16.12.2023
19. Spieltag 3. Liga
SC Verl - SSV Ulm
Stadion an der Poststraße
Endergebnis: 0:3 (0:2)
Zuschauer: 1.893 (ca. 100 Gäste)
Ticket: 26€
Fotoalbum
Da die seit vielen Wochen angekündigte Firmen-Weihnachtsfeier im beschaulichen Ostwestfalen zunächst aufgrund noch unklarer Ansetzungen des eigenen Vereins für leichte Sorgenfalten sorgte, war die Erleichterung, ja beinahe schon Vorfreude, bei Ankündigung des sonntäglichen Gastspiels in Karlsruhe umso größer. Mehr noch, denn so rückte gar der Samstag für eine weitere Partie ins Visier, kickten doch sowohl die Arminia als auch Verl an besagtem Wochenende auf heimischen Geläuf, während der eigene Aufbruch irgendwann um die Mittagszeit datiert wurde. Auch hier galt es nun gespannt auf die genauen Termine zu warten, die mich letztlich mit der Partie zwischen Verl und Ulm beglückten. Passte, denn so endete das Jahr in genau dem gleichen Dorf, in dem es im Januar begann.
Auch die bessere Hälfte ließ sich diesen Spaß nicht entgehen, musste dafür jedoch per ICE aus Frankfurt anreisen, während ich am frühen Samstag den Rausch der langen Nacht ins Kopfkissen schnarchte. Fix noch mit den Kollegen ein gutes Frühstück verdrückt, änderte sich die Besatzung des Fahrzeugs schlagartig von Arbeit zu Fußball. Von der Residenz der vergangenen Nächte namens Bielefeld ging’s nun zu Zweit hinunter ins beschauliche Verl, wo das Fahrzeug unweit des nicht (mehr) vorhandenen Bahnhofs ein Plätzchen fand. Von dort waren es nur wenige Meter per Pedes bis zum Stadion an der Poststraße. Recht unscheinbar erhoben sich weiß-schwarzen Wände zwischen den Fassaden eines Neubaugebietes, während am Eingang die zuvor georderten und tatsächlich per Post versandten Tickets ohne große Wartezeit entwertet wurden.
Einladend wirkten vor allem die beiden Verpflegungsstände, wobei ich vom wahrlich schmackhaften und frisch zubereiteten Schnitzelbrötchen nicht mehr als einen Bissen runter bekam. Schade drum, doch das frühe Frühstück belegte noch sämtliche Kapazitäten des Magens, weshalb der Rest genüsslich von der besseren Hälfte vertilgt wurde. Immerhin der ebenso gute Glühwein wärmte bei eisigen Temperaturen ein wenig von Innen, ehe wir uns auf den Weg zu unseren Plätzen auf der West- bzw. Gegentribüne begaben. Selbige befanden sich in zweiter Reihe nahezu in Höhe der Mittellinie, was bei der fast schon englischen Bauweise der Bude leider mit etwas eingeschränkter Sicht auf den Platz einher ging.
Sonst hatten wir einen guten Blick auf die anderen 5.200 Plätze der übersichtlichen und komplett von hohen Wänden umrahmten Bude, die zudem allesamt über ein Dach verfügen. Die Ostseite kommt dabei als einzige mit zweitem Rang daher, allerdings vorbehaltlich für ein paar auserlesene VIPs. Der Pöbel war dagegen auf den Stehern hinter den beiden Toren zugange, wobei der Norden den Hausherren vorbehalten ist. Leider verliefen sich, trotz der sportlich erfolgreichen Saison, keine 2.000 Nasen auf den Traversen. Immerhin spielen die Schwarz-Weißen wieder in der Heimat und nicht im gar nicht mal so nahen Paderborn, das man noch im Frühjahr diesen Jahres mit der eigenen Mannschaft ansteuern musste. Doch die Massen zieht der Sportclub auch auf der heimischen Anlage nicht, auch nicht mit blinkenden Flutlichtern zur Bespaßung der Massen während des etwas trägen Clubsongs.
