20.08.2021
4. Spieltag Regionalliga Ost
First Vienna FC - FC Mauerwerk
Stadion Hohe Warte
Endergebnis: 2:0 (2:0)
Zuschauer: 1.208
Fotoalbum
Nachdem mit dem Europapokalspiel von Rapid am Vorabend bereits eines der Highlights der Tour abgehakt werden konnte, sollte es am Freitag primär um die touristischen Aspekte der österreichischen Hauptstadt gehen. Nach einem fixen Restefrühstück der mitgebrachten Wegzehrung ging’s direkt per Tram in Richtung Volkstheater, wo man zunächst den kompletten Universitätsring ablief. Parlament, Rathaus, Votivkirche und eben jenes namensgebendes Universitätsgebäude wurden in Folge angesteuert, wobei sich alle bis auf Letzteres fein eingehüllt mit Baustellencharme zeigten. Danach trugen uns die Füße zur alten Hofburg, dem Wahrzeichen der Stadt, sowie der angeschlossenen Nationalbibliothek, Oper sowie Museumsquartier.
Die Stadt wirkte an vielen Ecken recht schön und herausgeputzt, machte allerdings auf uns einen Eindruck wie eine Mischung aus München und Berlin. Die Architektur und Sprache sowie Stadtgliederung waren eben sehr ähnlich zu bereits besuchten Städten, was jetzt nicht unbedingt das ganz große Gefühl aufkommen ließ, etwas gänzlich Neues zu bestaunen. War uns allerdings schon vorher klar, entsprechend natürlich nix Verwerfliches. Schöner wurde es zur Mittagspause in der Herrengasse, die stilecht im Café Central verbracht wurde. Was hier ein Aufwand betrieben wurde, die Räume trotz der hohen Kundendichte so gut zu erhalten… Hier wurde sich stilecht mit Apfelstrudel und Kaiserschmarrn gestärkt, bevor die zweite Tageshälfte eingeläutet wurde.
Diese bestand aus dem erneuten Kurzbesuch des Stephansplatzes (und –Doms) sowie der dahinter befindlichen Ankeruhr. Im Anschluss ging’s noch fix in den Süden zu Karlskirche und Schloss Belvedere, dann kapitulierten Beine und Füße und verlangten nach einer verdienten Pause. Da mittlerweile auch die Kehlen wieder trocken waren, machte man sich bereits auf den halben Weg zum Spielort des heutigen Abends und ließ sich auf der Terrasse der lokalen Brauerei Beaver Brewing im Alsergrund nieder. Hier gab’s frisch gezapftes Craftbeer und ‘nen guten Burger, wobei ich immer wieder feststellen muss, dass man für gute Stouts einfach nach Dänemark oder Estland fahren muss. Nach dem gefühlten Halbmarathon mundeten die kühlen Brauerzeugnisse aber dennoch tadellos.
Leider machten eine Fahrraddemo und dadurch gesperrte Straßen unserer zügigen Weiterreise einen Strich durch die Rechnung, sodass es zeitlich bis zum Anpfiff sehr knapp werden sollte. Zum Glück brachte uns die nächste Tram pünktlich in den Stadtteil Döbling und zum bekannten Stadion Hohe Warte. Fünf Minuten vor Anpfiff vor den Stadiontoren hechelnd vom bestiegenen Berg angekommen, ging der Ticketkauf ohne Personalisierung überraschend reibungslos, sodass man kurze Zeit später und 12€ pro Nase ärmer (für ‘nen Steher eigentlich heftig) gerade rechtzeitig mit dem Einlaufen der Mannschaften gen Gegentribüne stapfte. Geschafft! So dauerte es ‘ne Minute, bis sich das Adrenalin legte und dieser Traum von Bude so richtig wirkte.
Die neue Haupttribüne auf der uns gegenüberliegenden Seite mit ihren blau-gelben Wandgemälden („First Vienna Football Club 1894 – Hohe Warte – Kein Platz für Diskriminierung“) machte schon richtig was her (auch wenn die alte mit ihrem geschwungenen Dach auf Bildern noch ein Stück geiler wirkte), doch der wahre Star des Stadions ist der gigantische Graswall auf der anderen Seite. 1921 als damals größtes und modernstes Stadion Europas eröffnet, fanden bis zu 85.000 Zuschauer Platz (u.a. auch für Länderspiele) auf den schon damals natürlich gehaltenen Traversen dieser gigantischen Kurve. Mit dem langsamen Zerfall wuchs natürlich deutlich mehr Gras über die Sache, aber auch heute noch sind ein Großteil der Steinstufen gerade an den steilen Stellen erhalten. Die drei davor errichteten Stahlrohrtribünen passen da jetzt zwar nicht unbedingt hinein, allerdings kann so die heutige Kapazität zumindest auf 7.200 Plätze gehalten werden.
