On Tour 2019: Taipeh

Ein holpriger Start

Gut eineinhalb Jahre war unser letzter Aufenthalt in Asien nun schon her. Höchste Zeit also, mal wieder Fernost zu besuchen. Allerdings galt es zunächst einen geeigneten Zeitraum im Urlaubskalender zu finden, wobei letztlich die ganze Geschichte mit achteinhalb Urlaubstagen im August bewältigt werden musste. Entsprechend perfekte Temperaturen zum Flug in die Subtropen, nach dem diesjährigen Sommer durch die Abhärtung aber wohl zu verkraften.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Nach nur einem Tag Recherche buchte man sich zum ersten Mal mit Cathay in einen Direktflug von Frankfurt nach Hong Kong ein, den man überraschend billig eintütete. Ebenfalls einen Tag später stand letztlich der Entschluss, dass vier der neun Tage in einem anderen Land verbracht werden sollen, wobei letztlich Taiwan die Nase vorn behielt. Hatte man für frühere Touren schonmal auf dem Zettel, entsprechend legte man sich dieses Mal in Windeseile drauf fest. Lediglich die Fußball-Thematik hinkte ein wenig hinterher. Nix in Hong Kong und nur ein semi-Ground in Taipeh sind nicht gerade die erwünschte Ausbeute, aber ließ sich in dem Moment nicht mehr ändern. Scheiß drauf, Spaß werden wir trotzdem haben!

Die viel zu lange Phase der Vorfreude überwunden, verabschiedete man sich dienstags von den Arbeitskollegen bereits zur Mittagszeit, fuhr nochmal kurz den Schwenk zwecks Last-Minute-Packen über die eigenen vier Wände und fand sich wenig später am Frankfurter Flughafen ein. Fix eingecheckt und noch kurz im T2 gechillt, enterte man im Sonnenuntergang den brandneuen A350 von Cathay Pacific. Sehr modern und sauber der Flieger! Dazu noch ein top Bildschirm mit einigen Filmen, die den zehn Stunden dauernden Flug verkürzten und eine überraschend leckere Verpflegung, welche man sich vorher aus einem Menü aussuchen durfte. Kann man mit Leben! Erstaunlicherweise verbrachte man knapp zwei Stunden mit so etwas wie schlafen, ehe das ausgegebene Frühstück die baldige Ankunft signalisierte. Am Ende ging’s noch etwa dreißig Minuten auf Schleifendrehen, dann hatte man auch schon wieder festen Boden unter den Füßen bzw. lief beim Verlassen des Flughafens gegen eine schwül-heiße Wand.

Aufgrund der vielen Texte über Hong Kong in den letzten Jahren erspar ich mir hier die weiteren Ausführungen. Gibt eh nicht viel mehr zu berichten, als den obligatorischen 13 Stunden Schlaf in der ersten Nacht und den Besuchen der Innenstadt oder eines Strandes. Einziger Unterschied in diesem Jahr: Es war nicht mehr so ruhig in der Stadt. Die allseits durch Funk und Fernsehen bekannten Proteste und die übereifrige Reaktion der Staatsmacht schränkten in vielen Momenten den Aufenthalt doch arg ein. So kam es regelmäßig zu Sperrungen der Metro und zum Ausfall vieler Buslinien, was uns das ein oder andere Mal auf Taxis ausweichen ließ. Unter diesen Voraussetzungen war man nicht wirklich unglücklich darüber, dem ganzen Trouble übers Wochenende zu entfliehen.

Doch auch unser Flug am Samstagvormittag stand zunächst unter keinem guten Stern. Denn neben strengeren Sicherheitsvorkehrungen am Hongkonger Flughafen mischte sich auch noch ein Taifun in den ausgetüftelten Plan, welcher gerade im südchinesischen Meer wütete und auf Taiwan treffen sollte. Ideale Bedingungen also. Daher ging’s Samstag früh schon um 6 Uhr mit dem Taxi zum Flughafen, welcher sich in aller Pracht als Hochsicherheitszone präsentierte. Bedeutete im ersten Schritt erstmal eine Kontrolle (Pass und gültiges Flugticket), um überhaupt ins Gebäude reinzukommen, nur um am Check-in Schalter auf eine gefühlt kilometerlange Schlange zu treffen. Auskunft an deren Ende: Wartezeit circa 2 Stunden.

Warum das Ganze? Nun, die Protestbewegung kündigte für diesen Samstag eine Blockade der Zufahrtsstraße zum Flughafen an. Da diese aus lediglich einer Brücke besteht, wäre dies natürlich ein Leichtes für die Masse an Protestlern, was letztlich alle Fluggäste des Tages extrem früh zum Terminal strömen ließ. Zudem werden in der Taifun-Saison viele Flüge erst kurz vor knapp gestrichen bzw. umgebucht, unter anderem auch auf vorherige Flüge. Entsprechend kann man sich den Auflauf an diesem Morgen auch vorstellen. Statt in der Schlange zu verhungern ging’s für uns zunächst zum Frühstück, wo man zunächst etwa 30 Minuten auf einen Tisch und dann nochmal eine Stunde auf sein Essen warten musste. Im Anschluss war die Schlange am Check-in glücklicherweise abgefertigt und gleichzeitig die hungrigen Mägen gestillt.

