12.04.2025
29. Spieltag 2. Bundesliga
Hannover 96 - SV Elversberg
Niedersachsenstadion
Endergebnis: 1:3 (1:0)
Zuschauer: 35.500 (267 Gäste)
Ticket: 19,80€
Die Freude war groß, als der Auftritt der SVE in Hannover auf einen Samstag terminiert wurde. Das schrie förmlich nach einer Zugtour, ist die niedersächsische Hauptstadt aus Frankfurt via Schiene ideal und deutlich schneller als auf vier Rädern zu erreichen. So der ursprüngliche Plan, doch der immense Andrang in den Osterferien ließ die Bahnpreise derart in die Höhe schnellen, dass wir uns am frühen Samstagmorgen dann doch auf der Autobahn gen Norden wieder fanden. Immerhin auf der brandneuen A49, sodass die eklige Ecke rund um das Kirchheimer Dreieck bei Fahrten in den Norden zukünftig gemieden werden kann. Inklusive zweier Staus und einer Pause waren es schließlich vier Stunden, ehe wir das Ortseingangsschild, das, wie viele andere Pfosten und Leitplanken auch, noch von der kürzlichen Erstürmung Hannovers durch Dynamo Dresden zeugte, hinter uns ließen und die heutige Spielstätte erreichten.
Kurzes Hickhack beim Parken, wusste doch der Ordnungsdienst nix von den vom eigenen Verein verkündeten Parkplätzen der Gäste, während die Schmier wiederum alles nur achselzuckend abnickte. Daher Parken in der ersten Reihe für uns, nur wenige Meter von der steilen Treppe hinauf zum Gästeblock des Niedersachsenstadions entfernt. Selbige wurde, nach der sehr intensiven Kontrolle am Eingang, auch gleich erklommen, ehe uns unsere hungrigen Bäuche direkt an den Verpflegungsstand führten. Viel erkennen konnte man auf den durch unzählige Sticker überklebten Bildschirmen zwar nicht mehr (warum knipst man die überhaupt noch an?), dafür halfen die Verkäufer mit der fixen Aufzählung des schmalen Angebots aus lediglich drei Produkten aus. Wir entschieden uns für die Currywurst (einen Ticken zu salzig, aber insgesamt ordentlich) sowie für den gebratenen Halloumi im Brötchen. Öfter mal was Neues lautet ja gerne die Devise und einen Grillkäse hatte ich im Stadion jetzt auch noch nie. Ob ich die Geschichte aber nochmal brauche… ok trifft es am Besten, denn die ganz große Geschmacksexplosion suchten wir dann doch vergebens.
Besser gefiel da der Blick ins weite Rund, das wir mit der SVE nun schon zum zweiten Mal besuchen durften. Fast zwei Jahre ist der letzte Auftritt an dieser Stelle bereits her, der zugleich das erste Zweitligaspiel der SVE-Historie markierte. Knapp unter 200 Saarländer füllten dabei einen der besten Gästeblöcke der Liga und durften sich über den ersten Punkt der letzten Saison freuen. Heute waren es genau 267 Schwarz-Weiße, die den weiten Weg auf sich nahmen und am unteren Ende des Oberrangs Stellung bezogen. Wachstum ja, für die eigenen Verhältnisse auch ok, und und und… Aber eigentlich sollte, nein, müsste da mittlerweile mehr gehen. Klar, die SVE hat nicht DIE Szene, die Woche für Woche tausende von Fanatikern quer durch die Republik aktivieren kann. Und selbst wenn es der Anspruch wäre, müssten dafür noch locker 20-25 Jahre auf dem sportlichen Level ins Land ziehen, bis es annähernd soweit sei. Aber diese Rosinenpickerei des eigenen Anhangs ist schon außergewöhnlich. Da schlagen sich die Leute die Birne ein für Karten nach Lautern oder auf Schalke, während noch nicht einmal 10% derer zum ebenso wichtigen Kick nach Hannover reisen…

Daumen hoch trotzdem für die, die da waren. Denn die zeigten sich zumindest außergewöhnlich geschlossen am Support interessiert und beteiligten sich eigentlich durchgehend an den Gesängen. So konnte der Haufen durchweg ein paar Akzente setzen, ließ seine Farben im Wind kreisen und verschaffte sich im zweiten Durchgang gar ein paar Mal Gehör im weiten Rund. Der Spielverlauf begünstigte die Ekstase natürlich gewaltig und sorgte für ein paar richtig starke Momente, die ich im Vorfeld bei der Mitfahrerzahl nicht erwartet hätte. Um nicht im Negativen zu Enden: Ein paar mehr dürften es bitte schon sein, aber die Freude darüber, dass das Zusammenstehen und gemeinsam an einem Strang ziehen mittlerweile normaler wird und zu einem deutlich gefestigteren Kern auswärts führt, überwog am Ende dann doch.
