2. Bundesliga: Fortuna Düsseldorf – SV Elversberg

23.11.2024
13. Spieltag 2. Bundesliga
Fortuna Düsseldorf - SV Elversberg
Düsseldorf Arena
Endergebnis: 0:2 (0:0)
Zuschauer: 52.000 (3.000 Gäste)
Ticket: 1€
Fotoalbum

Etwas überraschend vernahmen wir zu Saisonbeginn die Nachricht, dass ausgerechnet die Partie gegen Elversberg zu den vier ausgewählten „Fortuna für Alle“-Spielen der Düsseldorfer gehören sollte. Und die anfängliche Begeisterung, ein paar Euronen für das Ticket zu sparen, wich entsprechend schnell so einigen Fragezeichen, insbesondere des geplanten Absatzes im Gästeblock, um dem zahlreichen Anhang der Hausherren nicht doch irgendwie Tür und Tor zu öffnen. Klappte von Seiten des eigenen Vereins in Sachen Blockverteilung (Oberrang ging an die Heimseite, dafür wurden drei benachbarte Sitzer neben dem Gästeblock hinterm Tor für Gästefans freigegeben) als auch mit Restriktionen ähnlich des gängigen Punkteschemas auf der Insel dann aber auch wunderbar, muss man auch mal loben. Wobei sich Eventim einen Euro für jedes Freiticket abzwacken musste. Bekommen den Hals auch nicht voll.

Nunja, in den Tagen des Vorverkaufs erübrigten sich dann auch weitere Befürchtungen, bei einem quasi Freispiel kaum Leute an den Rhein zu verfrachten. Binnen eines Tages war der bisherige Rekord, der gerade erst in Leverkusen mit 1.900 aufgestellt wurde, auch schon wieder Vergangenheit. Wobei, pulverisiert triffts da eher. 3.000, in Worten: Dreitausend(!) Karten gingen am Ende über den Tresen und sorgten für ein ausverkauftes, reduziertes Kontingent in der Düsseldorfer WM-Arena. Das inflationär gebrauchte „unfassbar“ durfte in diesen Tagen bei so ziemlich keiner Wasserstandsmeldung hinsichtlich der Kartenverfügbarkeit fehlen.

Das kann ja was werden, so die Gedanken bei der morgendlichen Fahrt über die A3 in Richtung Westen. Abgeparkt am Hotel in Nähe des Hauptbahnhofs, ging es anschließend von eben jenem per U-Bahn zum Stadion, ehe auf dem Gästeparkplatz mitsamt dem gerade eintreffenden Anhang noch ein paar Bierchen verhaftet wurden. Der Pegel war auch dringend notwendig, deutete die hohe Anzahl unbekannter Gesichter doch auf die Eventfahrt des Jahres hin. War selbstredend auch nicht anders zu erwarten. Die Vorfreude war dennoch vorhanden, als es schließlich zum vierten Mal in die große Bude mit ihren bunten Sitzen ging, die sich erst in der letzten halben Stunde vor Anpfiff so richtig füllen sollten.

52.000 lautete am Ende die für das Unterhaus beeindruckende Zuschauerzahl, wobei der Slogan „volle Hütte“ anscheinend bewusst in Anführungszeichen auf der Anzeigetafel flackerte. „Verkauft“, also verschenkt, waren die Karten wohl alle, doch etliche der Blöcke wirkten teils nur halb voll. Allein der für Schulen und soziale Einrichtungen vorgesehene Oberrang über dem Gästeblock bot mindestens die gleiche Anzahl leerer Sitze, wie sie vor ein paar Jahren für die gesamte Zuschauerzahl eines Elversberger Heimspiels ausgereicht hätte. Und da spreche ich nicht von der Zeit vor 2013. Fortuna für Alle bedeutet eben hauptsächlich Event und eine ganze Menge Publikum, das sich für gewöhnlich nicht für einen Stadionbesuch interessiert.

Und das spürte man auf ganzer Linie. Denn die Düsseldorfer Kurve, so sehr auch die Schalparade als auch der optische Auftritt über die volle Distanz gefiel, hatte große Mühe, gegen die immense Grundlautstärke des Stadions anzukommen. Äußerst selten zog mal mehr als der Unterrang der Kurve mit, während sich Haupt-, Gegen- und gegenüberliegende Tribüne ganze drei Mal von den eigenen Sitzen erhoben. Dann wurde es mal kurz laut, ehe die Gesänge wieder in einem für uns kaum verständlichen Wirrwarr aus Lärm versandeten. Kein Vergleich zum Februar diesen Jahres, als, dank Fasching vor deutlich kleinerer Kulisse, die Kurve der Fortuna auf deutlich höherer Betriebstemperatur lief.

