2. Bundesliga: Hamburger SV – SV Elversberg

28.03.2025
27. Spieltag 2. Bundesliga
Hamburger SV - SV Elversberg
Volksparkstadion
Endergebnis: 0:0
Zuschauer: 56.328 (1.000 Gäste)
Ticket: 19,80€

So richtige Gründe hatten wir in den vergangenen Jahren ja keine, um dem Norden Deutschlands einen Besuch abzustatten. Berlin wurde es zwar häufiger und irgendwie fanden wir stets einen Gefallen an der Hauptstadt, doch der wahre Norden blieb seit Jahren unberührt. Umso größer die Freude auf die beiden Male Hamburg in der vorherigen Saison, die den Hunger auf die Hansestadt in uns aufblühen ließ. Irgendwie fanden wir direkt einen Gefallen an den Vierteln zwischen Elbe und Kiez, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Somit wurde auch das diesjährige Gastspiel beim HSV schnell als Highlight auserkoren und noch vor Weihnachten festgezurrt. Einen letzten Urlaubstag mussten wir eh noch verballern, entsprechend tüteten wir noch vor Bekanntgabe des Spieltermins den Trip von Freitag bis Sonntagabend ein, buchten Hotel und Zug und freuten uns auf Alles, was denn da kommen mag.

Dass der Kick dann schließlich auf einen Freitag terminiert wurde, war dann schon ein kleiner Dämpfer, insbesondere mit Blick auf die gesamte Mitfahrerzahl. Denn die war letztes Jahr im Volkspark ja auch nicht sooo pralle, während das Gastspiel in diesem Jahr ohne freien Tag gar unschaffbar war. Nun, auch dieses Mal belehrte mich der Elversberger Anhang eines Besseren und setzte einfach mal 1.000 Karten ab. Doppelt so viele wie zum Duell in der Vorsaison, das damals an einem Sonntag stieg. Schlicht unfassbar. Somit auch die Sorgen, beim großen HSV mit einer Handvoll Hanseln aufzutreten, über Bord geworfen und mit voller Motivation am Freitagmorgen gen Frankfurter Bahnhof aufgebrochen. Per ICE ging es gemütlich und einigermaßen pünktlich die gut dreieinhalb Stunden gen Norden, währenddessen wir auch das restliche Abteil an unserem fabulösen Mettbrötchen-Frühstück teilhaben ließen. Zumindest mit den Nasen, denn die frischen Zwiebeln dufteten doch etwas würziger als erwartet. Ne kühle Dose nordisches Bier half gegen den Mundgeruch am Vormittag, während Kassel und Hannover an unserem Fenster vorbei flogen.

Mal ohne Baustelle ging die Fahrt echt fix über die Bühne, denn unter fünf Stunden ging im Vorjahr gar nix. So freuten wir uns bei Ankunft über die freie Zeit, checkten an unserer Bleibe südlich des Hamburger Hauptbahnhofs ein und begaben uns wenig später per Buslinie 3 auf den direkten Weg in Richtung Bahrenfeld. Ne gute Stunde quälte sich unser Bus durch den abendlichen Verkehr, ehe wir über die Stadionstraße die letzten paar Meter per Pedes zurücklegten. Dann lag es wieder vor uns, das gigantische Volksparkstadion. Ein ehrfürchtiger Anblick, der uns gleichzeitig mit unglaublichem Stolz erfüllte, hier mit der SVE, dem eigenen Verein, erneut auflaufen zu dürfen. Bekannt waren nun natürlich die Wege zum Gästeblock, der auch heute nur einen kleinen Bruchteil der massiven Kulisse ausmachte.

Ein breites Grinsen erfüllte die meisten der bekannten Gesichter im Stadionumlauf, denn alle vereinte die Vorfreude auf diesen besonderen Abend. Denn es ging nicht um Auf- oder Abstieg, der Klassenerhalt war bekanntlich in trockenen Tüchern. Es ging einzig und allein um die 90 Minuten, ganz egal, wie denn das Ergebnis lauten sollte. Einfach das Ganze zu erleben, nach all den Jahren in der Regionalliga solche Auswärtsfahrten nun Alltag nennen zu dürfen… ist und bleibt ein surreales Gefühl. Zurück in der Realität brachte uns lediglich das gezapfte Bier im Stadion, das die Mundwinkel ganz schnell nach unten fallen ließ. Da haben die im Norden schon so eine gediegene Bierauswahl und schenken dann die hinterletzte Plörre aus dem Pott aus. Unverständlich. Lokalpatriotismus und somit auch das Bewerben der kulinarischen Aushängeschilder der Region beginnt eben auch am örtlichen Zapfhahn. Immerhin die restliche Verpflegung riss viel nochmal raus, begeisterte doch vor allem die immense Auswahl an diversen Fischbrötchen. Bin ich ja immer für zu haben, von Matjes bis Backfisch.

