04.03.2023
23. Spieltag Super League
FC Luzern - FC Basel
Swissporarena
Endergebnis: 0:1 (0:1)
Zuschauer: 13.248 (ca. 1.200 Gäste)
Ticket: 34,40 CHF
Fotoalbum
Da der eigene Heim- und Herzensverein derzeit die Saison seines Lebens hinlegt, sind auch unsere Wochenenden verplanter denn ja. Verpassen will man so wenig wie möglich, sodass derzeit eher die kleinen Lücken wie das anstehende Montagsspiel genutzt werden, um auch weiterhin über den bekannten Tellerrand zu schauen. Schon seit Anfang Januar war klar, dass sich am ersten Märzwochenende etwas planen lässt, wobei mich ein Blick auf die für den Dezember-Trip erstandene Schweizer Vignette auf meiner Windschutzscheibe das Zielgebiet bereits festigen ließ. Zudem sind die Erinnerungen ans letztjährige Zürich-Derby wie auch an Basel – Bern noch so aktuell, dass man gerne wieder ins fußballerisch hochinteressante Fleckchen Alpen abtauchen wollte.
Die Ansetzungen spuckten auf den Samstagabend mit Luzern gegen Basel einen richtigen Leckerbissen aus und auch die Stadt selbst machte auf Bildern einen schicken Eindruck. Aufgrund der späten Anstoßzeit zwar mit Übernachtung verbunden, doch für knapp 90€ war das gebuchte Holiday Inn Express inklusive Frühstück zu zweit mehr als bezahlbar. Die Kohle legst du dort gerne fürs Frühstück alleine hin. Also Tickets fürs Spiel gezogen und sich zwei lange Monate auf die abermalige Fahrt gen Süden gefreut. Samstagmorgen dann früh auf, Kaffee runter, über die A5 gen Grenze und Basel hinter uns gelassen, erreichten wir nach gut fünf Stunden die Innerschweiz. Unweit der Altstadt fand das Gefährt einen schattigen Parkplatz in einem Parkhaus, was ich zwar eigentlich gern vermieden hätte, doch kostenlose Parkflächen sind in der Stadt leider rar gesät.
Aber so ein Trip in die Schweiz ist ja generell perfekt, um sich selbst mit gutem Frankfurter Gehalt nochmal so richtig in die Studentenzeit zurückzuversetzen. Der Stundenlohn fließt quasi rein in den Parkplatz und für den Preis einer Margherita kann man auch seinen Wocheneinkauf erledigen. Aber genug gejammert, wussten wir ja schließlich vorher und außerdem war das tolle Wetter viel zu schön um sich über irgendwas aufzuregen. Erster Stopp sollte das Schlosshotel „Gütsch“ sein, welches hoch über der Innenstadt thront und einen perfekten Blick auf den Luzerner See offenbart. Erreichen kann man den Aussichtspunkt via Standseilbahn, die wie eine Art Aufzug per Knopfdruck gerufen werden kann. Kostet allerdings so viel wie eine Kurzstrecke im Nahverkehr, also gut 2,50 CHF die Nase, ist aber in Tagestickets inkludiert. Wir nahmen die Bahn lediglich nach oben und schlenderten bei dem wunderschönen Ausblick die Stufen wieder hinab in die Altstadt.
Letztere zieht sich über beide Seiten des Flusses Reuss, der den natürlich Abfluss des Luzerner Sees bildet. Ihn überspannen zahlreiche Brücken, wobei insbesondere die Spreuerbrücke und die Kapellbrücke, beides jahrhundertealte Holzbrücken mit aufwändigen Verzierungen und Gemälden, das Stadtbild prägen. Wir genossen entsprechenden den Zick-Zack-Kurs vom rechten auf das linke Ufer und gönnten uns sogar ein Eis auf die Hand. Am Tag zuvor in Frankfurt fast erfroren, nun bereute man gar die Mitnahme der Jacke. Einige Zeit schlenderten wir noch über Kapell-, Hirschen- und Mühlenplatz, langten in einem Supermarkt bei uns unbekannten Ovomaltine-Produkten zu (heißer Scheiß!) und legten uns einen kleinen Vorrat an heimischem Bier für den Abend an.
Dann folgte die Qual der Wahl: Überteuerter Imbiss-Fraß oder richtiges Mittagessen, das ein ordentliches Loch in die Reisekasse reist… Was soll der Geiz, wir zogen in ein kleines Wirtshaus ein, das auf den Namen „Taube“ hörte. Dort gab’s kross gebratenes Rösti, herzhaft überbacken mit Raclette-Käse. Kurz und knapp: Es war es allemal Wert! Gesättigt wurde schließlich das Auto aus dem Parkhaus ausgelöst und den Weg in den südlich gelegenen Stadtteil Kriens angetreten. Keine zehn Minuten später erreichten wir nicht nur den Ort unseres Hotels, sondern auch den der Spielstätte für den Kick des heutigen Abends. Mit einiger Zeit auf der Uhr gönnte man den Füßen eine Pause und stimmte sich mittels Sportschau auf den späteren Kick ein, aufgrund des Fehlens eines Kühlschranks allerdings deutlich trockener als geplant. Alternativen waren auch nicht wirklich vorhanden, da sämtliche Supermärkte samstags bereits um fünf (!) Uhr schließen. Naja, dann eben Wasser.
