01.07.2023
12. Spieltag Eliteserien
Vålerenga IF - Viking FK
Vålerenga Stadion
Endergebnis: 1:2 (0:1)
Zuschauer: 8.977 (ca. 800 Gäste)
Ticket: 249 NOK
Fotoalbum
Die lange, fußballfreie Zeit im Sommer gepaart mit der generellen Aversion gegen die Hitze in der eigenen Dachgeschosswohnung ließen uns bereits früh im Jahr Pläne für eine erneute Tour nach Nordeuropa schnüren. Wobei erneut ist relativ, denn bis auf Estland und Lettland kommt die Karte besuchter Stadien im hohen Norden noch arg jungfräulich daher. Höchste Zeit also, den skandinavischen Raum genauer zu beleuchten! Nachdem der beinahe festgezurrte Trip nach Stockholm an einer nicht verschiebbaren Dienstreise zerschellte, fiel die Wahl nicht zuletzt aufgrund günstiger Ansetzungen auf Oslo, wobei dies wohl das einzige Mal bleiben wird, dass ich „günstig“ und „Oslo“ in einem Satz erwähnen werde. Denn der Verlockung schnell erliegend, wanderten die Flüge zum Anti-Sommer-Schnäppchen-Preis der Lufthansa in den Warenkorb, nur um wenig später festzustellen, dass das Thema „…dafür dann eine günstige Unterkunft!“ im Nachhinein für eigene Lacher sorgte.
Mussten wir, bei den zuletzt häufigen Ausflügen in die Schweiz, bereits den ein oder anderen Taler über dem akzeptablen Preisniveau für Unterkunft, Speis und Trank entrichten, kam Norwegen mit einem lockeren „Hold my beer“ ums Eck und schockierte uns mit astronomischen Preisen für so wirklich jede Art der Beherbergung. Am Ende entschieden wir uns für ein AirBnB, was in Sachen Standort immerhin noch recht nah am Zentrum lag und die Reisekasse nicht vollends leerte. Die kurz aufkeimenden Zweifel der Sinnhaftigkeit verflogen allerdings schnell wieder und spätestens bei Aufbruch zum Flughafen noch vor fünf Uhr morgens herrschte pure Vorfreude auf das Unbekannte, was da kommen mag.
Daher nochmal fix das goldene M beehrt, ehe uns der Kranich äußerst pünktlich in knapp zwei Stunden nach Oslo-Gardermoen brachte. Den wirklich schicken um mit viel Holz vertäfelten Flughafen durchschritten, kauften wir uns zunächst via Ruter-App unsere Zugtickets. Im Grunde die beste aller Alternative für unsere geplanten sechs Tage in der norwegischen Hauptstadt, da so ein Wochenticket für die Innenstadt-Zone erworben und mit dem kurzfristigen Zukauf weiterer Zonen erweitert werden konnte. Mit einem Regionalexpress, der exakt die gleiche Zeit in die Stadt benötigt wie der überteuerte Fly-Train, ging’s die knappe halbe Stunde bis zur Oslo Sentralstasjon, wo zunächst die hungrigen Bäuche in einem recht guten Baguette-Laden gestillt wurden.
Mit einiger Zeit auf der Uhr stolperten wir über ein Vinmonopolet und stopften bereits einige gute Biere in den Rucksack, ohne uns der Wichtigkeit dieser Entscheidung bewusst zu werden. Denn bei einem erneuten Blick am späten Nachmittag war der Laden geschlossen und wir fanden erst deutlich später heraus, dass das Thema Alkohol in Norwegen deutlich anders behandelt wird als in heimischen Gefilden. Bier bis einschließlich 4,7% bekommt man nämlich überall, alles darüber einzig und allein in diesem staatlich regulierten Laden, und zwar landesweit! Dazu kommen sehr eingeschränkte Öffnungszeiten bis lediglich 18 Uhr, während man samstags bereits ab 16 Uhr vor verschlossenen Türen steht, die sonntags gar nicht erst öffnen. Ebenso wird in den üblichen Supermärkten der Verkauf ab 20 Uhr eingestellt. Da hätten wir beinahe auf dem Trockenen gesessen…
Daher machten wir uns, glücklicherweise mit einigen Flaschen im Gepäck, per T-Bane, wie die Metro hier genannt wird, auf den kurzen Weg in unser Viertel namens Ensjö. Dort erwartete uns bereits unsere nette und moderne Unterkunft, die uns für die folgenden fünf Nächte ein Dach überm Kopf bieten sollte. Die Aussicht aus dem obersten Stock auf das restliche Neubaugebiet wurde entsprechend mit dem ersten, kühlen Blonden zelebriert, während bei angenehmen 23 Grad eine leichte Brise über den Balkon wehte. Damit könnte ich mich dauerhaft anfreunden!
