02.02.2019 20. Spieltag 2. Bundesliga 1.FC Heidenheim - SG Dynamo Dresden Albstadion Endergebnis: 1:0 (1:0) Zuschauer: 11.200 (1.500 Gäste) Fotoalbum
Fast zwei Jahre war der letzte Besuch im Unterhaus schon wieder her, was mit recht großer Verwunderung zu Beginn des Jahres ins Auge stach. Denn viel ist in der dortigen Groundlandschaft nicht mehr übrig. Zumindest bei mir, denn bei meiner besseren Hälfte sieht’s da noch etwas dünner aus. Einer ihrer weißen Flecken war Heidenheim. Für viele ja auf einer Stufe mit Sandhausen oder Fürth, was den Reiz eines Besuches angeht.
Für mich allerdings waren die drei bisher erlebten Partien mit Heidenheimer Beteiligung alles andere als langweilig. So stattete man dem Albstadion im November 2013 einen Besuch ab, als der FCH durch den glücklichen Sieg gegen Elversberg einen Schritt näher zur Herbstmeisterschaft kam, nur um im Rückspiel im Mai 2014 einen euphorischen und explodierenden Haufen an der Linde begrüßen zu dürfen und live mitzuerleben, wie der Club den Aufstieg klarmachte. Im Herbst 2016 war es schließlich das Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart, wo ein bockstarker Gästeblock bleibende Eindrücke hinterließ.
Dem erneuten Besuch stand man demnach gar nicht mal so negativ im Wege. Eher freute man sich darauf, die dortige Ostkurve im gewöhnlichen Ligawahnsinn zu erleben. Wirklich gefestigt wurde die Tour dann durch den Gegenpart, denn Dynamo auswärts geht ja bekanntlich immer. Ohne große Not besorgte man sich die Tickets im Voraus für verdammt billige sieben Taler pro Nase. Klar, Stehplatz und auch noch ermäßigt (Der Studentenausweiß ist noch bis Ende März gültig, also ausnutzen was geht!), aber versuch mal heute selbst unter diesen Bedingungen einen Kick in der Regionalliga für den gleichen Preis zu sehen.
Zwecks Anreise entschied man sich schnell fürs Auto, da die Zuganbindung absolut beschissen daherkam. Etwas über zwei Stunden dauerte die Anreise über Würzburg und durch tief verschneite Winterlandschaften, die überraschend staufrei abgespult werden konnte. Kurz vor Ankunft liesen wir sogar das nasse Nebelwetter hinter uns und genossen die wohlig wärmenden Sonnenstahlen. Kaiserwetter auf der Alb! Geparkt wurde auf einem der unzähligen P+R-Plätzen für lau, an dessen Ausgang bereits ein Shuttlebus bereitstand. Mit selbigem gings den steilen Berg hinauf zum Stadion, bevor lediglich die letzten gut hundert Meter zu Fuß zurückgelegt werden mussten.
Da im direkten Stadionumfeld mal so ziemlich gar nichts geboten wird (auch wenn die Distanz zur Innenstadt gering ist, liegt die Bude dennoch außerhalb jeglicher Zivilisation), gings, nach einer kurzen Runde durch den Fanshop, direkt rein in unseren Block. Selbiger lag auf der Südtribüne und hört auf den ungewöhnlichen Namen „Kiosk“, benannt nach der namensgebenden Futterbude, die beim Stadionausbau erhalten blieb. Selbige Holzhütte steht nun unter der Tribüne und wurde auch direkt von unseren grummelnden Mägen angesteuert. Die Rote konnte nicht ganz überzeugen, weshalb ich jedem die deutlich bessere Feuerwurst nahelegen würde. Die knusprigen Brötchen im Fussball-Design waren dabei durchweg spitze.
