Manchester Saturday Morning League: Konger FC – Hewlett FC

18.11.2023
11. Spieltag Manchester Saturday Morning League
Konger FC - Hewlett FC
Parrswood Sports Centre
Endergebnis: 1:3 (1:2)
Zuschauer: 50
Ticket: Frei
Fotoalbum

Den Frankfurter Flughafen vor der Haustür zu haben ist aus Sicht eines Reiselustigen Fluch und Segen zugleich. Segen aufgrund der schier grenzenlosen Zahl direkt erreichbarer Destinationen – Fluch aufgrund der völligen Abstinenz jeglicher Billig-Airlines. Während sich also halb Deutschland bei Rainer und co. für 2 Mark 50 durch Europa kutschieren lässt, werfen wir dem Kranich Mal für Mal viel zu viel Geld in den Rachen. Wo Licht ist, ist eben auch Schatten, in diesem Fall aber auch umgekehrt. Denn die etlichen Buchungen, privater Natur als auch für berufliche Ziele, spuckten ein derart ordentliches Meilen-Saldo auf die Habenseite, dass endlich einer der ominösen „Freiflüge“ in den Warenkorb wanderte. Dank Ablauf der wertvollen Punkte recht zügig, aufgrund des Länderspielwochenendes wiederum mit Ziel England, exakt 4 Wochen nach Rückankunft aus dem Süden der Insel. Derzeit limitieren die eigenen Farben eben etwas die Wahl geeigneter Reisewochenenden, aber was will man darüber schon meckern.

Das Ziel England somit fix geklärt, das wohin genau mehr oder weniger auch. Denn bereits im Sommer wurden wir mit dem Konger FC auf ein kleines Juwel im englischen Amateurfußball aufmerksam, nahm doch der 2021 aus der Hongkonger Gemeinschaft gegründete Club in diesem Jahr zum ersten Mal an einem offiziellen Spielbetrieb teil. Zwar „nur“ in der Saturday Morning League, doch die knapp vierstellige (!) Zahl Schaulustiger beim ersten Heimspiel machten uns Hoffnungen auf einen ordentlichen Kick. Somit den Freiflug, für den am Ende dennoch Steuern und Gebühren in Höhe von drölf Rainer-Eskapaden gelöhnt werden mussten, mit einem weiteren Ticket für die bessere Hälfte ergänzt, ein AirBnB in Form eines stilechten, englischen Reihenhauses eingetütet und auch gleich die auf der Insel ansässige Familie eingeladen.

Ein Wochenende im Hirn-Schlummermodus somit gewiss, was nach einer unfassbar anstrengenden Woche vor dem Arbeitslaptop am späten Freitag beginnen sollte. Fix noch eine Dose des guten Bieres gegönnt, Koffer gesattelt und ab in die S-Bahn. Auf halber Strecke dann gemerkt, dass es ohne Pässe schwierig mit der Reise wird, also nochmal zurück, den kostbaren Puffer entsprechend komplett verbraten und zusätzliche Kohle für das dann notwendige Uber gelöhnt. Wenn’s läuft… Passte aber irgendwie zur Gesamtwoche. Am Flughafen fix den im Freiflug enthaltenen Koffer aufgegeben, beim goldenen M ein paar Kalorien reingeschaufelt und schließlich nach der Sicherheitskontrolle doch noch genügend Zeit für einen Kaffee vorgefunden. Wenig später ab in den Bus und zum Flieger, der uns von zehn Uhr Abflugzeit bis zehn Uhr Ankunftszeit in die Metropole Manchester bugsierte.

Viel los war am dortigen, altbacken wirkenden Flughafen um die Uhrzeit auch nicht mehr, sodass von Verlassen des Fliegers, über die Sicherheitskontrolle bis zum Erhalt des Koffers keine fünf Minuten vergingen. Rekord. Das Familien-Taxi traf kurze Zeit später ebenso ein, sodass wir wenig später unsere Backstein-Bleibe von Innen inspizieren durften. Tatsächlich eine Bude, wie man sie an jeder Straße in jeder Stadt des Landes direkt zu Gesicht bekommt: Dreiecks-Fenster an vorderster Front, enge und steile Treppe nach oben. Der Holzboden knarzte, die Wände waren wenige Zentimeter stark und die Heizung hatte ihre liebe Mühen, gegen die Zugluft anzukämpfen. Aber ruhig und sauber war es, auf halber Strecke zwischen Stockport und Manchester. Somit stand eine erholsame Nacht am nächsten Morgen auf der Habenseite, der zunächst mit standesgemäßem, wenn auch mit äußerst frühem Frühstück begann. Eine tschechische Anstoßzeit von 10.15 Uhr verlangt vor allem Effizienz – klappte allerdings ganz gut, sodass wir gut fünfzehn Minuten vor Anpfiff auf einem großen Parkplatz eines nahen Kaufhauses in Parrswood eintrafen.

