DFB-Pokal: SV Elversberg – 1.FSV Mainz 05

08.08.2021
1. Runde DFB-Pokal
SV Elversberg - 1.FSV Mainz 05
Waldstadion an der Kaiserlinde
Endergebnis: 9:10 n.E. (2:2)
Zuschauer: 2.480 (ca. 250 Gäste)
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Am 22. Februar 2020 gegen 15:50 Uhr erhellte der für uns bis dato letzte Pfiff den Elversberger Nachmittagshimmel. Heimsieg gegen den VfR Aalen vor ziemlich genau 1.150 Zuschauern. Fast 18 Monate ist dies nun schon her. Seitdem konnte man keinen Fuß mehr auf genau die grauen Stufen setzen, die man selbst als Heimat bezeichnet. Diese schier endlose Zeit sollte an diesem Sonntag ihr Ende finden. Endlich! Und dann auch noch gleich zum DFB-Pokal. Dieser hielt für die SVE mit den Mainzern ein in normalen Jahren recht attraktives Los bereit, ziehen räumlich nähere Vereine, insbesondere solche aus Rheinland-Pfalz, den geneigten Saarländer eher in die Bude als irgendeine graue Maus von sonst wo her.

So auch dieses Mal, denn die auf etwa 25% reduzierte Kapazität hielt dem freien Verkauf genau eine Stunde stand – dann durfte bereits ausverkauft vermeldet werden. Auch ein noch nie gehörter Rekord, wenn auch zu ganz anderen Bedingungen. Denn (ohne irgendwie zu verleugnen wo man herkommt) ziehen die attraktiveren Regionalliga-Gegner wie Offenbach, Homburg oder in der Vergangenheit Waldhof gerne mal mehr als die zur Verfügung stehenden 2.500 Tickets. Aber gut, besser als nix, wie man seit mehr als einem Jahr zu sagen pflegt.

Im Endeffekt überwog bei so ziemlich allen die Vorfreude. Angefangen beim altbekannten Fußweg den Berg hinauf, vorbei an den Kneipen und Bierständen bis hin zu den altbekannten Gesichtern, denen man schon ewig nicht mehr über den Weg lief. Viel Gequatsche, viel Gelächter und generell wieder eine Stimmung, die an Fussball erinnert. Im Stadion dann ein recht ähnliches Bild, auch wenn Markierungen auf dem Boden für Abstand sorgen sollten. Die waren in der Vermessung allerdings recht unglücklich gewählt, da man zu den jeweiligen Nebenmännern zwar die eineinhalb Meter einhielt, gleichzeitig aber problemlos dem Vordermann am Ohrläppchen kauen könnte. Ist eben wie Schach, das Virus darf sich nur nach rechts oder links bewegen…

Mit der Zeit füllte sich die Bude recht gut und auch im aktiven Block des C1 sammelte sich ein Mob, der richtig Bock darauf hatte, mal wieder gesanglich einen raus zu hauen. Zahlenmäßig definitiv einer der größeren Haufen und in etwa mit einem gut besuchten Ligaspiel zu vergleichen, allerdings nicht ganz auf dem Niveau vergangener Pokalauftritte. Man merkte eben, dass der Kartenmangel gerade das weitere Umfeld betraf. Dennoch wurde mit reduziertem Tifo (lediglich das neue Vereinsbanner am Zaun sowie die Auswärtsfahne am Wellenbrecher) von Minute eins an alles rausgeholt. Da sollte auch der just zum Einlaufen der Mannschaften herunterprasselnde Regenschauer nichts dran ändern. Beim ersten grellen Blitz am nahen Horizont flammte zwar kurz Mal der Abbruchgedanke auf, doch nach etwa fünf Minuten grüßte bereits die Sonne vom blauen Himmel. Wie im April…

Alles in allem zeigte sich der Elversberger Anhang heute von seiner besten Seite. Viele abwechslungsreiche Gesänge, eine gute Quote im Kern und darüber hinaus sowie, und das ist für die ausgelebte Lethargie der hiesigen Stadiongänger eigentlich unglaublich, mehrere Wechselgesänge samt Bewegung auf Haupttribüne und C2. Alleine dass auch nur Ansatzweiße ein paar Leute der Aufforderung zum Aufstehen nachkommen gilt ja gemein hin schon als Erfolg. Dass es an einem Tag aber die komplette Tribüne mitreißt, teils Gesänge lautstark mitgetragen werden oder gar von sich aus ein Freistoß angeklatscht wird – utopisch. Dass es beim ersten koordinierten Auftritt nicht über die volle Länge so hoch herging sei natürlich auch erwähnt, ein paar Pausen dank frühem Stimmverlust waren vorhanden. Ist eben für alle schon ‘ne Ecke her.

Das Thema Support bei den Gästen war dagegen nicht wirklich zu bewerten, da die Mainzer Szene wie so viele die aktuellen Spiele nicht fährt. Entsprechend übernahmen die Normalos den Block, flaggten nur ein paar Fetzen an den Zaun und stimmten sporadisch ein paar Klassiker an. Man merkte allerdings, dass das Gesangsrepertoire eines BuLi-Stadiongängers dann doch auf einem anderen Level anzusiedeln ist, entsprechend war sogar etwas Abwechslung drin, teils wurde sogar gehüpft. So wirklich konstant war das aber dann auch wieder nicht und auch die Zahl der Liedwiederholungen bewegte sich zwischen eins und zwei. Gerade in den schwierigen Phasen blieben die Rot-Weißen dann komplett still. Man merkt und sieht es derzeit in ganz Fussball-Deutschland: Ohne Ultras geht eben nix.

