20.10.2024
10. Spieltag 3. Liga
DSC Arminia Bielefeld - VfL Osnabrück
Stadion Alm
Endergebnis: 3:1 (0:0)
Zuschauer: 25.752 (ca. 3.500 Gäste)
Ticket: 25€
Fotoalbum
Lange Landstraßen durch die flache Gegend pflasterten unseren Weg nach Ostwestfalen, wobei solche Kleinode der Regionalliga West-Zeiten wie Verl oder Rheda-Wiedenbrück hier und da auf den Straßenschildern aufblitzten. Auch der Wahnsinn damals, diese Regionalliga ab 2008/2009. Gruselige vier Jahre, in denen der Zuschauerschnitt des eigenen Vereins arg in die Knie ging. Zum Glück alles Vergangenheit und auch das Ziel des heutigen Tages hatte einen ganz ansprechenden Namen: Arminia Bielefeld, unbestritten größter Verein in ganz Ostwestfalen, wenn auch arg mit dem Fahrstuhlimage behaftet. Mitunter aus diesem Grund ging die Arminia, bis auf die Zweitvertretung, bisher komplett an mir vorbei. Noch kein Spiel, nicht mal ein Auswärtsauftritt des Anhangs, gabs bisher zu Gesicht. Höchste Zeit also für das persönliche Stelldichein, für das wir uns gleich das Derby gegen Osnabrück aussuchten.
Kartenkauf im Vorfeld überraschend unkompliziert, ebenso wie das aufsuchen eines Parkplatzes in der Innenstadt. Entsprechend zielsicher das, aus diversen arbeitsrelevanten Besuchen der Stadt, bekannte Parkhaus am Hauptbahnhof angesteuert, das eigene Gefährt abgestellt und anschließend in Richtung Spielstätte aufgebrochen. Die liegt hier noch richtig schön mittig im Wohngebiet, weshalb alleine die gute Viertelstunde per Pedes einfach Laune auf den Nachmittag machte. Nicht Stadtrand, Industriegebiet oder offenes Feld – Nein, einfach im Garten einer Häuserzeile türmten sich die Tribünen der großen Bielefelder Alm auf. Toller Anblick, den man sonst nur von der Insel kennt. Vor allem die Südtribüne, zu dessen Füßen sich die meisten Eingangstore befinden, machte schon von Außen ordentlich was her. Bisschen wie der Betze, nur in etwas kleiner. So oder so ein würdiger Rahmen zum eigenen Jubiläum wie ich finde, denn an diesem Sonntag sprang der persönliche Ground-Zähler auf die glatte 400!
Pünktlich zur Stadionöffnung ging es rein in die gute Stube, wobei selbstredend zunächst das Verpflegungsangebot einem ausgiebigen Test unterzogen wurde. Top Auswahl, wie schon am Vortag, wobei wir uns für die Mantaplatte als auch für den Kasseler im Brötchen entschieden. Erstere gewohnt guter Standard mit leicht süßlicher Soße, zweites ein echtes Highlight! Knuspriges Brötchen, etwas Ketchup und Salat und dazu eine schön dunkel gebratene Scheibe Kassler Nacken. Herzhaft, saftig, spitze!
Entsprechend gesättigt ging’s auf unsere Plätze in Block R1 der Haupttribüne, bei denen uns im Vorfeld einige Fragezeichen aufgrund des Preises über der Birne schwebten. Denn Sitze auf der Gegentribüne unweit der Mittellinie kosteten über 40 Tacken, während Plätze am Rand der Haupt über 30 aufriefen. Warum kostet hier also die Mitte weniger als der Rand? Die Antwort blieb uns die Bude weiterhin schuldig, denn für 25€ lagen nicht nur sämtliche Bereiche des Spielfelds, sondern auch alle relevanten Areale der Fanblöcke in bester Sicht. Kein Grund zum Meckern!
Die Alm selbst hat derweilen einige Eigenarten, die die sonst recht einheitliche Bauweise mit einer Kapazität von 27.332, von der sich nur die doppelstöckige Haupt und Süd abhebt, unterbricht. Da wäre vor allem diese seltsame, schräge Trennung zwischen Block 1 auf der Süd und Block J im Eck. Halb Steher, halb Sitze ja, aber warum diagonal? Und dann wäre da der Gästeblock, der nach dem Umbau von Bremen und dem Neubau von Freiburg unangefochten Platz 1 der beschissensten Unterbringungsmöglichkeiten von Gästefans in den deutschen Profiligen einnimmt. Was hat man sich eigentlich dabei gedacht? Kein Wunder also, dass auch der Anhang der Lila-Weißen, wie die meisten größeren Szenen, den Gang auf die Sitzplätze vollzog und sich entsprechend dort ausbreitete. Perfekte Sichtbedingungen daher aus unserem Sektor auf die Aufbauarbeiten, während sich auch etliche der insgesamt 3.500 Osnabrücker um uns herum verteilten. Dazu später mehr.
