Championship: Southampton FC – Coventry City FC

09.04.2024
42. Spieltag EFL Championship
Southampton FC - Coventry City FC
St Mary's Stadium
Endergebnis: 2:1 (2:0)
Zuschauer: 28.564 (2.031 Gäste)
Ticket: 26,50£
Fotoalbum

Wenn’s der eigene Verein im Unterhaus so spannend macht und ein Highlight das nächste jagt, bleiben für größere Touren ins Ausland eben nur die Tage zwischen den Wochenenden. Entsprechend schrieben wir uns bereits zu Beginn des neuen Jahres eine Woche im April in den Urlaubskalender und hatten dabei fest Montag bis Donnerstag auf der Insel im Blick, englische Woche sei Dank – Ich liebe solche Wortspiele, hehe. Aufgrund der Konstellation mit dem zu dem Zeitpunkt noch unklaren Termin bei St. Pauli wanderte eine etwas zerstückelte Dreiecks-Konstellation in den Warenkorb: Montag früh von Frankfurt via Kranich nach Gatwick, Freitags ab Gatwick mit easyJet nach Hamburg und Sonntag mit der Bahn zurück zum Ausgangspunkt. Kostete dann auch weniger als ein gewöhnlicher Return-Flug mit dem deutschen Flaggschiff in Sachen Luftfahrt. Ach ja, Frankfurt ist Freude und Leid zugleich.

Die unzähligen Streiks im Vorfeld sorgten derweilen nicht unbedingt für Entspannung, was sich allerdings exakt einen Tag vor Antritt der Reise glücklicherweise auflöste. Somit ging’s Montagfrüh pünktlich zum Flughafen und wenig später mittels Privat-Jet-Feeling versprühendem Mini-Flieger ins südlich von London gelegene Gatwick. Dort standesgemäß sowohl M&S als auch Pret zwecks Frühstück beehrt und sich bereits mental auf die Versicherungs-Diskussionen mit dem Mietwagenanbieter vorbereitet. Auch so eine Sache in not so Great Britain, allerdings lief die Geschichte bei Budget wie schon für die Fahrt nach Leeds ohne jegliche Probleme, und das trotz großem Auflauf aufgrund eines Bahnstreiks. Gar ein kostenloses Upgrade war drin und freundlich war man auch noch zu uns – fühlte sich überhaupt nicht nach England an.

Das Gefühl ploppte bei den windigen 9 Grad beim Gang zum Gefährt aber direkt wieder auf, tauschte man diese doch mit den 25 Grad in der Heimat vom Vortag. Timing ist alles, sag ich da nur. Nach kurzem Check so ziemlich sämtlicher Wagenteile ging’s mit unserem SUV der Marke Nissan, nach kurzem Schwenk über Croydon, schließlich in Richtung Southampton zur Familie. Entsprechend entspannt gestaltete sich der restliche Abend samt fürstlichem Willkommens-Schmaus im verregneten Winchester. Wie gesagt, Timing ist alles.

Auch der Dienstag startete entspannt, ehe es am Nachmittag zwecks Verpflegung ins Zentrum Southamptons ging. So richtig viel Zeit fürs Erkunden der Großstadt blieb aber auch bei diesem Besuch nicht und wird sicherlich in der nahen Zukunft mal nachgeholt. Verpassen wird man hier, bis auf ein paar gute Bars, aber sowieso wenig. Erfreulicherweise nach einem erneut festlichen Schmaus nicht mehr aufs Stadionessen angewiesen, schmiss uns die Verwandtschaft wenig später im schäbigen Stadtteil Northam raus und entließ uns in die liebste Feierabendbeschäftigung: Ein Flutlichtspiel am Dienstagabend, aufgrund der Tabellensituation gar ein vorentscheidendes Topspiel!

Doch zuerst musste die Bude im ranzigen Hafenviertel per Pedes erreicht werden. Richtig schönes Arbeiterviertel hier, überall lärmten Baumaschinen und Verladekräne an den nahen Kais. Dazu schien das mit einer ordentlichen Schicht Patina ausgestattete Stadion nahtlos reinzupassen. So in direkter Nachbarschaft einer erst vor kurzem abgebrannten Lagerhalle, was gar zu einer kurzfristigen Spielabsage führte. Da wirkte der auf hochfein frisierte Clubshop fast schon fehl am Platz, in dem der Schal für die Sammlung eingetütet wurde. Eine Runde drehten wir noch um die gute Bude, ehe wir unseren Eingang im Westen erreichten. Unsere Plätze fanden wir recht weit oben in Block 33 auf dem Kingsland Stand, der, wie alle anderen Tribünen (Itchen, Chapel, Northam), nach dem in Himmelsrichtung hinter der Tribüne gelegenen Stadtviertel bzw. dem Fluss Itchen benannt ist. Von hier aus hatten wir beste Sicht auf das gesamte St Mary’s Stadium mit seinen exakt 32.384 roten Sitzen.

Optisch eine Schüssel wie aus einem Guss, schnörkellos und ohne jegliches Alleinstellungsmerkmal. Lediglich das flache und recht tief angesetzte Dach drückt die Bude ein wenig, wird allerdings auch der Stimmung dienlich sein, so die ersten Gedanken. Eröffnet wurde das Stadion übrigens 2001 und ersetzte damit das seit 1898 bestehende „The Dell“ im Westen der Stadt. Traurig war man über den Umzug tatsächlich nicht, eher im Gegenteil. Nebst Verdopplung der Kapazität wurde der Umzug als Heimkehr des Vereins bezeichnet, da der Club 1885 von Mitgliedern der nahegelegenen St. Mary’s Church als Fußballmannschaft St. Mary’s Church Young Men’s Association gegründet wurde, bevor er zu Southampton St. Mary’s F.C. und schließlich zu Southampton F.C. umfirmiert wurde.