Schnell Koffer abgegeben und durch die Kontrollen zum Flieger. Geflogen wurde mit einem A330 von China Airlines, wobei die Firma, entgegen dem ersten Wirken des Namens, aus Taiwan stammt. Wissen auch wenige: Der korrekte Namen Taiwans ist übrigens „Republik China“, nicht zu verwechseln mit der „Volksrepublik China“ auf dem Festland. Taiwan ist dabei der Name der Hauptinsel des Landes, welche aber fairerweise 99% der Landmasse des Staates ausmacht. So viel aber dazu. Platz für europäische Beine war wie immer nicht vorhanden, dafür dauerte der Flug aber auch nur knapp unter 2 Stunden. Die zogen sich, sturmbedingt, allerdings hinten raus um einiges. Die erste Hälfte noch sehr ruhig, wurde es mit erblicken des südlichen Endes der Insel holpriger. Selbst in der üblichen Flughöhe war man plötzlich umgeben von dunklen Wolken und wurde stark durchgeschüttelt, was die anfangs dann doch etwas eilig agierenden Flugbegleiterinnen erklärte. Mit dem Landeanflug auf Taiwan Taoyuan wurde es dann richtig heftig. Ein ums andere Mal waren die Böen so stark, dass man das Gefühl einer 90 Grad Kurve bekam. Und das bei Totenstille im Flieger. Ganz ungut für den Magen, sag ich euch.

Entsprechend groß die Erleichterung bei der Landung und beim späteren andocken am Gate. Die Erfahrung brauch ich nicht nochmal. Im Anschluss ging’s zur langwierigen Kontrolle für den Passstempel, ehe man an einem von nur sechs Kofferbändern sein Gepäck wieder einsammelte. Recht kleiner Flughafen im Übrigen. Nun wurden noch ein paar Neue Taiwan Dollar (kurz NTD) im Kurs von 1€ zu 35 NTD besorgt. Komplizierte Umrechnung, aber für 35 NTD kann man sich hier schon einiges kaufen. Parallel besorgte man sich noch die vorher gebuchte Wifi-Box, die uns in den kommenden Tagen für nur gut einen Euro pro Tag mit unlimitiertem Internet versorgte.

Im Anschluss ging’s mit dem Airport Express durch grüne Berge und weite Reisfelder gen Landeshauptstadt. Die Endstation am Hauptbahnhof erreichte man in einer halben Stunde, währenddessen man schonmal einen ersten Blick auf die Vorstädte als auch auf die Flutlichtmasten des eingeplanten Stadions werfen konnte. Kurze Zeit später ging’s auch schon per Pedes zum nahen Hotel im Stadtteil Beimen. Dort buchte man sich in die „City Suites“ Beimen ein, welche man zuvor recht günstig für etwa 40€ pro Doppelzimmer und Nacht buchte. Bei der Lage direkt in der Stadt und den schicken Räumen eine echte Empfehlung! Kleiner Nachteil: Die Räume hatten keine Fenster, sprich kein Tageslicht. Für eine ruhige Nacht im durch Leuchtreklamen nie dunklen Taipeh aber auch nicht verkehrt.

Da sich im gleichen Gebäude ein 7-Eleven befand, war auch die Verpflegung für den Mittag gesichert. Umgerechnet vier Euronen für vier Leute belasteten die Reisekasse beileibe nicht. Dabei gabs ein frisches Sandwich, was zu Trinken und die allseits beliebten Tee-Eier als Snack. Danach ruhte man sich noch kurz aus, ehe die ersten Programmpunkte auf dem Plan standen. Mit der grünen MRT-Linie ging’s zunächst ein paar Stationen in den Süden. Mit dem ÖPNV findet man sich hier übrigens wie in Hong Kong oder Japan recht schnell zurecht. Die Linien haben verschiedene Farben und entsprechende Namen, die Stationen sind durchnummeriert und sowohl in Taiwanesisch, Mandarin, Japanisch, Koreanisch und Englisch beschriftet. Und auch die Fahrtkosten, welche hier über eine gewöhnliche Plastik-Aufladekarte abgebucht werden, sind keine Rede wert. Gerade mal 80 Cent für eine Stadtdurchquerung. Preise, wie man sie sich nur wünschen kann.

Nach kurzer Fahrt erreichte man mit dem Chiang Kai-Shek Memorial Park das kulturelle Highlight des Tages. Am ausufernden Platz besichtigte man das große Haupttor, die nationale Theaterhalle und Konzerthalle sowie die Chiang Kai-Shek Gedächtnishalle. Selbige wurde für Chiang Kai-shek, den langjährigen Präsidenten und obersten Militärbefehlshaber der Republik China, erbaut. Chiang Kai-shek gilt bis heute als großer Gegenspieler Maos im chinesischen Bürgerkrieg und war, nach Niederlage gegen die Kommunisten, Gründervater der heutigen Republik Chinas (Taiwan). Entsprechend groß natürlich sein historischer Stellenwert für das Land und die zentrale Lage seiner Gedenkstätte. Sehr eindrucksvoll das Gelände, welches ebenfalls als Platz der Demokratie bekannt ist.

Nur das Wetter spielte natürlich nicht so wirklich mit, dem beständigen Taifun sei Dank. Hieß ständiges Rennen von Gebäude zu Gebäude, ohne von den immer wieder aufziehenden Starkregenschauern oder Windböen weggetragen zu werden. Sinnlos also, sich weiteren Aktivitäten unter freiem Himmel zu widmen, weshalb es anschließend per Metro zum jetzigen Wahrzeichen der Stadt ging. Die Rede ist vom Taipeh 101, dem mit 508 Metern ehemals höchsten Gebäude der Welt, welches auch heute noch wie kein anderes die Stadtsilhouette prägt. An der nahen MRT-Station angekommen, führt der Weg in die Mall direkt am Fuße des Mega-Towers vorbei. Geiler und beeindruckender Eindruck von ganz unten!

