Regionalliga: VfB Auerbach – BSG Chemie Leipzig

17.10.2020
10. Spieltag Regionalliga Nordost
VfB Auerbach - BSG Chemie Leipzig
VfB-Stadion Auerbach
Endergebnis: 0:2 (0:1)
Zuschauer: 999 (ca. 250 Gäste)
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Eigentlich… ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt auf dieses Wort in Bezug auf ein Fussballspiel verzichten konnte. Aber 2020 wäre ja nicht 2020, wenn auch nur eine Tour, geschweige denn ein Kick, ohne Abzüge oder Probleme über die Bühne ginge. Ursprünglich, und da rede ich jetzt vom Beginn des Jahres, stand für den Oktober eine Tour durch Frankreich und Belgien auf dem Plan, was jedoch schon früh, aufgrund der auf lange Sicht leeren oder höchstens halbvollen Stadien, über Bord geworfen wurde. Die Impro-Küche spuckte als nächstes Budapest auf den Teller, was lange Zeit auch realisierbar schien, ehe Reisewarnungen und Einreisesperren auch dieser Idee die Lichter ausbliesen. Mit weniger als zwei Wochen Vorbereitung dann Polen rausgekramt, was wiederum aufgrund schlechter Ansetzungen und zuletzt dem nahezu kompletten Zuschauerausschluss ad acta gelegt wurde, nur um kurze Zeit später Alternative Vier, namentlich die Schweiz, wegen deutlicher Budgetsprengung von der Liste zu streichen.

Da man weiß Gott nicht in der eigenen Bude gammeln wollte, entschied man sich letztlich für was Sinnvolles in Deutschland. Und da stach Dresden aus der durch Risikogebiete minimierten Auswahl direkt ins Auge. Zuletzt vor viereinhalb Jahren beehrte man Elbflorenz, höchste Zeit also für einen erneuten Besuch! Das Zittern bis zur Abfahrt am frühen Donnerstagmorgen aufgrund des Beherbergungsverbotes war natürlich obligatorisch, doch irgendwie schaffte es der Landkreis Offenbach, im Gegensatz zur Stadt, die 50er Marke seit ein paar Tagen im Limbostyle zu unterschreiten (48,1 bei Abfahrt). Spannung entsprechend bis zum Schluss, doch nach fünfstündiger Fahrt konnte ohne Probleme in der Bleibe in der Dresdner Neustadt eingecheckt werden.

Den Nachmittag schlenderte man ein wenig durch die schöne Alt- und Neustadt, ehe für den Freitag wieder zwei Mal umdisponiert werden musste. Den ursprünglichen Plan, den Zweitligakick von Legnica in Polen mitzunehmen, versenkte man aufgrund der Reduktion auf 25% der Kapazität (was laut Miedz genau dem Dauerkartenvolumen entspricht) bereits in der Elbe und sattelte fix auf die halbe Strecke um. Also ab nach Görlitz! War ich bis zu diesem Tag auch noch nicht, doch die Stadt wusste für nen Ausflug zu gefallen. Allen voran das bekannte Kaufhaus, was an diesem Tag besichtigt werden konnte, sowie die Peterskirche an der Neiße machten was her, während Zgorzelec, sprich die polnische Hälfte der Stadt, eher trostlos schien.

Da auch die spielerische Option B mit dem Sachsenligakick in Niesky ausfiel (zur Abwechslung mal aufgrund des Dauerregens), und auch sonst bis hoch nach Berlin nichts Sinnvolles machbar war, waren sämtliche Hoffnungen und Augen nun auf den Samstag gerichtet. Also ordentlich am Frühstücksbüffet bedient und ab gen Vogtland!

Ständiger Begleiter während der anderthalbstündigen Anfahrt war der widerwärtige Regen, der uns auch schon in den beiden Tagen zuvor komplett durchnässte. Und auch bei Ankunft in Auerbach wurde es nicht besser, sodass man überglücklich war, nicht im als Parkplatz ausgewiesenen Matschfeld stecken geblieben zu sein. Per Pedes ging’s nun durch mehrere Kleingartenanlagen bis zum Heimeingang. Etwa eine Stunde vor Anpfiff hielten wir, zum Preis von zehn Euro pro Nase sowie unserer Daten, die Tickets für die Hintertortribüne in Händen. Erleichterung pur. Wir sehen endlich ein Spiel!

