Championship: Coventry City FC – Hull City

16.03.2022
38. Spieltag EFL Championship
Coventry City FC - Hull City
Coventry Arena
Endergebnis: 0:2 (0:2)
Zuschauer: 15.587 (501 Gäste)
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Am Mittwoch herrschte endlich so richtig englisches Wetter: Nass, kalt und windig. Blieb zum Glück der einzige derartige Tag der gesamten Woche, doch nerven tat die Geschichte im Verlauf trotzdem. Vormittags wieder in diversen Geschäften verbracht, gingen wir bereits mittags zum spannenderen Teil des Tages über und besuchten abermals das Chinese Quarter in zentraler Lage Birminghams. Hier gab’s richtig authentisch kantonesische Küche auf den Tisch, also nicht den an den lokalen Geschmack angepasste Frittur-Kram wie man ihn in hiesigen Breitengraden oftmals findet. Die Gemeinschaft hier ist aber auch schlichtweg groß genug, dass sich so ein waschechtes Dim Sum Restaurant rechnet.

Vollgestopft parkten wir unser Gefährt wieder bei der Wohnung ab und nahmen, fortan nur noch zu Zweit, den Bus gen New Street, dem zentralen Bahnhof im Herzen Birminghams. Mit im Gepäck der peitschende Regen, der uns auf den knapp 200 Metern bis zur Haltestelle nahezu komplett durchnässte. Ekelhaft, aber mussten wir mit rechnen. Ein paar Minuten später erreichten wir den Bahnhof und zogen uns zunächst unsere vorab bestellten Fahrkarten aus dem Automaten. Würde ich jedem empfehlen, auch lokale Züge vorab zu buchen, denn der Preisunterschied ist durchaus enorm, vergleichbar mit dem heimischen Fernverkehr. Für etwa 10€ pro Nase gab’s die Hin- und Rückfahrt nach Coventry mit einer Art Regio-Express der London Northwestern Railway, was, inklusive Umstieg, knapp unter einer Stunde dauern sollte. Die Wegzehrung in Form eines Besuchs bei Krispy Kreme (Wann schafft’s der Laden endlich mal nach Deutschland?) durfte auch nicht fehlen, dann saßen wir auch schon im grünen Gefährt mit Ziel London Euston. Gut was los im Zug, der, ähnlich wie sämtliche Stadien des Landes, nicht gerade mit üppigem Sitzabstand glänzte.

Nach einiger Zeit erreichten wir den Bahnhof Coventrys, an dem bereits etliche himmelblaue als auch orangene Schals warteten. Die Lust auf den Spielbesuch stieg mit dem Abtrocknen der Kleidung allmählich und auch die viertel Stunde Wartezeit flog fix vorüber, dann fuhr auch schon unser Anschlusszug vor. Eine Haltestelle musste hiermit zurückgelegt werden, allerdings dauerte die Fahrt knapp zehn Minuten. Denn die Arena liegt recht außerhalb der Stadt, zwischen Autobahn und Shopping-Center. Fühlt man sich doch fast wie in der Bundesliga. An der eigenen Haltestelle des Stadions ging’s wieder hinein in den Regen und zunächst in den nahen Fanshop um sich erstmal zu orientieren und unterzustellen. Irgendwie konnten wir für unter 3€ einen Schal einsacken, wobei ich keinen Plan hab, ob das nun ein Fehler oder der Abverkauf von Restbeständen war. War aber auch das einzige Stück Stoff mit diesem Affengeilen Clublogo drauf, was ich unbedingt haben musste. Ein Elefant auf einem Ball, umrandet von einem schwarzen Adler und einem Phönix in Flammen – geiles Ding! Für die Nerds: Der Elefant soll die damalige Stärke der Stadt symbolisieren, während die auch im Stadtwappen vorkommenden Vögel zum einen das alte Coventry (schwarzer Adler) sowie die neugeborene Stadt „aus der Asche“ darstellen soll.