Während man sich noch ein wenig am Anblick labte, zogen unsere Mitfahrer bereits eine Wartenummer am angepeilten Restaurant. Voraussichtliche Wartezeit: Schlappe 2 Stunden. Das wird sich ja dann hoffentlich auch lohnen, denn der Name lockt schonmal einige Touris aus ganz Fernost in die Bude. Die Wartezeit verbrachte man ein wenig im massiven Einkaufszentrum des 101, in welchem vor allem ein Supermarkt, der, ähnlich wie seine Pendants in Korea, nahezu alles zum Probieren anbietet, unsere Aufmerksamkeit bekam. Dort tütete man ein paar landestypische Leckereien wie kleine Eierteigrollen gefüllt mit getrocknetem und faserigem Fleisch ein. Hört sich seltsam an, schmeckt durch die süß-salzig Kombi aber affengeil. Die restliche Zeit schlenderte man durch die Stockwerke und fand sogar heraus, dass das Restaurant eine eigene App zum Überprüfen der Wartenummer anbietet, um auch ja nicht seinen Platz in der Reihe zu verlieren.

Nach gut zwei Stunden war es dann endlich soweit und wir betraten das „Din Tai Fung“. Ein taiwanesisches Restaurant, welches mittlerweile in halb Asien vertreten ist, seine Wurzeln allerdings an dieser Stelle hat. Das Besondere: Alle Köstlichkeiten wie frische Dumplings oder die bekannten Xiao Long Bao (kleine Teigtaschen gefüllt mit Fleisch und Suppe) werden hinter einer Glasscheibe frisch nach Bestellung von etlichen Köchen per Hand angefertigt und wenig später am Tisch serviert. Alles natürlich von den überaus freundlichen und durchweg weiblichen Bedienungen, welche augenscheinlich anhand ihres Aussehens auserwählt und auf großen Porträts im Eingangsbereich zelebriert werden. Die Speisen mundeten tatsächlich so gut, dass ich am Ende der festen Überzeugung war, dass sich die Wartezeit mehr als lohnte. Phantastisch geschlemmt haben wir da. Quanta costa? Weniger als 60€. Zu Viert. In der teuersten Mall des Landes.

Spätestens ab dem Zeitpunkt war klar, dass man kein allzu großes Auge auf die Ausgaben während des Aufenthalts legen muss. Mehr als gesättigt ging’s später nach draußen in die dunkle Nacht und auf kurze Stippvisite des Viertels. Nette Gegend hier, geprägt durch die großen Bankentürme und vielen Nachtclubs und Bars. Entsprechend voll die Straßen, welche jedoch auch jetzt noch immer wieder von starken Schauern und Windböen heimgesucht wurden. Kurios: Jeder noch so kleine oder große Baum wurde für den Taifun mit großen Stahlseilen befestigt. Erleichtert das spätere Aufräumen immens.

Auch der Taipeh 101 machte in der Dunkelheit der Nacht natürlich eine gute Figur und diente häufiger als Orientierungshilfe beim Erkunden der Straßen. Beim Erblicken eines Krispy Kreme Donut-Ladens war auch gleich das Frühstück für den nächsten Morgen gesichert. Voll beladen ging’s per Metro zurück zur Bleibe und ab aufs Zimmer. In der Glotze lief noch live die zweite Hälfte vom Bundesligakick zwischen Mainz und Gladbach, was überraschend gut als Einschlafhilfe herhielt. War aber auch ein langer Tag, den ganzen Trubel am Morgen noch nicht mit eingerechnet.

Fussball am Krankenhaus

Daher startete der Sonntag auch erstmal langsam, bzw. wurde fürs Ausschlafen genutzt. Klappte dank Abstinenz von jeglichem Tageslicht in der fensterlosen Behausung auch optimal. Zum Frühstück stopfte man sich dann die Donuts vom Vortag zwischen die Kiefer und erkundete zum mentalen Aufwachen per Pedes ein wenig die Gegend rund um unsere Unterkunft in Beimen, bzw. dem Datong District. Schon heftig, wie runtergekommen hier die Seitenstraßen aussehen und in welch kleinen Ecken sich die Mini-Tempel verstecken. Mit mehr als einem Scooter kommt man hier auch nicht vorwärts. Kein Wunder also, dass die Dinger Fortbewegungsmittel Nummer Eins darstellen und an jeder Kreuzung vor der Ampel ein eigenes Areal eingeräumt bekommen.

Im Anschluss stapfte man zum nahen Supermarkt zwecks Beschaffung von Wegzehrung, wo es dann zum wiedermaligen Kopf-Gegen-die-Wand Moment in Sachen historischer Aufarbeitung kam: Ne Junge Taiwanesin, vielleicht Anfang 20, mit mittelgroßem SS-Tattoo auf dem Rücken. Ganz gleich ob in Korea, Japan, China oder eben Taiwan: Diese Symbolik ist hier unglaublich weit verbreitet und gilt wahrscheinlich als „schick“, ohne dass auch nur irgendjemand eine Ahnung hat, was er denn da trägt oder eben unter die Haut gemalt bekommen hat. Wie die weit verbreitete Klamotten-Marke „Boy“, welche als Symbolik Eins zu Eins den Reichsadler, nur eben ohne Kreuz im Kranz, verwendet. Null historisches Hintergrundwissen hier. Und sich dann wundern, warum man im Urlaub in Europa bepöbelt wird. Aber ja, genug aufgeregt für einen Tag.

