Primera División: FC Barcelona – RCD Mallorca

01.05.2022
34. Spieltag Primera División
FC Barcelona - RCD Mallorca
Camp Nou
Endergebnis: 2:1 (1:0)
Zuschauer: 62.789 (ca. 100 Gäste)
Fotoalbum

Mit dem dritten und letzten Spiel in Barcelona erfüllte man sich einen der ganz großen Träume, den man schon seit dem ersten Interesse für den Fussball in jungen Jahren verfolgte: Ein Spiel im Camp Nou sehen. Diesem magischen Kasten, in dem sich jahrelang die weltbesten Fußballer vor unglaublichen Rekordkulissen messen durften. Dieses Stadion, dass so gut wie jeder Mensch dieser Erde sofort erkennt und verorten kann. Aber auch diese in die Jahre gekommene Bude, die alsbald der spanischen Modernisierungswut zum Opfer fallen wird. Umbau oder Ausbau, wie man es auch nennen mag: Die ikonische Form dieser unglaublichen Schüssel wird sich für immer verändern. Daher war es für uns überhaupt keine Frage dem derzeitigen Ist-Zustand, welcher in dieser Form mehr oder weniger seit 1957 besteht, den Pflichtbesuch abzustatten.

Aufgrund der eng kalkulierten Anfahrt aus L’Hospitalet mussten wir uns etwas sputen, doch die Metro samt Umstieg brachte uns geplant pünktlich bis zur Station Collblanc. Von dort war es nur ein kleines Stück zu Fuß, ehe wir gut 30 Minuten vor Anpfiff das Stadionumfeld erreichten. Im Endeffekt ist Spanien hier wie England: Es reicht auch, weniger als zehn Minuten vor Anpfiff drinnen zu sein, man verpasst sowieso nichts. Der Puls konnte sich wieder in normale Sphären einpendeln und der Stress wich einer gebannten Vorfreude auf den grandiosen Ausblick, der uns vom dritten Rang dieses Monuments erwarten sollte. Zunächst galt es jedoch den richtigen der fast 100 Eingänge zu finden und die notwendigen Treppenstufen zu erklimmen. Schweißtreibende Angelegenheit, auch in der Dämmerung des Abends. Oben angelangt deckten wir uns zunächst mit völlig überpreisten Getränken und einem Bocadillo ein, dann betraten wir unseren Block am oberen Ende der Südkurve.

Endlich lag es in seiner ganzen Pracht vor uns: Das Camp Nou, Heimstätte des legendären FC Barcelona. Der Blick auf die unfassbaren 99.354 Sitze war schlichtweg überwältigend, ebenso die Aussicht auf das grüne Spielfeld aus dieser Höhe. Da machte sich schon die ein oder andere Gänsehaut breit, insbesondere bei Gedanken an die Vergangenheit. Hab ich mir hier einen Besuch schon lange gewünscht? Definitiv. Hätte ich es mir noch vor sechs oder sieben Jahren vorgestellt? Eher nein. Wirkte alles immer so weit weg, so unerreichbar. Nun aber saßen wir hier, ließen die Augen über die sich langsam füllenden Traversen schweifen und vom leichten Wind abkühlen. Immerhin passte das Wetter, was zugleich ein schönes Bergpanorama ergab. Hier bei Wind und Regen wäre mit Sicherheit alles andere als angenehm.

Die Witterung dürfte auch ein Hauptgrund für die Renovierungspläne sein, nagt der Zahn der Zeit doch ordentlich an den alten Gemäuern. Die Geländer verrostet, der Beton aufgeplatzt und spröde, die Sitze ausgeblichen und teilweise gebrochen. Modern ist anders, vielleicht auch ein Spiegelbild des Vereins in den letzten Jahren. Vorbei die Zeit des Zauberfußballs von Messi und Konsorten. Vorbei die Zeit von Titel um Titel. Die neue Realität sind finanzielle Probleme und verhältnismäßige Erfolglosigkeit. Das ging natürlich auch am Publikum nicht vorbei, was zudem, normalerweise geprägt von Touristen aus aller Welt, auch noch durch Corona dezimiert sein dürfte. Knapp 63.000 Zuschauer wünschen sich viele Vereine in der Heimat, hier waren es deutlich weniger als erwartet. Lag mitunter auch am Gegner aus Mallorca, dessen gut 100 mitgereisten Anhänger zum großen Teil absolut unwürdig im letzten Ecken des Stadions hinter Plexiglas untergebracht wurden. Gästefan in Spanien – es gibt definitiv Schöneres!