Nach einiger Zeit packte uns die Entdeckerlust und wir brachen mit der Metro wieder in Richtung Innenstadt auf. Dort schlenderten wir ein wenig durch den neuen Barcode-Distrikt am östlichen Pier, der aufgrund seiner vielen, schlanken Hochhäuser jenen Namen verliehen bekam, während der ebenfalls modernen Kai namens Sørengautstikkeren (schöner Zungenbrecher) mit einem Lachs-Restaurant (Pinkfish, Kette aber lecker!) uns für den Abend versorgte. Das Munch-Museum sowie die Silhouette des Opernhaus bilden daneben die derzeitigen Wahrzeichen der größten Stadt des Landes, die mit ihrer über einer Million Einwohner knapp ein Fünftel aller Norweger beheimatet und in vielen Bereichen äußerst modern wirkt. Was vor allem daran liegt, das kaum Rücksicht auf denkmalgeschützte Gebäude gelegt werden muss, die den neuen Stadtteilen weichen müssen, denn das gesamte Stadtgebiet der norwegischen Hauptstadt, die bis ins Jahr 1925 auf den Namen Christiania hörte, ist im Vergleich zu anderen, europäischen Hauptstädte vergleichsweise neu.
Zum Hintergrund reiche ich an dieser Stelle einfach mal den kurzen Eintrag von Wikipedia: Im Jahr 1814 wurde Christiania nach der Schließung des Kieler Friedens und dem damit einhergehenden dänischen Verzicht auf Norwegen die neue Hauptstadt des nun nahezu selbstständigen Landes, das sich nun in einer Union mit Schweden befand. Den Status als Hauptstadt erhielt Christiania lediglich de facto, eine gesetzlich offizielle Hauptstadt gab es nicht. Im Jahr 1814 hatte die Stadt unter 15.000 Einwohner und war hinter Bergen die zweitgrößte Stadt Norwegens. Als Hauptstadt war Christiania vergleichsweise klein, Kopenhagen hatte etwa zum gleichen Zeitpunkt rund 100.000 Einwohner. Zudem hatte Christiania neben dem Dom und der Festung Akershus zunächst kaum Monumentalbauten. Aufgrund des neuen Status als Hauptstadt wurde begonnen, neue Verwaltungs- und Monumentalbauten zu erbauen. Errichtet wurden unter anderem das Königliche Schloss, verschiedene Regierungsbauten und Gerichte. Die Universität Oslo war bereits kurz zuvor im Jahr 1811 gegründet worden und blieb bis 1946 die einzige Universität Norwegens.
Somit entsprechend viele Glasbauten im Zentrum, die jedoch ihren eigenen, skandinavischen Charme behalten. Die eigentliche Innenstadt sparten wir uns allerdings für den Folgetag auf, da der immer wieder aufziehende Regen sowie die gleichermaßen beständige Müdigkeit den Wunsch nach einer Beendigung des ersten Tages in den Vordergrund stellte. Daher auf den Rückweg gemacht, fix im lokalen Spar für den nächsten Morgen vorgesorgt und den ersten Tag voller neuer Eindrücke beendet.