Währenddessen machte sich bereits ein Haufen Niederländer nahe des Heimmobs bemerkbar, der als eingeladener Club gar vom Vereinssprecher begrüßt wurde. Warum sich der Haufen dann gleich neben den Stimmungs-Kern pflanzte bleibt jedoch fraglich. Weniger fraglich war der Boykott zum Spieltag, an dem sich beide Seiten für die ersten 12 Minuten beteiligten. Ulm zeigte dabei das vereinbarte Motto „Wir werden kein Teil eures Deals sein – Scheiss DFL!“, während die Verler Kurve nach Beendigung des Protests ein „DFL und Investoren – Mörder des Sports!“ via Tapete verlautbarte. Danach stiegen beide Seiten in den üblichen Support ein, wobei in meinen Augen die akustische Unterstützung der Hausherren absolut in Ordnung ging.
Ein ordentlicher Haufen, mit Sprungeinlagen und Wechselgesängen aktiv und mit einem guten Mix des deutschen Stadion-Repertoires in Sachen Liedgut ausgestattet. Relativ pausenlose Geschichte, trotz des frühen Rückstandes. Lediglich außerhalb des Kerns in der Kurve als auch auf unserer Tribüne war der Nachmittag eine recht emotionslose Angelegenheit. Ein paar mehr Fahnen hätten es vielleicht auch sein können, aber allgemein eine überraschend runde Sache. Befremdlich wirkten in dem Zusammenhang jedoch die verklebten Sticker auf Stadiontoilette und co. Ob das Image des „Randale Club Verl“ der „Hand in Hand – für Verein und Vaterland“ kämpft so wirklich zutrifft, wage ich mal zu bezweifeln. Und der Holland-Mob regte mit seinen frei angestimmten Gesängen auch irgendwann auf.
Besser gefiel da der Gästeblock, der jedoch mit knapp unter 100 Ulmern deutlich dünner besetzt als erhofft war. Wobei bei der großen Masse befreundeter Oberhausener wohl noch deutlich weniger wirklich aus der Münsterstadt den weiten Weg zu einem eher unattraktiven Gegner auf sich nahmen. Hinter einem dichten Bild aus zehn Zaunfahnen legte der Mob nach Beendigung des Boykotts gut los, zog die erste Hälfte aber ohne großen Höhen oder Tiefen durch. Wirkte zu dem Zeitpunkt ein wenig wie Dienst nach Vorschrift. Schwer in Worten rüberzubringen und emotionslos trifft es auch nicht ganz, aber vom Hocker riss es uns jedenfalls nicht.
Dagegen waren die letzten 20 Minuten der Partie schlichtweg grandios und rissen in der Hinsicht alles wieder raus. Dichte Schalparade und nochmal alle Schwenker und Doppelhalter ausgepackt, dazu zog gut die Hälfte des Mobs bei eisigen Temperaturen blank und sang sich in einen tollen Rausch. Vor allem die aus Basel adaptierte (bzw. dort das erste Mal gehörte) Melodie auf „Alli zämme“ ließ uns freudig auf und ab wippen. Die Freundschaft nach Oberhausen wurde ebenso besungen wie gegen Dorfvereine gepöbelt. Somit stand am Ende doch ein ordentlicher Auftritt zu Buche, der mit einem verdienten Sieg der Spatzen-Elf belohnt wurde.
Dabei stand es bereits vor dem Erreichen der zweiten Spielminute 0:1, ehe die dominanten Ulmer erst kurz vor dem Pausentee zum 0:2 erhöhten. Dominanz ohne Ende im erweiterten Spitzenspiel, was das Heimpublikum bereits mit Pfiffen zur Pause quittierten. Kann man mal machen, als Fünfter in der Tabelle. Mein Held des Tages lief währenddessen vor unserer Nase vorbei. Ein kleiner Bub, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, ausgestattet mit einer Mütze der SVE! Auch sowas, was ich mir in Ostwestfalen nicht unbedingt ausgemalt hätte. Gleiches gilt auch für den weiteren Spielverlauf, denn von Verl kam außer einer gelb-roten Karte nix mehr. Ulm somit mit dem 0:3 und leidenschaftlichem Support, während auch der Heimmob weiter seine Lieder trällerte.
Nach neunzig Minuten hatte der Unparteiische aber genug gesehen und beendete den frostigen Nachmittag mit dem letzten Pfiff des Tages. Feier auf der einen Seite, aufmunternde Worte auf der anderen. Man kennts und erlebts Woche für Woche. Wenige Minuten später saßen wir wieder im Gefährt, freuten uns über die notwendige Sitzheizung und düsten bis zum späten Abend zurück nach Frankfurt. Auch mal schön, so ein Kick ohne Videobeweis!