Kreisoberliga: VfR Bürstadt – SV Fürth

19.05.2019
29. Spieltag Kreisoberliga Bergstraße
VfR Bürstadt - SV Fürth
Robert-Kölsch-Stadion
Endergebnis: 3:2 (0:0)
Zuschauer: ca. 150
Fotoalbum

Schon früh wurde man von einem Kumpel auf den baldigen Abriss des Robert-Kölsch-Stadions im südhessischen Bürstadt hingewiesen, sodass man gut drei Wochen vor dem letztendlichen Besuch einige Zeit zum planen hatte. Zwei Spiele sollten bis dahin noch anstehen, mit der Option auf ein drittes bei Erreichen der Aufstiegsrelegation. Da das allerdings nur Spekulationen sind, entschied man sich früh für den sicheren Termin am vorletzten Spieltag, an welchem der Verein zudem mit Freibier ins große Rund lockte.

Daher gings sonntags fix über die Autobahn nach Südhessen, nahe der Grenze zu Mannheim und Worms. Für einen langjährigen Regionalliga Südwest-Fahrer keinesfalls eine unbekannte Ecke. Nach einer guten dreiviertel Stunde erreichte man auch schon die Anlage und fand in deren unmittelbaren Nähe einen schattigen Parkplatz. Entgegen der Vorhersagen und Befürchtungen war nämlich vom angekündigten Regen und Gewitter nichts zu sehen. Stattdessen stand bestes T-Shirt Wetter auf dem Programm, was im Vergleich zu den Vorwochen fast schon sommerlich wirkte.

Per Pedes gings nun zum schicken Eingangstor, an dessen Pforten man vier, bzw. drei ermäßigte Taler pro Nase ließ. Dafür gabs ein schickes Ticket im Scheckkartenformat für die Sammlung. Danach gings auch schon rein in die gute Stube, die man an diesem Tag zum ersten Mal als auch zum wahrscheinlich letzten Mal zu Gesicht bekommen sollte. Ein wirklich schickes Ding aus einer Zeit, in der die zweite Liga noch mehr solcher Perlen förderte. Blickfang war natürlich die recht hohe Haupttribüne mit ihren elf blauen Sitzreihen und dem kurvigen Dach, welcher es leider bald an den Kragen geht. Asbest macht die aktuelle Nutzung des Unterbaus unmöglich, die Renovierungskosten kann oder will sich die Stadt schlicht nicht leisten. Einfach schade und ein herber Verlust für die hiesige Stadionkultur.

Aber auch an anderen Ecken wusste die Bude zu Begeistern. Sei es die zehnstufige Gegengerade mit kleiner kurve oder auch die große, mittlerweile zugeschüttete Kurve hinterm Tor… überall spürte man die Nostalgie der ehemals recht erfolgreichen Vergangenheit des Vereins. Jedes noch so kleine Detail schien genau dieser Zeit entlehnt, wie die noch vierstelleigen Postleitzahlen auf den Webebanden oder die zersprungene Uhr der Anzeigetafel. Man könnte meinen, sie wäre genau an dem Tag stehen geblieben, an dem der Verein in den Achtzigern das letzte Mal im deutschen Unterhaus unterwegs war.

Die Glanzzeiten waren vor allem die Siebziger, als sogar drei Mal das Endspiel um die deutsche Amateurmeisterschaft erreicht werden konnte und 1975 sogar der Titel errungen wurde. Aus dieser Zeit stammt auch der Rekord des höchsten Auswärtssieges der zweiten Liga, der noch heute besteht. Am 22. April 1978 gewann der VfR mit 9:0 bei FK Pirmasens. Damals nannte sich der Verein noch VfR OLI Bürstadt, wobei der Namenszusatz einem Verkauf der Rechte an einen lokalen Geschirrfabrikanten zurückzuführen ist. Nach dem letzten und somit dritten Abstieg aus der 2. Bundesliga (bei vier Spielzeiten insgesamt) 1985 ging es langsam aber stetig sportlich bergab, ehe es dem Club auch wirtschaftlich an den Kragen ging.

Nach Insolvenz ging das Stadion, dessen Geschichte so eng mit der des VfR verwoben ist, zurück an die Stadt, wobei wir wieder beim heutigen Tag wären. Denn für die achte oder (vielleicht) bald siebte Liga braucht es eben keine Bude mit 12.000 Plätzen, zumindest nicht aus Sicht der Stadt. Leider. Selbst eine schon länger laufende Kampagne zum Erhalt der Tribüne brachte nicht den gewünschten Effekt. Einfach schade drum.

Somit galt es umso mehr, das alles an diesem Tag vollumfänglich zu genießen. So taten es uns auch eine Vielzahl Gleichgesinnter gleich, die sich in Scharen unter die geschätzt 150 anwesende Zuschauer mischten und der Bude die volle Aufmerksamkeit widmeten. Dabei behilflich zeigte sich auch die kulinarische Verpflegung, die mit schmackhaften Rindswürsten im frischen Brötchen sowie eiskaltem Radler für den Fahrer mundeten.

Und auch sportlich war einiges geboten, denn es ging um nichts anderes als den direkten Aufstieg in die Gruppenliga. Dabei grüßt der VfR von der Tabellenspitze und könnte, bei gleichzeitiger Niederlage des direkten Verfolgers Riedroden, an diesem Tag sogar den Aufstieg klar machen. Der Start in die Partie und die gesamte erste Halbzeit deuteten jedoch auf alles andere als einen souveränen Heimsieg hin und auch der zweite Durchgang startete eher mäßig.

So konnte der Außenseiter aus Fürth (Nicht das Fürth in Franken) sogar mit 0:2 in Führung gehen, ehe sich der VfR zunächst aufbäumte und den Anschluss erzielte, ehe der Stadionsprecher mit der Information, dass Riedroden hinten liegt, die Mannschaft vollends anheizte. Quasi im direkten Anschluss fiel der Ausgleich, ehe der übereifrige Spielführer der Bürstädter nach einem Zweikampf per Ampelkarte vom Platz gehen musste. Doch selbst in Unterzahl waren die Hausherren nun oben auf und entschieden tatsächlich mit einem Treffer in der 86. Minute die Partie für sich. Großer Jubel bei den Spielern, der erst nach dem Spiel wieder etwas abebbte. Denn Riedroden konnte sein Spiel ebenfalls gewinnen, Entscheidung also vertagt.

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Somit besteht weiterhin eine Mini-Chance auf einen Besuch des Stadions, sollte Bürstadt am letzten Spieltag den ersten Platz verspielen. Denn dann würde zumindest noch die Relegation mit Hin- und Rückspiel anstehen und somit eine allerletzte Chance, dem altehrwürdigen Rund einen Besuch abzustatten. Empfehlenswert ist es allemal. Und unglaublich schade und traurig zugleich.