Der fußballfreie Freitag startete mit einem entsprechend ausgedehnten Frühstück in den eigenen vier Wänden, ehe wir uns per Metro für den Vormittag auf den Weg ins Grüne machten. Denn mit der Linie 1 kommt man nicht nur in den Genuss der, meiner Meinung nach, schönsten Metro-Strecken Europas, sondern eben auch bis hoch auf den Berg Holmenkollen, der jedem Wintersportfreund ein Begriff sein dürfte. Von der Endhaltestelle Frognerseteren wanderten wir einige Kilometer den Berg hinab, stets mit schönem Oslo- und Fjord-Panorama vor den Augen, bis wir schließlich den Holmenkollenbakken erreichten. Die Skisprungschanze, auf der bereits 1892 die ersten Wettkämpfe stattfanden, gilt als die Älteste der Welt und zieht selbst im Sommer Busladungen voller Touristen an. Recht beeindruckt von der Größe des 50.000 Zuschauer fassenden Areals genossen wir das endlich schöne Wetter, bis uns schließlich die grummelnden Mägen zu einem Aufbruch hinunter in die Stadt aufforderten.
Das große Problem war jedoch die Wahl eines geeigneten Lokals, denn so wirklich regionale Küche wollten oder konnten wir hier nicht finden. Zwischen viel zu teuer und nicht wirklich vorhanden, kämpfen vorwiegend unzählige Burgerläden um die zahlungskräftige Kundschaft. Mit einem TGIF konnten wir zumindest mittags vorlieb nehmen, sodass genug Energie für die nun startende Stadtrunde vorhanden war. Diese begann am Osloer Dom und führte uns entlang der Karl Johans gate, vorbei an Universität und Theater bis hin zum königlichen Schloss, dass allerdings lediglich aus der Ferne begutachtet wurde. So wirklich beeindruckte Letzteres nämlich nicht.
Vielmehr wunderte man sich über den Massenauflauf älterer Herrschaften vor dem Grand Hotel, das sich wenig später als Aufenthaltsort von Bruce Springsteen entpuppte, der am gleichen Abend in Oslo ein Konzert geben sollte. Da standen sie nun, die ewig jung gebliebenen, stets hoffend, ihr Idol für eine Sekunde vor die Kamera zu bekommen. Da fehlt mir ja komplett das Verständnis für, wie man den gesamten Tag auf irgendwelche Stars warten kann. Aber was darf ich schon sagen, der in Stadien weit vor Anpfiff den jeweiligen Szenen beim Aufbau zuguckt und sich eben daran erfreut. Jedem das seine an dieser Stelle. Am monumentalen Backstein-Rathaus, das im Übrigen als Verleihungsort des Friedensnobelpreises dient, bogen wir nun in Richtung Akkerbryyge ab. Wie schon am Vortag ein ebenso modern bebauter Kai mit vielen Geschäften und Bars, die mit Blick auf die Fähren des Fjords auch uns zum Verweilen einluden.
Witzig schienen zudem die unzähligen Sauna-Häuschen, die als Boote auf dem Wasser diverse Grüppchen beherbergten, die es sich zur Aufgabe machten, nach getanem Saunagang möglichst spektakulär von den jeweiligen Boots-Dächern ins Meer zu springen. Wäre ich Sauna-Gänger, hätte ich hier nach dem Sprung in die kühle Nordsee wohl wahrlich meinen Frieden gefunden. Oder einfach mal los schippern aufs offene Meer mit genug Brennholz im Gepäck… So die Gedanken beim Blick auf die Menschenmassen, die sich in Richtung der Akershus Festung schoben, die wir eigentlich als letzten Punkt des Tagesplans besuchen wollten. Doch da machte man die Rechnung ohne die Feierlichkeiten zum Pride month, der insbesondere in Norwegen nahezu einem Feiertag gleicht. Überall wehte die Regenbogen-Fahne und zahlreiche Festivitäten blockierten Teile der Innenstadt. Ganz anderer Umgang damit als in der Heimat, allerdings mit einer absolut zwanglosen Offenheit versehen. Jedem das seine, ich sag’s immer wieder.