Direkt daneben befindet sich eine der, laut eigenen Angaben im Netz, größten öffentlichen Schulen des Landes. Immerhin Orientierungspunkt für die anstehende Suche des Austragungsortes, denn von einem festen Stadion oder gar Sportplatz kann hier keine Rede sein. Vielmehr werden nördlich und südlich des River Mersey, der hier noch deutlich kleinere Ausmaße als in Liverpool einnimmt, schlichtweg ein paar Linien auf eine parkähnliche Anlage gekleistert. Ausbau oder sonstiges Fehlanzeige, gleiches galt für einen organisierter Eingang. Somit ging es einen kleinen Matschhügel hinab auf das tiefe Gras und schließlich bis hin zum am heutigen Morgen bespielten Feld im Osten.

Von großer Kulisse keine Spur, als mit unserer Ankunft der Anpfiff erklang, dafür hinterließen wir gehörige Spuren auf dem puddingartigen Untergrund. Fast wie Treibsand, nur das sich der Matsch mit der Zeit den Weg bis in jede Ritze der Schuhe erarbeitete. Nach Anpfiff trudelten immerhin noch einige weitere Schaulustige ein, deren Zahl am Ende bei knapp 50 lag. Viele mit eigenen Campingstühlen und Verpflegung bewaffnet, denn vor Ort gab es schlichtweg überhaupt nichts. Gut, konnte man auch nicht erwarten, dafür zahlt man für diese Klasse auch keinen Eintritt.

Aber warum der Hafer eigentlich? Normal befinden sich die untersten Klassen jenseits meines Interessengebiets, doch die Geschichte des Konger FC ist dann doch eine besondere. Denn der Club erhob sich erst 2021 aus der Taufe, wie tatsächlich einige weitere im gesamten, englischen Staatsgebiet. Grund ist und war einmal mehr der gigantische Zuzug von Hongkongern, derer insgesamt über 200.000 seit dem faktischen Sturz der Demokratie einen Neustart auf der Insel wagten. Einmal um die Erde, die Familie und viele Freunde hinter sich gelassen, wohl wissend, nicht mehr zurück zu kommen – daraus formen sich schnell Gemeinschaften Gleichgesinnter, so auch im sportlichen Sinne. Der aus Manchester stammende Konger FC gründete sich somit zunächst als Hobbyteam und wurde ab der Saison 23/24 als erster Club dieser Gemeinschaft in eine Liga aufgenommen.

Wenn auch „nur“ in die Manchester Saturday Morning League, die sich außerhalb der gängigen Pyramide befindet. Sprich für die Meisterschaft gibt’s einen feuchten Händedruck. Also eine Art Freizeitliga und somit das niedrigste vom niedrigsten Niveau. Dafür wird der Platz gestellt und auch sonst sind die Regeln etwas lockerer, wie zum Beispiel das ausgewechselte Spieler wieder eingewechselt werden können. Dennoch ein toller Anlaufpunkt für die lokale Gemeinschaft in Manchester, die auch heute bei Speis und Trank eng beisammen stand und ihre Gespräche untereinander führte. Der große Hype der ersten Spiele ist dagegen längst vorbei, dennoch zählt der Club auf sozialen Medien mehr Follower und Fans als manch Viertligist aus der gleichen Stadt. Vieles dürfte aber auch auf die dann gleich recht überzogenen Vorstellungen zurückzuführen sein, mit dem Club zeitnah durchzustarten. Da wurden noch vor dem ersten Spiel die Jahre ausgerechnet, bis die Gelb-Schwarzen Farben in der Premier League zu sehen sein würden.

Sicherlich dürfte der Start in der Saturday Morning League auch ein wenig einem Probelauf dienen, um vielleicht in der Zukunft im untersten Level der Hierarchie zu starten. Doch selbst das ist derzeit noch Zukunftsmusik. Heute war für die Kicker erstmal Dreck fressen angesagt, denn das tiefe Geläuf machte nicht nur uns zu schaffen. Entsprechend wenig Passspiel war hier möglich, dafür pflügten die Akteure den Rasen in den neunzig Minuten einmal komplett um. Auch mal witzig mitanzusehen, auch wenn das Ganze mit Fußball nur noch bedingt etwas zu tun hatte, trotz der Mitwirkung einiger Ex-Profis aus der HK Premier League. Sportlich gingen die Hausherren früh in Führung, gerieten dann allerdings schnell in Rückstand und dezimierten sich wenig später selbst. Danach war die Luft auf beiden Seiten raus und der finale Treffer zum 1:3 fiel erst kurz vor Schluss.

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Für die nassen Füße kam der Schlusspfiff wie gerufen, auch wenn der Rückweg über den Rasen mehr einem Hindernissparkur durch eine Moorlandschaft ähnelte. Bei wärmeren Temperaturen sicherlich mit mehr Spaß verbunden. Stilecht ging es im Anschluss weiter in einen kantonesischen Laden namens „Fishing Village“, in dem bei feinster Küche das morgendliche Spiel verdaut wurde. Garniert mit dem festen Entschluss, weiter an der Entwicklung des Hongkonger Fußballs in England dranzubleiben!