3. Liga: FC Energie Cottbus – 1.FC Saarbrücken

28.09.2024
8. Spieltag 3. Liga
FC Energie Cottbus - 1.FC Saarbrücken
Stadion der Freundschaft
Endergebnis: 4:1 (2:1)
Zuschauer: 10.530 (462 Gäste)
Ticket: 28,80€
Fotoalbum

Eigentlich versprühen Auswärtsspiele in den großen, nördlichen Metropolen wie Hamburg oder Berlin stets den Drang, so viel Zeit wie möglich in den für uns weit entfernten Hemisphären zu verbringen. Doch bei der diesjährigen Ansetzung des Auswärtsspiels bei der Hertha blieb nicht viel mehr als ein langes Rümpfen mit der Nase. Zeitgleich mit dem Berlin-Marathon, somit gleichbedeutend mit gesperrten und vollgestopften Straßen sowie horrenden Zimmerpreisen quer durch die Stadt. Da wich die Lust auf die Tour gleich zu Beginn. Entsprechend im Vorfeld Berlin ohne Berlin geplant, sprich Hotel von Samstag auf Sonntag in Schönefeld und möglichst die Innenstadt meiden.

Da die eigene Mannschaft erst am Sonntag ran musste, schauten wir gespannt auf mögliche Ansetzungen für den Samstag, wobei das eine Auge stets auf den möglichen Kick in Cottbus schielte. Ginge aufgrund der eigenen Ankunftszeit aber nur, wenn nicht zur Mittagszeit, sondern um 16.30 gestartet werden würde… Der Rest ist Geschichte, man kann also in diesem Jahr auch einmal Glück haben! Das war es dann aber auch mit den glücklichen Zufällen für dieses Wochenende, denn wenn uns eine Sache in diesem Jahr treu bleibt, dann der Stress mit der Bahn. Die erste S-Bahn rein nach Frankfurt fiel bereits aus, was aber auch keine Rolle spielte, denn just mit Eintreffen am Südbahnhof zierte eine hübsche, gelbe +60 Minuten die Abfahrtszeit unseres Flixtrains in Richtung Bundeshauptstadt. Daher erstmal ausgewogen im nahen Backwerk gefrühstückt und schonmal nach der nächsten Verbindung von Berlin nach Cottbus geschaut. Ginge ja noch, also alles gut.

Denkste, denn die morgendliche Odyssee ging gerade erst los. Plötzlich waren es schon zwei Stunden Verspätung, weshalb wir uns zurück in Richtung Hauptbahnhof machten, um eventuell da nach einer Alternative zu suchen. Gerade angekommen, meldete der gebuchte Zug, endlich von Mainz losgefahren zu sein. Also zurück zum Südbahnhof, erwartungsvoll gen Gleis gestapft – und mit der Realität eine vors Fressbrett bekommen. Doch nicht losgefahren, stattdessen eventuell mit 3(!) Stunden Verspätung. Vielleicht aber auch nicht und in 4 Stunden käme ja bereits der Nächste. Danke, aber nein Danke.

Glücklicherweise starteten Kev und DK, mit denen man sich sowieso in der Lausitz treffen wollte, gerade aus dem Saarland. Entsprechend angefunkt und auf die viel zu kleine Rückbank eingebucht, die wir nach erneuter S-Bahn Fahrt, dieses Mal zum Flughafen, beziehen konnten. Eingequetscht, durchgenervt und vollkommen müde und erschöpft ging es somit ab auf die Autobahn gen Osten. Immerhin die Laune steigerte sich Minute um Minute, genauso wie die Krämpfe im rechten Bein. Aber lieber so als gar nicht. Zwei kurze Boxenstopps später erreichten wir auch schon die Großstadt im Osten Brandenburgs, nur wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Zu gern wäre ich im Anschluss weiter gen Osten getourt… nächstes Mal!

Direkt am Stadion auf dem Gästeparkplatz abgeparkt, teilte sich die Autobesatzung auf, wobei wir in Richtung Heimbereich stiefelten. Noch wenig los, so eine knappe Stunde vorm Anpfiff, entsprechend am Westeingang rein, über die Spreebrücke und schließlich durch mehrere Tore bis hin zu unseren Plätzen auf dem Oberrang der neueren Gegengeraden. Gute Plätze in Höhe der Mittellinie inklusive! Durch die noch verwaisten Traversen bot sich uns schonmal ein guter Blick auf das Stadion der Freundschaft mit seinen 22.528 Plätzen, das durchaus so einige Eigenarten aufzuweisen hat. Viel Stahlrohr hinter den beiden Toren, alle vier Ecken als Steher ohne Dach gebaut und eine recht kleine Haupttribüne, die in Richtung Spielfeld immer flacher wird. Ungewöhnlich und einzigartig, zumal der letzte Umbau aus dem Jahr 2008 datiert. Zeiten, in denen noch nicht jeder Neubau austauschbar wirkte.