Etwa neunzig Minuten vor Anpfiff bequemten wir uns in die Dunkelheit nach Draußen und stapften die lediglich zehn Minuten Fußweg in Richtung der neuen Swissporarena, die auf dem Gelände des ehemaligen Stadion Allmend samt einiger Wohntürme errichtet wurde. Gerade rechtzeitig, um während des Gangs zum Fanshop den gerade ankommenden Corteo der Baseler Anhänger abzupassen, der die anwesende Schmier hektisch werden ließ. Unter lauten Gesängen und angerissenen Fackeln ging’s in Richtung Gästeblock, was die eigene Vorfreude auf die folgenden neunzig Minuten nur noch weiter ansteigen ließ. Für die Sammlung gab’s noch einen Schal, dann enterten wir den Heimbereich im Süden und legten, mangels Alternativen, 10 Franken für ein Bier und eine Brezel hin. Musste reichen. Damit die Sitze der günstigsten Kategorie eingenommen, die man abseits der Stehplätze überhaupt buchen konnte. Gut 35€ für den Eckblock wurden fällig, doch aufgrund des geringen Andrangs waren mehr als genug freie Plätze hinterm Tor vorhanden, sodass wir uns fix bessere Sicht auf Heim- und Gasttribüne verschafften.
Somit auch ein guter Blick auf die neue Bude, die mit über 17.000 Plätzen dennoch recht klein und eng wirkt. Gerade das tiefe Dach, an dem man sich in der letzten Reihe fast den Kopf anstößt, lässt das Stadion deutlich kleiner wirken als es die Kapazität vermuten lässt. Gesamteindruck eher von der Stange, samt etwas seltsamer Lage des Gästeblocks, bzw. Käfigs. Denn der ist an der Seite vorzufinden und glänzt augenscheinlich nicht mit bester Sicht, was in den Jahren seit der Eröffnung 2011 bereits zu mehreren Boykotts der Gastszenen führte. Und auch heute blieben die Baseler bis fünf Minuten vor Anpfiff draußen und enterten erst dann in aller Ruhe ihren Bereich. Interessant auch, wie mit den Glaswänden als Abtrennung umgegangen wurde, denn zum befestigen der Zaunfahnen stiegen einige Jungs über den Zaun und spannten zwei stramme Schnüre, die den Gruppenfahnen Halt gaben. Alles top organisiert und nach nur wenigen Minuten befestigt. Zudem ohne Präsenz von Ordnern, trotz des fürs Aufhängen benötigten Betretens des Innenraumes. Kann man sich in der Heimat nicht vorstellen.
Wo wir schon beim Thema Protest sind, ist auch die Situation der Luzerner anzumerken, die wieder einmal die Wichtigkeit der 50+1-Regel im deutschen Fussball unterstreicht. Bernhard Alpstaeg, mit 52% der gehaltenen Anteile Mehrheitsaktionär der FCL Holding AG, sprach dem Präsidenten als auch dem Sportchef die sportliche Kompetenz ab und wollte sich stattdessen selbst zum Präsidenten küren, was durch öffentlichkeitswirksame Aktionen von Seiten der aktiven Szene glücklicherweise unterbunden werden konnte. Seitdem prangt das Motto „Zusammen mehr als 52%“ über dem Heimbereich. Da sich infolgedessen einige Anteilsübernahmen der Vergangenheit als nicht sauber herausstellten, verlor Alpstaeg durch diese Aktion sogar einen großen Teil des Mitspracherechts und musste sich mit lediglich 27% Anteil begnügen. Das Ego schonmal angekratzt, verweigerte er nun als Miteigentümer des Stadions gar die Unterschrift für das Lizenzierungsverfahren für die nächste Saison. Nicht verwunderlich, dass so gut wie kein Anhänger der Blau-Weißen diesen Typen auch nur in der Nähe des eigenen Clubs mehr sehen will.