Wieder draußen, wechselten sich wettertechnisch kurze Regenschauer mit stechender Sonne bei schwülen 35° ab. Die sogenannte Ruhe nach dem Sturm, oder einfach nur Sommer in Taiwan. Daher entschied man sich zunächst zum kurzen Besuch der Hauptbahnhofs-Mall, welche im Vergleich zum Vorabend eher der billigeren und landestypischeren Kategorie angehört und damit schon eher unser Fall ist. Dabei besteht das unterirdische Gewölbe aus einem über einen Kilometer langen Gang, welcher thematisch etwas aufgeteilt wurde. Am Anfang viele indonesische Restaurants und Reiseagenturen, dann viele Elektronikläden die mit der Zeit in Comic- und Anime-/Manga-Shops übergingen, welche dabei den größten Teil des gesamten Einkaufszentrums einnahmen, ehe viele kleine Shops Snacks und Leckereien anboten.

Wir machten unterdessen an einer taiwanesischen Bude halt und gönnten uns eine Portion „Beef Noodles“ (90% Nudelsuppe, der Rest schmackhaftes Rindfleisch), auch eine Art Nationalgericht. Danach shoppte man bisschen Elektronikkram zu Spottpreisen und langte wiederum bei den lokalen Snacks zu. Aufpassen muss man unterdessen bei Essen oder Getränken to Go, da sich im gesamten Land, ganz nach japanischem Vorbild, kein einziger öffentlicher Mülleimer befindet. Besser also vor Ort futtern, um nicht den Müll den gesamten Tag mit sich rum zu schleppen.

Noch mehr Restaurants und Futterstände fand man dann in der Wartehalle, wo selbst die ein oder andere in Asien bekannte Kette ihre köstliche Ware anbot. So z.B. der überaus bekannte japanische Käsekuchenladen „Uncle Tetsu“, die Creme Puffs von „Beard Papa“ als auch viele andere Läden, wobei man wahrscheinlich ein paar Wochen bräuchte, um alles zu probieren. Genau mein Fall, sich hier und da durch die landestypischen Snacks zu futtern!

Der nächste Stopp führte uns nach Ximen, dem Szene- und Ausgehviertel der Hauptstadt. Entsprechend voll die Straßen am Wochenende, inklusive langer Schlangen an sämtlichen Restaurants. Für uns interessant war dabei der Shop „Xing Fu Tang“. Was es dort gibt? Bubble Tea! Bzw. eine Art Milch-Karamell-Getränk mit Tapioka-Perlen. Der Laden gilt hier als einer der ersten und besten überhaupt, zumal im kleinen Shop vom Teig der Kügelchen bis zum Rösten im Karamell-Gemisch alles von Hand und vor den Augen der Kunden zubereitet wird. Entsprechend lang die Schlange, doch auch hier musste man zugeben: Es war’s Wert! Lecker das Zeug.

Somit genoss man den Becher und schaute dem Gewusel in den Straßen etwas zu. Taipeh als Stadt und Taiwan als Land war mir schon zu dem Zeitpunkt sehr sympathisch. Alle Leute sind freundlich, Touristen gegenüber Hilfsbereit und die gesamte Atmosphäre stimmte uns irgendwie glücklicher. Mit China ist das hier absolut nicht zu vergleichen, durch die geschichtlichen Einflüsse fühlt man sich hier viel eher wie in Japan. Da passt auch der Rest dazu, wie die ständige Beschallung der Einkaufsstraßen mit lauter Pop-Musik oder die Züge der Metro, deren Ankunft mit Klaviermusik und die Schließung der Türen mit Delfin-Geräuschen statt Piepsen angekündigt werden. Natürlich auch Urlaubsbedingt eine Blase der Glückseligkeit, in der man sich da befand.

Zur absoluten Zufriedenheit fehlte da aber noch König Fussball, welcher den nächsten Punkt der Tagesordnung ausmachte. Dafür ging’s von Ximen aus an den südwestlichen Stadtrand zur Fu Jen Catholic University. Wäre auch nur zu schön gewesen, wenn sich der Spielbesuch in den bisherigen Eindruck des Landes eingereiht hätte. Durch vorherige Recherche wusste man schon über den Ground Bescheid, welcher an diesem Wochenende die einzige Alternative zu einer Fussballfreien Tour darstellte. Die Bude war dann entsprechend unspektakulär, wie auch der gesamte Rest des Nachmittags.

Vielleicht 100 Leute auf der einzigen Tribüne, keine Gesänge und kein Ticket für die Sammlung, geschweige denn auch nur ein Verkaufsstand für Wasser. Dazu stach die Sonne von oben und zog die hohe Feuchtigkeit aus dem Boden, was den Aufenthalt ganz ohne Schatten entsprechend noch ein Stück angenehmer machte. Wenigstens die Aussicht auf die Stadt entschädigte ein wenig. Viel Grün hier in der Stadt und in den Bergen, welche Taipeh umgeben. Passt dann auch ganz gut zu den verschiedenen Brauntönen, welche augenscheinlich die Lieblingsfarben für Häuser darstellen. Der Kick selbst hatte dann einen überraschend hohen Unterhaltungswert, an dessen Ende sich, nach einiger Verwirrung wer denn nur wer ist, der Underdog durchsetzen konnte. Mehr zum Spiel findet ihr hier.

Mit Schlusspfiff eilte man wieder zur Metro und erfreute sich an einer Flasche Wasser und dem ersten bisschen Schatten seit fast drei Stunden. Mit der MRT ging’s nun wieder für unter einem Euro für 15 Stationen quer durch die Stadt zurück nach Ximen, wo man auf die nicht ganz so fußballbegeisterten Mitfahrer traf, die in einem bereits zuvor gebuchten Lokal auf uns warteten. Dort gönnte man sich feinstes japanisches BBQ, sprich dünne Fleischeiben auf einem eigenen, in den Tisch eingelassenen, Holzkohlegrill. All you can eat, versteht sich. Das gleiche galt auch der Zapfanlage mit gar nicht mal so üblem lokalem Bier, an welchem man sich in der Folge labte. Geile Bude, die ich wärmstens empfehlen kann!