Zum Albstadion selbst gibt’s jetzt nicht so viel zu sagen, außer, dass es nach den letzten Umbauten nun eine runde Sache ist. Die Ecken sind mittlerweile zu, wenn auch die dortigen Stehränge recht mickrig wirken, während der allgemeine hohe Anteil Steher sehr zu gefallen weiß. Denn so fasst das recht kleine Rund dennoch seine gut 15.000 Plätze, wovon lediglich 6.000 auf die Sitze entfallen. Die ufern in Sache Größe allerdings ein wenig aus, sodass manche Teile der Tribüne selbst im ausverkauften Zustand noch recht leer wirken. Auch die Heimkurve überzeugte in Sachen Größe, auch wenn sie an diesem Samstag hier und da recht große Lücken aufwies. Über die mehr als 11.000 Schaulustigen wird sich hier aber wahrscheinlich keiner beschweren.
Für die Heidenheimer Ostkurve stand das heutige Spiel zunächst ganz im Zeichen des Protestes gegen den überzogenen und grundlosen Polizeieinsatz nach dem Heimspiel gegen Kiel in der Vorwoche, weshalb zu Beginn zahlreiche Spruchbänder gezeigt wurden, von denen eines in der gesamten ersten Halbzeit hängen blieb („Vermummt Aggressiv – Kein Freund – Kein Helfer“; „Wer Fluchttore schließt sorgt nicht für Sicherheit – ..wer dieses Verhalten verharmlost, hat verkannt, welche Gefahren hiervon für die Umstehenden ausgehen“; „Ene mene muh – Tatverdächtiger bist du“; „Die ganze Ost ist kriminell – Sperrt die Tore aber schnell“; „Über fehlende Kapazitäten klagen – Und zeitgleich Fussballfans im Großeinsatz jagen“).
Auch sonst erblickten noch einige Tapeten das Tageslicht: „Rückgrat beweisen – Den „Partner“ in die Schranken weisen!“; „Kleinstadtkrieger schlagen stärker zurück – Kämpfen Steve und Gerstett“; „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ und „FreuNde vergIsst Keiner sO schnell“. Zu Beginn des zweiten Durchgangs beteiligte man sich auch an der bundeseinheitlichen Spruchbandaktion gegen den Verband, wobei das wortgleiche Pendant auch im Gästeblock hing („DFB/DFL – Es hat gerade erst begonnen…“).
Erst zur Mitte der zweiten Hälfte bekam man den schick beflaggten Zaun zu Gesicht, wobei in der Mitte eine Lücke für die Trommler gelassen wurde. In Sachen Tifo gabs eine gute Anzahl an großen und kleinen Schwenkern, wobei selbige auch vor Spielbeginn auf dem Rasen geschwenkt wurden. Das Besondere dabei: So ziemlich alle Fahnen, selbst die Clublogo-Schwenker, waren selbstgemalt. Dafür direkt mal nen dicken Daumen nach oben!
Die Szene kleidete sich zudem optisch einheitlich mit dunkelroten Mützen, die im Gesamtbild einen schicken Eindruck machten. Nebst viel Bewegung im Block gabs akustisch eine gute Mischung aus altbekannten, aber auch ungewöhnlichen Melodien. Am meisten stach dabei der Gesang auf das Intro zur Gummibärenbande hervor, aber auch der ein oder andere Trommelrhytmus drang zum ersten Mal zum Trommelfell durch. Am Anfang noch stark spielbezogen, änderte sich die Geschichte mit dem sich abzeichnenden Heimsieg am Ende immer mehr zu einer durchgängigen Feier.
Nur in Sachen Lautstärke fehlte gefühlt noch die letzte Schippe, was jedoch weniger am aktiven Kern an sich, sondern am großen Rest des in die Jahre gekommenen Publikums lag. Würden da nur zehn Prozent der Mitklatschenden mal die Zähne auseinanderbekommen wäre der Gesamtstimmung schon viel geholfen. Alles in allem aber ein abwechslungsreicher und insgesamt guter Auftritt der Ostkurve, der etwas über meinen gesetzten Erwartungen lag.