Von hoch oben hat man natürlich einen unverbaubaren Ausblick auf die Stadt, was gerade in der Dämmerung unglaublich wirkte. Schönes Flair, geiles Ding und natürlich wieder ein großes Stück Geschichte des österreichischen Fussballs. Denn, wie es der Name unschwer vermuten lässt, handelt es sich bei den Blau-Gelben um den ersten und einen der erfolgreichsten Fussballclubs des Landes. Während man auf insgesamt sechs österreichische Meistertitel zurückblicken darf (der jüngste aus dem Jahr 1955), konnten, neben dem dreifachen österreichischen Cupsieg, auch je einmal der deutsche und österreich-ungarische Pokal errungen werden. Zudem konnte 1931 der Mitropokal (Vorläufer der heutigen Europapokale) sowie jeweils 1988 und 1990 der Intertoto-Cup den Weg in den Trophäenschrank finden. Nach historischen 68 Saisons in der höchsten Spielklasse ist die Vienna aktuell in der drittklassigen Regionalliga Ost angekommen, nach Aufstieg aus der letzten Spielzeit.
Zum heutigen Kick gegen den FC Mauerwerk waren es dann etwas über 1.200 Schaulustige, die den notwendigen Rahmen bildeten. Ein recht großer Teil ließ sich auf der Haupttribüne nieder, an deren linkem Ende der aktive Kern der Fanszene hinter ein paar schönen Zaunfahnen die Stimmung organisierte. Traditionell im englischen Stil und teilweise absolut befreit von Ernsthaftigkeit. Machte aber schon Eindruck, wenn im tiefsten Wien plötzlich „Truly Madly Deeply“ von einem Männerchor ertönte. Und auch sonst gab’s ein Best Off der englischen Stadion- und Pubkultur und Melodien wie „Yellow Submarine“ oder gar von Tetris. In der Konsequenz sogar recht ansehnlich, gerade weil der Haufen mit voranschreitender Spieldauer immer weiter anwuchs.
Sportlich lief es dann auch ganz gut für den First Vienna FC, zwei frühe Treffer legten die Marschrichtung des Abends fest. Zum Schmunzeln war dann die Spielunterbrechung aufgrund eines Hundes, der eine ganze Runde auf dem Platz hinlegte und so gar kein Interesse daran hatte, eingefangen zu werden. Das war’s dann auch schon mit dem Geschehen auf dem Platz, denn in der zweiten Hälfte geschah so ziemlich gar nichts mehr. Noch immer mit müden Beinen ausgestattet wurde der Plan, am späten Abend noch eine Runde durch die Stadt zu ziehen, über Bord geworfen und stattessen mit einem Bus die halbe Stunde gen Bleibe gegurkt. Am nächsten Tag war ja schließlich auch noch Zeit.
Der Samstagmorgen startete tatsächlich fauler als gedacht. Erst der aufkommende Hunger trieb uns nach draußen und in einen nahen Pub am Meiselmarkt unweit unserer Bleibe, wo gutes Wiener Frühstück auf uns wartete. Mit dem Schloss Schönbrunn stand ein weiterer Anlaufpunkt auf unserer Liste, sodass hier gleich wieder die körperliche Betätigung des Tages erfolgte. Und wieder lag uns förmlich ganz Wien zu unseren Füßen, wodurch die Strapazen des Aufstiegs auf den Berg nach einiger Zeit vergessen waren. Nicht vergessen konnte man derweilen den angekündigten Bahnstreik ab Montag, der quasi zeitgleich mit der Nachricht über den Ausfall unseres Zuges eintrudelte. Danke dafür!
Entsprechend ging’s erstmal zum Hauptbahnhof um sich über Alternativen zu informieren und um sicherzugehen, dass man denn mit einem deutschen Ticket auch in Österreich jeden Zug gen Heimat nehmen könnte. Nachdem das bejaht wurde und die Erleichterung so langsam um sich griff, shoppte man noch im bekannten Manner-Shop für die daheimgebliebenen und machte am Naschmarkt eine Mittagspause. Bei gutem Speis und Trank fiel hier die endgültige Entscheidung, den eingeplanten Kick am Nachmittag zu streichen. Aber auch ehrlich: ‘nen dreistufigen Ausbau findet man überall in der Heimat, also einfach weiter durch die Stadt schlendern und Ecken erkunden, die sonst hinten runter gefallen wären. Diesen Plan setzte man mit dem Besuch des Hundertwasserhauses dann auch gleich in die Tat um, einem Sozialbau mit, nennen wir es mal, allen künstlerischen Freiheiten ausgestattet. So ein Bau steht u.a. auch in Magdeburg, ein Besuch lohnt sich definitiv!
Zwecks Abendgestaltung kehrten wir in der Nähe der Neubaugasse im Ammutsøn Craft Beer Dive ein, wie sich unschwer am Namen ableiten lässt natürlich wieder ein Laden für Liebhaber des etwas exklusiveren Saufens, hehe. Mit der Auswahl an unzähligen belgischen Spezialitäten konnten wir allerdings nur bedingt etwas anfangen, da fehlte einfach die Lust drauf. Aber auch so ließen sich einige Spezialitäten testen, weshalb ich auch diesem Etablissement das Prädikat empfehlenswert aussprechen würde.
Mit der noch verbliebenen Energie ging’s für eine nächtliche Runde über den Wiener Prater, dem alljährlich geöffneten und kostenlosen Freizeitpark bzw. Kirmes. Viel los, auch zu später Stunde und viele bunte Lichter, die in der Dunkelheit zur Geltung kamen. Entsprechend froh waren wir, den Park nicht wie zunächst geplant am frühen Nachmittag besucht zu haben. Die letzte Etappe brachte uns wieder zur Bleibe und in die Kiste, denn die Nacht sollte mal wieder keine Lange werden.