Der letzte Bissen wanderte die Kehle gerade runter, als sich die Bude zum ersten Mal von ihrer lautstarken Seite zeigte. Die Stadthymne “Mein Hamburg lieb ich sehr” von Abschlach! (meiner Meinung nach einer der geilsten Stadionhymnen der Republik) wurde vom gesamten Rund inbrünstig intoniert und mit einer starken Schalparade gewürdigt, die kurzzeitig für Gänsehaut sorgte. Echt eine starker Ohrwurm, der beim Verfassen dieser Zeilen den Gehörgang erneut rauf und runter wandert. Anschließend der eigentliche Vereinssong, den die Nordtribüne mit einer kleinen und simplen Doppelhalter-Aktion untermalte. Die Schals wichen wenig später einem dichten Fahnenmeer über die volle Breite, das über die gesamte Distanz bestand haben sollte. Klasse Optik, keine Frage. Dazu eine Lautstärke, die insbesondere bei den bekannten Gassenhauern und Wechselgesängen die Konversation mit dem Nebenmann unmöglich machte.

Klar, das Niveau konnte nicht ständig gehalten werden, dafür waren sämtliche Bereiche außerhalb der Kurve viel zu passiv. Doch diese ausgewählten, lauten Momente, vor allem gegen Ende der Partie, waren wirklich brachial. Potenzial ohne Ende hier und generell keine Kurve, die unterhalb des Oberhauses angesiedelt sein sollte. Still wurde es lediglich zu Beginn des zweiten Durchgangs, als einer verstorbenen Weggefährtin mittels einzelner Fackel und Spruchband „Das Schicksal ist ein mieser Verräter…“ gedacht wurde. Dieses änderte die Kurve anschließend in „Charlie für immer!“ und ließ die eigenen Vereinsfarben mit Rauch und weiteren Fackeln hell aufleuchten. Weitere Spruchbänder befassten sich mit den Farben der eigenen Trikots („Orange, Pink und Grau begraben… – Unsere Trikots nur in Vereins- und Stadtfarben!“) sowie der überhand nehmenden Einmischung der Staatsmacht in Fanprojekte („Egal wann, egal wo: Bullenhände weg von Fanprojekten“). Zudem brannte es erneut bei der Solidaritätsbekundung für die ekelhafte Posse um Ultraszenen in Frankreich, die vom Innenministerium verboten werden sollen („Liberté pour les Ultras!“).

Nicht ganz so spektakulär war das Geschehen im Gästeblock, der zwar in Zahlen die 1.000 Saarländer umfasste, sich allerdings wie erwartet größtenteils aus Wochenendtouristen zusammensetzte. Gefühlt also mehr Leute auf den Sitzen als im Steher, der zudem recht lückenhaft gefüllt war. Da hätte es besser ausgeschaut, unten ein paar mehr Reihen abzusperren. Und dennoch war der Auftritt für die vorhandenen Gegebenheiten absolut in Ordnung. Optisch war die Geschichte mit Fahnen und Doppelhalter recht nett und auch stimmungstechnisch konnten hier und da ein paar Akzente gesetzt werden. Keine Bäume ausgerissen, aber immerhin besser als letztes Jahr und auch besser als noch zu Anpfiff erwartet. Die Gassenhauer knallten gut und die Spannung im Spiel hielt sowieso niemanden auf seinem Platz.

Denn der Kick ließ den geneigten Anhänger beider Mannschaften definitiv ein paar Tage älter werden. Kampfbetont und chancenreich, wobei beide Mannschaften ihre dominanten Phasen vorweisen konnten. Der HSV hatte derer sicherlich deutlich mehr, doch auch das Elversberger Konterspiel strahlte eine immense Gefahr im gegnerischen Strafraum aus. Am Ende bissen sich die Hamburger erfolglos an der stabilen und aufopferungsvoll agierenden Defensive der SVE die Zähne aus, die heute nicht allzu viel Gefahr zuließ. Und den Rest verdaddelte das Hamburger Starensemble frei vorm Tor. Auch wenn die letzten 20 Minuten einer ewig währenden Zitterpartie glich, durfte sich Elversberg am Ende über den erkämpften Punkt im Hamburger Volkspark freuen. Fühlte sich wahrlich nach einem Sieg an, wirkten die Jungs doch vor allem bei den zahlreichen Ecken am Ende stehend K.O.. Hätte aber auch einfach gepasst, so ein Gegentreffer kurz vor Schluss bei der eklatanten Abwehrschwäche bei gegnerischen Standards.

So jubelte der Gästeblock über Punkt Nummer 41, während das heimische Publikum augenscheinlich nicht ganz zufrieden recht schnell die Flucht ergriff. So blickten wir wenige Minuten nach Abpfiff erneut auf das weite Meer aus blauen Sitzen, ehe auch uns der Weg nach Draußen führte. Dunkelheit war unser treuer Begleiter in der Stadionstraße, die wir kurze Zeit später hinter uns ließen und erneut den Bus bestiegen. Vorbei an St. Pauli, dem Bunker und dem hell erleuchteten Dom auf dem Heiligengeistfeld ging es anschließend zurück zum Hotel, wo wir noch kurz an der kleinen Bar versackten, ehe wir den Deckel auf den erfolgreichen Freitagabend packten.

Leave a Reply

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.