01.09.2019
7. Spieltag 3. Liga
1.FC Kaiserslautern - SV Waldhof Mannheim
Fritz-Walter-Stadion
Endergebnis: 1:1 (1:1)
Zuschauer: 36.766 (ca. 5.000 Gäste)
Fotoalbum
Das Südwest-Derby, auf das die gesamte Region, ach Quatsch, halb Fussball-Deutschland schon seit Saisonbeginn hingefiebert hat, stand nun endlich vor der Tür und hatte auch uns in seinen Bann gezogen. Da war es auch egal, dass der Kick nur einen Tag nach Rückankunft aus Asien anstand und man eigentlich seinem durch den Jetlag geplagten Körper eine Pause gönnen wollte. Ebenfalls egal war die Tatsache, dass man eben kurzfristig nur noch e-Tickets bekam, welche man sich immerhin schonmal während des Trips sicherte.
Ausverkauft wird der Bums wohl nicht werden, aber die vermeintlich beste Sicht auf das Spektakel wollte man dann doch schon haben. Hieß: Zwei Tickets für den aktuell nur bei solchen Spielen geöffneten Block 2.4 zu je 21,50 Euronen. Passt! Zwecks Anreise entschied man sich schon vor Monaten für die eigenen vier Räder, zumal die einzig sinnvolle Rückreiseroute über Mannheim führen würde und man da wohl einige Züge auf einen freien Stehplatz zum Reinquetschen hätte warten müssen. Somit konnte zum ersten Mal der P+R Ost, ganz in der Nähe der Autobahn gen Mainz, ausprobiert werden. Klappte zwei Stunden vor Spielbeginn hervorragend mit der Platzsuche und auch der versprochene fünf-Minuten-Takt der Busse konnte eingehalten werden. Weiterer Vorteil: Der Shuttlebus warf uns an der Fritz-Walter-Straße, sprich in Sprungweite zur Südtribüne raus, was uns ebenfalls den langen Aufstieg zum Betzenberg ersparte.
Dank der frühen Ankunftszeit sollte auch noch was zu beißen drin sein, was sich ad hoc als schwieriger als gedacht herausstellte. Denn man benötigte mal wieder die allseits beliebte Chipkarte, deren Beschaffung allerdings an der nicht wirklich willigen Auflade-Dame zu scheitern drohte. Wechselgeld hätte Sie keins, das Restgeld samt Pfand bekäme man mit Sicherheit nicht bei ihr und überhaupt hatte sie wohl deutlich bessere Dinge zu tun als gerade jetzt hier zu arbeiten. Ein Kollege ein paar Meter weiter war da schon besser gelaunt und konnte uns zumindest mit der Aufladung des gewünschten Betrags weiterhelfen. Damit gabs nun nen Drink im schicken Becher, eine gekochte Rindswurst im Brötchen sowie eine gar nicht mal so üble scharfe Käse-Laugenstange. Preislich noch ok, geschmacklich dafür auch nur im Mittelmaß.
Gesättigt gings nun auf die Plätze, wo uns die auf extra ohrenbetäubend eingestellten Lautsprecher bis zum Spielbeginn, bzw. Tinnitus beschallten. Gleichzeitig machten die ersichtliche, großangelegte Choreo auf Lautrer Seite sowie ein komplett in Schwarz hereinstürmender Gästeblock unglaublich Bock auf das anstehende Spektakel. Und das hatte es in sich, in jeglichem Ausmaß. Kaiserslautern startete, getreu dem Motto „Alle in Rot“ mit einer, alle drei Tribünen einspannenden, rot-weiß-roten Fahnenchoreo, welche uns direkt mal die gesamte Sicht auf die Westkurve versperrte. Konnte man in dem Moment natürlich keinem einen Vorwurf machen, man stand einfach nur mitten drin.
Mit langen Hälsen konnte dennoch der ein oder andere Blick auf die West geworfen werden, in der das eigentliche Highlight startete: Eine gigantische Blockfahne mit dem Abbild eines Teufels stieg empor, welcher das Logo des SV Waldhof in seiner Hand zerquetschte. Darunter prangte in großen Lettern der Spruch „In den Krallen des Teufels findet ihr den Tod!“. Einige Minuten später glitt die die gesamte Westkurve bedeckende Blockfahne wieder herunter und der im Innenraum hochgehaltene Spruch änderte sich in „Denn der Südwesten ist für immer Rot Weiss Rot!“. Passend dazu stiegen nun rote und weiße Rauchschwaden empor und hüllten das gesamte Stadion in ein milchig trübes Weiß. Dem nicht genug, präsentierte die West die finale Blockfahne mit Liebesgrüßen an den Todfeind („Waldhof Verrecke“). Eine unglaublich gelungene und astreine dreiteilige Choreo, die man in dem Ausmaß auch nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Hut ab für die Aktion!
