19.11.2017 12. Spieltag Nationaldivision US Hostert - FC Differdange 03 Stade Jos Becker Endergebnis: 2:1 (0:0) Zuschauer: 270 Fotoalbum
Ab und an meinen es die Verbände ja gut mit einem und setzen die Spiele zum bestmöglichen Zeitpunkt an. Doch wann man im Endeffekt davon erfährt, ist eine andere Sache. Gerade in Luxembourg ähnelt die Ansetzungspraxis eher einem Glücksspiel, da die Spiele frühestens fünf oder sechs Tage zuvor terminiert werden. Üblicher Spieltag ist im Großherzogtum der Sonntag mit einer Anstosszeit um vier Uhr nachmittags.
Wäre es dabei geblieben, hätte man es am vergangenen Wochenende wohl zu keiner der Partien geschafft, doch der Verband erhörte anscheinend meine Wünsche und terminierte eine Begegnung auf 18 Uhr. Und siehe da: Mit dem US Hostert erwischte es sogar den Wunschclub, den man schon länger auf der Liste hatte.
Etwas über eine Stunde vor Anpfiff packte man Kamera und eine warme Jacke ein und machte sich auf den Weg in den Osten des Landes. Über Landstraßen erreichte man den Grenzort Grevenmacher, von wo aus die letzten Kilometer per Autobahn zurückgelegt wurden. Am Flughafen gings ab in Richtung Hostert, einen Stadtteil von Rammeldange und nur etwa drei Kilometer von Findel entfernt. Nicht ganz in der Einflugschneise wie Hamm, aber immer noch nah genug um lauten Fluglärm wahrzunehmen.
Einen Stellplatz fürs Gefährt fand man direkt neben der Anlage auf einem matschigen Parkplatz, auf dem ein älterer Ordner mit aller Seelenruhe jedem ankommenden einen Stellplatz zuwies. In Luxembourg geht’s eben auch in der ersten Liga gemächlicher vonstatten. Doch gerade diese Ruhe, wie man sie in Deutschland vielleicht ab der fünften Liga (oder tiefer) vorfindet, macht den Fussball im kleinen Land einfach besonders. Keine großen Arenen, kein Verkehrsleitsystem mit einem Bannkreis von mehreren Kilometern ums Stadion, sondern einfach nur guter, ehrlicher Fussball. Sowas muss eben ab und an auch mal sein.
Aus dem Auto gings raus in die Kälte und hin zur Anlage, welche den Namen „Waldstadion“ mehr als verdient hätte. Der kleine Platz wird von allen Seiten von großen Bäumen umrundet und liegt eingebettet zwischen zwei Hauptstraßen.
Der absolute Blickfang stellt die Holztribüne dar, die schon fast wie ein Sommerhaus ausschaut. Steht man von außen vor dem Eingang, würde man das Gebäude wohl eher als ein Hotel oder ein Gasthaus bezeichnen, anstelle einer Haupttribüne. Für den typischen Zehner gabs das Ticket und den damit verbundenen Eintritt in die aufgewärmte Buvette. Alles wirkte noch recht neu und gepflegt, selbst die Holzlatten des Daches zeigten kaum Spuren der Witterung.
Da die Tribüne schon recht vollgestopft war und man eigentlich den Anblick auf selbige genießen wollte, gings über die vorgebauten Treppen hinunter an den Rand des Feldes. Eine halbe Umrundung später war man auch schon auf der Gegengerade, welche ebenfalls recht neu wirkte und über fünf betonierte Stufen verfügt. Unter der modernen Anzeigetafel, fast direkt an der Mittellinie, fand man einen guten Platz und hatte den perfekten Blick auf die Schönheit von Haupttribüne.