Gesättigt und beschwipst schaute man sich noch etwas im nächtlichen Markt der Gegend um, ehe es am Ende per Taxi die lediglich zwei (!) Minuten zur Bleibe ging. Ups, war wohl näher als gedacht. Mit dem Länderpunkt in der Tasche und ein paar Litern Bier im Blut sprang man letztlich mehr als zufrieden in die Kiste. Und auch diese Nacht war gezeichnet von langem, fast schon komatösem Schlaf.

Goldrausch!

Im Gegensatz zum Vortag hieß es montags allerdings früh aus der Kiste zu kommen, stand doch das bis dato vollste Programm auf der Tagesordnung. Daher verkatert irgendwie aufstehen, rausgehen und im Dickicht der durch Millionen Motorroller bestimmten Rushhour irgendwas Essbares finden. Die Sonne blendete, die Luft war schlecht, aber der Hunger dennoch groß. So entschied man sich für eine weitere Spezialität des Landes, welche man nur früh am Morgen und unter der Woche in Form von rollenden Verkaufsständen an der Straße findet: Sticky Rice Rolls.

Schwer zu beschreiben das Ganze. Man nimmt etwas Klebereis und formt ihn zu einer Art platten Schüssel, fülle das Ganze mit dem bereits verkosteten faserigen Trockenfleisch, Gemüse, Pulver, noch mehr Gemüse (oder was das sonst so war) und einer Art knusprig frittierten Churro und rolle es schließlich zusammen. Dazu gibt’s gesüßte und gekühlte Soja-Milch. Ungewöhnlich, aber auch verdammt lecker. Preislich bei unter zwei Euro und genug Energie für einen halben Tag. Vielleicht entfernt mit den japanischen Onigiri verwand, falls jemand die in Seegras eingewickelten Reis-Dreiecke kennt.

Mit etwas im Bauch schnappte man sich wieder ein Taxi und fuhr zum nicht allzu weit entfernten Hauptbahnhof, dem man bereits am Vortag einen kurzen Besuch abstattete. Dieses Mal war man allerdings nicht nur zum Schauen da, sondern schnappte sich ein One-Way Zugticket zu je 68 NTD (etwa 2€) und wartete am hochfrequentierten, unterirdischen Gleis. Mit einer Art Regionalexpress startete man wenig später gen Nordosten der Insel und durchquerte dabei wiedermal grüne Landschaften und die zahlreichen Vorstädte Taipehs. Nach einer Stunde erreichte man Ruifang, unsere Umstiegsstation. Von hier aus quetschte man sich mit gefühlt Tausend anderen in eine Mini-Bimmelbahn auf der eingleisigen Pingxi-Line. Am Montagmorgen schon erstaunlich, was hier los ist.

Entsprechend legte man die halbstündige Fahrt entlang eines Flusses und neben steilen Felswänden stehend in der Sardinenbüchse zurück und war mehr als froh, die erste Station des heutigen Tages zu erreichen: Shifen, ein altes Bergarbeiterdorf, gelegen in der nordöstlichen Bergregion Taiwans. Früher für seine Gold- und Kohleminen bekannt, leben die Einwohner heutzutage fast ausschließlich vom Tourismus. Und die kommen wahrlich in Massen. Unglaublich, welch ein Gewusel sich hier den Weg durch die kleine Straße bahnt. Und dabei waren es zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal Chinesen, welche durch die angespannte politische Lage zwischen China und Taiwan aktuell keine Touristenvisa mehr ausgestellt bekommen. Es waren einfach so gut wie alle (asiatischen) Nationalitäten sowie viele Taiwanesen zugegen.

Und warum kommt man her? Nun, tatsächlich hat das kleine Dorf einiges zu bieten. Angefangen bei der Hauptstraße selbst, die mit dem mittigen Bahngleis natürlich ein Hingucker schlechthin ist. Da hier nur jeweils ein Zug pro Stunde verkehrt, wird die frei begehbare und über keine Absperrung verfügende Strecke entsprechend viel von Shops und Touristen genutzt. Und wenn dann mal die Bahn kommt, springt alles hektisch zur Seite oder sucht sich die passende Stelle für das perfekte Motiv. Ansonsten sind hier die bekannten Lampions sehr verbreitet, worauf sich jeder zweite Shop spezialisierte. Du kaufst ein Ding, kannst es, den für verschiedene Lebensbereiche glücksbringenden Farben entsprechend, bemalen und mit Hilfe der Verkäufer und einem ordentlichen Feuer im Inneren steigen lassen. Ergab ein schickes Bild am blauen Himmel, was nachts allerdings bedeutend besser zur Geltung kommt.

Wo wir schonmal hier waren, ließ man dann auch gleich eine Laterne für die SVE im wahrsten Sinne des Wortes aufsteigen. Vielleicht verhelfen ja taiwanesische Bräuche zur Drittklassigkeit. Nach dem Spiel mit dem Feuer in der sengenden Hitze gönnte man sich noch frisch gescharptes Eis unter einem Ventilator, währenddessen ein abgedrifteter Lampion auf unserer Markise landete und in Flammen aufging. Der Ladenbesitzer klopfte die kokelnden Überreste lässig herunter und wandte sich dem nächsten Kunden zu. Schutzvorkehrungen in Form von Drähten und eine Gelassenheit mitten im Wald, die wohl jeden deutschen Brandschutzverständigen im Handumdrehen ins Jenseits befördert. Haste nicht gesehen.

