Championship: Watford FC – Burnley FC

12.08.2022
3. Spieltag EFL Championship
Watford FC - Burnley FC
Vicarage Road Stadium
Endergebnis: 1:0 (1:0)
Zuschauer: 19.225 (1.000 Gäste)
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Die ursprünglichen Planungen dieses Trips stammen aus den letzten Oktoberwochen des vergangenen Jahres. Warum? Weil er eigentlich für den Dezember desselben gedacht war. Ihr kennt die Geschichte: Corona und Konsorten verhinderten die Reise, welche man absolut genervt auf den Sommer 2022 verschob. Wird ja schon passen, was soll schon groß passieren? Nun ja, zwei Dinge: Zum einen heiratete die beste Freundin meiner besseren Hälfte exakt ein Wochenende nach unserer Tour in die englische Hauptstadt. Netter Anlass, falscher Zeitpunkt. Also nochmal dem Frankfurter Kranich 75 Taler in den Rachen geschleudert um den Flug ein zweites Mal umzubuchen. Teurer bin ich somit innerhalb Europas noch nicht geflogen, zumal die ursprünglichen Tickets bereits den dollen Weihnachts-Zuschlag enthielten.

Zum anderen stieg die SVE in die dritte Liga auf. So weit erstmal positiv, doch verpasste man dadurch gleich zwei Wochenenden potentiell geiler Begegnungen. Alles Hoffen und Bangen auf den Spielplan brachte nix, denn die verpassten Spiele mit Zwickau zu Hause und Dresden auswärts taten einfach weh. Immerhin wurde so aus ein paar Tagen auf der Insel nahezu zwei ganze Wochen, wobei man sich die zusätzlichen der nun insgesamt zwölf Tage kostenneutral bei der Familie in Birmingham einquartieren konnte. Was folgte war ein unglaubliches Pech bei den Ansetzungen auf der Insel, wobei es lange Zeit so schien, dass lediglich zwei Spiele besucht werden können. Alle auswärts oder Derbys ohne den Hauch einer Chance auf Tickets, während der eigene Verein im Rudolf-Harbig-Stadion ran darf. Wie viel Unglück kann man haben? Zum Glück sollte es, TV-Picks sei dank, dann doch auf vier Partien hinauslaufen. Die Karten orderte man allesamt online, primär zur Zeitersparnis am Spieltag.

Insgesamt zehn Monate nach erster Buchung war somit endlich Packen angesagt, ehe es am frühen Donnerstagmorgen per Flieger nach Heathrow ging. Am Flughafen standesgemäß den Tag mit ‘nem Bierchen begrüßt, quälten wir uns wenig später mit der Tube in die Innenstadt. Ich vergaß zu erwähnen: An diesem Wochenende erwischte London die heißesten Tage des Jahres, und darauf ist hier nichts und niemand vorbereitet. Über dreißig Grad Außentemperatur verwandeln die über keine Belüftung verfügenden Züge in absolute Glutöfen. Da tropfte die gerade aufgenommene Flüssigkeit im selben Tempo wieder von der Stirn. Abartig. Nach einer guten Stunde Sauna erreichten wir mit dem hub an der Goodge Street unsere zentral gelegene Unterkunft für die nächsten Tage. Standard Budget-Hotel, war aber sauber und kann ich für den günstigen Preis nur empfehlen.

In der Folge wurden die nahen Supermärkte zwecks Vorratsbeschaffung kurz angesteuert, man will ja schließlich nicht in einer trockenen Hütte leben. Aufgrund der Hitze gewannen die Aktivitäten in klimatisierten Innenräumen unsere Gunst des Nachmittags, was auf einen Besuch des britischen Museums sowie der Nationalgalerie hinauslief, ehe in China Town die erste von vielen Portionen Udon verspeist wurde. Japanisches Essen können sie hier, wenn auch zu happigen Preisen. Den Abend verbrachte man im Mikkeller Brewpub am Mount Pleasant, wo später noch ein uns bekannter Sympathisant von Cardiff City hinzustieß. Somit verballerten wir zu Dritt einiges an Kohle für gutes Bier, klärten für das Mittwoch-Spiel der Waliser in West Brom bereits den Treffpunkt und schlenderten anschließend mit Schlagseite in die Bleibe.

