20.04.2019
24. Spieltag Česká fotbalová liga
FK Slavoj Vyšehrad - SK Převýšov
Stadion Evžena Rošického
Endergebnis: 2:0 (0:0)
Zuschauer: ca. 150
Fotoalbum
Das Ausschlafen am Samstag endete immerhin um kurz nach sieben, ehe man hundemüde und mit leichten Spuren eines Katers das mitgebrachte Frühstück bestehend aus einem Rosinenbrötchen und einem gekochten Ei (Ostern, yay!) mit dem schrecklichsten aller jemals getrunkenen Instantkaffees runterspülte. Würg. Da half auch das bestimmt noch gar nicht abgelaufene „Smetana“ Magermilchpulver aus der Dose, das irgendwie einen salzigen Abgang verursachte und die braune Suppe nur langsam verblassen ließ. Einzig der strahlend blaue Himmel mit der bereits jetzt stechenden Sonne brachte unsere Körper so langsam in Wallung und half auf die Beine. Aber was soll das ganze Gemecker, ist ja schließlich kein Urlaub hier, dachte man sich und bereitete sich auf den anstehenden, langen Samstag vor.
Das Spiel des Tages sollte direkt um 10.15 Uhr anstehen, was zwar zum einen das frühe Aufstehen nach sich zog, zum anderen aber auch genügend Luft für andere Programmpunkte für den restlichen Tag bereit hielt. Daher gings fix per Pedes zur Metro und mit selbiger in die Innenstadt, wo man, nach kurzem Linienwechsel, den Stadtteil Vyšehrad erreichte. Ein gar nicht mal so unbekannter Fleck auf der Prager Stadtkarte, liegt doch dort die gleichnamige Burg auf einem kleinen Hügel unweit der Moldau. Die wollte auch im Anschluss an den Drittligakick besucht werden, so der vorläufige Gedanke.
Zu Fuß gings von der Metrostation schnurstracks durch einen Park und an einigen Hotels vorbei gen Spielstätte des ansässigen Drittligavereins. Im Vergleich zum Vortag stellte man sich schon früh auf keine Steigerung in Sachen Ground ein, doch was uns an den Stadiontoren erwartete war dann nochmal eine ganze Baustelle… im wahrsten Sinne des Wortes, denn einige Arbeiter werkelten gerade am nur halb errichteten Vereinsheim. Von Ticketverkäufern keine Spur, genauso wenig von einem Fressalienstand, Getränken oder auch nur irgendwelchen Menschen. Gut, die kamen so langsam angekrochen und auch zwei Mannschaften machten sich auf dem künstlichen Geläuf warm, doch irgendwas war komisch. Das soll dritte Liga sein?
Etwas das alles andere als umwerfende Areal erkundend traf man noch auf den ein oder anderen Hopper, doch so ganz wollte man dem Braten immer noch nicht trauen. Die Spieler sahen aber auch verdammt jung aus… Und warum trägt der eine ein Trikot aus Pilzen? Spätestens in dem Moment, als der Schiri bereits um kurz vor Zehn das Spielfeld betrat und zum Anpfiff bat, stand für uns fest: Wir sind hier eindeutig falsch.
Schnell wurden diverse Internetportale bemüht und Meister Google befragt. Nach wenigen Sekunden des wilden herumtippens wurde man auch schon fündig. Hier findet heute nur ein A-Jungendspiel statt (was uns glücklicherweise den Semi-Ground ersparte), während die Erste im Stadion Evžena Rošického kickt. Natürlich zur bereits festgelegten Anstoßzeit, also in genau 15 Minuten. Und natürlich liegt die Bude am anderen Ende der Stadt. Na toll, also kein Spiel heute. Aber Moment… ist das nicht die alte Bude von Slavia? Die, in der für gewöhnlich kaum noch Spiele stattfinden? Die, die direkt neben dem großen Strahov thront? Egal wie, wir müssen dort hin.
Die Beine in die Hand nehmend und gedankenschnell spurteten wir zu einem der eben passierten Hotels, stürmten zu Rezeption und erklärten mit Händen und Füßen, dass wir ganz schnell ein Taxi zum Stadion brauchen. Der Rezeptionist verstand, nahm den Hörer in die Hand und orderte drauf los. Keine fünf Minuten vergingen, und schon stand ein dicker, schwarzer Benz mit der Aufschrift „Hotel Car“ vor der Tür. Der Fahrer im stilechten Anzug winkte uns herüber, wir zögerten kurz, entschieden uns aber dennoch einzusteigen.
Das Strahov kannte der Fahrer zum Glück, unsere Zeitnot ebenso. Am Ende dürften es vielleicht acht Minuten gewesen sein, die man für die von Google berechneten knapp 20 brauchte. So blieb lediglich die Frage nach dem Preis dieses Tieffluges durch die Prager Innenstadt, die so irgendwo zwischen kostenlos da Hotelauto und das restliche Reisebudget verzehrend eingeschätzt wurde. Am Ende war man umgerechnet zwanzig Euro los, für Tschechien sicherlich viel, für uns in diesem Augenblick jedoch mit einem kurzen Anflug von Erleichterung verbunden.