Echt, so einen schicken Holzbau hab ich zuvor noch nicht gesehen. Laut offiziellen Angaben fasst das Stade Jos Becker genau 1.500 Zuschauer, von denen man an diesem kalten Sonntagabend aber meilenweit entfernt lag. Ganze 270 Schaulustige verliefen sich auf der Anlage und wollten die Partie gegen den FC Differdange sehen, dessen Anhänger im Übrigen lediglich durch die mitgebrachte „Iron Sons“-Fahne auf sich aufmerksam machten. Akustische oder optische Unterstützung gab es von keiner der beiden Seiten, was aber auch nicht anders zu erwarten war.
Somit lag die Aufmerksamkeit beim Geschehen auf dem Rasen, wo zunächst eine Jugend-Karateweltmeisterin aus Luxembourg mit einer langen Rede durch den Stadionsprecher geehrt wurde, bevor selbige den Anstoss ausführen durfte.
Danach ging der muntere Kick auch schon los, in dem sich der Aufsteiger nicht schlecht präsentierte. Der 1946 gegründete US Hostert mausert sich im Übrigen seit einigen Jahren zu einer echten Fahrstuhlmannschaft. Nachdem 2011 der erste Aufstieg in die Nationaldivision überhaupt gelang, pendeln die Grün-Weißen zwischen erster und zweiter Liga. Als Dritter der abgelaufenen Zweitligasaison konnte das Barrage-Spiel gegen Jeunesse Canach gewonnen werden, wodurch man nun wieder auf dem höchsten Level mitkicken darf.
Und das momentan gar nicht mal so schlecht, steht der Club im sicheren Mittelfeld und hat mit dem Abstiegskampf momentan wenig zu tun. Und das zeigte sich auch im Spiel: Hostert übte einen unglaublichen Druck auf die Gastmannschaft aus und ging schon ab der Grundlinie in die Zweikämpfe. Mehr als einmal gelang es so, den fast schon überforderten Differdanger Abwehrspieler den Ball abzuluchsen und zu guten Chancen zu kommen. Die Gäste beschränkten sich in der Folge auf ihr schnelles Konterspiel, woraus ebenfalls mitunter gute Möglichkeiten resultierten. Das ansehnliche und gute Spiel ging dennoch mit einem 0:0 in die Pause, was aber nicht wirklich störte.
Selbige nutze man für einen erneuten Gang auf die Tribüne, wo man sich ums Abendessen kümmerte. Die Wurst, von der es leider nur eine Sorte gab, schmeckte gut und wusste vor allem in Kombination mit einer scharfen Soße zu überzeugen. Aufgrund des kalten Windes war man über den Aufenthalt in der Buvette nicht gerade unglücklich und verblieb in selbiger, bis die Akteure wieder aus ihren Kabinen kamen.
Auf dem Rückweg zum angestammten Platz auf der Gegengerade besorgte man sich noch einen Glühwein, der ein wenig von Innen wärmte. Fussball im November hats eben in sich. Auf dem Rasen gaben die Gastgeber weiter den Ton an und erzielten tatsächlich nach einer guten Stunde den verdienten Führungstreffer per Nachschuss. Auch danach zeigte sich Hostert motivierter und erhöhte durch einen gut rausgespielten Angriff in der 74. Minute auf 2:0.
Auf dem Papier vielleicht überraschend, doch aufgrund der Leistung war die Führung mehr als gerecht. Differdange kam in der 78. Minute noch zum Anschlusstreffer, was der Schlussphase nochmals ein wenig Würze verlieh. Doch Hostert brachte den Vorsprung über die Zeit und freute sich über den Punktgewinn.
Damit zieht US sogar in der Tabelle am FCD vorbei und belegt nun einen starken sechsten Platz mit nur einem Punkt Rückstand auf den dritten Rang. Alles offen in Luxembourg und somit auch mehr als spannend! Nach der Partie gings recht schnell zum Gefährt, da man mittlerweile die eigenen Füße nicht mehr spürte.
Einen Tankstopp später erreichte man, nach einer guten Stunde Fahrt, wieder das heimische Sofa. Mit Hostert steht nun schon Nummer zwölf der vierzehn luxembourger Erstligisten auf der Habenseite. Mal schauen, ob die Komplettierung noch in diesem Jahr drin ist.