28.11.2021
16. Spieltag Eerste Klasse A
KRC Genk - Club Brugge
Genk Arena
Endergebnis: 2:3 (0:1)
Zuschauer: 18.173 (ca. 1.000 Gäste)
Fotoalbum
Dafür, dass der Vortag alles andere als entspannt ablief, war am Sonntag dann auch nicht wirtlich ausschlafen angesagt. Aber passt schon, ist ja schließlich kein Strandurlaub hier. Noch nicht so recht den Sand aus den Augen gerieben war man auch schon auf den Beinen und suchte sich in der Nähe des Hotels inmitten von Charleroi sein Frühstück zusammen. Auf die 15 Kröten pro Nase, die in der Herberge aufgerufen wurden, wollten wir getrost verzichten. Das geht sicher billiger. Oder auch nicht. Fündig wurden wir in einem kleinen Café/Bäckerei, was auf den Namen „Le Pain Quotidien“ hörte und schlichtweg aufgrund der gemütlichen Ausstattung und guten Auswahl frischer Backwaren die Gunst unserer Anwesenheit gewann. Entsprechend gab’s feine Croissants, guten Café und frischer Orangensaft zum gleichen Preis wie letztlich im Hotel. Aber hej, dafür passte die belgische Frühstücksatmosphäre!
Gesättigt wurden die Zelte in Charleroi abgebaut und über freie Autobahnen gen Nordosten gedüst. Gut eineinhalb Stunden später erreichten wir das Stadionumfeld der Kleinstadt Genk, die mit dem Koninklijke Racing Club den viermaligen belgischen Meister und aktuellen Pokalsieger beheimatet. Auch eher einer dieser Clubs, die es erst in der jüngeren Vergangenheit zum sportlichen Erfolg geschafft haben, was bei einer eigentlichen Gründung durch Fusion im Jahre 1988 (FC Winterslag und THOR Waterschei) auch nicht so verwunderlich ist. Geparkt wurde auf einer Hauptstraße unweit des Stadions, sodass lediglich etwa zehn Minuten per Pedes zurückgelegt werden mussten.
Im Gegensatz zum Vortag klappten die 2G-Kontrollen hier recht fix, sodass wir mit deutlichem Zeitpuffer die stark an ein IKEA-Einrichtungshaus erinnernde Fassade des Stadions zu Gesicht bekamen. Innen zeigte sich die Bude dann allerdings recht ansehnlich. Exakt 23.718 Plätze umfasst die 1999 eröffnete und nach unterschiedlichen Sponsoren benannte Arena. Komplett doppelstöckig ausgebaut und fast wie aus einem Guss, bis auf die VIP-Tribüne und deren angeschlossenen Ecken. Denn die sind, den Logen sei Dank, sogar mit vier Stockwerken versehen. Bisschen wie ein großer Felsen oder auch die bekannte dünne Tribüne von Boca. Insgesamt konnten wir unter dem Gesichtspunkt reines Fußballstadion allerdings mit dem Anblick ganz gut leben. Gibt schlimmere oder seelenlosere Anlagen. *Hust* Sinsheim *Hust*.
Unsere Plätze bezogen wir derweilen mittig im Unterrang in Block K. Ich Fuchs wusste natürlich um die eher englische Bauweise der Arena Bescheid und orderte die Tickets online für die unterste Reihe. Hätte ich mal besser nicht gemacht, da sich der Umlauf für alle Zuschauer direkt zwischen Spielfeld und Tribüne, also direkt vor unserer Nase, befand. Zudem blödelten zwei solcher Luftfiguren direkt vor unseren Augen rum. Jaja, bisschen mehr Event hier im Osten Flanderns, was auch auf die spätere Feuershow zu Anpfiff zutrifft. Die gute Stunde bis Anpfiff gab’s dann feinsten Holland-Techno auf die Ohren, was bei der Lautstärke fast schon einem Rave glich. Die Masse feierte und tanzte die Klassiker dann auch gut mit. Ist jetzt nicht unbedingt mein Musikstil.
Mit der Zeit füllte sich die Bude recht ordentlich, sodass wir froh waren, die Karten vorab geschossen zu haben. So hatten wir, zumindest später, auch einen guten Blick auf die im hintersten Ecken untergebrachten Gäste aus Brügge, die den offiziellen Gästeblock bis auf den letzten Platz füllten. Weniger gut erkennbar war das Zaunfahnenbild der Heimseite, welches für uns gänzlich durch die Werbebanden verdeckt wurde. Lediglich die am Vorsängerpodest angebrachte Freundschaftsfahne zu Fortuna Sittard als auch die am Oberrang hängende „Tribune Zuid“-Fahne konnten daher erspäht werden. Ansonsten machte die Heimkurve zumindest zahlenmäßig einen starken Eindruck. Kompakter Auftritt und eine große Masse, wenn auch auf großartiges Tifo, neben ein paar Schwenkern, verzichtet wurde. Dafür lag der Fokus augenscheinlich auf der akustischen Unterstützung, legte der Haufen doch mit Beginn gut los. Eher spielbezogen, gab’s ein Best-Off aktueller Kurvenhits, wobei selbst das „Allez Allez Allez“ nicht fehlen durfte.