Mit einem Bierchen in der rechten Hand und eine gute Portion Currywurst samt Pommes zur Linken ließ es sich entsprechend in den spätsommerlichen Sonnenstrahlen gut aushalten, während sich die Bude ordentlich füllte. 10.530 waren es insgesamt. Mit Blick auf den Schnitt von Energie in den letzten 10 Jahren alle Achtung wert! Da entdeckt man wohl gerade seine lokale Vereinsliebe zu jenem Verein wieder, der noch in 2009 in der Bundesliga kickte. Auch so eine Erinnerung aus den eigenen, jüngeren Jahren – Cottbus als sportliches Aushängeschild Ostdeutschlands. Voller Inbrunst und mit dichter Schalparade wurde entsprechend auch der richtig geile Vereinssong zelebriert, während sich die Nordkurve, deren Zaun lediglich ein großes „Betriebssportgemeinschaft Energie Cottbus seit 1966“ zierte, wenig später in ein schickes Fahnenmeer verwandelte. Die Hauptgruppen rund um Ultras Energie, CBR und Ultima Raka (letztere übrigens sehr bemüht, den sorbischen Einfluss am Leben zu halten) flaggten dabei lediglich am ersten Wellenbrecher an.

Optisch blieb das starke Bild über die volle Distanz erhalten, während wir in Sachen Lautstärke sehr gespannt waren. So nah an Polen, dazu auch noch eine Freundschaft mit Beskid Andrychów – das kann eigentlich nur scheppern. Und das tat es auch! Vor allem die anfänglichen Schlachtrufe als auch der Gassenhauer auf „We’re not gonna take it“ erreichten eine starke Beteiligung, die sich beinahe über die komplette Nordkurve zog. Gleiches für die Klatscheinlagen, während das absolute Highlight der auch von Union (und Wydad) bekannte Chant auf den hiesigen Text „seit 1966 stehen wir zusammen, Fussballclub aus Cottbus unser ganzes Leben lang“ markierte. Mehrmals zelebriert und vor allem nach den Toren mit einer unfassbaren Lautstärke verbunden. Richtig guter Auftritt der Kurve!

Und das der Fussball in Sachen Fankurven von großen Unterschieden lebt, war an diesem Nachmittag auch in Richtung Gästeblock ersichtlich. Schlachtrufe und klassische, lautstarke Gesänge im Norden, ausgefeilte Melodien und absolut nicht alltägliche Rhythmen im Süden. Wobei der Anhang aus Saarbrücken die ersten 20 Minuten schwieg, da es wohl am Eingang zu einigen Problem kam. Entweder alle oder keiner, so und nicht anders! Mit dichtem Tifo starteten die aktiven Gruppen anschließend, die sich ausnahmslos in der Mitte des Sitzers versammelten und auch nur dort anflaggten. Bisschen befremdlich, den vorderen Zaun komplett verwaist zu sehen, allerdings gab der Haufen auch so ein top Bild ab. Viel zu sehen gab es von den hinteren Reihen dadurch wohl kaum, zumal beinahe jeder zweite Anhänger der Blau-Schwarzen entweder mit Schwenker oder Doppelhalter bewaffnet war. Da wehte für die gut 450 Gästefans mehr Material als bei manchen Heimkurven in der Luft.

Vollgas auch bei den ersten Liedern, deren Melodien einfach ihresgleichen suchen. Ganz gleich ob „Die Kurve stets nach vorne geht“, das auch Nancy adaptierte „c´est tout le stade qui va s´enflammer“, „Einst in Mailand gespielt und Monaco besiegt“ oder auch das schweinegeile „Tribünen und Traversen, beseelt durch dich Blau Schwarz, Gästeblöcke leben, Der Pöbel dreht am Rad, Repressionen allerorts, Gebeutelt durch den Staat, Zusammenhalt die Antwort, Geht stets voran Ultras!“. Brutales Ding, ganz ehrlich! Selbstredend konnten die Saarländer mit solch komplexem Liedgut in Sachen Lautstärke nur in ganz wenigen Momenten mit der Cottbuser Nordkurve mithalten, während der Spielverlauf sein Übriges zur später eher gedämpften Mitmachquote beitrug. Supportet wurde aber bis zum Schlusspfiff, Beweis genug für die oft besungene Mentalität.

Auf dem Rasen entwickelte sich das Topspiel des Vierten gegen den Fünften schnell in eine Richtung, und zwar in die der Lausitzer. Ein Anwärter auf das Kacktor des Monats eröffnete den Torreigen für die Hausherren, die sich in einem durch Fehlpässe geprägten Kick am Ende mit 4:1 durchsetzten und damit den eigenen Höhenflug fortsetzten. Bockstark daher die Siegesfeier wie auch die letzten 30 reguläre Minuten der Partie, die so ziemlich die maximale Lautstärke des Stadions rausholten. Ebenso wippten gemeinsam mit der Mannschaft erneut zu „seit 1966 stehen wir zusammen“ die Arme auf und ab, während sich das Maskottchen ausgerechnet eine Schwenkfahne der sportlichen Fraktion schnappte um mit den Spielern zu feiern.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Die letzten Schlachtrufe hallten in den abendlichen Himmel, ehe wir uns durch den angrenzenden Park zurück gen Auto aufmachten. Denn die letzte Etappe stand ja auch noch an, entsprechend wurde sich wieder auf die enge Rückbank gequetscht und die letzten gut neunzig Minuten gen Berlin abgerissen. In Köpenick noch einen göttlichen Gemüsedöner bei Mr. Kebap verspeist und ein paar Pullen im nahen Supermarkt besorgt, ehe selbige nach erfolgtem Bezug der angemieteten Räumlichkeiten in Schönefeld vernichtet wurden. Stressiger Beginn, aber belohnt durch einen top Nachmittag in der Lausitz!

Leave a Reply

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.