10.09.2017 2. Spieltag HK Premier League Yuen Long FC - Lee Man FC Yuen Long Stadium Endergebnis: 1:0 (0:0) Zuschauer: 1.260 Fotoalbum
Nach der ersten Begegnung mit dem Hongkonger Ligabetrieb am vorherigen Tag hielt der Sonntag auch gleich die nächste Partie parat: Mit Yuen Long stand ein Besuch im hohen Norden des Landes an, den man schon seit geraumer Zeit auch außerhalb fußballerischer Interessen besuchen wollte.
Nach kurzer Planung entschieden wir uns für den Bus als Anreiseinstrument, was uns einiges an Umsteigen ersparte und einen genügend großen Zeitpuffer zwischen Mittagessen und Anpfiff schaffte. Außerdem ein wenig durch den Abfahrtspunkt auf der Insel Tsing Yi begründet, was etwas außerhalb des Stadtzentrums liegt und nur von einer MTR-Linie bedient wird. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit gings hoch in die erste Reihe eines der vielen Doppeldeckerbussen, der uns durch lange Tunnel gen Norden aufs „Land“ brachte, wie es die Einheimischen nennen.
Und tatsächlich durchquerte man viele grüne Täler und Gegenden, die man schon fast als ländlich beschreiben könnte. Mit der Zeit kündigten die ersten Wohntürme das Erreichen unseres Ziels an. Yuen Long, Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, kommt etwas kleiner daher als andere Stadtteile der Metropole. Bei knapp 600.000 Einwohnern muss man das aber ein wenig relativieren.
Auf der Fahrt durch die Bezirke entdeckte man aber auch viele kleine Farmen und Einfamilienhäuser, die den an den Großstadtdschungel gewöhnten Augen etwas Abwechslung boten. Daneben wachsen jedoch aus allen Ecken die typischen Wohntürme in den Himmel, was teilweise recht skurrile Bilder ergab. So hat ein kleiner Hühnerstall einen Apartmentkomplex mit über 50 Stockwerken als Nachbarn, während wieder auf der anderen Seite eine kleine Holzhütte am Waldesrand steht.
Also doch ein bisschen was in Richtung Landleben, auch wenn sich das Stadtzentrum weiterhin rapide ausdehnt. Die Stadtrundfahrt war übrigens dank der Linienführung inklusive, weshalb man einen Besuch des Zentrums auf den Nachmittag verschob. Mit dem Bus erwischte man nicht nur die mit Abstand schnellste Alternative, sondern auch das einzige Nahverkehrsmittel, welches direkt am Stadion hält. Für die gewählte Linie stellte der Spielort sogar die Endstation dar, wodurch ein falsches Aussteigen im Vorhinein als ausgeschlossen galt.
Schon von außen machte das Stadion einen schicken Eindruck, auch wenn die Flutlichtmasten recht ungewöhnlich daherkamen. Gefühlt 1000 Lichter befanden sich an der Spitze eines jeden Turms, die den deutschen Hochspannungsmasten verblüffend ähnelnden.
Auch an der Kasse wurde die gute Laune und Vorfreude auf das Spiel nicht getrübt, eher im Gegenteil: Der ohnehin schon billigste Club der Liga (zusammen mit dem Dreams FC) hatte an diesem Spieltag eine 2 für 1 Aktion, bei der man pro gekauftem Ticket eine Freikarte erhielt. Somit konnte man das Stadion zu zweit für 60 HK$ betreten, was umgerechnet gerade mal 6,50€ sind.
Zwecks Fotos entschied man sich zunächst für einen Gang auf die bunte, große Gegengerade, die durch ihre Fliesen etwas wie ein Schwimmbad aussah. In ihrer Mitte befindet sich ein kleiner Turm, der Platz für den Stadionsprecher, sowie Schatten für eine Handvoll Fans bot. Ein Dach suchte man auf dieser Seite wie üblich vergebens, weshalb die Sonne schon nach kurzer Zeit unerträglich auf den Schädel brannte.
Etwas entschädigte der Blick auf das schicke Grün, welches von einer breiten Laufbahn und einigen Anlagen der Leichtathletik umrandet, mitten in einem Wohngebiet liegt. Auf der anderen Seite des Spielfelds erhebt sich die größere, überdachte Haupttribüne, auf der sich so gut wie alle Fans niederließen. Mit einer Art Doppelrang und schicken Trennwänden aus Glas definitiv ein guter Anblick.
Auch das Panorama wusste zu gefallen: So blickte man hinter der Haupttribüne auf einen alten Turm auf einem Hügel, während hinter den Toren viele Hochhäuser die Straßen säumten. Insgesamt knapp 5.000 Plätze bietet das 1965 errichtete und 1983 renovierte Stadion, die an diesem Tag auch gut gefüllt waren. Nicht zuletzt dank der Ticketaktion konnte das District Team ganze 1.260 Zuschauer begrüßen, wobei keine erkennbaren Gästefans anwesend waren.
Während man unter der prallen Sonne sehnlichst auf den Anpfiff wartete, sammelte sich ein kleiner Haufen Heimfans auf den unteren Stufen der Haupttribüne hinter ein paar orangen-schwarzen Clubfahnen. Auch eine Schwenkfahne wehte einsam durch die Lüfte und sehnte sich nach Gesellschaft. Der orangene Kleidungsstil der Anhänger machte echt was her und würde, bei einem größeren Haufen, wahrscheinlich ein gutes Bild abgeben.