Eigentlich hatte ich mir seit diesem Jahr vorgenommen, mich zum eigentlichen Spiel generell deutlich kürzer zu fassen. In den meisten Fällen kann man sich die Infos sowieso deutlich schneller aus dem Netz besorgen oder eben gleich die ellenlangen Berichte der unzähligen Sportreporter lesen. Außerdem interessiert sich wohl kaum ein Leser auch nur in einem Jahr (wenn überhaupt), wie denn nun der Kreisligist in seinem Testspiel sportlich unterwegs war. Heute muss es aber sein, denn einen solchen Krimi erlebst du auch nicht jeden Tag, geschweige jede Saison. Dass die Mainzer auf dem Papier die deutlich stärkere Mannschaft stellten stand natürlich außer Frage und wirklich keiner rechnete mit einem ähnlich starken Auftritt wie gegen die damals schwächelnden Paulianer. Dass die 05er die Schwarz-Weißen aber derart an die Wand spielten wie im ersten Durchgang, hätte ich nun auch nicht erwartet.

Pausenloser Offensiv-Fussball der Rheinhessen, gepaart mit unzähligen Chancen, zwei Aluminium-Treffern und 19:0(!) Ecken sprechen Bände. Teils schaffte es die SVE selbst beim Abstoß nicht mehr aus dem eigenen Drittel heraus. Der Fels in der Brandung war dann allerdings Frank Lehmann mit dem besten Auftritt, den ein Torhüter jemals im schwarz-weißen Dress hinlegte. Egal aus welchem Winkel, ob abgefälscht oder Abschluss aus zwei Metern – er hielt einfach Alles! Und wenn Lehmann mal überwunden war, kratzte ein Verteidiger wie der unglaublich starke von Piechowski die Kugel noch von der Linie. Nach 45 Minuten stand es daher 0:0 – und damit konnte man mehr als nur Leben!

Im ersten Durchgang noch ohne nennenswerte Chance, traute sich Elversberg dann in Halbzeit zwei die ersten offensiven Annäherungsversuche zu. Und Mainz ließ diese auf einmal gewähren. Die SVE kam immer besser ins Spiel, kombinierte sogar ab und an und erspielte sich einige Torabschlüsse. Und plötzlich, in der 73. Minute, war es vollbracht. Luca Schnellbacher umkurvte den Mainzer Keeper nach tollem Zuspiel und traf zum 1:0. Eskalation nun an der Linde, die an allen Ecken Kopf stand! Die folgende Viertelstunde war mitunter ein Grund dafür, dass man am frühen Montagmorgen dem Chef erstmal erklären musste, warum das mit dem Sprechen noch nicht so sauber klappt. Mainz war nun natürlich wieder voll da und erspielte sich Chance um Chance, doch das Abwehrbollwerk hielt – und hielt – und hielt – bis zur 89. Minute. Jonathan Burkardt war der Nutznießer und traf ins leere Tor. Enttäuschung, Abpfiff, Verlängerung.

Für die eigenen Nerven nicht wirklich förderlich, für die Stimmbänder noch weniger, denn das Spiel sollte sich wiederholen. Mainz blieb weiterhin die um wirklich drei Klassen bessere Mannschaft, doch Elversberg traf erneut. Vorlage dann ausgerechnet von Torhüter Frank Lehmann, der Luca Schnellbacher auf die Reise schickte, der wiederum mit einem Kontakt die Pille gefühlvoll über den Mainzer Schlussmann hob. Es war bereits die 110. Minute und die Linde explodierte erneut. Doch es sollte nicht reichen. Denn es war wieder Burkardt, der sechs Minuten später den erneuten Mainzer Ausgleich besorgte. Alles Bangen war umsonst, es ging ins Elfmeterschießen. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings jedem bereits klar: Ganz egal wie dieses Spiel endet, ganz egal wer heute als Sieger vom Platz geht, diese Mannschaft hat alles gegeben, jeden Zweikampf angenommen und ist jeden nötigen Meter gerannt. Ab jetzt war es Glück. Und das Glück sollte bei den Schützen bleiben.

Einer ums andere traf, kein Torwart hielt auch nur einen Ball, sodass es selbst hier in die Verlängerung gehen musste. Der achte Mainzer Schütze setzte die Kugel gekonnt ins Netz, die SVE musste wieder nachziehen. Als sechzehnter Schütze insgesamt trat Elversbergs Laurin von Piechowski an, der, der in über zwei Stunden fast alles wegverteidigen konnte… Das dumpfe, metallene Klatschen des Balls an die Querlatte war schließlich das Ende des gelebten Traumes. Von Piechowski sackte sofort zu Boden, während die Mainzer Spieler in erleichternden Jubel ausbrachen. Fast drei Stunden Bangen – und am Ende war alles nach einer Sekunde vorbei.

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Doch die Elversberger Mannschaft zeigte heute etwas, was am Ende noch viel wichtiger als das Ergebnis selbst ist: Leistung und Kampf. Man hatte stets das Gefühl, dass man sich niemals mit der Rolle als hoffnungslos unterlegenes Team anfreunden wollte und konnte. Und dies wurde vom Elversberger Anhang honoriert. Dem Abpfiff folgten sofort „von Piechowski“-Sprechchöre, welcher wiederum von seinem Team sämtliche Unterstützung unterhielt. Und auch Lehmanns Leistung wusste gesondert hervorgehoben zu werden, auch wenn es heute das Team als Ganzes war, welches einen Jeden am Ende mit nur einem Gefühl nach Hause schickte: Stolz!