04.02.2023
21. Spieltag 3. Liga
1.FC Saarbrücken - SV Elversberg
Ludwigsparkstadion
Endergebnis: 0:4 (0:3)
Zuschauer: 15.154 (ca. 1.700 Gäste)
Ticket: 12,50€
Fotoalbum
Es ist kein Derby! – krächzte es im Vorfeld dieser Partie über Wochen aus allen Rohren, insbesondere von Seiten der Anhängerschaft der saarländischen Landeshauptstadt. Die Generation Facebook-Hooligan aus Malstatt schien schwer beschäftigt und verbreitete, gleichzeitig unter Hervorhebung der Unwichtigkeit des Duells, Unmengen an Gülle in den Foren und sozialen Medien der Internetwelt. Keine Ahnung ob es hier irgendwelche Komplexe zu verdauen gilt oder einfach die schiere Panik über die sportliche Wachablösung im Saarland herrscht, doch die endlose Flut der Beiträge verursachte stete Gefühle zwischen Belustigung und endlosem Fremdscham. Passend zum aus blau-Schwarzer Sicht ach so unwichtigen Spiel meldete der FCS Rekorde im Vorverkauf und warb zum mitunter ersten, richtig ausverkauften Kick im neuen Ludwigspark. Ganz ehrlich, man kann das Kind nennen wie man es will.
Derby, Nachbarschaftsduell oder sonst was – Es ist und bleibt das seit nunmehr zehn Jahren sportlich wichtigste Spiel des Landes und besitzt eine entsprechende Strahlkraft. Klar kann die SVE keinen Meter mit den Fanmassen von Saarbrücken konkurrieren, doch müsste dies eigentlich jedem seit Jahrzehnten klar sein. Warum muss sich eine Hauptstadt auch plötzlich mit einem Dorf vergleichen? Für viele Eventies ist dieser Kick sowieso der einzige, der jedes Jahr live im Stadion besucht wird, nimmt man die bisherigen Besucherzahlen im Ludwigspark zum Vergleich. Entsprechend gilt es, sich Wochen vorher zu profilieren. Dabei bleibt’s dann aber auch, denn die eigentlichen Fanszenen der beiden besten saarländischen Mannschaften gehen sich seit jeher aus dem Weg.
Natürlich zog der Kick auch auf Elversberger Seite die derzeit vorhandenen Massen an. Schlug man in den vergangenen Jahren noch mit 200-300 Gästefans im alten Ludwigspark oder in Völklingen auf, hatte man dieses Jahr die nicht unbegründete Hoffnung, sämtliche der 1.900 zur Verfügung gestellten Tickets abzusetzen. Am Ende waren es zwar „nur“ 1.700, doch selbst das ist eine utopische Zahl für die kleine SVE. So viele Nasen kamen in den letzten Jahren der Regionalliga teilweise nicht zu einem Heimspiel. Absoluter Rekord somit für Schwarz-Weiß, dass den vollen Block gleich zum Anlass einer Auswärts-Choreo nahm. Mittels schwarzer und weißer Folienstäbe wurde der Block farblich zweigeteilt, ehe eine Blockfahne in Form eines Wimpels mit Vereinslogo und Aufschrift „Vorwärts SVE“ das dichte Bild vollendete. Auch ohne Vereinsbrille eine klasse Aktion, die als einziges Manko vielleicht etwas länger hätte Bestand haben können.
Saarbrücken hüllte seinerseits das gesamte Stadion mittels Papptafeln in blaue und schwarze Farben, abgerundet mit einem „Das ganze Saarland ist Blau-Schwarz“ in der Virage Est. Ebenfalls ein beeindruckendes Bild, was in Verbindung mit der Hymne sicherlich Gänsehaut auf den Tribünen verursachte. Es war also angerichtet, die Kulisse zum Topspiel passte und das eiskalte Karlsberg (da hat der FC der SVE eine Nase voraus) floss munter die Kehlen herunter. In der Folge zeigten beide Kurven ihr vorhandenes Gesangspotenzial, was auf der Heimseite insbesondere in den ersten 20 Minuten wie üblich beeindruckte. Zum einen die schönen Melodien mit dennoch hoher Schlagkraft aus der Ost, zum anderen die bekannten Gassenhauer, bei denen oftmals das gesamte Stadion die Lieder über den Rasen schmetterte. Abgerundet mit einem dichten Fahnenmeer und mit Unterstützung der Freunde aus Nancy, Salzburg und Neunkirchen ein starker Auftritt, der allerdings jäh verstummen sollte.
Auf Elversberger Seite merkte man anfangs die Schwierigkeiten in der Koordination einer solch großen Masse, schaffte es aber über das gesamte Spiel immer häufiger den kompletten Block einzubinden. Die üblichen Lieder und Schlachtrufe erreichten somit nie gekannte Lautstärken, die teilweise auch auf der Gegenseite angekommen sein dürften. Unfassbare Szenen, die sich da abspielten! Immer aus der Verhältnismäßigkeit betrachtet, war der Auftritt des Elversberger Anhangs mal wieder, wie man diese Saison schon häufiger schrieb, der beste der jemals erlebten Auswärtsspiele.
Der Kick selbst trug natürlich gehörig zur Stimmung bei – Einfach nur krank, einfach nur geil! Bereits in der 26. Minute, nach vorher ausgeglichenen Chancen, dezimierte sich der FCS nach Handspiel im Sechzehner selbst und legte damit den Grundstein der Elversberger Machtdemonstration. Der fällige Strafstoß durch Jacobsen konnte Torhüter Batz, der an diesem Tag sein 200. Spiel in Blau-Schwarz feierte, zwar noch parieren, doch Top-Scorer Luca Schnellbacher netzte in der Folge binnen acht Minuten zwei Mal mitten ins Schwarz-Weiße Glück. Nick Woltemade verwandelte mit dem Pausenpfiff einen weiteren Elfmeter zur 0:3 Pausenführung.
Entsprechend ging die SVE im zweiten Durchgang deutlich vom Gas, wirklich gefährlich für die Abwehr wurde es dennoch nicht. Saarbrücken schien total von der Rolle und zeigte keine Spur der eigentlich vorhandenen Offensive. Die größte Chance bot sich in Form eines weiteren Elfmeters in der 83. Minute, doch auch dieser brachte keinen Torerfolg, denn der starke Kristof hielt den Elversberger Kasten heute sauber. Im Gegenzug legte Neuzugang Bobzien auf Koffi auf, der in der Nachspielzeit um 0:4 Endstand vollendete. Ein unfassbarer Ritt im Ludwigspark, der mit einem lautstark feiernden Gästeblock sein Ende fand. Mal wieder unfassbar, was die Jungs im schwarz-weißen Dress auf den Rasen zauberten und am Ende einen weiteren Konkurrenten distanzierten.
Neun Punkte auf den Zweiten, ganze 14 Zähler Vorsprung auf Blau-Schwarz – Freude und Genugtuung, die sich im Anschluss breit machten. Wo wird das noch hinführen? Es bleibt ein extrem weiter Weg, doch eines ist sicher: Erstmal nächste Woche an die heimische Linde zum Kick gegen Oldenburg, wenn es in Elversberg zum ersten Mal heißt: Habemus Blechdach!