Etwas abgekühlt ging’s als nächstes zum Shifen Wasserfall. Hier fällt der Keelung-Fluss in seinem Oberlauf mit einer Spannweite von 40 Metern ganze 20 Meter hinab, was ihn zum größten Wasserfall des Landes macht. Dieser ist allerdings ein gutes Stück vom Dorf entfernt. In Anbetracht des engen Zeitplans und der Hitze kam Laufen nicht in Frage, also mietete man sich fix zwei Roller. Natürlich die 25er Deluxe Version in Pink mit Elektro-Antrieb. Man hat’s ja! Ab jetzt wurde es spannend, denn ich bin tatsächlich noch nie mit so nem Ding gefahren. Bin eben nicht aufm Land aufgewachsen, sondern kam eigentlich immer in den Genuss einer guten Busanbindung. Führerschein brauchste dafür hier nicht und der Vermieter gab immerhin eine 10-Sekunden-Einweißung, wie das Ding am schnellsten Fährt. Also einfach mal los, was kann schon schiefgehen?

Nun, hingelegt hat man sich am Ende zwar nicht, aber der Start war schon gewöhnungsbedürftig. Vor allem dann, wenn man über keinerlei Gleichgewichtssinn verfügt. Entsprechend setzte man das Teil beim Ausweichen eines Autos gleich mal in eine Pfütze, welche sich als Schlagloch herausstellte. Hose und Schuhe also schonmal nass, perfekt! Am Ende dauerte die Kurverei ganze zehn Minuten, dann war man auch schon da. Über eine Fußgängerbrücke, welche parallel zur Bahnstrecke verläuft, bahnte man sich den Weg durch die Vegetation und Touristengruppen zum Ziel. Hier noch durch einen Markt und eine frische Mango abgegrast, dann war man auch schon am Wasserfall. Nett hier, komplett in Grün und auch sehr beeindruckend die Gegend. Dazu passten auch die roten Bändchen mit Wünschen, welche überall an Bäumen und Statuen befestigt wurden. Schon was Besonderes, was man nicht überall zu Gesicht bekommt.

Da man allerdings keine Stunde auf den Fluss starren wollte, ging’s relativ fix per Roller an einem Stück wieder zurück nach Shifen. Nette Erfahrung, Auto ist mir aber eindeutig lieber. In der Nähe der Bahnstation wurde dann noch etwas Fleischsuppe und Reis zum Mittagessen aufgetischt, ehe man am Bahnhof auf den nächsten Zug zurück nach Ruifang wartete. Übrigens hatte man während des gesamten Aufenthalts mitten im Nirgendwo als auch im Zug immer vollen Empfang und schnelles Internet. Verwundert mich aber ehrlich gesagt außerhalb der Heimat auch gar nicht mehr. Mit der Ankunft des Zuges ging das Gedränge wieder los, doch am Ende schaffte man es zumindest einen Stehplatz in der Nähe des Fensters zu ergattern. So erhaschte man einen guten Blick auf die Marktstraße Shifens, die die Bahn mit gar nicht mal so niedriger Geschwindigkeit durchquerte.

So ging es durch grüne Landschaften entlang des Keelung-Flusses hinab ins Tal, wo man Ruifang nach einer halben Stunde auch schon erreichte. Hier verließ man den Bahnhof und lief etwas durch die Kleinstadt bis zur Bushaltestelle am Ortsausgang. Heißt zwar auch „Ruifang Train Station“, liegt aber ein beachtliches Stück davon entfernt. Von hier aus wurde die nächste Etappe im ebenso übervollen Reisebus in den nächsten Ort zurückgelegt. Ziel war Jiufen, ein Überbleibsel des früher herrschenden Gold-Booms in der Region. Über kurvige Bergstraßen erklomm man so langsam die bewachsenen Höhen und bekam einen immer besseren Blick auf die vielen Häuser des Ortes.

Früher einer der reichsten Orte Chinas, verfiel Jiufen nach Ende des Goldrausches schnell wieder und war in Teilen sogar verlassen. Erst durch zwei Filme wurde die Gegend quasi auf einen Schlag bekannt. Für die Taiwanesen war es der 1989 hier gedrehte Film „A City of Sadness“, während vor allem dem in Japan bekannte Anime „Spirited Away“ nachgesagt wird, Jiufen’s Straßen als Vorbild zu haben. Beides spülte entsprechend viele Touristen in den kleinen Ort, welcher sich durch viele neue Shops und Restaurants/Cafés im altchinesischen Stil wieder herausputzte. Erweckte auf uns einen Eindruck zwischen komplett überlaufen, aber dann doch irgendwie echt und schön.

Vor allem der atemberaubende Ausblick auf die Küste im Sonnenuntergang war einfach gigantisch. Aber auch die Dächer der unzähligen Tempel, die mit roten Laternen versehene, proppenvolle Einkaufsstraße mit ihren verschiedenen lokalen Köstlichkeiten als auch die Gebäude wie das A-Mei Tea House brannten sich einfach im Gedächtnis fest. Da gönnte man sich auch mal ganz untypisch einen Platz in einem teuren Café und genoss einfach die Aussicht. Alt werden wollte (konnte) man hier heute aber dennoch nicht, sodass man die letzten Sonnenstrahlen und Panoramas einsaugte und schließlich mit dem Bus wieder aufbrach. Aus Zeitgründen entschied man sich dabei direkt für die Expressvariante zurück in die Hauptstadt, sodass man lediglich am Fuße der Bergregion etwas durch die Dörfer gurkte und letztlich über die Autobahn zurück nach Taipeh fuhr.

