30.04.2017 23. Spieltag BGL Ligue CS Fola Esch - FC Differdange 03 Stade Emile Mayrisch Endergebnis: 1:1 (0:0) Zuschauer: 712 (ca. 300 Gäste)
Nachdem samstags die Teilnahme an den Aufstiegsspielen mit dem eigenen Verein gefeiert wurde, ging der Blick am Sonntagmorgen wieder ins nahe Ausland. Sonne und angenehmes T-Shirt Wetter luden förmlich zu einem Spiel unter freiem Himmel ein, was in den Wochen und Monaten davor ja eher keinen Spaß bereitete.
Nachdem man sich auf der Liege im Garten den ersten Sonnenbrand des Jahres holte, gings mit dem Auto in Richtung Luxembourg. Das Ziel der Reise war, nach Betrachtung der möglichen Partien, schnell klar: Es ging mal wieder in Richtung Südwesten, diesmal nach Esch-sur-Alzette.
Die von Kohle- und Stahlindustrie geprägte Stadt ist mit ihren etwa 30.000 Einwohnern die Zweitgrößte Luxembourgs. Doch die meisten der großen Werken und Hütten stehen mittlerweile leer, weshalb man auf der Fahrt durch die Vororte viele Bauruinen vor sich hin bröckeln sah. Da der Südwesten des Landes schon immer aufgrund der Industrie von Arbeitern geprägt war, ist es kein Wunder, dass der luxembourger Fussball auch hier seinen Ursprung hat.
An diesem Tag besuchte man mit dem CS Fola Esch den ältesten Verein des Großherzogtums, der 1906 von einem Professor gegründet wurde. Das Wort “Fola” steht dabei für “Football and Lawn Tennis”, was so viel wie Fussball und Rasentennis bedeutet. Das Stadion der Rot-Weißen ist das Stade Emile Mayrisch, was wirklich malerisch auf einem Berg gelegen ist. Das fast schon mediterrane Flair der Außenanlage mit dem Blick auf die Stadt lockt natürlich die eher betuchteren Anwohner an, weshalb das Stade nun mitten in einem Villenviertel und Tennisplätzen liegt.
Die Parkplatzsuche gestaltete sich gewohnt schnell, wodurch man schon einige Zeit vor Anpfiff den kurzen Weg bis zum Eingang der Anlage zu Fuß zurücklegte. Direkt ins Auge fällt das schöne Tor zur Sportanlage, welches in einem knalligen Rot gehalten wurde. An den kleinen Löchern gabs für 10€ ein Ticket, was in Luxembourgs höchster Liga der Standardpreis ist.
Kurze Zeit später betrat man auch schon die große Anlage, die neben dem Rasenplatz auch viele Gegenstände der Leichtathletik bietet. Das Stadion ist eines der verhältnismäßig Größeren im Land und bietet insgesamt 3.900 Zuschauern Platz. 660 davon können sich auf der 2011 renovierten, überdachten Haupttribüne Platz nehmen, welche ganz in den Vereinsfarben gehalten wurden. Die Sitzschalen bilden dabei den Schriftzug „Fola“. Die Gegengerade wurde während des Besuches gerade erneuert, weshalb nur drei Stufen zur Verfügung standen.
Der nächste Blick ging in Richtung der schönen Buvette, in der erstmal eine Stärkung folgte. Die Rostwürste in Luxembourg sind definitiv von der besseren Sorte, so viel sei gesagt. Kurze Zeit später, nachdem man das Ende des Formel 1 Rennens verfolgte, setzte man sich unter der prallen Sonne auf die Stufen der Gegengeraden.
Während sich das Rund so langsam füllte, wurde es mal wieder Zeit für ein wenig Vereinskunde: Der Cercle Sportif Fola Esch (Sportkreis Fola Esch) ist einer der beiden großen Vereine aus Esch-sur-Alzette. Mit sieben Meisterschaften (1918, 1920, 1922, 1924, 1930, 2013 und 2015) sowie drei Pokalsiegen (1923, 1924 und 1955) gehört er zu den erfolgreichsten Vereinen des Landes, auch wenn die größte Anzahl schon ein paar Jahre her ist. In den 90er Jahren folgte sogar ein Absturz bis in die Drittklassigkeit, wovon sich der Club nur langsam erholte.