Der Großteil der nahezu ausverkauften Alm hielt es selbstredend mit der Arminia, wobei sich der Kern rund um die Lokal Crew Ultras auf dem Oberrang in Block 1 hinter einem dichten Zaunfahnenbild breitmacht. Dort entstand entsprechend auch früh ein schönes Bild aus etlichen Schwenkfahnen unterschiedlicher Größen, die gemeinsam mit der Schalparade für ein phantastisches Bild in Blau-Schwarz-Weiß sorgten. Schön zu sehen, dass vor allem die großen Schwenker über die volle Distanz ihre Kreise zogen. Und auch die Beteiligung bei Klatsch- und Sprungeinlagen war durchweg großartig.
Vor allem im Oberrang zogen gut 80% dauerhaft mit, während sich insbesondere der Bereich des Unterrangs direkt unterhalb der Szene ebenso durchweg aktiv zeigte. Starke Masse für die dritte Liga, keine Frage. Daher knallten die Gesänge auch mit einer top Lautstärke, die durchweg auf unseren Plätzen zu vernehmen war. Vor allem bei Gassenhauern und Wechselgesängen zogen auch um uns herum ein paar Leute mit, während der schnelle Wechselgesang zwischen Ober- und Unterrang der Hintertor ebenso wuchtig daherkam. In Sachen Liedauswahl vernahmen wir jetzt mal nix Unbekanntes, gefallen hat uns der Auftritt der Bielefelder Szene aber durchweg.
Gespannt blickten wir, ähnlich eines Tennis-Matches, aber auch häufig auf die Lila-Weißen zu unserer Rechten. Drei Reihen Zaunfahnen zierten die vorderste Front, während die wenigen, mitgebrachten Schwenker bereits frühzeitig als Sichtschutz für das feurige Intro dienten. Unzählige, lilafarbene Sturmhauben verteilten sich anschließend im gesamten Block und rissen, pünktlich zum Anpfiff, eine locker dreistellige Anzahl roter Fackeln an. Wieder mal ein astreines Bild, untermalt von einigen Fahnen, die, zwischen dichtem Rauch und hellrotem Leuchten, ihre Kreise zogen. Mittlerweile haben wir fast schon ‘ne Pyro-Garantie, wenn es zu spielen des VfL geht. In Oldenburg, in Elversberg, an der Bremer Brücke gegen Elversberg und jetzt in Bielefeld – das Bingo steht!
Und auch nach dem Intro passte im Gästeblock fast alles, trotz der sportlich mehr als angeschlagenen Position. Unfassbar viel Zug in den Gesängen, Beteiligung nahe am Optimum und ein stetes Pushen der Lieder, die teilweise fließend ineinander übergingen. Bisschen wie die „Fade out“-Taste früher an der Stereoanlage. Klar blieb die Euphorie nicht unendlich bestehen und vor allem später war auch mal nur der Kern aktiv, doch insgesamt muss ich einfach meinen imaginären Hut vor diesem Auftritt ziehen. Und zwar für beide Seiten, die diesem Derby einen richtig starken Rahmen verliehen. Dritte Liga. Wahnsinn.
Auf den Rängen noch auf Augenhöhe, war die sportliche Situation zwischen den beiden Lokalrivalen absolut gegensätzlich. Bielefeld mit Blick in Richtung Unterhaus, während Osnabrück, gerade aus jenem abgestiegen, sich als Tabellenletzter gegen das unvorstellbare Szenario Regionalliga Nord stemmt. Für ein Derby üblich resultierte aus diesem auf dem Papier klaren Ding eine recht harte Kost im ersten Durchgang, die erst nach dem Pausenpfiff etwas besser schmeckte. Arminia zunächst mit dem umjubelten 1:0, ehe Osnabrück, spielerisch beinahe schon am Boden, durch einen Kullerball zum 1:1 ausgleichen konnte. Unfassbar lauter Jubel nicht nur zu unserer Rechten, sondern auch quer durch unseren Sektor.
Dabei übertrieb es ein Kunde dermaßen mit einem Sprint entlang der Haupttribüne samt in die Höhe gerecktem Schal, dass er fast genau vor uns nicht nur einen vollen Bierbecher abbekam, sondern, nach weiteren Provokationen, auch ein dickes Ding auf die Nase. Wie dumm kann man sein… Der Jubel der Gäste verhallte nur Augenblicke später durch einen direkt verwandelten Freistoß der Arminen, die wiederum wenig später mit dem 3:1 die drei Punkte eintüteten. Lautstarke Feier im Anschluss auf der einen Seite, Resignation samt Durchhalteparolen auf der anderen. Unterm Strich ein top Derby!
In der aufziehenden Dunkelheit ging es schließlich wieder nach Draußen, quer durchs Wohngebiet und zurück zum Parkhaus, wo sich glücklicherweise der Abfahrtsstau als nicht sonderlich zeitraubend herausstellte. Dank gesperrter Straßen rund um Kassel zog dich die Rückfahrt auf gut drei Stunden, vornehmlich über Land, ehe wir wieder heimische Gefilde erreichten.