Nicht neugeboren, sondern eher getauft fühlten wir uns nach der erforderlichen Runde zu unserem Blockeingang. Bis auf die Unterhose triefte das Wasser und der Hass auf die Ordner, die uns nicht an einem anderen Eingang als dem unseren reinlassen wollten, intensivierte sich. Nachdem wir endlich unser Drehkreuz passierten fanden wir uns im Umlauf wieder – der das komplette Stadion miteinander verbindet. Warum also auf die richtige Tür pochen, wenn sich Innen sowieso wieder alles vermischt? Aufwärmen konnten wir uns zumindest zu Genüge und ebenfalls das erste Pint des Abends wegzischen. Ein gutes, lokales Amber Ale lief gut den Rachen runter, während die generelle Auswahl an den unterschiedlichsten Verpflegungsständen durchaus zusagte. Burger? Fish’n’Chips? Pies? Alles war vorhanden. Gefiel uns definitiv! Etwa 15 Minuten vor Anpfiff, in hiesigen Breitengraden also viel zu früh, enterten wir unsere Plätze auf der Haupttribüne. Wie am Vortag waren auch hier 20 Pfund fällig, die ebenfalls als äußerst fair empfunden wurden. Denn von unseren Sitzen hatten wir beste Sicht auf den rechts von uns situierten Gästeblock sowie die Heimkurve gegenüber.

Das Stadion hinterließ dagegen keinen bleibenden Eindruck. Der Neubau von 2005 glänzt mit der Abstinenz irgendwelcher Besonderheiten und verfügt, abseits des VIP-Aufbaus der Haupt, über lediglich einen Rang mit Dach. Wie geleckt wirken die 32.609 himmelblauen Sitze und die immense HD-Videowand. Der moderne Fussball hat eben auch auf der Insel schon lange Einzug in den Buden gefunden. Erwähnt sei hier allerdings, dass der Coventry City FC dafür wenig kann, denn Eigentümer der Bude sind eigentlich die Wasps, der hiesige Rugby-Club. Das alte Stadion der Himmelblauen, das zentral gelegene Highfield Road, musste 2005 aufgrund baulicher Mängel weichen. Seitdem ist der Club mehr oder minder heimatlos, spielt mal einige Saisons in der neuen Arena, dann aufgrund von Rechtsstreitigkeiten oder Geldproblemen mit Blick auf die Miete woanders. Hier sei zum einen die Saison 13/14 erwähnt, die man im gar nicht so nahen Northampton absolvierte, sowie die Spielzeiten zwischen 2019 und 2021, als das St. Andrew’s in Birmingham für Heimspiele herhalten musste.

Seit dieser Saison hat man einen Zehnjahresvertrag mit den Eigentümern geschlossen und somit etwas Planungssicherheit, tüftelt im Hintergrund aber weiterhin an der Errichtung eines eigenen Stadions in der Stadt. Zumindest wünschenswert, dass der recht geschichtsträchtige Verein wieder ein eigenes Stadion bekommt. 1883 als Werksverein des damaligen Autoherstellers Singer gegründete, sammelte der Club zunächst viele Jahre in der Zweit- und Drittklassigkeit. Ab dem Jahr 1967 begann mit dem erstmaligen Aufstieg in die höchste Spielklasse die Glanzzeit des Vereins, welche mit durchgängiger Zugehörigkeit im Oberhaus über 34 Jahre bis 2001 anhielt. Aus dieser Zeit datierten die größten Erfolge: So gewann das Team 1987 den FA Cup und spielte u.a. 1970 international, wobei mit Bayern München die Klingen gekreuzt wurden. Danach erfolgte ein länger anhaltender Absturz bis in die vierte Liga in 2017, wovon sich der CCFC zuletzt wieder erholte. Aktuell spielen die Himmelblauen wieder in der zweiten Liga und können, zumindest punktetechnisch, noch auf eine Teilnahme bei den Playoffs hoffen.