Und, so ganz ehrlich muss man auch sein, galt das gleiche für den Gästeblock. Denn im Februar lieferte der Elversberger Anhang mit 500 Leuten einen bunteren, lauteren und geschlosseneren Auftritt ab als nun mit 3.000. Immerhin angeflaggt wurde dieses Mal deutlich mehr, wobei die „Vorwärts Schwarz Weiß“-Zaunfahne ihre Premiere feierte, flankiert von so ziemlich allen vorhandenen Fetzen der Fanclubs und Einzelpersonen. In Begleitung einiger Schwenker ein schönes Blockbild, da hörte es aber auch schon wieder auf. Denn es lief anfangs kaum was zusammen. Kein Zug in den Gesängen, eine unsäglich geringe Mitmachquote und dermaßen viele Freibiergesichter, die das halbe Spiel mit Filmen oder Selfies schießen verbrachten. Sich im Netz immer über die fehlende Stimmung beschweren aber auswärts nicht das Maul aufbekommen. Ehrlich, da ist mir Fürth und Regensburg tausend Mal lieber. Und selbst Leverkusen war diesem Auftritt um Meilen voraus.

Dass dann auch noch das Megafon des Elversberger Capos den Geist aufgab, rundete die Geschichte vollends ab. Entsprechend wurde die erste Halbzeit mit einigen Gassenhauern mehr oder weniger durchgezogen, ehe mich der Pausenpfiff erneut zum Bierstand schickte. Auf dem Rasen entwickelte sich unterdessen ein munterer Kick, der definitiv in die Kategorie unterhaltsam fiel. Zwei gute Chancen standen dabei für die SVE zu Buche, insbesondere der Lattenkracher von Asllani war schön rausgespielt. Zumindest da lief es, doch irgendwie hatte ich mir den Tag komplett anders vorgestellt.

Die dänische Plörre gewinnt zwar im Leben nicht irgendwelche Sympathiepunkte meinerseits, tat aber nicht nur dem Rachen gut, sondern bewirkte anscheinend wunder. Denn kaum zurück im Block, war die Welt eine andere. Megafon repariert, deutliche Motivationsansprache an den Anhang gefolgt von einem sich langsam steigernden Gästeblock. Mit Wiederanpfiff war der Spaß wieder zurück, von dem sich auch die Mannen im schwarz-weißen Dress anstecken ließen. Erst ein Abstauber von Asllani nach Torwartfehler, dann die Premiere von Petkov – auf einmal stand ein 0:2 auf der Anzeigetafel, begleitet von absoluter Eskalation im Gästeblock. Was ging denn hier auf einmal ab? Und warum geht das nicht früher?

Bockstarke Wechselgesänge, laute Schlachtrufe, emotionale Lieder – das war zwischenzeitlich auf einem Level, das dieser Liga gerecht wird. Und auch auf dem Platz sollte es weiter laufen, denn die Mannschaft versprühte das Gefühl, hier nichts anbrennen zu lassen. Weder durch das zwischenzeitliche 1:1, das aufgrund von abseits nicht gegeben wurde, als auch beim Handelfmeter für F95, der vom VAR kassiert wurde. Hinten dicht, vorne brandgefährlich. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Mannschaftsleistung, die derzeit Woche für Woche begeistert. Vor dem gesamten Kollektiv aus Spielern und Trainer. Vor allen. Danke.

Danke für diese unfassbar geile Zeit! Danke dafür, solch überwältigende Wochenenden zu erleben. Egal ob zu Hause oder in sämtlichen Teilen der Republik. Für die Erinnerung, für die Emotionen. Für die Gefühlsachterbahn in den neunzig Minuten, die den Alltag vergessen lassen. Elversberg ist endlich jemand. Jeder kennt die SVE, im ganzen Land. Und das galt es, nach den erspielten drei Punkten zu feiern. Lautstark, als Einheit zwischen Fans und Mannschaft. Mit dem Lied, das wie kein anderes vom Beginn dieser Traumreise erzählt: „2022, an einem Tag im Mai…“

Die letzten Freudenschreie hallten durch die mittlerweile verwaiste Arena, die eigene Laune, nach der beschissenen ersten Hälfte, nun auf der gegenüberliegenden Seite der Gefühlsskala. Auf die eintretende Stille folgte Teil zwei der Feier im Umlauf des Stadions. Pogos und laute Gesänge, „kein Club der Welt, ist so geil wie du“. Spaß und Freude waren allgegenwärtig. Platz drei in der zweiten Liga. Nur 20 Clubs im ganzen Land, die über Elversberg stehen. Unfassbar, der ganze Tag.

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Irgendwann war auch der letzte Pogo gepogt, das letzte Bier verschüttet und die Pforten verschlossen, sodass es langsam wieder stadteinwärts ging. Stilecht standen für den großen Gästeanhang Shuttlebusse bereit, die uns zum Flughafenbahnhof verfrachteten, wo direkt der erstbeste RE zurück zum Hauptbahnhof genommen wurde. Auf eine kurze Ruhephase im Hotel folgte ein schmackhaftes Abendessen in der Innenstadt (Kagaya, lies die Erinnerungen an den jüngsten Japanaufenthalt nochmal aufflammen), ehe der Tag in der Altstadt ausgiebig begossen wurde.

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