Daher zogen wir bereits den Besuch einer ersten Bar vor und ließen uns unweit des Rathauses bei der Amundsen Brauerei nieder, deren Biere wir bereits in der Heimat feierten. Doch hier machte man mehr auf Brit-Pub, was uns im hohen Norden so gar nicht zusagte und uns nach einem Glas der bescheidenen Auswahl wieder aufbrechen ließ. Mit dem Røør wurde es im Anschluss aber die bestmögliche Alternative, denn über das Thema Auswahl muss man bei über 60 Taps nicht mehr sprechen! Ein paar Gespräche über lokales Bier später sowie um die Erkenntnis reicher, dass in Norwegen gutes Craftbeer und kommerzieller Gerstensaft den gleichen Preis haben (im Laden gut und gerne 10€ pro Glas!), ging’s zurück zur Bleibe, wo mit einem weiteren Döschen aus dem Kühlschrank der zweite Abend beendet wurde.
Samstag, dritter Tag in Oslo und endlich Matchday! Allerdings erst abends, sodass wieder die übliche Prozedur am Morgen folgte: Kurzer Fußweg zur Bäckerei ums Eck, mentaler Anfall bei knapp 10€ für drei Brötchen, selbige kurz drauf in der Unterkunft verspeist und dabei das Blattgold nicht gefunden, was bei den Preisen definitiv vorhanden sein sollte. Was die hier verdienen müssen… Allerdings waren es die Kanelboller, einer Art Hefe-Zimt-Brötchen, fast schon Wert. Geiles Zeug! Den Vormittag verbrachten wir mit einer kurzen Runde im westlich der Innenstadt gelegenen Vigelandsparken, der mit eher ungewöhnlichen Skulpturen besticht, ehe wir mit Grünerløkka sowas wie den Prenzlauer Berg Oslos erkundeten. Vor allem die Gegend rund um den sich durch das Viertel schlängelnden Fluss Akerselva wusste sehr zu gefallen, während die im Viertel gelegene, umgebaute Markthalle gleich fürs Mittagessen diente. Gute Auswahl verschiedener Speisen an den zahlreichen Ständen, von der wir auch eifrig Gebrauch machten.
Eine kleine Runde anschließend durch die geschäftigen Straßen des Viertels, ehe wir uns so langsam auf den Weg zurück zur Bleibe machten. Die am ersten Juli durch die Stadt ziehende Pride-Parade ließ uns zwar ab und an in Sachen Tram-Verbindung verzweifeln, glücklicherweise ist die Innenstadt aber fußläufig recht fix durchschreitbar, sodass die nächste Station der T-Bane schnell gefunden werden konnte. In der Unterkunft kurz ausgeruht und wortwörtlich die Akkus aufgeladen, ehe es aus Ensjö zu Fuß in Richtung der Spielstätte des Abends ging. Knappe 20 Minuten brauchten wir lediglich, ehe der Neubau im Osten der Stadt am Ende einer Straße auftauchte. Ein paar Wandmalereien und viele Sticker zierten den Weg, was die Vorfreude auf das für mich vollkommen unbekannte fußballerische Norwegen Stück für Stück steigen ließ. Wird’s eher wie in England, wie man es bis vor ein paar Jahren in diversen Berichten herauslesen konnte? Oder hat mittlerweile doch Ultra’ Einzug erhalten, wie es die diversen Stencils und Tags an den Wänden vermuten ließ?
Erwartungsvoll liefen wir in Richtung der Tribünen, schnappten uns auf dem aufgebauten Fanfest einen Schal für die Sammlung und erblickten unzählige Anhänger in der Stadionkneipe im Schatten der Büro- und Wohnhochhäuser, die die neue Spielstätte von Vålerenga umringen. Lasch waren die folgenden Kontrollen am Eingang, im Grunde nicht vorhanden. Dünn aber auch die Auswahl am Verpflegungsstand. Kein Bier oder sonstige alkoholische Getränke, lediglich Softdrinks und Kaffee. Dazu aufgewärmte Wiener in einem labbrigen Tortilla-Wrap und, kein Witz, kalte Stücke Domino’s Pizza, die aus dem Karton verkauft wurden. Unterirdisch ist da fast noch eine Untertreibung, doch die Pille mussten wir dann leider schlucken. Da wäre ein vorheriger Besuch im Supermarkt deutlich befriedigender gewesen. Somit vertilgte man den kalten Fraß und schaute neidisch auf das geschmuggelte Dosenbier des Sitznachbarn.