Erst seit 2008 spielt Fola wieder in der höchsten Liga, worauf 2013 der erste Titel seit 83 Jahren folgte. In der kürzeren Vergangenheit gehört Fola zu den großen 4 in Luxembourg, wodurch regelmäßige Teilnahmen an europäischen Wettbewerben möglich sind. Der Club bestritt insgesamt 12 internationale Spiele, welche jedoch alle in Qualifikationsrunden stattfanden. Eine Woche vor dem Spiel gelang zudem der Einzug ins nationale Pokalfinale, welches der Verein seit 1973 nicht mehr erreichte.
Auch in der Liga belegt die Fola mit 49 Punkten einen guten dritten Platz und hat die erneute Teilnahme an der Europaleague-Qualifikation schon sicher. Der Gegner des Spiels war aber der FC Differdange, der seines Zeichens mit 55 Punkten auf dem Platz an der Sonne weilte. Ein Sieg für die Gäste könnte eine Vorentscheidung in Sachen Meisterschaft und den lukrativen Championsleague-Qualifikationsplatz bedeuten, ein Sieg für die Heimmannschaft würde das ganze nochmal spannend werden lassen.
Die Rahmenbedingungen waren gegeben, doch der würdige Rahmen fehlte mal wieder. Lediglich 700 Zuschauer, davon in etwa 300 Gäste, verirrten sich auf den Escher Galgenberg. Auf der Heimseite gab es keine erkennbaren Fangruppierungen oder ähnliches, während bei den Gästen zumindest die bekannte „Iron Sons“ Fahne zu erkennen war. Auch auf irgendeine Art von Stimmung wartete man vergebens, was mal wieder die Erwartungen in Luft auflöste. Naja, dann wird eben das Spiel gut! Von wegen…
In der ersten Hälfte war der Kick auf Augenhöhe, doch von spielerischer Qualität gab es eher wenig zu sehen. Die wenigen Chancen waren ebenfalls gleich verteilt, weshalb das torlose Unentschieden zur Pause niemanden verwunderte. Die zweite Hälfte wurde dann aber besser. In den Halbzeitansprachen wurde anscheinend nochmals auf die Wichtigkeit der Partie hingewiesen, denn beide Seiten traten deutlich robuster und aggressiver auf. Es gab mehr Konter, mehr Zweikämpfe, mehr Spannung und ein viel höheres Tempo. Die Härte des Spiels forderte aber schnell ihren Tribut, weshalb Fola ab der 70. Minute nach gelb-rot mit einem Mann weniger klar kommen musste.
Differdange sah dadurch natürlich seine Chance und spielte mittlerweile ganz guten Ballbesitzfussball. Nur der Ball wollte einfach nicht rein. Nach zahlreichen Großchancen war es plötzlich Fola, das jubeln durfte. Der sauber gespielte Konter endete mit dem überraschenden Torerfolg und vielen ungläubigen Gesichtern bei den Gästen. Doch noch waren zehn Minuten auf der Uhr, in denen Fola gefühlt nicht mehr über die Mittellinie kam.
Als schon die reguläre Spielzeit verstrichen war und der heimische VIP-Sektor (!) plötzlich laute „Fola“-Rufe von sich gab, verwandelte Differdange eine Flanke mit voller Wucht zum Ausgleich. Der Gästeanhang stand Kopf und wusste sein Glück kaum zu fassen. Spiel ausgeglichen, Punkt mitgeholt. Das alles in der 92. Minute. Wenige Sekunden später war Schluss und die Differdanger Spieler holten sich vereinzelt Glückwünsche von den Gästefans ab.
Da parallel der vorherige Tabellen-Zweite Dudelange sein Spiel gewinnen konnte, wurde Differdange auf den zweiten Platz verdrängt. Drei Spiele vor Schluss wird es wohl auf einen Zweikampf der beiden Punktgleichen Teams (beide 56 Punkte) hinauslaufen. Fola (50 Punkte) hat wohl keine realistische Chance mehr, kann jedoch im Aufeinandertreffen mit Dudelange entscheidend eingreifen.
Nachdem auch der zweite Sonnenbrand des Tages erfolgreich eingesackt werden konnte, gings wieder in Richtung Auto. Nach dem kurzen Besuch der Tankstelle zwecks Sprit und Kaffee trat man den Rückweg an. Der nächste Tag führte nochmals nach Luxembourg, dazu aber mehr im nächsten Bericht.