Der Gästeblock, bestehend aus gut 1.500 motivierten Schwarz-Gelben, startete ebenso mittels Protest ins Spiel, allerdings direkt mit der Kampagne gegen den Verband. Ein weiteres Spruchband richtete sich gegen einen internen Mitarbeiter der SGD: „Born – Dein Job: Stadionverträge, Trainingszentrum & Mitarbeiterführung – K-Block: Stimmung, Choreos & Jugendarbeit!“. In Sachen Tifo stach besonders das, wie überall üblich, überragende Zaunfahnenbild der Dynamos hervor, bestehend aus unzähligen kleiner Fetzen und einer, im Vergleich, großen UD-Fahne.
Über der „Heidenheim“-Fahne einiger augenscheinlich lokaler Dresdner hing passenderweise ein anscheinend gezockter FCH-Schal. Schwenkfahnen wehten derweilen nur vereinzelt, wobei natürlich der böse Ball nicht fehlen durfte. Doch der eigentliche Höhepunkt lag mal wieder auf der Stimmung. Mit einer unglaublichen Geschlossenheit und konstant überragender Mitmachquote schmetterte der Gästeblock sein bekanntes Liedgut über den Rasen und übertönte dabei, trotz unserer relativen Nähe zur Ost, den Heimbereich im ersten Durchgang nahezu durchgängig.
Besonders die Dresdner Gassenhauer a la „Von Dresden bis zum Kosovo“ und „Ja wir sind da, das ganze Jahr“ hinterließen bleibenden Eindruck. Das Niveau konnte dabei, trotz des Rückstandes und der späteren Niederlage, konstant gehalten werden. Besonders im Gedächtnis blieb dabei die Reaktion auf ein „Hier regiert der FCH“ der Heidenheimer, welches von den Sachsen innbrünstig beantwortet wurde. Unterm Strich einfach nur ein saustarker Auftritt.
Sportlich zeigten sich die tabellarisch favorisierten Gastgeber von Beginn an tonangebend und gingen nach einer guten halben Stunde in Führung, stellten danach aber nahezu alle Offensivbemühungen ein. Dresden rannte vor allem im zweiten Durchgang immer häufiger an und erspielte sich Chance um Chance, vergab jedoch ebenso viele denkbar knapp vorm gegnerischen Kasten. Nachdem ein Gästestürmer in der 92. Minute um Haaresbreite am Ball und somit am mittlerweile verdienten Ausgleich vorbeirutschte, war der kurzweilige Krimi auch schon beendet.
Heidenheim sackte die drei Punkte eher glücklich ein und darf weiter ein Wörtchen um den Aufstieg ins Oberhaus mitreden, während Dynamo weiter im Mittelfeld herumdümpelt. Aussprachen mit Teilen der Mannschaft daher am Gästeblock, während die Heimkurve mit der Mannschaft feierte. Zufrieden mit dem Gesehenen gings wenig später wieder hinaus aus dem Stadion.
Als ein Vorteil der zweiten Liga stellte sich in der Folge die Anstoßzeit heraus, da die Uhr gerade mal halb vier schlug. Genug Zeit also, um dem Ortskern eine kurze Stippvisite abzustatten. Viel zu sehen gabs bis auf den Schlossberg indes nicht, weshalb man sich recht zügig zum reservierten Tisch in den „Stattgarten“ begab und sich an wohlschmeckenden Kässpätzlen wärmte. Mit aufgetauten Gliedmaßen gings im Anschluss per Pedes zurück zum Parkplatz und hinein ins Auto, mit dem die gut zweieinhalbstündige Rückreise angetreten wurde.
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Nachdem es im Januar in den Norden ging und nun der Süden an der Reihe war, folgen in den kommenden Wochen je eine Tour in den Osten und in den Westen. Frankfurt ist geil, insbesondere in Sachen Anbindungen!