Immerhin konnten wir uns mit den eigenen Plätzen in Block 306 der Gegentribüne gut anfreunden, die für 249 NOK zwei Wochen vor Abflug aus dem Drucker kamen. Vor Ort ist die Ticketbeschaffung allerdings auch kein Problem, den Stress wollte ich mir im Vorfeld aber ersparen, vor allem beim ersten Kick. Im Blick hatten wir dabei sämtliche der vier freistehenden Tribünen des 16.556 Zuschauer fassenden All-Seaters, der seit Eröffnung 2017 das drittgrößte Stadion des Landes stellt und sich in alleinigem Besitz des Vålerenga IF befindet. Tatsächlich erwähnenswert, da der 1913 gegründete Club somit zum ersten Mal in einem eigenen Stadion im namensgebenden Viertel spielte. Davor waren die Blau-Weiß-Roten unter anderem Mieter im Ullevaal Stadion (Nationalstadion) sowie im Bislett Stadion im Westen Oslos.
Erfolge kann der ebenfalls auf „Bohemians“ (aufgrund seiner Mannschaft voller bekannter Spieler in den 60ern) getaufte Club vor allem in den 80ern Vorweisen, aus den drei der bisher fünf gewonnen Meistertitel stammen. Nicht wirklich viele mit Blick auf Rekordmeister Rosenborg Trondheim mit 26 Trophäen, zumal die letzte Meisterschaft des Osloer Clubs bereits aus dem Jahre 2005 stammt. Und dennoch weis der Vålerenga IF die größte Anhängerschaft des Landes hinter sich, dessen aktiver Kern sich auf der Osttribüne, dem Østblokka, hinter einem schön gemalten Graffiti niederlässt.
Die Hauptgruppe „Ikaros Oslo ‘10“ flaggte dabei mittig mit größerer Zaunfahne an und stellte einen ganz in Schwarz gekleideten Mob, der sich dadurch farblich eindeutig von der vornehmlich in Blau und Rot bzw. in Regenbogen-Farben auftretenden, restlichen Tribüne abhob. Ausrichtung eher in Richtung Ultra’, was nicht zuletzt die diversen Sticker im Stadtgebiet sowie der allgemeine Auftritt bestätigten. Direkt darüber positioniert sich der „Klanen Oslo 1991“, die größte Support-Vereinigung Vålerengas, die im Vorfeld u.a. zum Mitlaufen bei der Pride-Parade aufrief. Einige Doppelhalter und ungewöhnlich schmal geschnittene Schwenker, darunter zwei Regenbogen-Fahnen oberhalb des Mobs, vervollständigten das optische Tifo, das insbesondere zur absolut geilen Vereinsmelodie beständig im Wind kreiste.
Die dichte Schalparade machte einen starken ersten Eindruck, der sich nach der beständig laut vorgetragenen Hymne in Richtung „europäischem Standard statt England“ festigte. Nach anfänglichem Protest gegen Clubmanager Erik Espeseth („Gift for Klubben – Ut med SPZ!“) startete der gut gefüllte Block mit einer beeindruckenden Klatscheinlage in den lautstarken Spielsupport. Bei den Gesängen bediente man sich vornehmlich aus Deutschland, wandelte viele der Melodien aber ein wenig ab und drückte dem akustischen Support seinen eigenen Stempel auf. Besonders im Kopf blieben die Versionen vom aus Köln bekannten „Du bist mein Verein ich liebe dich“ sowie dem aus Argentinien entlehnten „Brasil decime que se sciente“.
Insgesamt eine kreative als auch lautstarke Kurve, wenn auch großteils vom Spielverlauf gesteuert, gerade mit Blick auf die äußeren Bereiche des Blocks und die ohnehin passive Gegengerade. Dafür, dass wir aber nicht wussten, was uns erwarten sollte, hat uns der Auftritt, der im zweiten Durchgang nach einem Elfmeter-Treffer durch eine Chaos-Pyroshow mit Fackeln und Rauch seinen Höhepunkt fand, wirklich gut mitgenommen. Spoiler: Es sollte der Beste der Tour bleiben.