Die Heimseite kann zumindest auf eine Szene im Unterrang der Nordkurve bauen, doch seit des Verbots der Boixos Nois im Jahre 2003 geht hier nicht mehr viel. Die wenigen Ultras standen zersplittert in kleineren Gruppen und stellten vielleicht 150 Leute insgesamt. Dazu ein Vorsänger in der Mitte und ein paar Trommeln, aber irgendwie wirkte das Ganze vor der Größe der Bühne doch sehr verloren, fast schon traurig. Die Lieder waren dann absoluter Standard, wovon die Szene etwa fünf bis sechs in Dauerschleife wiederholte. Das restliche Stadion kann mit dem „Barça!“-Schlachtruf, dem durchgenudelten „Alle, Allez, Allez“ und dem recht imposanten Vereinslied ganze drei Gesänge, die ab und an recht laut vom gesamten Rund getragen wurden. Beim ersten Mal noch beeindruckt, zog man spätestens nach dem zehnten Mal müde mit der Augenbraue nach oben. Aber wenigstens wird’s auch mal laut und die Jungs müssen da unten nicht komplett den Alleinunterhalter geben. Insgesamt schade, dass in diesem Land so sehr gegen jegliche Fankultur vorgegangen wurde und wird. Somit kommt man eigentlich nur wegen der imposanten Spielstätten nach Spanien und weniger aufgrund der Stimmung.

Das restliche Unterhaltungsprogramm war leider zum abgewöhnen. Ausschließlich alkoholfreies Bier, Popcorn und eine Hoola Hoop Cam (kein Scheiß!) waren für mich mal wieder ein perfekter Vorgeschmack auf das, was uns bei der voranschreitenden Amerikanisierung des Volkssports blühen kann. Schlimm, einfach nur schlimm. Sportlich war für Barça der Drops in der Saison gelutscht, für die Gäste ging es noch stark gegen den Abstieg. Mallorca dann auch gut im Spiel, doch die Hausherren ließen ab und an etwas Spielfreude durchblicken und führten irgendwann im zweiten Durchgang mit zwei Toren. Geld für einen Stadionsprecher hatte man wohl keinen, also kein traditionelles „Gooooool“. Den Gästen gelang zur Freude der hinter uns beheimateten Anhängern noch der Anschluss, doch die drei Punkte blieben schließlich in der Hauptstadt Kataloniens.

Für die Akteure beider Teams gab’s offensichtlich keinen Grund zum feiern, denn es ging fix in die Kabinen. Die Fahnen der Kurve waren ebenso schnell verschwunden wie ein Großteil der Zuschauer – nach gut zwei Minuten war die Bude nahezu leer. Eröffnete für uns auf dem Weg nach unten immerhin noch die Möglichkeit gegen die Ordner anzuschwimmen und den ein oder anderen weiteren Blick auf die heiligen Ränge zu werfen. Gigantisches Teil, was für uns am Ende jeden Cent der Reisekosten wert war. Ungewöhnlich war indes die Anstoßzeit um 21.00 Uhr, was uns nach Spielende wenig Zeit bis Mitternacht ließ. Da der Tag recht lange war und die Mägen nicht wirklich Lust auf eine Runde verspürten, ging’s auf direktem Weg zum Hotel und in die Kiste.

Der Montag war am Ende der entspannteste Tag des Trips, waren doch alle für uns wichtigen Punkte der Stadt bereits abgelaufen. Daher widmeten wir uns vormittags dem Passeig de Gràcia mit den beiden architektonisch ansprechenden Bauwerken Casa Milà und Casa Batlló, ehe wir im Mercat de la Boqueria feinsten Pata Negra und weitere Leckereien snackten. Ebenfalls wurde Untappd in der schicken Bar BierCaB mit erneut großer Auswahl katalanischer und spanischer Biere gefüttert, wobei ich wirklich nicht müde werde, die lokale Craftbeer-Szene zu loben. Hammer Qualität, die ich jedem ans Herz lege!

Hier gibt’s weitere Bilder!

Am Dienstag stand dann bereits wieder die Rückreise an, die von unserem Hotel aus per Bus bis zum Flughafen angetreten wurde. Kleiner Tipp noch an dieser Stelle: Spart euch die Mehrkosten für die Metro bis zum Airport und nehmt stattdessen eine der unzähligen Buslinien, denn die sind in der T-Casual-Card mit dabei. Nach kurzer Wartezeit am Gate brachte uns der Kranich schließlich sanft zurück nach Frankfurt.