02.09.2017 Hong Kong - Macau Interport Hong Kong - Macau Sham Shui Po Sports Ground Endergebnis: 4:0 (4:0) Zuschauer: 1.245 Fotoalbum
Genau drei Tage hatte man Zeit, um sich an das schwül-heiße Wetter Hongkongs zu gewöhnen, bevor der erste Spielbesuch anstand. Dieser erfolgte im Rahmen des alljährlichen Hongkong-Macau-Cups, den man vorher nicht auf der Liste hatte und über dessen Ansetzung man sich natürlich überaus freute.
Durch den Anstoß um drei Uhr hatte man noch genügend Zeit, sich mit kulinarischen Köstlichkeiten zu versorgen und ein wenig im Viertel die Füße zu vertreten. Letzteres erwies sich aber als anstrengender als gedacht, nicht zuletzt aufgrund der unglaublich drückenden Luftfeuchtigkeit, die einen baldigen Taifun ankündigte. Somit verlegten wir kurzerhand unseren Spaziergang in eine kleine Mall, die sich auf handgemachte Dinge spezialisiert.
Das Einkaufszentrum erreichten wir übrigens durch eine Mitfahrgelegenheit mit dem Auto, der Rest des Weges zum Stadion wurde per Pedes zurückgelegt. Nach wenigen Minuten erreichten wir auch schon den Sham Shui Po Sports Ground, der, entgegen seines Namens nicht in Sham Shui Po, sondern im benachbarten La Chi Kok beheimatet ist. Normalerweise gelangt man durch einen kleinen Park zu den Toren der Anlage, doch an diesem Tag musste das kleine Fleckchen Grün aufgrund immer noch nicht beseitigter Sturmschäden des vorrangegangenen Taifuns geschlossen bleiben.
Durch eine Seitentür erreichte man den Eingang, wo genau 80$ (etwa 9€) für ein Ticket inklusive freier Platzwahl entrichtet werden mussten. Am Fanstand wurde noch schnell ein Spieltagsflyer und ein Schal eingesackt, bevor man die Tribüne betrat. Der Sham Shui Po Sports Ground wurde 1988 eröffnet und besitzt, wie viele Anlagen des Landes, eine ausgebaute Tribüne, auf der genau 2.194 Zuschauer Platz finden. Die Betonbänke, die sich als überraschend bequem herausstellten, wurden, wie der Rest des Stadions, erst vor kurzem renoviert und erstrahlen in allen möglichen Farben.
Von der Obersten der 13 Sitzreihen hatte man den besten Blick, weshalb man sich dort niederlies. Leider störte die extra breite Laufbahn ein wenig, doch gerade deshalb pilgern viele Menschen fast täglich in die unzähligen Sportstätten des Landes. Findet einmal kein Training oder Ligaspiel statt, drehen viele Hongkonger ihre Runden um das gepflegte Grün, während sich andere im Schatten der Tribünen ausruhen.
Von dieser hat man eine schicke Aussicht auf die vielen Wohn- und Geschäftstürme dahinter, die jedoch durch das trübe Wetter von Smog und Nebel umhüllt waren. Neben der Sicht war auch die Begehbarkeit der Anlage eingeschränkt, denn diese war leider nicht gegeben. Obwohl auf der Gegengerade sowas wie Hilfstribünen standen, durfte man sich nur auf der Haupttribüne bewegen, ein kurzes Verlassen für Fotos war leider nicht möglich. Ärgerlich, aber ändern konnte man es halt nicht. Somit blieb man ganz oben sitzen und begnügte sich mit der Aussicht auf den Rasen.
Das Stadion, welches normalerweise Heimat der Rangers ist, bildete in diesem Jahr den Rahmen des traditionellen Hongkong-Macau-Interports, der schon seit 1937 ausgetragen wird. Dabei wechseln sich die Austragungsorte innerhalb der beiden Länder stetig ab, jedoch nach keinem mir bekannten Muster.
Da man eigentlich mit einigen mehr als den letztendlich anwesendem 1.245 Zuschauern rechnete, hinterfragte man den Spielort zunächst und befürchtete, am Ende keine Karte mehr zu bekommen. Anscheinend lockte die Begegnung aber eher weniger. Vielleicht lags auch am Wetter… vielleicht aber auch daran, das beide Teams nur mit einer Art zweiten Mannschaft antraten, da Beide in der Qualifikation zum AFC-Cup 2019 antreten, die natürlich Vorrang hat.
Nichtsdestotrotz bildet der Pokal für beide Verbände mit die einzige Möglichkeit, Pokale in die ansonsten leere Vitrine zu stellen. Die Bilanz zeigt aber den dann doch haushohen Qualitätsvorsprung Hongkongs gegenüber Macau. Ganze 56 Siege gehen auf das Konto der Roten, während Macau nur zwölf Mal feiern durfte. Auch in diesem Jahr schien das Spiel schon lange vor Anpfiff entschieden, da im Vorjahr selbst die zweite Reihe der Gastgeber über schwache Ex-Portugiesen triumphieren konnte.