Gewisse Erwartungen setzte man daher auch in den Gästeblock, nicht zuletzt aufgrund der guten Masse von rund 800 Schlachtenbummlern. Doch früh wurde deutlich, dass der Hauptmob rund um „4020 STVG“ samt Hooligan-Fahne lediglich aus einer Handvoll Jungs bestand, während die größte Zaunfahne gar einem Viking-Fanclub aus Oslo gehörte. Bei mehr als sieben Stunden pro Strecke aber auch nicht verwunderlich, wobei es sich für Norwegen nicht wirklich um eine ungewöhnlich lange Auswärtsfahrt handeln dürfte. Schon riesig, dieses Land… Optisch startete der Anhang aus Stavanger mit einer hellblauen Blockfahne in die Partie („Kriegere på Banen – Kriegere på Tribunen“ – Krieger auf dem Feld, Krieger auf den Tribünen) und wusste insbesondere anfangs mit einigen Schlachtrufen und Klatscheinlagen zu gefallen.
Auch beim gemeinsame Hinhocken und Aufspringen beteiligte sich der gesamte Block, wenn auch primär beim reinen Mitklatschen. Denn so wirklich hörbar war der Auftritt der Gäste für uns nicht, trotz der optisch hohen Mitmachquote. Ebenso hörte man gefühlt die immer gleichen Lieder, wenn auch im zweiten Durchgang der von Saarbrücken groß gemachte Klassiker auf „So high“ von SXTN zum Besten gegeben wurde. Da hätte ich mir unterm Strich etwas mehr erhofft, aber bei vielen Umlandfans wohl auch schwierig den eigenen Stil durchzusetzen.
Dafür durften die Gäste zumindest als erste jubeln, denn der in der tabellarischen Spitzengruppe situierte Viking FK schaffte im ersten Durchgang nach feinem Konter die Führung. Damit hatte Vålerenga, seinerseits nur knapp überm Strich vorzufinden, so seine Schwierigkeiten, trotz guten Angriffen. Der zweite Durchgang wurde entsprechend hitziger und kochte bei einer Elfmeterentscheidung für die Hausherren beinahe über. Da brachte die hierzulande gängige Praxis, jede strittige Szene direkt für alle ersichtlich auf den großen Videoleinwänden zu wiederholen, nicht wirklich Ruhe in die Szene.
Der fällige Strafstoß bedeutete den Ausgleich und ließ die unvermummt zündelnde Kurve brennen, ehe in der Nachspielzeit ein Verteidiger der Blau-Weiß-Roten nach Notbremse kurz vorm Strafraum früher Duschen durfte. Für seine Heldentat in der sechsten Minute der Nachspielzeit noch frenetisch von Mannschaft und Publikum gefeiert, netzte Viking den fälligen Freistoß eiskalt zum Auswärtssieg. Krasser Torjubel nun im Gästeblock, der wahrlich explodierte, während sich das restliche Stadion schlagartig leerte. Entsprechend schwappte die Stimmung im Ostblock zurück ins Negative, die eingangs gezeigten Spruchbänder gegen den Manager wurden wieder präsentiert und die Mannschaft nach Schlusspfiff weggeschickt. Da liegt wohl einiges im Argen bei den Hauptstädtern.
Nachdem die Feier am Gästeblock so langsam ausklang, machten wir uns auf den Weg zur T-Bane und fuhren wieder ins Zentrum, wo nach einiger Suche ein kleiner Italiener zwecks Abendessen auserkoren wurde. Leider qualitativ eher semi und somit deutlich zu teuer, weshalb wir uns die letzte Barrunde sparten und den Rest des Abends kostengünstig im AirBnB verbrachten. Insgesamt aber ein starker Einstand in den fußballerischen Part der Reise, der Lust auf die folgenden beiden Tage machte!