Bekanntheit erhielten die dadurch auch „The Saints“ genannten Rot-Weißen erstmals mit zweimaligem Erreichen des Endspiels im FA-Cup (1900 und 1902), ehe sie 1904 als erstes europäisches Team auf Einladung nach Südamerika reisten und sowohl in Argentinien als auch Uruguay bleibenden Eindruck hinterließen. Der bisher einzige Titel konnte wiederum im FA-Cup errungen werden, als 1976 Manchester United geschlagen werden konnte. 1984 wurden die Saints Vizemeister und spielten insbesondere in den 70er und 80er einige Male international, allerdings konnte auch danach der Trophäenschrank nicht weiter gefüllt werden. In der Neuzeit zeigte die Formkurve gar in die andere Richtung, als sich die Saints 2005 zum ersten Mal aus der Premier League verabschiedeten und bis 2011 gar nur noch drittklassig unterwegs waren. Darauf folgte jedoch gleich wieder der Durchmarsch bis ins Oberhaus, aus dem man in der letzten Saison als Schlusslicht jedoch wieder abstieg.

Derzeit stehen die Zeichen allerdings wieder auf Rückkehr, auch wenn man sich mit Leicester und Leeds einen Dreikampf um die beiden zum direkten Aufstieg berechtigenden Spitzenplätze liefert. Doch auch für die heutigen Gäste aus Coventry schien der Aufstieg noch ein Thema, wenn auch nur über die Playoffs. Entsprechend groß war die Kulisse trotz der Ansetzung an einem Dienstagabend, sowohl im Heimbereich als auch bei den Gästen. Die Plätze füllten sich entsprechend, wenn auch erst kurz vor Anpfiff, bis beinahe auf den letzten Platz, wovon exakt 2.031 den Himmelblauen die Daumen drückten. Und wie so oft fand man direkt neben dem Gästeblock auch das Stimmungszentrum der Hausherren wieder, die zumindest in Southampton das Away End gar in eine Zange nehmen.

Denn neben der großen Kurve im Nordwesten, die in Sachen Lautstärke vom Fleck weg ein gutes Niveau erreichte, schienen die zwei Blöcke im Nordosten sogar noch aktiver und stimmten die meisten der Gesänge an. Rein optisch scheinen hier noch die Überreste der alten „Firms“ ins Stadion zu gehen, von denen Southampton mit den bekannten Gruppen The Uglies, Inside Crew und Scum Army dann doch einige mit einer gewissen Reputation in den 80er und 90er vorzuweisen hatte. Alles nur eine Mutmaßung von meiner Seite, doch die Optik und das Alter der Haudegen sowie der Auftritt als Anstimmer der Gesänge, in der die große Masse im Nordwesten mit einstieg, schien zu passen.

Auf die Ohren gab’s dabei selbstredend den Klassiker „Oh when the Saints“, der einige Male seine Runden drehte und mit am lautesten schallte, während die üblichen Chants, ob für die Mannschaft, gegen den Gegner als auch für einen Spieler, zum Besten gegeben wurden. In die letzte Kategorie fiel der Ohrwurm des Abends für den Spieler Joe Aribo, dem eine umgedichtete Version von „Gold“ der britischen Band Spandau Ballet gewidmet wurde. Sehr geile Stadionmelodie! Aber auch sonst war die Stimmung überraschend top, woran auch die Gäste einen gehörigen Anteil hatten.

Für mich zählt Coventry sowieso zu den Besten der Championship auf den Tribünen, was die Himmelblauen insbesondere im zweiten Durchgang eindrucksvoll unterstrichen. Denn nach bereits lautem Start lief die Geschichte mit frühem Rückstand zwar erstmal auf Sparflamme, ehe der gesamte Gästeblock trotz 2:0-Rückstand in Halbzeit zwei zu einem immer lauter werdenden Dauergesang ansetze, der weit über zehn Minuten andauerte. Für England beinahe utopisch, lässt man sich doch eigentlich von der Leistung auf dem Platz anstecken, nicht anders herum. Das lud nun auch die Heimseite zum Gesangsduell ein, was den Abend rückblickend zum mit Abstand stimmungsvollsten werden ließ, den wir jemals auf der Insel erlebten. Vielleicht nicht so laut wie in Everton, aber mit einer Konstanz, die ich so noch nie erlebt habe. Besondere Lieder hörte ich derweilen nicht heraus, das war eher britischer Standard. Aber genau dafür fliegt man auch hierher!

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Auf dem Rasen entfaltete sich das erwartete Topspiel auf einem wirklich starken Niveau, in dem die Gäste einen frühen Elfmeter an die Latte setzte, ehe die Hausherren wie erwähnt zwei Mal vor der Pause netzten. Auch danach war es ein wilder Schlagabtausch, in dem Coventry den verdienten Anschlusstreffer erzielte. Drei Buden, fast ein Torfestival hier! Passt gar nicht zu meinem bisherigen Schnitt von 0,8 irgendwas pro Spiel. Unterhaltsam, jedoch ohne weiteres Tor ging die Partie schließlich zu Ende und besiegelte den Heimerfolg der Saints, die damit weiterhin Teil des Spitzentrios um den Aufstieg bleiben. Für die Gäste dagegen ein herber Rückschlag im Kampf um die prestigeträchtigen Playoffs. Aber hey, Championship ist auch schön. Mit diesen Erkenntnissen ging’s wenig später hinaus in die dunkle Nacht und zurück ins Hafenviertel, wo unsere Mitfahrgelegenheit bereits auf uns wartete. Nette Bude, klasse Spiel und eine gute Stimmung – so kanns doch auch am nächsten Tag weitergehen!