3. Liga: Rot-Weiss Essen – SV Elversberg

23.07.2022
1. Spieltag 3. Liga
Rot-Weiss Essen - SV Elversberg
Stadion an der Hafenstraße
Endergebnis: 1:5 (1:4)
Zuschauer: 16.347 (150 Gäste)
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Hier ganz neutral ranzugehen fällt mir schwer bis unmöglich, aber was solls. Scheiße, war das geil! Da ziehst du schon den Auftakt an der Hafenstraße und brennst so ein Feuerwerk ab, wie man es mit diesem Verein seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt hat. Unfassbar, da fehlen mir heute noch die klaren Worte zu. Aber von Anfang, so viel Zeit muss sein. Da die Vorfreude auf die zweite Drittligasaison nach acht Jahren immens war, schnürte man aus besagtem Auftakt in Essen gleich eine kleine Tour und reiste daher direkt per Auto aus Frankfurt an. Gut zweieinhalb Stunden staufreie Anreise später konnte unweit des Gästeblocks geparkt werden, ehe die happigen 14€ pro Steher berappt werden mussten. Preislich auch direkt eine andere Hausnummer, diese Liga.

Dafür waren die Beträge, die am Verpflegungsstand aufgerufen wurden, völlig human. Vier Taler für einen halben Liter bzw. drei Euro für Bratwurst und Frikadelle gehen nicht nur absolut in Ordnung, sondern sind fast schon billig. Da zahl ich im Frankfurter Umland bei manch Verbandsligist mehr. Nur beim Geschmack musste man Abstriche machen, die man so nicht erwartet hätte. Da fährst du in den Pott und bekommst noch nicht mal Fritten, geschweige denn eine Currywurst, die ihren Namen verdient hätte. So eine nach Nichts schmeckende, wässrige Soße hab ich noch nicht vorgesetzt bekommen. Die Frikadelle war bestenfalls ok. Bräuchte ich hier nicht wieder und spiegelt absolut nicht den Standard in diesen Breitengraden wieder.

Somit eher semi-zufrieden am Bier satt getrunken und die sich langsam füllenden Traversen der Hafenstraße beobachtet. Euphorie dürfte da noch eine Untertreibung sein, was hier im Vorfeld abging. Nach 14 Jahren kehrt der RWE zurück in den Profifußball, das erste Mal dritte Liga überhaupt. Knapp 10.000 Dauerkarten wurden abgesetzt, die restlichen Tickets auf der Heimseite komplett vergriffen. Über die Kulisse musste man sich somit keine Gedanken machen. Auch für den Anhang der SVE sollte es ein besonderer Auftakt werden. Endlich wieder gegen eine absolute Übermacht auf den Tribünen ansingen statt alle zwei Wochen nach Balingen oder Bahlingen zu tingeln, von den bedeutungslosen Zweitvertretungen mal ganz abgesehen.

Zwei volle Busse und einige Autobesatzungen machten sich auf den Weg in den Westen. Insgesamt schafften es gut 150 Saarländer in den Gästeblock, was im Rahmen der Erwartungen lag. Die Massen kann man aus Elversberg auch einfach nicht erwarten, woher sollen sie denn auch kommen. Schön dagegen zu sehen, das manche von Heimspielen bekannte Gesichter immer häufiger den Weg in die Ferne finden. Gästeblock selbstverständlich überdimensioniert, dennoch schaffte man es mit einem einigermaßen kompakt stehenden Haufen einen optisch ansprechenden Eindruck zu erzeugen. Immerhin eine Steigerung, dass nicht jeder seinen eigenen Wellenbrecher beanspruchte.