Nur hier die beste Haltestelle zum Ausstieg zu finden war nicht so einfach. Irgendwie klappte das „hier sieht‘s doch ganz gut aus“ auf Anhieb und wir waren nur wenige hundert Meter vom abendlichen Futterbesuch entfernt. Noch ein wenig durch die Straßen geschlendert, auf denen die Müllwagen das gleiche musikalische Repertoire abspielen wie die heimischen Eiswagen, und man war auch schon am vorher ausgesuchten japanischen Restaurant unweit der Taipeh City Hall. Unglaublich feines Zeug, was hier aufgetischt wurde. Im Landesvergleich nicht ganz billig, doch es war’s einfach Wert. Frisches Steak, Sashimi von über zehn verschiedenen Fischen und eine Dessert-Selektion, die manch Konditorei vor Neid erblassen lässt. Ab und an kann man sich’s auch mal gut gehen lassen.

Der volle Magen verlangte im Anschluss allerdings nach einem Verdauungsspaziergang, was man auch gleich mit der Absicht, einen weiteren Night Market (Nacht-Markt) zu besuchen, verband. Dazu ging’s mit der roten Metro-Linie in Richtung Westen des Zentrums, wo man an der Station Shuanglian die Bahn verließ und den Rest der Strecke per Pedes zurücklegte. Nach einigen hundert Metern erreichte man schließlich den hier recht bekannten Ningxia Night Market und schlenderte durch die gerade und recht enge Straße. Hier machen sich nachts unzählige Verpflegungsstände breit, die Snacks und andere lokale Köstlichkeiten an den Mann bringen. Alles wird dabei frisch am Stand zubereitet, gerne auch garniert mit einer kleinen Show oder Kunststücken der Verkäufer.

Nett mitanzusehen, doch man war schlichtweg viel zu voll, um auch nur irgendwas zu probieren. So blieb es beim Gucken und der Erkenntnis, dass man das nächste Mal auch für kleines Geld satt werden könnte. Dank des langen Tages waren die Beine mal wieder schwer, sodass man sich am Ende des Markets fix ein Taxi nahm. Wiedermal blieb der Preis bei den Standard 70 NTD, da wir uns natürlich wie am Vortag unwissender Weise nur zwei Straßen vom Hotel entfernt befanden. Ein schneller Blick auf Google Maps hilft manchmal dann doch. Aber an dem Abend war’s absolut egal. Mit fast schon tauben Beinen vom vielen Laufen legte man sich anschließend in die Kiste, während der Kopf versuchte, die unzähligen Eindrücke auch nur ansatzweiße zu ordnen. Mit den traumhaften Bildern und Ausblicken im Hinterkopf nickte man dann aber doch fix ein.

Wenn die Mücke zum Elefanten wird

Am Dienstag stand bereits die Abreise an, allerdings ging der Flug erst abends und ließ somit genügend Spiel für nahezu einen ganzen Tag in Taipeh. Dennoch stand der Morgen ganz im Zeichen des Packens, was man hungrig und unausgeschlafen mehr schlecht als recht erledigte. Frühstück gab’s im Anschluss wieder vom 7-Eleven und vom lokalen Essensstand vom Vortag. Die Reisrolle und die süße Sojamilch schmeckten auch am zweiten Morgen wunderbar und sollten genügend Nährstoffe für die nächste Aufgabe bieten. Die so halb gepackten Koffer hinterließ man nach erfolgreichem Check-out an der Rezeption und reiste so ganz ohne Ballast mit der Metro nach Xiangshan, der Endstation der roten Linie im östlichen Stadtzentrum, nicht weit vom Taipeh 101 entfernt. Dort galt es nun, den letzten Höhepunkt der Tour wortwörtlich zu erklimmen.

Xiangshan heißt wörtlich Elefantenberg, welcher am südöstlichen Stadtrand über der Metropole thront und von vielen Wanderwegen mit grandiosen Aussichtspunkten durchzogen ist. Einen davon suchte man sich im Vorfeld aus und steuerte ihn nun an. Von der Metrostation ging es dafür zunächst durch einen namensgleichen Park, ehe man den etwas in einem Wohngebiet versteckten Startpunkt des Aufstieges entdeckte. Die Wegstrecke kam einem mit gerade einmal 600 Metern dabei fast schon lachhaft wenig rüber. Dumm nur, dass man dabei auch gleichzeitig fast 200 Höhenmetern erklimmen muss. Heißt im Klartext: Die gesamte Strecke besteht aus einer einzigen, steilen Treppe. Seis drum, der Ausblick wird die Qualen entschädigen.

So startete man flott und nahm mit jedem Schritt gleich zwei der Steilen Stufen gleichzeitig, nur um nach bereits einer Minute die Geschwindigkeit rauszunehmen. Schritt für Schritt ging’s mit beherztem Tempo weiter nach oben, während vom Himmel die Sonne stach und die schwülen 33° ihr übriges zur Schweißbildung beisteuerten. Ab der halben Strecke wurde das ganze Unterfangen bereits zur Qual und nach einigen weiteren Metern entledigte man sich seines T-Shirts, ganz nach Vorbild der anderen Bekloppten, die sich die Tortur im taiwanesischen Hochsommer antaten.