Da stand man nun zwischen zwei Stadien und suchte den Eingang, den man dann doch recht schnell finden sollte. Im Tunnel verkaufte die Omi Tickets für 50 Kronen (also etwa 2€), ermäßigt gabs den roten Zettel mit einer aufgedruckten Nummer sogar für 30. Und plötzlich stand man mitten drin. Durch all den Trubel konnte man sich nur kurz mit dem Stadion befassen, weshalb der erste Blick ins weite Rund umso beeindruckender ausfiel.
Eine gigantische, alte Bude öffnete vor unseren Augen ihre Pforten und zog uns in ihren Bann. Überall bröckelnder Beton, knarrende Holzbalken und fehlende Sitze. Dazu die schicke Farbgebung in den Nationalfarben rot-weiß-blau, die geilen Kurven des rundum doppelstöckigen Baus und die absolut ikonischen Flutlichter. Ein wahnsinniges Teil, wobei die Bude deutlich größer wirkt als die letztlich vorhandene Kapazität von knapp unter 19.000 Plätzen. Ein All-Seater eben.
Dazu noch ein paar Fakten: 1935 erbaut und nach dem ehemaligen Leichtathleten und Widerstandskämpfer Evžen Rošický benannt, war es früher Heimat der Tschechoslowakischen Nationalmannschaft, ehe Slavia Prag Anfang der 2000er über acht Jahre lang seine Heimspiele hier austrug. Zuletzt fanden kaum noch Spiele auf dem altehrwürdigen Rasen statt, der für die meisten Prager Vereine als Ausweichstätte bei Baumaßnahmen dient.
So zu unserem absoluten Glück nun auch dem FK Slavoj Vyšehrad, dessen vorher besuchter Sportplatz gerade ein neues Vereinsheim bekommt. Uns sollte es recht sein, gelang an diesem Samstag doch der Sprung vom miesesten zum geilsten Ground der gesamten Tour. Ein paar Mal schlenderte man in der Folge die Haupttribüne entlang, konnte jedoch keinen Weg in eine der Kurven finden. Daher suchte man sich erstmal ein gutes Plätzchen, was aufgrund der sich langsam auflösenden und abfärbenden blauen Sitze gar nicht mal so einfach war. Unter Zuhilfenahme einiger Vereinsmagazine klappte es aber dennoch und man verstärkte den Sonnenbrand vom Vortag um einiges.
Neben uns machten es sich noch ungefähr 150 weitere Schaulustige auf der Traverse breit, was im Vergleich zum klassentieferen Kick am Vortag einen Rückschritt darstellte. Bis auf einen motivierten Anhänger der blau-weißen Hausherren daher auch hier nichts zu vermelden. Aber all das war auch gar nicht wichtig, da man sich sowieso voll und ganz diesem geilen Rund widmete. Was muss hier mal los gewesen sein, als ein Pokalendspiel anstand? Wie beeindruckend muss hier wohl eine volle Kurve aussehen? Nur allzu gerne hätte man das erlebt.
Aber zurück zum hier und jetzt, denn auch heute wurde gegen die Kugel getreten. Zwar nur in der dritten Liga, allerdings gings mal wieder um den Aufstieg, da man mit Vyšehrad immerhin den Zweiten der Tabelle bestaunen durfte… oder eher musste. Angekommen waren wir zur 15. Minute, wobei das 0:0 auf der Anzeigetafel erstmal für Erleichterung sorgte, allerdings auch für längere Zeit bestehen blieb. Ein absoluter Grottenkick spielte sich da ab, den man am liebsten aus dem Gedächtnis verbannen möchte.
In der Halbzeitpause wurde man dann auch noch kulinarisch enttäuscht, denn es gab schlichtweg nichts. Kein Essen, noch nicht mal Bier. Ja, sind wir im Wald hier? Nur Wasser und Cola. Na toll. Immerhin letzteres gabs gekühlt, was in Verbindung mit neuen, diesmal schattigeren Sitzplätzen den zweiten Durchgang angenehmer gestaltete. Der war sportlich zwar genauso mies, brachte jedoch gegen Ende hin zumindest zwei Treffer für die Hausherren, die sich sehen lassen konnten.
Nach Abpfiff gings dank der hungrigen Mägen recht schnell wieder raus und, dieses Mal zu Fuß, den Berg hinab. Das Strahov sah man dank verschlossener Tore leider nur von außen, was einen erneuten Besuch der Gegend unabdingbar macht. Wenig später kehrte man in einem typisch lokalen Restaurant ein und gönnte sich Gulasch und Pivo en masse. Den restlichen Tag verbrachte man mit allerhand Sightseeing, ehe es abends mal wieder völlig fertig in die Kiste ging.
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Dabei war die Freude auf den nächsten Tag allgegenwärtig, stand doch das fantechnische Highlight auf dem Programm. Und man lernte mal wieder eine wichtige Lektion: Selbst zwei Quellen zur Bestimmung des Spielortes bringen nichts, wenn man nicht nochmal am Vorabend nachschaut. Aber aus Fehlern lernt man bekanntlich.