Parva Liga: FK Vitosha Bistritsa – PFC Cherno More Varna

18.10.2019
13. Spieltag Parva Liga
FK Vitosha Bistritsa - PFC Cherno More Varna
Stadion Bistritsa
Endergebnis: 0:2 (0:0)
Zuschauer: 290 (35 Gäste)
Fotoalbum

Der erste Kick der Tour sollte uns ins Vitosha-Gebirge führen, genauer gesagt in das Dorf Bistritsa. Klingt erstmal nach beinhartem Amateurfussball, sollte aber erste Liga sein. Dazu mit Cherno More sogar ein nicht unbekannter Gast, dem wohl auch der ein oder andere Anhänger folgen sollte. Wie geschaffen für den Auftakt ins bulgarische Fussballwochenende sowie für den eigenen Länderpunkt.

Nach geschafftem Sightseeing ging’s daher per Metro an den Stadtrand zur Endhaltestelle „Business Park“, von wo aus uns die Buslinie 314 durch schicke Wohnviertel und Serpentinenstraßen nach Bistritsa beförderte. War dann auch mal eine Erfahrung, im Sofioter Vorort einen Bus zu nehmen. Angekommen an der Endhaltestelle, stiefelte man ein wenig durch das kleine Dorf, was sich allerdings recht schnell als Zeitverschwendung herausstellte. Denn Bistritsa selbst hat mal so ziemlich gar nichts zu bieten und wirkt an manchen Stellen fast schon ausgestorben.

Anders hingegen in Stadionnähe, wo sich einige Neureiche prächtige Villen mit schickem Ausblick errichten ließen. Letzteren wollte man dann auch zu Gesicht bekommen. Per Pedes ging’s, vorbei an einigen der modernen Hütten und noch mehr Baustellen, zu einem verborgenen Aussichtspunkt bestehend aus einem Schutthaufen eines der errichteten Häuser. Ein bestechender Ausblick auf Sofia tat sich unter unseren Füßen auf, den man bei strahlendem Sonnenschein gerne ein wenig genoss, ehe es über die nur teilweise vorhandenen Bürgersteige (wo kein Haus, da auch kein Weg, somit latschte man recht häufig auf der gar nicht mal so unbefahrenen Straße) wieder zum eigentlichen Höhepunkt des Tages ging.

Das Stadion liegt dabei schon recht malerisch auf einem Hügel mit wiederum bestem Blick auf die umliegende Landschaft. Für lausige 6 Lewa (also etwa 3€) gabs die Tickets für die nette Anlage. Alles noch recht neu hier und in Teilen sogar erst 2019 errichtet. Die überdachte Haupttribüne stellt dabei den größten Ausbau, während die abflachende Kurve an einer Ecke wiederum einen kleinen Blickfang markiert. Alles schön in den Felsen gebaut und an dessen Maßen orientiert. Hinterm Tor dann noch ein Gästekäfig mit vier Reihen und danebenliegenden, ebenfalls neu errichteten, drei weiteren Sitzreihen. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein weiterer Käfig mit drei Reihen, der wohl bei Risikospielen Gebrauch findet. Das wars auch schon, das Haus mit den Umkleidekabinen hinterm anderen Tor mal außen vor gelassen.

Nicht viel, aber dennoch nett anzusehen, zumal alles recht stimmig wirkte und in den grün-weißen Vereinsfarben daherkommt. Hier braucht es auch keine große Bude, denn auch an diesem Abend verliefen sich keine 300 Schaulustige auf den Rängen. Daher (oder vielleicht auch generell) kein Anzeichen einer Futterbude, der man mit hungrigen Bäuchen nur allzu gerne einen Besuch abgestattet hätte. Dafür gab’s vor den Toren einen kleinen Stand mit Wasser und diversen Nüssen, an dem man sich auch gleich bediente.

Für ne Packung Erdnüsse und ein Wasser lohnte man humane 4 Lewa, also etwa zwei Euro. Feste Plätze gabs keine, sodass man sich zwei saubere Sitze am oberen Ende der Haupttribüne suchte und es all den anderen Besuchern des Spiels gleichtat: Nüsse futtern. Was für eine Geräuschkulisse. Überall knackts und knistert es und die Schalen fliegen durch die Gegend. Ein hoch aufs Putzkommando, um euren Job beneide ich euch sicherlich nicht.

