Meistriliiga: FC Flora Tallinn – Paide Linnameeskond

11.07.2020
12. Spieltag Meistriliiga
FC Flora Tallinn - Paide Linnameeskond
Lilleküla Arena
Endergebnis: 3:1 (0:0)
Zuschauer: 714 (ca. 20 Gäste)
Fotoalbum

Die Vorfreude auf diesen Kick kannte in den vergangenen Wochen keine Grenzen mehr. Endlich wieder Fussball in einem richtigen Stadion, dazu auch noch eine aktive Fanszene sowie generell das Abhaken eines neuen Landes. Gleichzeitig begleitete uns aber ein mulmiges Gefühl. Eine Woche vor dem Spiel noch ohne Tickets dazustehen ist beim erwarteten Andrang in Estland zwar für gewöhnlich kein Problem, mit Blick auf die sich beinahe täglich ändernden Corona-Regeln allerdings schon. Hieß in diesem Fall: Maximal 1.000 Personen im Stadion, Spieler und Betreuer miteinbegriffen. Gewöhnlicher Schnitt außerhalb der Derbys in Tallinn: Knapp 900. Fuck, das wird eng.

Dann auch noch das erste Ligaspiel, zu dem überhaupt Zuschauer können. Entsprechend folgten ein paar Mails an den Verein, der mit der Info des Online-Vorverkaufs über die baltische Ticketseite rausrückte. Aus Mitte Juni wurde schließlich ein paar Tage vor Abflug, doch das tägliche checken der Website zahlte sich schließlich aus. Zwei Karten rein in den Warenkorb und in hässlichem A4-Format aus dem Drucker gezogen. Na immerhin!

Die Tage bis zur Abreise vergingen mit der Sicherheit im Gepäck nun deutlich angenehmer, wie auch der erste Tag in Tallinn bei auserlesenen Bierköstlichkeiten. Und auch der Samstag startete nun voller Vorfreude in einer schicken Kneipe in der Altstadt, ehe es per Tram in Richtung Spielstätte ging. Ein paar Meter mussten noch zu Fuß durch eine Allee beschritten werden, dann folgte der wohl kleinste Tunnel den ich je durchschritten habe. Vielleicht 1,60 m hoch und keinen Meter breit, führt er unter der Bahnstrecke hindurch bis zum Stadion. Aufgrund des tagelangen Dauerregens entsprechend geflutet, robbte man sich in feinster Mission Impossible-Manier an der Wand entlang und konnte beide Füße sogar annähernd trocken auf die andere Seite hieven. Für meine beiden Begleiter bestimmt ein Bild für die Götter, bei dem schon recht hohen Alkoholspiegel des Tages.

Zu unserer linken Seite erhob sich nun die Lilleküla Arena mit ihrer weiß-gelben Außenfassade, welche auf dem Weg zum einzig geöffneten Eingang noch einmal umrundet werden musste. Dort dann kaum was los, sodass auch ein weiteres Ticket für den spontan aus Finnland hinzugestoßenen Dritten im Bunde gezogen werden konnte. Normalerweise 5€, im Vorverkauf mit entsprechender Gebühr 5,90€, vor Ort nun 7€. Wenig Raum zum Beschweren, bei der Bude. So auch der Eindruck nach dem Betreten, für Touristen gänzlich ohne Kontrollen. Ein Neubau, komplett doppelstöckig, überdacht und geschlossen ausgebaut. Nettes Ding für gerade einmal 14.300 Zuschauer, wirkte aber auf jeden Fall größer. Dazu hatte man einen guten Blick auf die nebenan befindliche Sportland-Arena, die in den Wintermonaten gerne mal als Ausweichstätte fungiert und vom ein oder anderen bestimmt schonmal unfreiwillig gekreuzt wurde.

Farblich eher in den grün-weißen Vereinsfarben von Flora gehalten als in Bezug zur estnischen Nationalmannschaft, stellen Teile des Oberranges als auch die geschlossenen Ecken eine kleine Besonderheit dar, wurden diese doch erst vor wenigen Jahren per Stahlkonstruktion errichtet und schlicht auf die Beton-Stufen aufgesetzt. Entsprechend scheint bei gutem Wetter mal die Sonne zwischen den Sitzreihen hindurch. Gefiel unterm Strich ganz gut, war aber auch das erste Mal seit Monaten in einer großen Bude.

Während sich im gesamten Rund gerade mal etwas über 700 Nasen verliefen (und somit die Ticketsituation entgegen sämtlicher Befürchtungen recht entspannt ausfiel), war im Hintertorbereich etwas mehr Action geboten. Dort versammelte sich der etwa 50 Mann starke aktive Haufen mit gebotenem Abstand samt einigen Zaunfahnen, einem Schwenker und einer Trommel. Optisch schonmal vielversprechend, legte der Haufen mit Anpfiff auch akustisch ein paar Schlachtrufe im englischen Stil aufs Parkett. Standard-Liedgut, in der Regel in 2 Runden runtergesungen und ab und an ein paar spielbezogene Rufe. Durchweg dabei waren etwa 10-15 Sangeslustige, wobei der Rest bei Chancen ebenfalls miteinstieg.

Soweit so gut (und tatsächlich über den zugegeben niedrigen Erwartungen), wurden die Augen nach einer Viertelstunde dann doch größer. Ohne große Vorbereitung und gänzlich ohne Vermummung wurden 3 Bengalen angerissen, die den Haufen ordentlich einheizten. Dazu gabs noch zwei solcher kleinen Silvester-Vulkane mit Knatter-Effekt, die durch den geschlossenen Bau lautstärketechnisch ordentlich zur Geltung kamen. Machte was her und uns auf jeden Fall vollends happy! Die Gäste trudelten derweilen mit nem Sprinter erst zur zweiten Halbzeit ein und hatten, nebst Trommel, auch ein paar Schwenker mit Vereinslogo im Gepäck, bis auf eine Handvoll „Paide“-Rufe einiger Kids gibt’s da allerdings nichts Nennenswertes zu berichten.

Der Kick war derweilen kein Leckerbissen, allerdings auch nicht sonderlich unansehnlich. Besser in Fahrt kam das Geschehen im zweiten Durchgang, als sich der Rekordmeister und gleichzeitig größte Verein des Landes innerhalb weniger Minuten mit zwei Treffern belohnte. Die Gäste kamen zwar nach einer guten Stunde zum Anschlusstreffer, doch Flora blieb insgesamt die bessere Mannschaft und machte kurz vor Schluss mit einem Kopfballtreffer den Deckel drauf.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Für uns das Zeichen, sich vom sich schnell leerenden Rund zu verabschieden und das triste, graue Wetter in einer netten Brauerei-Kneipe zu verdrängen. Länderpunkt-Suff ist noch immer der Schönste!