Ins Stadion trug man den Protest durch einige dauerhaft angebrachte Spruchbänder auch heute, allerdings sollte es, nachdem es zum letzten Spieltag deutlich größere Aktionen gab, dabei bleiben. Somit durfte man sich auf eine größere Choreo des Anhangs des Meisters von 1989 und Pokalsiegers des vorletzten Jahres freuen, die sich bereits früh andeutete. Per Seilzug wurden überdimensionierte Zahlen in der Mitte hochgezogen und ab der Hälfte als Blockfahne nach unten durchgegeben, was mitsamt einer langen Folie am vorderen Zaun das Motto „Vo de 1. bes zode 90. Minute geds nor 1. rechtig“ formte. Wenn mein nicht vorhandenes Schweizerdeutsch ausreicht, in etwa: Von der ersten bis zur 90. Minute gibt’s nur eine Richtung. Die großen Zahlen sollten dabei wohl das Gründungsjahr 1901 formen, doch leider ging augenscheinlich beim Hochziehen die 9 zu Bruch. Schade für die Arbeit, dennoch ein beeindruckendes Gesamtbild, was mit unzähligen Fahnen vervollständigt wurde.
Zusätzlich wurden unzählige gelbe und weiße Fackeln angerissen sowie einige Leuchtspur-Raketen in Richtung Nachthimmel abgefeuert. Als diese verstummten, erblickte man über den Dächern der beiden Seitentribünen ein großes Höhenfeuerwerk, was außerhalb des Stadions zusätzlich abgebrannt wurde. Beeindruckende Aktion und ein wirklich stimmiges Gesamtbild, was vom restlichen Publikum mit großem Applaus beantwortet wurde. Der Spielsupport war ebenso geprägt von einem dichten Fahnenmeer im Mittelblock, während die melodischen Gesänge oftmals sehr gut hörbar zu uns getragen wurde. Insgesamt eher spielbezogen mit häufigem Schlachtruf „Hopp Lozärn!“, der aus weiten Teilen des Stadions schallte. Starker Auftritt, auch wenn es zur besseren Einschätzung einen näheren Platz gebraucht hätte.
Somit lag der Fokus zwangsläufig auf dem Gästeblock, der, wie bereits erwähnt, erst mit Anpfiff vollständig besetzt war. Ab diesem Zeitpunkt hallten die ersten lautstarken Zeilen zu uns hinüber und als schließlich alle Fahnen an ihrem Platz hingen, machte das Inferno wieder mal seinem Namen alle Ehre und setzte den gesamten Block in Brand. Dichte Nebelschwaden versperrten folglich jegliche Sicht aufs Spielfeld, doch das war mir mittlerweile sowas von egal. Wie gebannt sog man diese wirklich eigenwilligen und ungewöhnlichen Melodien auf und wippte beinahe beständig mit den Füßen mit. Immer wieder kratzte der Haufen an der magischen 100% Marke, während nie so wirklich leise wurde.
Schön der Fahneneinsatz im gesamten Block, zudem brannte es eigentlich immer wieder an verschiedenen Stellen, an denen die Sturmhauben über neunzig Minuten nicht abgelegt wurden. Dann das Einsingen eines neuen Liedes im zweiten Durchgang, das sich langsam an den Text herantaste, dann das erste mal so richtig drauf freidrehen. Dann das aufspannen von sechs Stoffbahnen aus den Vereinsfarben Rot und Blau, wie die Hinchas drüben in Südamerika. Alles losgelöst vom Geschehen auf dem Rasen, Fouls oder Ecken nahm man vielleicht noch zur Kenntnis, die restliche Zeit gehört einfach dem Mob mit seinen Liedern. Sehr starker Auftritt, der immer wieder Bock auf die Schweiz macht!
Leider kann man das vom Spiel nicht behaupten, denn trotz der sportlichen Relevanz (4. gegen 6., es geht ums europäische Geschäft) war das Gebotene wirklich armselig. Ein echtes 0:0, das Basel letztlich durch einen Elfmeter gegen dezimierte Luzerner entschied. Aus dem Spiel wäre hier kein Tor gefallen, das sehenswerte 0:2 kurz vor Schluss wurde folglich vom VAR einkassiert. Somit durften sich die rot-blauen Anhänger über schmeichelhafte drei Punkte freuen, die aufgrund des aktuellen Hinterherlaufens hinter Bern wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein bedeuten. Wir genossen die letzten Lieder und die letzten Liebesbekundungen für die jeweils besten Farben der Welt, ehe es wieder nach Draußen ging. Zum Glück waren es lediglich zehn Minuten, ehe wir die vorgewärmte Bleibe erreichten, denn nach gut 18 Stunden auf den Beinen tut so eine Dusche und die folgende, große Mütze Schlaf einfach nur gut.
Am Sonntag stand lediglich die Rückfahrt an, die nach gutem Hotelfrühstück und erneuter Begleichung einer sauteuren Parkrechnung in gut viereinhalb Stunden erfolgreich bewältigt werden konnte. Die Vignette ist noch ein bisschen gültig, wird also hoffentlich in diesem Jahr noch mindestens ein Mal genutzt. Mal schauen, wohin es uns das nächste Mal verschlägt!