Mit dem kleinen Snack, dem schicken Ausblick und der laufenden Platte von Iron Maiden über die Stadionlautsprecher ließ es sich bis zum Anpfiff auch gut aushalten. Nicht viel früher erreichten die etwa 35 Gäste aus Varna das Stadion und liesen sich auf den neugebauten drei Stufen nieder. Erfreulicherweise fanden drei Fahnen den Weg an den Zaun und der Anhang formte sich mit Anpfiff zu einem kleinen Haufen. Wäre auch sonst recht trist geworden, zumal Bistritsa selbst über keine organisierte Szene verfügt.

So gab der Mob sporadisch, aber auch konstant, seine Gesänge zum Besten. Ohne Trommel oder Megafon wurden die Lieder aus der Mitte angestimmt, wobei letztlich aber jeder der Anwesenden mitzog. Auch ein paar Klatsch- und Hüpfeinalgen erhielten Einzug. Vom Stil her dann doch oft kurze, dafür umso lautere Schlachtrufe, während der ein oder andere, längere Gesang ebenso Einzug erhielt. Die Melodien waren dabei durchweg bekannt, was an dem Auftritt allerdings nicht sonderlich störte, da die Jungs aus Cherno More jedem Lied dann doch den eigenen Stempel aufdrückten. In Sachen Lautstärke war man fast schon überrascht, was der 35er Mob da fabrizierte. Hut ab! Ein guter Auftritt, vor allem in Hinblick auf Land, Distanz und sportlichem Stellenwert des Kicks.

Während es für Cherno More um den Einzug in die Meisterschaftsrunde geht (sprich ein Platz in der oberen Tabellenhälfte ist ein Muss), sind die Hausherren abgeschlagener Tabellenletzter, wie auch bereits in den vergangenen beiden Jahren. Da reichte es immerhin jeweils für den 13., sprich vorletzten Platz, wodurch der Abstieg in der Relegation jeweils verhindert werden konnte.

Diese Saison markiert für den FK Vitosha erst die dritte Saison im bulgarischen Oberhaus überhaupt, während man zuvor im Jahre 2013 das erste Mal in die zweite Liga aufstieg. Entsprechend wenig nennenswert die Historie des Klubs, der seine Wurzeln in den tiefen Niederungen des bulgarischen Amateurfussballs hat. Kurios: der aktuelle bulgarische Premierminister, Boyko Borisov, schnürte von 2007 bis 2014 seine Schuhe für Bistritsa. Dabei stellte er 2013, als amtierender Präsident, den Rekord als ältester Spieler im bulgarischen Profifussball auf.

Heute also wieder harter Abstiegskampf, den die Kicker der Hausherren augenscheinlich annahmen. So wurde man Zeuge eines überraschend einseitigen Kicks zu Gunsten Bistritsas, die sich deutlich mehr Chancen als die auf dem Papier favorisierten Gäste erarbeiteten. Nur ein Treffer wollte nicht fallen, dafür aber umso mehr Spieler. Ehrlich, noch nie so eine Schwalbenshow außerhalb des Zoos gesehen. Und zwar von beiden Teams, durch die Bank. Da wird sich bei jeder noch so kleinen Berührung hingeworfen, geschrien und mindestens so oft überschlagen wie James Bonds Aston Martin in Casino Royal. Entsprechend dann gut die Hälfte der vielen gelben Karten wegen schlechten Schauspiels.

Im zweiten Durchgang ging den Hausherren dann die Puste aus und Cherno More netzte zwei Mal zum dann doch verdienten Auswärtsdreier. Der Gästemob nahm’s mit Freude zur Kenntnis und feierte entsprechend, während sich die Haupttribüne sichtlich leerte. Wir harrten in der aufziehenden Kälte bis zum erlösenden Schlusspfiff aus, mit dem man das Stadion verließ und ein paar Minuten auf den Bus gen Sofia wartete.

Hier gibt’s weitere Bilder!

Ein guter Auftakt der Tour und der Länderpunkt, den man abends entsprechend mit ein paar hopfenhaltigen Kaltgetränken gebührend begoss.