Gerade nach Chancen stiegen oft weite Teile des Stadions mit ein, was in den jeweiligen Momenten doch gut einschlug. Den wirklich starken und beeindruckenden Phasen folgten aber auch immer wieder stille Momente, in denen nur ein sehr kleiner Teil in der Mitte wirklich freidrehte. Insgesamt aber ein deutlich stärkerer Auftritt, als wir hier vermutet hätten. In der Mitte der ersten Hälfte wurde mit zwei Konterfeis und einem „You’ll never walk alone“ zwei Mitgliedern der Szene gedacht, die vor kurzem verstarben, was auch vom Stadionsprecher in der Halbzeit per Videowand aufgegriffen wurde. Im zweiten Durchgang akustisch das gleiche Spiel, auch wenn hier ab und an noch ein paar Blinker aufleuchteten und später eine Fackel auf dem Boden für etwas Rauch sorgte.
Während Genk also die ungewissen Erwartungen überflügelte, enttäuschte Brügge im vollen Gästeblock auf ganzer Linie. So eine große Masse stand bereit – und so wenig kam dabei rum. Der aktive Haufen positionierte sich mittig im Unterrang und zeigte sich durchgängig mit zahlreichen Schwenkfahnen aktiv, doch eine wirkliche Lautstärke erreichte der Haufen nie. Nur sehr selten zogen alle Anhänger des Rekordpokalsiegers mit, dann aber auch meist nur für eine Runde. Englischer Stil eben, was sich auch in den Gesängen widerspiegelte. Im Pöbeln laut und geschlossen, im pushen der Mannschaft in schwierigen Phasen außerhalb des Kerns mit Klappe halten beschäftigt. Auch hier wurde verstorbenen Weggefährten gedacht und auch hier wurde ein „You’ll never walk alone“ angestimmt, sodass der Gesang im ersten Durchgang einige Male durchs Rund schwappte. Natürlich auch von unserer Seite viel Kraft an die Familien und Hinterbliebenen.
Schwieriger Übergang nun zum sportlichen Aspekt des Tages. War die Qualität und der Unterhaltungswert am Vortag noch bescheiden, bescherte der heutige Kick beste Werbung für den belgischen Fussball. Durch frühes Pressing kam Genk bereits in der 12. Minute zum 1:0, was durch den VAR allerdings aufgrund eines Fouls wieder revidiert wurde. Im übrigen das erste Mal, dass wir hier den Torjubel zu hören bekamen, der ebenfalls aus einer in diesem Zusammenhang geilen Techno-Einlage besteht. Lässt sich auf jeden Fall gut drauf ausrasten. Weiter also torlos bis zur 35. Minute. Brügge war nun irgendwann stärker und belohnte sich mit dem Auswärtstor vor der Pause und bestrafte den Chancenwucher der Hausherren. Blöd nur, dass sich die Gäste wenig später eine gelb-rote Karte fingen und nun eine ganze Halbzeit lang in Unterzahl die Führung verwalten mussten. Nach Wiederanpfiff trat Genk entsprechend offensiv auf und glich zur 49. Minute aus, ehe nach gut 70 Minuten das Spiel auf 2:1 gedreht wurde. Grenzenloser Jubel nun auf der Südtribüne, die sich in Überzahl dem sicheren Sieg gegen den Konkurrenten im Kampf um die vorderen Plätze entgegen sehnte.
Fünf Minuten später zappelte die Kugel aber plötzlich auf der anderen Seite im Netz. Ausgleich Brügge aus dem Nichts. Und es kam noch dicker: Wenige Augenblicke vor dem Ende drückte Brügge nach vorne und schoss das 2:3. Kollektives Ausrasten im Gästeblock, ungläubige Gesichter im restlichen Stadion. In Unterzahl ein Spiel gedreht – Mentalitätsmonster am Werk sag ich da! Bitter für Genk: Das war gleichzeitig der Endstand. Somit leerte sich das Stadion unter heißen Diskussionen zügig, während die Anhänger des Club Brugge nun natürlich aus dem Feiern nicht mehr rauskamen. Somit bekamen wir zumindest ein paar Minuten Stimmung aus Brugge, wie man es sich vorgestellt hatte.
Durchgefroren ging’s aber auch für uns alsbald nach draußen und ab zum Auto, wo sich die mitgebrachten Überbleibsel des morgendlichen Frühstücks reingedrückt wurden, ehe einer der heftigsten aller jemals erlebten Abfahrtsstaus die Laune verhagelte. Da ging über eine Stunde gar nichts. Wirklich gar nichts! Über Schleichwege schafften wir es nach einer Ewigkeit auf die Autobahn, schoben uns bei Aachen im lokalen Megges einen Burger zwischen die Kiefer und düsten in der Dunkelheit gen Frankfurt. Die Mägen bedankten sich mittlerweile für drölf frittierte Gerichte in Folge, aber was soll’s. So ist Belgien!