Auf der Westtribüne liefen unterdessen die Aufbauarbeiten für die erwartete Choreo zum Ligastart. Unter dem Motto „Der RWE ist wieder da – Fussballterror jedes Jahr!“ waberten dichte weiße und rote Rauchschwaden über den Rasen, die anfänglich etwas zu sehr vom Wind davongetragen wurden, am Ende aber ein starkes Bild abgaben. Etwas unkoordiniert verlief danach die Aktion zum Fünfjährigen der Revolte. Die fünf angedachten Fackeln wurden nicht gleichzeitig gezündet, dazu startete die Aktion Sekunden vor der Gedenkminute an die Hamburger Fußball-Ikone Uwe Seeler. Somit leider komplett verpufft. In der folgenden Anfangsphase zeigte der Anhang der Rot-Weissen eindrucksvoll, warum er mindestens in diese Liga gehört. Ein Orkan um den anderen fegte hier durchs Stadion, sodass selbst der Austausch mit dem Nebenmann in lautes Geschrei mündete. Diese Momente waren es unter anderem, die mich mit Stolz erfüllten, mit dem eigenen Verein wieder durch Deutschland touren zu dürfen. Definitiv keine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr eine Ehre, die es zu wahren und zu pflegen gilt.

Aber natürlich auch Momente, die ungeheuren Spaß machen, wie gegen diese Wand anzusingen. Was auch sonst, bei so einem Spiel, zu dem mir noch immer die Worte fehlen. Daher einfach mal Stück für Stück beschrieben, als Erhalt für die Ewigkeit: Die Partie war noch keine sieben Minuten alt, da netzte Koffi traumhaft zum 0:1. Zwei Minuten später kommt ein Offensivspieler des RWE im Elversberger Strafraum nach Foul an Elversbergs Keeper Kristof zu Fall – Elfmeter für Essen. Klare Fehlentscheidung, doch Kristof hielt den Elfer als auch den Nachschuss aus einem Meter! Im direkten Gegenzug macht Koffi im Konter das 0:2. Absolute Ekstase im Gästeblock! Doch die hielt nicht lange, da Essen drei Minuten später zum Anschluss traf. Doch viel Zeit zum Atmen, geschweige denn zum Verstehen, was hier gerade abging, blieb nicht, denn Luca Schnellbacher köpfte zwei Mal innerhalb kürzester Zeit zum 1:4. Nach gerade 25 Minuten führte die SVE mit vier Buden an der Hafenstraße.

Der Gästeanhang sang sich in einen absoluten Rausch, der bis zum Spielende und darüber hinaus anhielt. Da war es auch egal, dass die Jungs auf dem Rasen zwei Gänge rausnahmen, denn auch das reichte gegen völlig überforderte Essener. Ohne auch nur irgendwie überheblich klingen zu wollen: Das war mindestens eine Klasse Unterschied. Das Stadion somit mit einer diffusen Stimmung aus Ungläubigkeit und „Immer-Weiter“ Mentalität, wobei sich Letztere im zweiten Durchgang durchsetzte. Somit weiterhin ein stimmungsvoller Nachmittag, an dessen Ende Semih Sahin mit dem 1:5 den Schlusspunkt in einem der besten jemals gesehenen Spiele setzte. Was für eine Leistung! Größten Respekt an die Elversberger Mannschaft, die am Ende gar noch deutlich höher hätte gewinnen können. Da scheint vieles mit Blick auf Einstellung und Team zusammen zu passen, was mich mit Freude auf die nächsten Wochen blicken lässt. Entsprechend euphorisch die Feier mit den eigenen Jungs, wobei aber auch die positive Reaktionen des Essener Anhangs gegenüber deren Spieler nicht unerwähnt bleiben sollte. Keine Pfiffe, sondern aufbauende Worte und einstimmende Gesänge auf das anstehende Derby gegen Duisburg. Genau so und nicht anders!

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Auf der Habenseite stehen somit die ersten, wichtigen drei Punkte für den Klassenerhalt sowie ein ansehnliches Torverhältnis. Nüchtern betrachtet nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Thema Drittliga-Rekord mit höchstem Auftaktsieg nimmt man trotzdem gerne mit. Nun weiter anknüpfen und diese Ergebnis nicht als Maßstab für die kommenden Spiele nehmen. Denn abgehoben ist man schnell, in der Realität wieder angekommen hingegen noch viel schneller.