Und auch der mit knapp 5.000 Schlachtenbummlern bestens gefüllte Gästeblock (harter Kern auf den Sitzen) lieferte zu Beginn einiges für die Optik. Einheitliche Mottoschals mit dazugehöriger Zaunfahne („Barackler außer Rand und Band!“) setzten das Spieltagsmotto, ehe dichte, weiße Rauchschwaden aus dem Block stiegen. Auch im weiteren Verlauf brannte es immer wieder im Gästeblock, wobei man sich ausschließlich an weißen Rauchbomben bediente. Aufgrund diverser Verbote beschränkte sich der Gästeblock auf kleine Schwenkfahnen und setzte am Zaun auf die bekannte „Waldhof Mannheim – Der SVW bestimmt unser Leben – Tod allen Feinden“ Fahne.
Ja, und die Stimmung? Einfach nur bombastisch. Auf Lautrer Seite spielbedingt mit einigen Schwankungen, setzten vor allem die ersten zehn Minuten sowie die Phase vor der Pause ein Ausrufezeichen nach dem anderen. Dabei setzte der, unter anderem durch Freunde der Horda aus Metz unterstützte, aktive Haufen primär auf massenkompatibles Liedgut und viele Hassgesänge gegen Blau-Schwarz, die in vielen Momenten auch von anderen Teilen der Kurve und des Stadions mitgetragen wurden. So einen Auftritt erlebte man persönlich an gleicher Stelle zuletzt zu Bundesligazeiten. Und auch Mannheim überzeugte mit einer wahnsinnigen Quote, einem konstanten Durchdrehen und einer deutlich ansehbaren Leidenschaft in jeder Sekunde des Supports. Auch hier getrieben vom gegenseitigen Hass und dem spannungsgeladenen Spielverlauf.
Und der hatte es vor allem im ersten Durchgang so richtig in sich. Lautern drückte früh, doch mit der ersten (und einzigen) Waldhöfer Chance vor der Pause zappelte die Kugel plötzlich im Kasten und der blau-schwarze Anhang kannte förmlich kein Halten mehr. Doch die Rot-Weiß-Roten kamen mit der Zeit nochmal ins Spiel und, nach einer guten halben Stunde, folgerichtig zum Ausgleich.
In der Zwischenzeit stichelte die Heimszene mit einigen Tapeten in Richtung der Gäste („Waldhof Mannheim – Wenn die Working Class nach Dior stinkt“, „Mannheim bleibt dem Waldhof treu? Ihr bleibt nur das Vorstadt-Geschwür der Eishockeystadt!“ und „Stell dir vor der „Riese“ ist erwacht und keiner geht hin!“). Und auch die Mannheimer provozierten mit Spruchbändern („Der Waldhof wird euch alle überleben!“) und spielte mit dem „Nicht lang Schnacken – Kopf abhacken!“ auf die vor einigen Wochen begangene Beschädigung des Kreisels am Betzenberg an, bei dem die Figuren einiger Kaiserslauterner Legenden enthauptet wurden. Lautern zeigte wenig später ein „Wer den Fritz nicht schätzt, ist die Ost nicht wert“, was die Gäste wiederum mit dem Überbleibsel des vorherigen Spruchbandes „Kopf ab“ konterten.
Die zweite Hälfte war dann geprägt von unzähligen Zweikämpfen und Standards, wobei sich die Gäste mit der Zeit ein leichtes Übergewicht erarbeiteten und in Form von Kevin Koffi nur ganz knapp an der erneuten Führung und dem eventuellen Sieg vorbeischlidderten. So blieb es letztlich beim unterm Strich leistungsgerechten 1:1 (nachdem der Unparteiische überraschend pünktlich den Kick beendete), mit dem beide Seiten sportlich gut leben konnten.
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Was unterm Strich jedoch sowieso länger in Erinnerung bleiben wird ist die geile Choreo der Lautrer, die unzähligen Pyroshows und die allgemein bockstarke Leistung beider Kurven. Ein Derby, was seinem Ruf und die darin gesteckte Erwartungen definitiv erfüllte, wenn nicht sogar übertraf.