Die frühe Anreise zahlte sich wenig später aus, denn der Club meldete wenig überraschend ein ausverkauftes Haus. 999 Schaulustige ließen sich entsprechend auf den vier unterschiedlichen Traversen des VfB-Stadions nieder, die sich in zwei überdachte und zwei nicht überdachte aufteilen. Am neusten scheint dabei die Hintertortribüne, auf der wir uns zwei gute Plätze suchten, während die kleine Haupt etwas älter wirkte. Auf der Gegenseite wurden schlicht vier Sitzreihen über die Stehstufen gezimmert, während für den eigentlichen Gästeblock nur noch Stahlrohr übrig blieb. Bei dem Nieselregen macht’s bestimmt besonders viel Spaß, dort Wurzeln zu schlagen.

Während wir die recht feine Bratwurst aus dem Bräter und den ersten Glühwein der Saison verköstigten, enterten die zahlreich angereisten Chemiker den Gästeblock und stellten sich mit großem Abstand auf. Natürlich alle vermummt, wie es sein soll. Auch so eine Phrase aus diesem Jahr. Vermummungsverbot im Stadion? Nee, andersrum. An den Zaun schafften es unterdessen nur ein paar Fetzen, aber was will man auch erwarten. An dieser Stelle einfach mal Respekt an Chemie, dass sie trotz der unwirklichen Umstände dennoch ihrem Verein hinterherfahren. Das man da nicht das ganz normale „Programm“ runterspult, ist völlig normal.

Dennoch machte der Haufen durch die Breite enorm was her, insbesondere bei den anfänglichen Klatscheinlagen. Da zog jeder mit. Mehr als sporadische Schlachtrufe sollte es zwar nicht geben, doch selbst die waren wie Balsam auf die angeschlagenen Fanseelen. Alleine fast schon normale Emotionen im Stadion… lange nicht mehr gesehen. Mit sich abzeichnendem Auswärtssieg gab’s auch mal was mit Melodie, und dann gleich als Wechselgesang über drei Tribünen (im Heimbereich waren auch paar Grün-Weiße zu Gange). Fühlte sich schon fast wie in der guten alten Zeit an!

Von der Heimszene bekamen wir standortbedingt optisch leider wenig mit, lediglich beim Gang zum Kiosk konnte ein kurzer Blick erhascht werden. Hinter einer schicken Zaunbeflaggung gaben die Jungs und Mädels ab und an ein paar Gesänge zum Besten und hatten dafür, im Gegensatz zum GB, sogar ne Trommel am Start. Natürlich auch hier keine neunzig Minuten, aber besser als nix!

Lenkte alles in allem auch gut vom Festival der vergebenen Großchancen auf dem Platz ab. Ehrlich, wäre da nur jede zweite Hundertprozentige reingegangen, es wäre eine zweistellige Zahl an Buden gefallen. So startete Leipzig recht früh mit einem krummen Treffer zum 0:1, ehe die nächsten Schüsse wahlweise auf der Linie irgendwie geklärt wurden oder an Pfosten – Latte –Pfosten – Pfosten hängen blieben. Noch nie so viel Metall gehört wie heute. Abseits davon leider schlimmer Käse im Mittelfeld, der sich eins zu eins ins Wetter einreihte. Ein guter Konter der Gäste kurz vor Schluss bedeutete mit dem 0:2 die Entscheidung und den laut umjubelten Auswärtssieg für Chemie.

Mit nun 18 Punkten aus den ersten zehn Spielen ein starker Start für die Grün-Weißen und damit ein weiterer Schritt in Richtung Festigung des Anspruchs Regionalliga. Mehr wird diese Saison im Nordosten wohl sowieso nicht gehen, denn an der finanzstarken Viktoria aus Berlin führt wohl kein Weg vorbei. Überraschend trocken erreichten wir kurze Zeit später wieder das eigene Gefährt, welches es nun wieder sicher auf befahrbaren Untergrund zu manövrieren galt.

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Das Resümee auf der Rückfahrt gen Dresden fiel insgesamt dennoch positiv aus: Mal wieder zwei Fanszenen, wenn auch mit angezogener Handbremse, dazu ein optisch gut gefülltes Stadion. Hatte schon fast was von Fussball!