Stark im Rücken steht dabei auch der Anhang, laut einigen Stimmen zum mitunter Besten zählt, was die Championship zu bieten hat. Liegt es an der schieren Masse an Leuten? Eher nicht, wenngleich die Ecke des aktiven Haufens gut gefüllt war. Liegt’s an der Kreativität? Zugegeben, hier hörte man ungewöhnlicherweise auch einige aus Festlandeuropa bekannte Melodien, doch die typisch britischen Lieder wie „Just can’t get enough“ oder „Everywhere we go“ dominierten den Abend. Nein, aber es lag oder liegt an einem kleinen Detail: Koordination. Denn die Jungs von Coventry sind mit einer Trommel ausgestattet, was direkt einen gigantischen Unterschied auslöst. Kein Kanon nach wenigen Sekunden und Gesänge verhallen nicht nach nur einer Runde. So gab’s ebenso grandiose Klatscheinlagen zu bestaunen wie durch Trommelrhythmen angestimmte Lieder. Das machte hier richtig Spaß und hinterließ bei uns einen deutlich positiveren Eindruck als der Vorabend in Birmingham.

Dem gegenüber standen exakt 501 Gästefans aus Hull, die die gut zweieinhalb Stunden pro Strecke an einem Mittwoch zurücklegten. Keine schlechte Zahl und deutlich mehr als erwartet, zählen die Tiger doch nicht unbedingt zu den großen Allesfahrern der Insel. Zudem steht der Aufsteiger tief drin im Abstiegskampf. So wirklich viel kam von der Farbe Orange auf den Rängen dann aber nicht. Abseits von Großchancen oder einigen Pöbeleien blieben die Jungen und Alten gleichermaßen still, auch wenn der Spielverlauf es gut mit dem Außenseiter meinte.

Und ja, es sollte wahrlich kein ansehnlicher Kick werden. Nach den ersten stimmungsvollen Minuten wanderten die Sympathien aufgrund des Sahneauftritts bereits nach Coventry, schon netzten die Gäste nach gut drei Minuten zum 0:1, eine Portion Rauche in Orange inklusive. Muss ja fast schon so sein. Ab Minute 5(!) startete der Keeper der Gäste mit einem derart ekligen Zeitspiel, das bis zum Abpfiff kein Ende mehr finden sollte. Wie oft der die fünfzig Meter bis zum ins Seitenaus geflogenen Ball trabte war unglaublich. Die Hausherren kamen in der Folge zwar wieder ins Spiel, doch der Konter zum 0:2 war der Todesstoß für das Thema Stimmung an diesem Abend. Die Himmelblauen waren wahlweise nun mit dem Schiedsrichter, dem gegnerischen Torwart oder eben der immer ideenloser wirkenden eigenen Mannschaft beschäftigt, während der Anhang von Hull in unregelmäßigen Abständen ein Liedchen trällerte. Es war zum Haare raufen. Da half auch die sehr gute Portion Fish and Chips zur Halbzeit nicht, um dem Abend die erhoffte Würze zu verleihen. Wirklich schade und frustrierend, so überzeugt wir vom Heimauftritt der ersten zwanzig Minuten auch waren.

Auch durch Mithilfe des Unparteiischen, der gegen Ende gar ein Tor der Hausherren nicht gab (die spätere Wiederholung offenbarte den Fehler, im Stadion wurde sie wahrscheinlich bewusst nicht gezeigt, wurde doch sonst jede Chance auf der Videowand zelebriert), durften sich die abstiegsbedrohten Gäste über die Punkte freuen, die den Himmelblauen nun im Kampf um die vorderen Plätze fehlen. Aber so ist Fussball, wie man so schön sacht! Zum Glück ließ der Regen nach, als wir wieder das Stadion gen Bahnhof verließen. Das war aber auch die einzig positive Nachricht an diesem kalten Mittwochabend am Stadtrand. Kommt mit dem Zug haben sie gesagt und preißen es groß auf der Website an – Wartezeit nach Spielende: 45 Minuten. Na vielen Dank!

Hier gibt’s weitere Bilder!

Nach erneutem Umstieg in Coventry, wo der eigentliche Zug gen Birmingham so viel Verspätung anhäufte, dass wir mit dem Schnellzug fahren durften, erreichten wir irgendwann vor Mitternacht wieder Birmingham New Street. Von dort fix zum Busbahnhof gehechtet und den Nächsten gen Bleibe rausgesucht, gemerkt dass er nachts eine andere Route fährt, ganz woanders ausgestiegen, neu orientiert, weitere zehn Minuten per Pedes, dann flogen wir um kurz vor ein Uhr in die Federn. Auch der nächste Tag sollte früh starten, also war fortan jede Minute Schlaf mal wieder Gold wert…