Der Freitag begann mit der Besichtigung eines der letzten von mir noch nicht besuchten Wahrzeichens der Stadt: Dem Camden Town Market. Auf einer riesigen Fläche breitet sich das alternative Viertel entlang eines Flusses aus, beherbergt den namensgebenden Markt und umfasst viele weitere, enge Gassen im Umfeld. Neben allerlei Kunst- und Kleinkram ließ uns insbesondere das kulinarische Angebot hier und da verweilen, während an allen Ecken Künstler und Sänger um die Aufmerksamkeit der Besucher und Touristen warben. Schöne Atmosphäre, die wir über eine lange Zeit genossen. Irgendwann wurde das Treiben aber auch zu hektisch und die Straßen zu voll, weshalb wir uns per Tube zurück in Richtung Innenstadt aufmachten.

Etwas noch gelaufen, dann sollte bereits das erste Spiel anstehen. Watford liegt nicht wirklich in London, weit weg ist die Vorstadt aber auch nicht. Wir entschieden uns für eine Anreise mit dem Zug ab Euston, was bei uns sowieso um die Ecke lag. Also auf dorthin und erstmal in der überfüllten Wartehalle gestrandet, da die Plattformen der Züge erst Minuten vor Abfahrt angezeigt werden. Lustiges Schauspiel, wenn Tausend Menschen wie gebannt auf die elektronische Abfahrtstafel starren, nur um mit Verkündung im Vollsprint in die angezeigte Richtung zu rennen. Die Tickets für den Zug zogen wir vor Ort am Automaten und konnten danach direkt zum Gleis durchlaufen. Im Zug traf uns dann allerdings der absolute Schlag. Während die Tube ja noch ab und an Schatten bekommt, stehen die Züge den ganzen Tag in der Sonne. Entsprechend war die Luft in dieser rollenden Fritteuse. Da brannte ungelogen die Lunge beim Atmen.

Der Fahrtwind machte die knappe halbe Stunde zumindest etwas erträglich, aber Zugfahren im Sommer tu ich mir hier sicherlich nicht mehr an. Kaum angekommen galt die Priorität der Suche nach einem Pub oder sonst einer gekühlten Verpflegungsstätte. Fündig wurden wir im „The Moon under water“ im Zentrum Watfords, welcher unter der Wetherspoon-Flagge agiert. Da weis man zumindest, was einen erwartet. Das Bier war kalt und die bestellten Fish & Chips sowie Hähnchenplatte sättigend, dazu auch nicht zu teuer. Gestärkt und etwas abgekühlt wurde somit der letzte Fußweg in Richtung Vicarage Road angetreten. Viel los im Umfeld, in der Distanz hörte man die Gäste bereits pöbeln und generell roch vieles nach dem typischen, englischen Fussball. Nur die im Vorfeld online erworbenen NFC-Handy-Tickets wollten da so gar nicht ins Bild passen. Noch nicht mal ausgedruckt kommt man mit rein, sondern ausschließlich per Apple oder Google Pay. Schwachsinn hoch zehn, und das sag ich noch nicht mal aus der Perspektive eines Ticket-Sammlers.

Drinnen pflanzten wir uns recht fix auf unsere Sitze im Block E2 des Sir Elton John Stands. Mit dem Vicarage Road Stadium hatte man es mit einem kleineren Stadion der aktuellen Championship zu tun. Genau 22.200 Zuschauer fasst der ganz in gelb und rot gehaltene Kasten, der bis auf die Haupttribüne über jeweils einstöckige Blöcke verfügt. Typisch englisch alles sehr nah am Spielfeld, was für uns in der fünften Reihe eine Sicht in Kopfhöhe der Spieler bedeutete. Ebenso hatte man einen guten Blick auf die rechts von uns untergebrachten Gästefans aus dem hohen Norden, die auf einen Freitagabend gut 1.000 Anhänger zählten. Starker Haufen, der sich insbesondere zu Beginn von der sangesfreudigen Seite zeigte. Die klassischen, englischen Stadion-Chants waren dabei genauso vertreten wie das eigentlich von Millwall vereinnahmte „No one likes us“, was für die paar Sekunden richtig gut schepperte. Koordination gab’s allerdings keine, entsprechend versickerten die Lieder in aller Regeln nach einer Runde.

