom derzeitigen Arbeits- und Umzugsstress unberührtes Wochenende sollte endlich wieder für ein wenig internationale Luft sorgen, doch die Länderspielpause ohne Länderspiele schoss angedachte Kurztrips in die weiter entfernten Städte Europas recht schnell ins Abseits. Dann schielte man auf den französischen Pokal, der mit den angekündigten Lockerungen wohl wieder vor vollen Hütten ausgetragen werden soll. Eine Tour nach Reims nahezu festgezurrt, entschied sich Frankreich dazu, die Kapazitätsbeschränkungen erst ab dem ersten Februar aufzuheben. Schöner Mist, für ein leeres Stadion fahr ich aber keine fünf Stunden. Fix war dann aber die Alternative geboren: Es sollte mal wieder Strasbourg werden. Der Viertligist aus dem nördlichen Stadtteil Schiltigheim trat im Derby gegen Haguenau an, Zuschauer durften rein und generell kann man mit der Stadt wenig falsch machen, also ab dafür!

Mit dem Auto ging’s in gut zwei Stunden bis in die deutsche Grenzstadt Kehl, wo für wenige Taler am P+R abgeparkt und ein Tramticket gezogen wurde. Mit unter sieben Euro für bis zu drei Personen den ganzen Tag die deutlich günstigere Alternative als Parkhäuser in der Stadt, zumal man ohne Sondervignette ja gar nicht mehr nach Strasbourg reinfahren sollte. Mit unzähligen französischen Tabaktouristen im Gepäck ging’s, nachdem die ersten Bahn dank unfähiger Rentner am Ticketschalter vor unserer Nase wegfuhr, eine halbe Stunde später die gut zwanzig Minuten bis zur zentralen Langstross, wo wir mit hungrigen Mägen in der ausgesuchten Brasserie de la Lanterne einkehrten. Hier wurde sich mit ordentlichen, selbstgebrauten Bieren ordentlich einen hinter die Binde gekippt und dazu hausgemachte Elsässer Flammkuchen vernichtet. Leben wie Gott in Frankreich! Witzig hierbei die Etablissements zur Erleichterung der männlichen Bedürfnisse, die aus aufgeschnittenen 50L-Bierfässern bestehen. Wenn voll, werden die wohl abgeschlossen und in Bitburg mit dem Siegelhopfen verfeinert. Anders kann man sich diese Plörre dort generell nicht erklären.

Mit einer ausgeprägten Munster-Note im Gepäck trabten wir nun noch ein wenig durch die Innenstadt gen La petite France, dem für uns einzigen weißen Flecken der Stadt. Nette Gegend allemal, auch wenn die dortige Altstadt mit ihren kleinen Kanälen so auch irgendwo in Franken stehen könnte und bestimmt auch steht. Im Sommer sicherlich durch viel Deko ein berechtigter Touristenmagnet. Danach ging’s per Pedes zum Hauptplatz Homme de Fer, wo die Bahn gen Schiltigheim bestiegen wurde. Die Tram spielte wenig später aber so gar nicht mit und änderte kurzerhand die Linie. Mit meinen letzten Brocken Französisch, die nicht irgendwann nach der Zehnten aktiv verlernt wurden, verstand ich die Situation und zog uns beide an der letzten Haltestelle vor dem Routenwechsel raus. Schöne Scheiße, zumal die Zeit bis zum Anpfiff recht knapp wurde.

Den Bahnsteig gewechselt, trieb eine Schaffnerin die Gäste in eine andere Tram, die zwar nicht zu unserem Ziel, aber zumindest in die etwaige Richtung fuhr. Wir wurden von der netten Dame sogar auf Englisch aufgeklärt, dass dies die letzte Bahn für die nächste Zeit auf der Strecke sei und wir vier Haltestellen später in unsere Linie könnten, die von dort aus wendet und in die gewünschte Richtung fuhr. Den Grund für den Aufwand sahen wir wenig später aus dem Fenster: Des Franzosens liebste Beschäftigung – eine Demonstration. Für oder gegen was war mir vollkommen egal, Hauptsache wir schaffen’s pünktlich. Klappte dann zum Glück auch. Etwa hundert Meter von der Haltestelle entfernt reihten wir uns bereits in die Ticketschlange am schön gelegenen Stade de l’Aar. Einen Fünfer musste ich als männlicher Teil berappen, während das bessere Geschlecht mal wieder Fussball für lau zu sehen bekam. Ehrlich, wer schreit eigentlich hier mal Sexismus?

Zur Überraschung unsererseits war die Tribüne kurz vor Anpfiff schon gut gefüllt, während der Strom an Schaulustigen nicht abzureisen schien. Etwa 500 Zuschauer sollten es am Ende gewesen sein, deutlich mehr als erwartet. Die ließen sich großteils auf der schicken kleinen Haupttribüne mit geschwungenem Dach nieder, auf welcher auch wir Schutz vor dem nicht grade schwachen Wind suchten. Der Rest der Anlage bestand aus zwei Stehrängen auf der rechten und linken Seite der Tribüne sowie einer Gegengeraden mit ein paar Stufen. Nettes Ding allemal, während der Blick auf die dahinterliegende Aar leider durch Werbebanden versperrt wurde. Trotz der hohen Zahl an Interessierten und der bestätigten Existenz einer Mini-Szene in Haguenau gab’s weder Stimmung noch sonstige, fußballerischer Randerscheinungen. Leider, denn das hätte alles vom wirklich desaströsen Kick abgelenkt. Wie üblich in den hiesigen Sphären der vierten und fünften Liga bestehen die Teams aus einem Haufen Allein-ikovs und Messis ohne Talent, Festrennen in der Abwehrreihe trotz hundert freier Teamkameraden also absoluter Standard. Die Geschichte musste eigentlich torlos enden, doch eine gute Aktion der Hausherren erlöste uns vorm Eintreten des für unausweichlich gehaltenen torlosen Gerumpels. Merci an den Kollegen!

Hier gibt’s weitere Bilder!

Mittlerweile recht durchgefroren ging’s schnellen Schrittes zurück zur Haltestelle, wo just in dem Moment die Tram gen Stadt einfuhr. Manchmal muss man auch mal Glück haben! Am Place Kleber wurden sich die Bäuche in einem mittelmäßigen Ramen-Restaurant vollgeschlagen, ehe im lokalen Supermarkt noch ein paar französische Delikatessen in die Einkaufstüte wanderten. Mit der nächsten Bahn erreichten wir wieder Kehl und weitere zwei Stunden später den Frankfurter Süden. Top Stadt, gutes Bier und Haken an ein schickes Stadion gemacht. Endlich auch wieder über Landesgrenzen hinaus!