Mit Hilfe von zwei Trommeln ertönten erste kurze Schlachtrufe, bei denen sich überraschend viele der Zuschauer beteiligten. Auch eine Schulklasse stimmte ab und an mit ein, wobei die Kinder eher auf andere Instrumente zum Krach machen zurückgriffen. Für ein Hongkonger Ligaspiel war man aber mehr als zufrieden.
Die Unterstützung für den 1959 gegründeten Yuen Long FC, der auch „The Tangerines“ (die Orangen) genannt wird, war also definitiv gegeben. Auf der anderen Seite stand mit dem Lee Man FC („The Bees“) ein erst 2017 gegründeter Club, der aus der Abspaltung eines letztjährigen Erstligaclubs hervorging und stark finanziell unterstützt wird. Denn ohne Geld klappt’s eben auch in Hong Kong nicht, was der Traditionsclub und Rekordmeister South China in diesem Sommer bitter erfahren musste.
Unbewusst drückte man an diesem Tag Yuen Long die Daumen, was aber wohl einzig drauf zurückzuführen war, dass einem das Logo sowie die eher seltene orange-schwarze Farbkombination sehr gut gefielen. Echt jetzt, das Logo sieht einfach geil aus!
Endlich war es Zeit und die Mannschaften betraten den grünen Rasen. Wieder schallen wieder ein paar Rufe durchs Stadion, die in der Folge etwas abflachen sollten. Mit ein paar Fotos im Kasten zog es uns nach dem Anpfiff auf die schattige Haupttribüne, wo man sich oberhalb der Heimfans niederlies. Kühle Luft im Rücken, keine Sonne im Genick… so machte das Ganze bedeutend mehr Spaß als noch am Tag zuvor in Aberdeen.
Der Kick auf dem Rasen wusste ebenfalls zu unterhalten, auch weil er recht ausgeglichen war. Beide Seiten hatten ihre Chancen, mehr als genügend Szenen spielten sich in den jeweiligen Sechzehnern ab. Die schwache Chancenverwertung führte zu einem mehr als verdienten 0:0 Pausenstand, was aber keineswegs aus einer langweiligen ersten Hälfte resultierte.
In der Halbzeit gings runter zum Verpflegungsstand in der Haupttribüne, wo man sich mit einer Portion Siu Mai (lecker) und kalten Getränken eindeckte. Denn schwüle 35° sind eben auch im Schatten schwüle 35°.
In der zweiten Hälfte erlebte das Spiel zunächst einige Dämpfer in Sachen Qualität, wozu sicherlich auch die vielen Unterbrechungen aufgrund verletzter Gästespieler beitrugen. Auch wurden viele Pässe ungenauer, was so gut wie jeden Spielfluss aus der Partie nahm. Trotzdem steigerte sich Lautstärke und Mitmachquote bei den Heimfans, die ihre Mannschaft spürbar nach vorne trugen.
In dieser durch die Fans ausgelösten Drangphase fiel auch tatsächlich das Spielentscheidende 1:0 für Yuen Long durch einen Nachschuss. Lauter Jubel auf der Tribüne, danach mitunter ganz ordentliche Atmosphäre. Die Hausherren zeigten sich vom Treffer beflügelt und spielten stark auf, was die Partie nun wieder um einiges besser machte. Ein weiterer guter Angriff konnte von einem Verteidiger der Gäste erst in letzter Sekunde auf der Linie klären, was wohl die absolute Entscheidung des Spiels gewesen wäre.
Doch auch so reichte es für die Orangenen zum Heimsieg, der von den Fans laut bejubelt wurde. Nach dem Spiel feierte die Mannschaft mit ihren Anhängern den Sprung an die Tabellenspitze, während wir uns langsam in Richtung Ausgang bewegten. Als wieder Stille ins Stadion einkehrte, verließen wir die Anlage und liefen in Richtung Stadtzentrum von Yuen Long.
Vorbei an einigen Kanälen, die anscheinend für manch regenreiche Tage errichtet wurden, erreichte man die kleinen lokalen Märkte und Einkaufsstraßen. Mit dem Ziel einen Happen zu Essen kehrte man in das erstbeste lokale Restaurant ein, wo man sich einen kalten Kaffee sowie ein traditionelles „Hong Kong French Toast“ einverleibte, welches ich an dieser Stelle einfach nur jedem empfehlen kann.
Danach schlenderte man noch ein wenig durch die Straßen, bevor man beschloss, in Richtung Metro aufzubrechen. Erst dann merkte man, wie weit das Stadion eigentlich von der nächsten Station entfernt liegt. Fast eine Stunde irrte man durch die Stadt, ehe man die Gleise der MTR erblickte und selbigen bis zur nächsten Station folgte. Somit sollte man eigentlich immer auf den Bus zurückgreifen, wenn man zu den Lauffaulen gehört oder, wie wir an diesem Tag, eher ortsunkundig ist.
Mit einem Sitz unterm Hintern verstrich die Fahrt in der Bahn sehr schnell. Bei gutem Wetter, wie es an diesem Tag vorherrschte, kann man übrigens nicht nur das Land und kleine Ortschaften von den vielen Brücken aus bewundern, sondern auch auf der anderen Seite der Küste Shenzen, die Grenzstadt auf chinesischer Seite, erblicken.
Eine halbe Stunde und einige Tunnel später, erreichte man wieder die Innenstadt, wo man den Rest des Abends verbrachte.