Die Yellow Army, wie der Anhang Watfords auch genannt wird, setzte dagegen mit einem schönen Fahnenintro im Bereich neben dem Gästeblock als auch auf der gegenüberliegenden Hintertorseite das optische Highlight des Tages. Danach kam jedoch nicht mehr viel, auch wenn sich ein kleiner Haufen in einem schmalen Block im Süden samt Trommel zumindest Mühe gab. Wenn dann auch die Gäste mal die Klappe hielten, wurde es richtig ruhig in der Bude. Fast schon unüblich unterdessen, dass der aktive Haufen der Heimseite nicht direkt am Gästeblock steht. Somit deutlich weniger Pöbeleien, bzw. schoss man sich auf den jeweils gegnerischen Keeper ein.

Sportlich hatten die Hausherren als frischer Absteiger aus der Premier League die Favoritenrolle inne. Dabei sind die Hornets noch gar nicht allzu lange regelmäßig im Oberhaus anzutreffen. Erst durch das Engagement von Sänger Elton John gelang in den 80er Jahren der erste Aufstieg ins Oberhaus, wo man 82/83 gar den Vizetitel erringen konnte. Wenige Jahre später ging es jedoch zurück in die Zweitklassigkeit, worauf nur noch kurze Intermezzos in der ersten Liga folgten. Erst seit 2015 gehörte der WFC für länger Zeit der Premier League an, welche man in der letzten Saison als Vorletzter wieder verließ.

Auf dem Rasen zeigten sich die Hausherren in einem mäßigen Spiel etwas besser, was kurz vor der Pause im zu diesem Zeitpunkt aber doch überraschenden 1:0 resultierte. 0:0-Spiel traf das Thema Qualität schon eher. Der Treffer gab der Stimmung auch wieder neuen Schwung, wobei nun insbesondere die Heimseite gut ab ging. Der Schönwetter-Fußballfan auf der Insel braucht eben immer erst ein Erfolgserlebnis, bevor er den Mund aufbekommt. Das stachelte dann den Gästeblock wieder an, was zu etwa zehn Minuten guter Atmosphäre führte. Die Akteure der Gäste, im Übrigen trainiert von Belgiens Legende Vincent Kompany, fanden dagegen wenige Mittel, auch nicht als Watford um die 80. Minute nach Notbremse nur noch zu Zehnt spielte. Die letzten Minuten waren auf den Rängen abwechselnd geprägt von nervöser Stille und ekstatischen Gesängen, die mitunter das gesamte Stadion mitnahmen. Der WFC hielt auf dem Platz letztlich der Dauerbelagerung stand und ließ damit seinen Anhang jubeln. Nette Szenen somit am Ende, wobei auch immer wieder die ausgelegten Schwenkfahnen zum Einsatz kamen.

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Doch das Schauspiel hielt nicht lange, denn keine fünf Minuten nach Abpfiff begannen die Ordner bereits die verbliebenen Zuschauer aus dem Stadion zu kehren. Hier zahlt man eben wirklich nur für neunzig Minuten. Für uns ging’s im Anschluss zurück zur Watford Junction, wo bereits die ersten Auswirkungen des am nächsten Morgen beginnenden Bahnstreiks spürbar wurden. Unser ausgesuchter Zug hatte so viel Verspätung, dass wir uns letztlich für die deutlich langsamere Overground entschieden. Eine Stunde später erreichten wir Euston und somit wieder unsere Bleibe, in der es ohne große Umwege direkt in die Kiste ging.