Trotzdem reisten selbst einige Gästefans an, die sich jedoch nicht durch Fahnen oder ähnliches erkenntlich zeigten. Somit lag es an den beiden Fangruppen der Gastgeber, für ein wenig Stimmung zu sorgen. Wer jetzt aber an zwei große Blöcke im Stadion denkt, wird leider enttäuscht. Insgesamt etwa 20-30 Fans versammelten sich hinter mehreren Bannern, schwenkten einige Fahnen und gaben ihre Gesänge zum Besten.
So wirklich laut war das Ganze aber zu keinem Zeitpunkt, wobei es auch daran lag, das keiner wirklich den Mund aufmachte. Inbrünstige schreie oder lange Klatscheinlagen suchte man vergebens, einzig die beiden Trommeln wussten zu gefallen, übertönten dabei aber auch den Rest. Mit der Zeit schlichen sich immer mehr Fehler in den Trommelrhytmus ein, was den Ohren keineswegs gut bekam.
Aber immerhin etwas, was dem ansonsten eher faden Spielbesuch etwas Glanz verlieh. Eins muss man aber dennoch betonen: Die meisten Banner und Schwenkfahnen waren selbstgemacht und sahen ganz gut aus. Zudem seien schon einige der Fans auf dem Weg zu den beiden anstehenden Auswärtsspielen der Nationalmannschaft in Singapur und Malaysia, weshalb man eigentlich ganz froh über die 20 singenden Nasen war.
Die Gesänge konnten übrigens keinem bestimmten Spektrum zugeordnet werden, vielmehr bediente man sich aus Stadien der ganzen Welt. So gab es viele Melodien aus deutschen und französischen Stadien, kurze Lieder aus England, aber auch einiges aus Japan und anderen südasiatischen Ländern. Bei der Sprache blieb man hauptsächlich beim Englischen, nur selten erklangen Lieder auf lokalem Kantonesisch. Ein wenig wie ein Fremdkörper wirkte dagegen ein scheinbar aus Europa stammender Ausländer, der per Megafon öfters mal Gesänge anstimmte, auf die aber kaum jemand einging. Keine Ahnung, was er damit bezwecken wollte.
Und auf dem Platz? Man stelle sich vor, die laut Weltrangliste Nummer 146 spielt gegen Nummer 183, dazu auch noch deren Zweitvertretungen. Spielqualität erwartete man also erst gar nicht, wurde vom Fleck weg aber eines besseren belehrt: Sekunden nach Anpfiff stürmten die Roten los und trafen direkt zum 1:0. Aus 18 Metern schlenzte ein Angreifer den Ball unhaltbar ins untere Eck und markierte damit den Auftakt eines furiosen Startes.
Drei Minuten später pfiff der Unparteiische zum Strafstoß für Hongkong, der die Zwei-Tore-Führung bedeutete. Auch der nächste Angriff führte zum Torerfolg: Nachdem die gesamte Gastabwehr umspielt werden konnte, verlud ein Hongkonger den Torwart und traf zum 3:0. Kurze Zeit später unterstrichen die Gastgeber mit dem 4:0 ihre völlige Dominanz.
Ganze 16 Minuten brauchte Hongkong, um das Spiel gegen erschreckend schwache Gäste zu entscheiden. Die Spannung war somit im Endeffekt schon raus, was die Gastgeber zu einer ruhigeren Spielweise veranlasste. Somit war die erste Halbzeit schon gelaufen, denn die einen wollten nicht, die anderen konnten nicht mehr. Mit einem Niveau zwischen deutscher vierter und sechster Liga ging das Spiel in die Halbzeitpause.
Für mich der perfekte Zeitpunkt, das Stadionessen des Landes zu probieren. Wir entschieden uns für eine Portion Siu Mai, kleine gelbe Klöße bestehend aus Fisch und Mehl mit etwas Sojasoße, die in einer mittelgroßen Plastikschüssel serviert wurden. Schmeckte gut und machte satt, dazu half der kalte Zitroneneistee gegen den Durst. Essen also mehr als in Ordnung und auch über die Preise (nix über 2€) kann man nicht meckern.
Zur zweiten Halbzeit wechselten wir auf den linken Teil der Tribüne und bezogen Plätze unweit des Heimanhanges, was sich aber auch nicht wirklich bessernd auf die wahrgenommene Stimmung auswirkte. Immerhin zogen die beiden Gruppen ihre Anfeuerungen über die volle Distanz durch. Auf dem Platz gabs Fussball auf Sparflamme, was nach der ersten Hälfte aber auch nicht verwunderlich war. Beide Seiten erspielten sich jeweils einige Chancen, doch am Ende blieb es beim Halbzeitstand.
Am Ende ging Hongkong als verdienter Sieger vom Platz und streckte den gewonnenen Interport-Pokal in die Höhe. Beide Teams holten sich nach dem Spiel ihre Medaillen und Glückwünsche der Offiziellen ab, bevor die Heimelf ein wenig mit ihrem Anhang feierte. Nachdem die Zeremonie beendet wurde, leerte sich das Stadion sehr schnell, weshalb auch wir langsam den Weg nach Draußen antraten.
Mit ein paar letzten Schnappschüssen der Tribüne im Gepäck gings in Richtung Metro, die keine zehn Minuten von den Stadiontoren entfernt liegt. Eine halbe Stunde später erreichten wir wieder unserer Bleibe, wo man sich erstmal mit einer Dusche herunterkühlte. Fussball in Hongkong ist eben ein Extremsport.