Hessenpokal: Türk Gücü Friedberg – SV Wehen Wiesbaden

10.11.2021
Achtelfinale Hessenpokal
Türk Gücü Friedberg - SV Wehen Wiesbaden
Burgfeldstadion
Endergebnis: 1:0 (1:0)
Zuschauer: 760
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Da die Arbeit zuletzt etwas mehr Luft zum Atmen lässt, geht auch mal der ein oder andere Kick unter der Woche, dachte man sich. Bereut hab ich die Entscheidung spätestens eine Stunde nach Abfahrt vom Büro im Frankfurter Süden, denn bis dahin hat sich die laut Navi geplante Anfahrtszeit bis ins nordische Friedberg fast verdoppelt. Staus, Unfälle und der ganz normale Feierabendverkehr liesen mich wieder von den holprigen, aber freien Straßen Montenegros träumen… hach, und wärmer war es dort auch. Gut zwanzig Minuten vor Anpfiff (19.30 an einem Mittwoch) schließlich auf den Stadionparkplatz gebrettert – und genauso schnell wieder raus weil voll. Nächste Seitenstraße rein und irgendwo in einer schicken Siedlung einen freien Platz gefunden, dann schlug auch schon die Eiseskälte ins Gesicht. Knapp über Null Grad und die Kleidung war nicht unbedingt dafür gewappnet. Kopf anschalten am frühen Morgen hätte da geholfen.

Im Stechschritt schließlich den Eingang erreicht und für einen Zehner ein wirklich schönes Ticket gezogen, ehe die Daten in den üblichen Papierbogen wanderten. Dauerte zum Glück alles nicht so lange wie befürchtet, sodass ich am Ende doch gerade rechtzeitig den schönen Rasenplatz samt Burgpanorama erreichte. Letztere kommt nachts dank der orangenen Lichter noch deutlich besser zur Geltung als tagsüber, wenn sich auch nur der charakteristische Turm aus der absoluten Dunkelheit erhebt. Die Aussicht ist dann auch sowas wie das Highlight des sonst vom VfB Friedberg in der Kreisoberliga bespielten Burgfeldstadions, in welchem sich der heutige Gastgeber, Türk Gücü Friedberg, ob des zu erwartenden Andrangs einmietete. Richtige Entscheidung, stellten sich doch letztlich 760 Schaulustige die kalten Beine in den Bauch.

Organisierte Fans suchte man sowohl beim fünftklassigen Heimverein als auch beim Drittligisten aus Wiesbaden anfangs vergebens, aber war auch nicht anders zu erwarten. Die Anzahl von Szenen, die den Landespokal vor dem Finale für ernst nimmt, ist ja auch nicht die Größte. Auf der Heimseite war zumindest eine Trommel zu hören, die sich nach dem Einlaufen der Mannschaften von ihrer stummen Seite zeigte. Die übrige Zeit nutzte man noch fix für Abendessen, wobei man sich hier für Köfte im Brötchen entschied. Fein gewürzt, mit frischen Zwiebeln versehen, die man auch Tage später noch schmeckte, und mit drei Euro alles andere als überpreist. Für mehr gutes Futter auf Sportplätzen!

Von der zu erwarteten offensiven Übermacht des SV Wehen war mit Anpfiff, abgesehen von der ersten Chance nach zehn  Sekunden, wenig bis gar nichts zu sehen. Schlimmer noch: Es entwickelte sich im ersten Durchgang ein unansehnliches Gegurke. Und das sprach für den Einsatz des Hessenligisten. Klar, man erwartete zu diesen Gegebenheiten keine Galavorstellung, dass von Wiesbaden allerdings trotz oder gar eben wegen des Trainerwechsels so wenig kommt… So stand ein für Türk Gücü verdientes 0:0 bis – bis zur 44. Minute. Durch eine Unaufmerksamkeit des Gästekeepers und einen daraus resultierender Fehlpass hatte plötzlich ein Friedberger Stürmer die Kugel frei vorm Torwart auf dem Fuß. Langer Lupfer – Tor! Der Außenseiter führte, und das nicht unverdient. Nun meldeten sich auch einige Sympathisanten der Hausherren zu Wort, die nun hier und da einige Gesänge auf Deutsch und Türkisch zum Besten gaben. Bisschen Stimmung in der Bude tat dem Ganzen hier definitiv gut.

Unterdessen kreisten die eigenen Gedanken lediglich um ein Vermeiden einer Verlängerung. Also entweder klares Ding für die Gäste in Halbzeit zwei – oder TG soll noch einen drauf legen. Und, was soll ich sagen… Gefühlt war Friedberg trotz purem Ballbesitzfussball der Gäste näher am zweiten als Wehen am Ausgleich. Da ging vorne aber auch wirklich nix zusammen. Spannend blieb es trotzdem, sodass bis zum Schluss mit den Hausherren mitgefiebert wurde. Eine schwere Verletzung eines Verteidigers von Türk Gücü unterbrach das Spiel am Ende für eine längere Zeit, sodass fast zehn Minuten nachgespielt werden mussten – doch vor allem der Torwart blieb standhaft und hielt den Kasten sauber. Dem langen Pfiff folgte ein lauter Jubel im weiten Rund, gepaart mit vielen freudigen und ungläubigen Gesichtern. Vor dem Vereinsheim wurden gar fünf blaue Fackeln angerissen und lautstark mit der Mannschaft gefeiert. An dieser Stelle Glückwunsch an TG fürs Erreichen des Viertelfinales! Unverdient sieht anders aus.

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Mit Blick auf die weißen Wolken, die den wohligen Duft von Silvester versprühten, ging es völlig durchfroren wieder zum Vehikel. Die Rückfahrt ging natürlich fix vonstatten und man griff sich immer wieder an den Kopp, wie lange man am Abend in die andere Richtung für die paar Kilometer brauchte. Insgesamt aber dennoch ein mehr als lohnenswerter Spielbesuch!