Etwa 20 Minuten Hochleistungssport später stand man dann da. Komplett fertig, aber auch irgendwie stolz auf sich selbst, blickte man hinunter auf die Stadt. Ein astreiner Ausblick bei bestem Wetter, der für alles entschädigte. Ikonisch thront dabei der Taipeh 101 über der eher flachen Metropole, welche jetzt nicht unbedingt die ganz große Skyline zu bieten hat. An sich aber auch nicht wichtig, denn die vielen grünen Berge im Hintergrund geben dem Ganzen dann auch ein schönes Gesamtbild. Lustiger Funfact: Als Stadt an sich ist Taipeh mit etwa 2,7 Millionen Einwohnern nur die Viertgrößte des Landes, während der als „Vorstadt“ geltende Bezirk Neu-Taipeh, welcher die Landeshauptstadt wie ein Kreis umschließt, mit über 4 Millionen Einwohnern die größte Stadt darstellt. Mit mehr als 8,5 Millionen Einwohnern in der Metropolregion aber dennoch eine der größten Städte der Welt. Aber so viel zum demographischen Exkurs.

Lange Zeit verweilte man auf der Plattform, ehe die Erkenntnis kam, den ganzen Weg auch wieder herunterlaufen zu müssen. An sich jetzt nicht der größte Kraftakt, doch die Knie machten sich am Ende doch bemerkbar. Komplett durchschwitzt endete die sportliche Betätigung des Tages am unteren Ende der Treppe und somit am Ausgangspunkt, wo sich eine ältere Kioskbesitzerin beim Anblick unserer nach Flüssigkeit lechzenden Gesichter bereits mit Dollarzeichen in den Augen die Hände rieb. Geschafft. Fertig, aber geschafft. Ein paar Minuten gönnte man sich die Ruhe und starrte ins Leere, ehe es zwecks Nahrungsaufnahme zu Mittag per Taxi kurzfristig zurück zur Taipeh 101 Mall ging. Dort pfiff man sich, dieses Mal ohne lange Wartezeit dank Mittagszeit und unter der Woche, nochmal eine große Portion Xiao Long Bao im Din Tai Fung rein. Immer noch schmackhaft und genügend Nährstoffe für den restlichen Tag.

Der gestaltete sich dann in der Folge recht unspektakulär. Wiedermal besuchte man das ausufernde Shoppingzentrum am Hauptbahnhof und deckte sich mit allerlei lokalen Snacks, Andenken und sonstigen Mitbringsel ein und hatte am Ende sogar noch genug Zeit für eine traditionelle Rückenmassage. Nicht wirklich unangenehm und ließ vor allem die Schmerzen des Morgens vergessen machen. Gab dann wiederum Energie für das folgende Kofferpacken Tetris-Spiel auf dem Boden der Hotellobby. Nach einigen Pressen und Quetschen fand letztlich alles seinen Weg in die Koffer, Rücksäcke, Taschen und sonst was, sodass die Packesel-Karawane pünktlich mit dem Expresszug gen Taoyuan Airport aufbrach.

Nach unkompliziertem Check-in stopfte man sich noch etwas Abendessen zwischen die Kiefer, wobei die lokale Futtermeile im Flughafen sogar humane Preise aufrief. So wanderten die letzten Taiwan-Dollar in frittiertes Hähnchen und koreanisches Bibimbap. Im Anschluss ging’s fix zum Gate und rein in den Flieger, der uns, ganz im Gegensatz zum Hinflug, komplett frei von Turbulenzen übers Südchinesische Meer transportierte. Aufgrund der späten Stunde verzichtete man auf das angebotene Mitternachtsmahl und holte stattdessen einen, mittags am Hauptbahnhof erworbenen, Käsekuchen vom in Asien äußerst bekannten und beliebten Laden „Uncle Tetsu“ hervor, welchen man unter den neidischen Blicken der Sitznachbarn als auch der Stewardess anschnitt. Leute, geht in diesen Laden und probiert den Kuchen! Himmlisch!

Nach Mitternacht erreichte man schließlich wieder Hong Kong, schnappte sich ein Taxi und fuhr zurück zur Bleibe. Die nächsten beiden Tage wurden vor Ort dann noch mit Freunden, Bekannten und dem üblichen Shopping  verbracht, ehe es am Ende der Woche mit Cathay reibungslos zurück gen Frankfurt ging. Auch hier wieder: Angenehmer Flug, beste Verpflegung. Kann die Airline nur empfehlen!

Rückblickend hat mich Taiwan in vielen Bereichen sehr positiv überrascht. Sei es die aufgeräumte und dennoch traditionell anmutende Stadt selbst, die mit ihren unterschiedlichen Vierteln noch deutlich mehr zu bieten hat als man in vier Tagen überhaupt zu Gesicht bekommen könnte, als auch die wundervolle Natur in der direkten Umgebung. Auch die Leute sind freundlich und sorgen, zumindest aus Sicht eines Touristen, für eine angenehme Grundstimmung, die viel eher an Japan erinnert und mit Festlandchina absolut nicht vergleichbar ist. Dazu natürlich noch das phantastische Essen an jeder Ecke, was der Tour insbesondere die Krone aufsetzte. Teuer ist das Ganze auch nicht, was auch einen längeren Aufenthalt, insbesondere abseits der üblichen Routen, mehr als bezahlbar macht. Ja, Taiwan wird mich, bzw. uns, wiedersehen. Einzig beim Fussball gilt es Abstriche zu machen, denn die Liga ist absolut unterentwickelt und eine Fankultur beileibe nicht vorhanden. Für den ein oder anderen schicken Ground schaut man dann aber doch überaus gerne nochmal vorbei.

Hier gibt’s weitere Bilder!

In dieser Blase des Wohlbefindens schwebte man tatsächlich noch während der Rückreise bis zur Ankunft in Frankfurt, wo uns in der S-Bahn spätestens der Zustieg eines Junggesellinnenabschieds mit Scheißmusik und Chantall-Gesprächen auf allerhöchstem Niveau das „Welcome Back to Frankfurt“ direkt ins Gesicht knallte und uns schlagartig zurück auf den Boden der Realität beförderte. Willkommen daheim!