Auf der Gegenseite zelebrierte die Kurve des HSV den 129. Geburtstag des eigenen Vereins mit einer großartigen Choreo über beide Ränge. Dabei zierte ein großes Banner für den Jahrestag zwischen Ober- und Unterrang die Kurve („Einhundertneunundzwanzig Jahre Hannoverscher Sportverein von 1896“), die, ganz im Sinne des ausgerufenen Fahnentages, mit unzähligen Schwenkern ein grandioses Bild abgab. Da witzelte man gegenüber, dass dort allein in der Kurve mehr Fahnen wehten als Leute im Gästeblock stehen. Weiße Wurfrollen gesellten sich mit Anstoß noch zum Fahnenmeer hinzu, das die ersten 10-15 Minuten über Bestand haben sollte. Lautstark zudem der Support der Kurve, zu deren Euphorie natürlich auch der frühe Treffer nach einer Ecke beitrug. Teils orkanartig schwappten die Gesänge durch das weite Rund, während die Wechselgesänge die größtenteils passiven Tribünen zum einmaligen Mitmachen animierten.
Sonst war nicht viel los, egal ob im Süden, Westen oder Osten. Kids und Familien kamen billiger rein, entsprechend voll war die Süd, doch so recht aktiv zeigte sich außer dem Norden keiner. Dort ging die Mitmachquote in etwa ab Minute 25 auf das normale Level zurück und konzentrierte sich auf die Standorte der aktiven Szene. Optisch ansprechend blieb der Tifo über die volle Distanz, während sich die Lautstärke in gewohnten Sphären einpendelte. Guter Auftritt, aber bei Weitem nicht der Beste, den ich bisher von Hannover sehen durfte.

Auf dem Rasen dominierte 96 das Geschehen vor dem Pausentee und erspielte sich, neben dem Treffer, auch einige weitere, gute Abschlüsse. Von Elversberg kam nicht viel, weder im Angriff noch im defensiven Zugriff. Was allerdings in der Halbzeitpause in den Kabinen passierte, bleibt wohl auf ewig das Geheimnis der Mannschaften und Trainerteams. Elversberg trat wie ausgewechselt aufs Gas und schnürte die Hannoveraner an ihrem eigenen Sechzehner ein, die wiederum komplett das Fußballspielen einstellten. So war es zunächst Asllani, der nach schönem Zuspiel von Baum ausglich, ehe erneut Asllani per Traum-Schlenzer das Spiel auf 1:2 drehte. Auch danach blieb die SVE am Drücker und schien deutlich näher an der Entscheidung als die Hausherren am erneuten Ausgleich.
Doch in der Schlussphase rückte das sportliche vorerst in den Hintergrund, als eine schlimme Verletzung von Hannovers Jessic Ngankam die letzten Minuten überschattete. Der gerade eingewechselte Paul Stock rutschte ihm in einem Zweikampf in die Beine, was auf Bildern einen Schienbeinbruch vermuten ließ. Momente, die keiner braucht. Gute Besserung an der Stelle! Im folgenden, finalen Angriff tief in der Nachspielzeit setzte sich Asllani mit seinem dritten Treffer die persönliche Krone auf und dürfte einmal mehr die Wahl zum Spieler des Spieltags gewinnen. Einfach ein krasser Fußballer und einer der Besten derer, die jemals das schwarz-weiße Trikot trugen!
Lauter Jubel somit unter den Saarländern, während sich die Akteure der Hausherren einem gellenden Pfeifkonzert hingeben mussten. Ungläubig waren dennoch die Gesichter im Gästeblock, grüßte man doch plötzlich wieder vom dritten Tabellenrang. Einfach der Wahnsinn, was hier abgeht. Unfassbar spannend ist diese zweite Liga, insbesondere der Kampf um die oberen Plätze. Und die SVE mittendrin. Hätte ich im Leben nicht mit gerechnet. Niemals. Mal schauen, wo uns dieser ewig währende Tagtraum noch hinführen wird…